St. Cosmas und Damian (Wunstorf)

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St. Cosmas und Damian
Inneres nach Osten

St. Cosmas und Damian in Wunstorf ist eine heute evangelische Kirche, die auf ein 871 durch den Bischof Theoderich von Minden gegründetes Kanonissenstift zurückgeht. Sie erhielt ihren Namen von den Zwillingsbrüdern Cosmas und Damian und diente im Mittelalter sowohl als Archidiakonatskirche als auch als Stifts- und Pfarrkirche. Umgangssprachlich wird die Kirche lokal als Stiftskirche bezeichnet, um sie gegen die nahegelegene Stadtkirche (auch Marktkirche genannt) St. Bartholomäi abzugrenzen.

Baubeschreibung

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Grundriss der Stiftskirche

Von der wahrscheinlich nach einer Brandkatastrophe 1010 errichteten ottonischen Basilika blieb die wuchtige Dreierarkade im Westbau erhalten. Die Reste deuten auf ein dreitürmiges Westwerk hin, das riegelartig vor einem dreischiffigen Langhaus lag.

Nach der Zerstörung der Kirche und des Stiftes um 1183 wurde die Kirche in großen Teilen neu errichtet. Diesem Neubau in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstammt die in wesentlichen Teilen erhaltene kreuzförmige, romanische Gewölbebasilika aus Bruchstein und Quadern mit Westturm. Trotz baulicher Veränderungen im 14. und 17. Jahrhundert sowie einer umfassenden Restaurierung in der Zeit von 1853 bis 1859 unter den Landbaumeistern Eduard Wellenkamp und Georg Ludwig Comperl spiegelt die Kirche die Bautradition des westlichen Sachsens im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts unter Heinrich dem Löwen wider.

Die Orgel wurde 1859 von dem Orgelbauer Eduard Meyer (Hannover) gebaut und zusammen mit der renovierten Kirche eingeweiht. 1939/1940 wurde das Klangbild nachhaltig verändert, indem zahlreiche grundtönige Register durch höher-klingende Register ersetzt wurden. Das Instrument hat 37 Register auf drei Manualen und Pedal. Erst 1987 erhielt die Orgel neue Prospektpfeifen, nun wieder, wie für Prospektpfeifen üblich, aus einer Zinnlegierung. Die ursprünglichen Prospektpfeifen waren 1917 zu Kriegszwecken abgegeben worden und zunächst nicht angemessen ersetzt worden.[1]

I Hauptwerk C–f³
Principal 16′
Bordun 16′
Principal 8′
Rohrflöte 8′
Quintadena 8′
Octav 4′
Gemshorn 4′
Quinte 223 W
Octav 2′
Mixtur IV-VI
Trompete 8′
II Brustwerk C–f³
Quintadena 16′
Principal 8′
Gemshorn 8′
Octav 4′
Rohrflöte 4′
Waldflöte 2′
Sifflöte 113 W
Scharf IV W
Schalmey 4′ W
III Oberwerk C–f³
Gedact 8′
Koppelflöte 4′ W
Rohrnasat 223 W
Octav 2′
Sifflöte 1′ W
Zimbel III
Krummhorn 8′
Pedal C–f¹
Subbass 16′
Violon 16′
Principal 8′
Bordun 8′
Octav 4′
Weitflöte 2′ W
Mixtur IV W
Posaune 16′
Trompete 8′
Trompete 4′ W
  • Anmerkungen:
W = 1940 ersetzt grundtönigeres Register.

In dem turmartigen querrechteckigen Westriegel befinden sich vier Kirchenglocken aus Bronze, von denen drei aus der Radlerschen Glockengießerei, Hildesheim stammen und bis 1964 das Glockengeläut der Stiftskirche bildeten. Dann kam aus der nahe gelegenen Stadtkirche St. Bartholomäi eine weitere, historische Glocke aus dem Jahr 1727 hinzu, die Thomas Riedeweg, Hannover gegossen hatte.[2]

Glocke Gussjahr Gießer Gewicht Durchmesser Schlagton
1 1898 Johann Jakob Radler & Söhne 2200 kg 1577 mm h°+3
2 1926 Gebr. Radler, Hildesheim 1300 kg 1306 mm d'+3
3 1727 Thomas Riedeweg, Hannover 1150 kg 1249 mm e'±0
4 1926 Gebr. Radler, Hildesheim 0660 kg 1051 mm fis'+1

In der Turmlaterne befinden sich zwei annähernd tongleiche Schlagglocken (gis″) aus dem 14. Jahrhundert und aus dem Jahr 1859.

Die über Sachsen und Norddeutschland berühmt-berüchtigte und weit verzweigte sowie großräumig operierende Räuberbande des Nikol List (1654–1699) wurde besonders durch spektakuläre Kirchenraube bekannt, so jene des Hamburger Doms, der Goldenen Tafel zu Lüneburg sowie der Braunschweiger Katharinenkirche – durchaus unter hiesiger Beteiligung, denn dieses Gauner-Syndikat hatte in Blumenau und Umgebung wichtige Stützpunkte sowie eine größere Zahl von Mitgliedern. Folglich fanden auch zahlreiche Raubzüge in die Umgebung statt, darunter die Heimsuchung der Wunstorfer Stiftskirche Cosmas und Damian in der Nacht zum 27. März 1696. Dabei ließen sie alle dem „Gottesdienst gewidmeten heiligen Gefäße“, darunter die „vasa sacra“, mitgehen, wie auch zwei vergoldete und zum Teil mit Edelsteinen besetzte Kelche, zwei vergoldete Hostienteller, eine große silberne Kanne etc., und sie verschonten nicht einmal den Armenkasten.[3]

  • Markus C. Blaich, Jörg Richter: Die Stiftskirche St. Cosmas und Damian zu Wunstorf. Untersuchung und Instandsetzung im Vorfeld des 1150-jährigen Gründungsjubiläums 2021 in: Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen, 4/2020, S. 33–36.
  • Urs Boeck: Die Stiftskirche in Wunstorf (Große Baudenkmäler, Heft 249). 3. Auflage, Deutscher Kunstverlag, München, Berlin 1998.
  • Ernst Oeters: Die Stiftskirche zu Wunstorf. Ihre Baugeschichte und Stellung innerhalb der sächsischen Architektur. Verlag des Kunstgeschichtlichen Seminars der Universität, Marburg/Lahn 1941.
Commons: St. Cosmas und Damian – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Informationen zur Orgel
  2. Glockendatenbank createsoundscape.de: Evang. Stiftskirche St. Cosmas und Damian in Wunstorf
  3. Joachim Lehrmann: Räuberbanden zwischen Harz und Weser – Braunschweig, Hannover, Hildesheim und Südniedersachsen. Ein historischer Rückblick. Selbstverlag, Lehrte 2004, ISBN 3-9803642-4-0, S. 97f.

Koordinaten: 52° 25′ 36″ N, 9° 25′ 52,5″ O