Tabu-Keller
Der Tabu-Keller war ein im Juli 1951 in Bonn gegründeter „Existenzialisten-Keller“[1] unter den Scala-Lichtspielen in der ehemaligen Meckenheimer Straße 6–8. Im Zuge des Stadthaus-Neubaus am neugeschaffenen Berliner Platz wurde das ganze Wohnviertel, mit dem Kinosaal und dem Tabu-Keller, Anfang der 1970er Jahre abgerissen.
Vorgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In den Nachkriegsjahren war das Gebiet zwischen der Meckenheimer-/ Bornheimer- und der Maxstraße das sogenannte „Nachtjackenviertel“.[2][3] Eine namenlose St(r)ichstraße (Sackgasse) zweigte neben dem Kino ab und wurde von den Bonnern „Nächelsgass“ genannt, nach der gleichnamigen Bordellstraße in der Kölner Altstadt an der Severinsbrücke[4].
In Paris gründete die französische Sängerin und Schauspielerin Juliette Gréco einen Kellerclub mit Barbetrieb im Studentenviertel Quartier Latin, genannt Le Tabou, der sich zum Treffpunkt von Literaten und Musikern entwickelte: Boris Vian, Jean-Paul Sartre, Albert Camus, Jean Cocteau und Miles Davis trafen sich hier bei der Gréco, der stets schwarzgekleideten und schwarz-weiß-geschminkten Muse der Existenzialisten.
Das Konzept – Jazzkeller + Literatentreff + Chansonbühne + Bar americaine mit dezenter Tanzmusik – versuchte der in den Wirtschaftswunderjahren umtriebige Kölner Gastronom Hans Herbert Blatzheim nach Westdeutschland zu importieren.
Tabu
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Blatzheim, der in Bonn bereits die Gastronomie in der Beethovenhalle betrieb, baute seine Tabu-Kette – in Ergänzung zu seinen Filial-Lokalen Crazy Horse / Edelweiss oder Eve (das Nachtparadis) – schwerpunktmäßig in den Universitätsstädten Köln (1949), Bonn, Aachen, Düsseldorf (1951), Braunschweig, Hannover (1953), Hamburg (1953) und München (1953) auf.[1]
Der Bonner Tabu-Keller unter den Kinosaal füllte sich meist erst nach der letzten Abendvorstellung: schwarzgekleidete Rollkragen-Pulloverträger(innen), filterlos rauchend oder Pfeife qualmend, diskutierten bei leiser Barmusik und bei in der Regel geringem Getränkeverzehr am Abend/Nacht; so konnten die erhofften Umsätze nicht erreicht werden – Bonn war nicht Paris.
In den 1960er Jahren war es mit dem Existentialismus dann auch vorbei, und das Tabu-Management versuchte mit Auftritten von Beat-Gruppen[5] den Getränkeumsatz durch schweißtreibende Musik zu erhöhen. Doch die Coca-Cola und Kölsch trinkenden Beatfans konnten die Bilanzen auch nicht mehr retten. 1967 musste Blatzheim aufgeben[6]. Anfang der 1970er Jahre war alles abgerissen, und in die Brache wurde nach einem Entwurf der Architekten Heinle, Wischer und Partner das neue Stadthaus gebaut: ein umfangreicher Bürokomplex, der die kleinmaßstäbliche Stadtsilhouette Bonns sprengte.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b BGH-Entscheidung Tabu I (14. Mai 1957) ( des vom 17. September 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ https://de.wiktionary.org/wiki/Nachtjackenviertel
- ↑ SHELL Stadtkarte Nr. 57 Bonn, www.landkartenarchiv.de
- ↑ Schwere Last mit leichten Mädchen, Die Zeit, 9. Oktober 1964, Nr. 41
- ↑ Tabu ( des vom 3. Dezember 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , BN-Beat – Die Beatszene in Bonn
- ↑ Sparen und sperren, Der Spiegel, Nr. 31/1967, 24. Juli 1967