Temporallappenepilepsie
Klassifikation nach ICD-10 | |
---|---|
G40.2 | Lokalisationsbezogene (fokale) (partielle) symptomatische Epilepsie und epileptische Syndrome mit komplexen fokalen Anfällen |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Die Temporallappenepilepsie (TLE; auch Schläfenlappenepilepsie oder Psychomotorische Epilepsie) ist die häufigste Form einer fokalen Epilepsie im Temporallappen (Schläfenlappen) bei der es in seltenen Fällen zu Generalisierung kommen kann.[1]
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Begriff wurde im Jahre 1985 durch die Internationale Liga gegen Epilepsie definiert als Erkrankung mit typischen wiederkehrenden Krampfanfällen ohne erkennbaren Auslöser, die ihren Ursprung im medialen oder lateralen Temporallappen haben. Dabei handelt es sich um einfache fokale Anfälle ohne Bewusstseinsverlust und komplexe Anfälle mit Bewusstseinsverlust.[2]
Pathologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Mehrzahl der Fälle liegt neuropathologisch eine mesiale temporale Sklerose vor, verändert sind der Hippocampus, die angrenzenden Hirnwindungen und der Mandelkern.[2]
Verbreitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Temporallappenepilepsie gilt als die häufigste Epilepsieform, sie tritt bei Jugendlichen und Erwachsenen auf,[3] am häufigsten im Alter zwischen 10 und 20 Jahren.[4]
Einteilung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Je nach Lokalisation des epileptischen Fokus kann unterschieden werden:[4]
- Mesiale Temporallappenepilepsie (mTLE), häufigste Form, Fokus im Hippocampus, der Area entorhinalis oder der Amygdala
- Laterale Temporallappenepilepsie (lTLE oder nTLE), Fokus im temporalen Neocortex
Ursache
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]An Ursachen kommen infrage:[2]
- Hippokampussklerose
- Infektionen wie Herpesenzephalitis, Bakterielle Meningitis, zerebrale Zystizerkose
- Traumabedingte Enzephalomalazie oder kortikale Narbe
- Hamartome
- Tumoren wie Meningiom, Gliom, Ganglioneurom
- Paraneoplastisch, z. B. Antikörper gegen NMDA-Rezeptor
- Vaskuläre Malformation wie AV-Malformation, Kavernöses Hämangiom, Ischämie
- Genetische Ursachen
Klinische Erscheinungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Klinische Kriterien sind:[2]
- Gedächtnisstörung
- Aura somatosensorisch, vegetativ oder Déjà-vu
- Möglicherweise Einschränkung der sozialen Kompetenzen[9]
Therapie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Medikamentöse Behandlungsversuche können mit Valproat, Carbamazepin oder Phenytoin unternommen werden.[10] Da die medikamentöse Behandlung schwierig ist, kommt eine Epilepsiechirurgie bei Therapieresistenz infrage.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Erstbeschreibung stammt aus dem Jahre 1881 durch John Hughlings Jackson.[2]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- M. Treier, S. Doostkam, S. Meckel: Das extraventrikuläre Neurozytom. Eine seltene Ursache der Temporallappenepilepsie. In: RöFo. Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen und der Nuklearmedizin. Band 183, Nr. 11, November 2011, S. 1065–1066, doi:10.1055/s-0031-1281716, PMID 21915811.
- C. Helmstaedter, C. E. Elger: Chronic temporal lobe epilepsy: a neurodevelopmental or progressively dementing disease? In: Brain. A journal of neurology. Band 132, Nr. 10, Oktober 2009, S. 2822–2830, doi:10.1093/brain/awp182, PMID 19635728 (englisch).
- H. Stefan, K. E. Eberhardt, E. Pauli, I. Schäfer, W. Paulus, B. Kasper, F. Kerling, P. Hopp, B. F. Tomandl, M. Buchfelder, W. J. Huk: Bildgebende Verfahren bei pharmakoresistenter Temporallappenepilepsie Vergleich von MR-Volumetrie und Multivoxel-MR-Spektroskopie zur Einschätzung der postoperativen Prognose. Vergleich von MR-Volumetrie und Multivoxel-MR-Spektroskopie zur Einschätzung der postoperativen Prognose. In: Der Nervenarzt. Band 72, Nr. 2, Februar 2001, S. 130–135, PMID 11256147.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eintrag zu Mesiale Temporallappenepilepsie mit Hippocampussklerose. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ NINDS ( des vom 27. Juli 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ a b c d e emedicine
- ↑ Günter Krämer: Diagnose Epilepsie. Georg Thieme Verlag, 2003 ISBN 9783830430773, S. 75.
- ↑ a b Heinrich Mattle, Marco Mumenthaler: Neurologie. Georg Thieme Verlag, 13. Auflage 2012, ISBN 978-3-13-157773-3, S. 397.
- ↑ Eintrag zu Infantile mesiale Temporallappenepilepsie mit schwerer kognitiver Regression. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
- ↑ Eintrag zu Temporallappenepilepsie, mesiale, familiäre Form. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
- ↑ Eintrag zu Temporallappenepilepsie, mesiale, mit Fieberkrämpfen, familiäre Form. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
- ↑ Eintrag zu Autosomal-dominante fokale Epilepsie mit akustischen Merkmalen. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
- ↑ Bernadett Mikula, Anita Lencsés, Csaba Borbély, und Gyula Demetera: Emotion recognition and theory of mind after temporal lobe epilepsy surgery: A systematic review. In: Seizure. Band 93, 2021, S. 63–74, doi:10.1016/j.seizure.2021.10.005.
- ↑ DocCheck Medical Services GmbH: Temporallappenepilepsie - DocCheck Flexikon. Abgerufen am 23. April 2018.