Terra preta

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Selbst hergestellte Terra preta: Gartenkompost mit Erde und Holzkohle (siehe Pfeile)

Terra preta (portugiesisch für „schwarze Erde“) beziehungsweise Terra preta de índio („schwarze Indianererde“) ist die Bezeichnung für einen fruchtbaren, im Amazonasbecken anzutreffenden anthropogenen Boden, genauer einen Pretic Anthrosol. Der Boden besteht aus einer Mischung von Holz- und Pflanzenkohle, menschlichen Fäkalien, Dung und Kompost, durchsetzt mit Tonscherben und gelegentlich auch Knochen sowie Fischgräten.

Aufgrund der Farbe und des Anteils an pyrogenem Kohlenstoff wird Terra preta, die „schwarze Erde“, auch als Indianer-Schwarzerde Amazoniens bezeichnet, ist aus bodenkundlicher Sicht aber keine Schwarzerde.

Die Hauptverbreitungsgebiete von Terra preta konzentrieren sich auf die Gebiete der Wanderfeldwirtschaft mit Brandfeldbau in den feuchten Tropen. Nachgewiesen sind sie in Südamerika (Brasilien, Kolumbien, Ecuador, Französisch-Guayana) mit einer Landfläche von ca. 154 Quadratkilometern. Dabei finden sie sich häufig in ehemaligen Siedlungsgebieten in unmittelbarer Flussnähe wieder.

Ähnliche Phänomene sind auch in anderen Erdteilen bekannt, wie beispielsweise in Afrika (Ghana, Sierra Leone, Liberia, Guinea), Südostasien (Indonesien) und auch in Europa (Deutschland und Schweden).[1][2]

Terra-preta-Böden wurden in einem jahrhundertelangen Prozess geschaffen und intensiv genutzt.[3] Überdies wird ihre Entdeckung gern als Beispiel für den quantitativen Ansatz der Kulturlandschaftsdebatte genannt, was belegen soll, dass selbst Teile sogenannter Urwälder anthropogen verändert sind.

Laut einer optimistischen Abschätzung des Geographen William I. Woods, die auf nachgewiesenen Vorkommen basiert, könnten bis zu zehn Prozent der Oberfläche des Amazonasbeckens von dunkler Erde bedeckt sein; konservative Schätzungen gehen hingegen nur von 0,1 bis 0,3 Prozent aus.[4] Daraus lässt sich vermuten, dass das Amazonasbecken einst fünf bis zehn Millionen Menschen beherbergt haben könnte. Die meisten dunklen Böden entstanden zwischen 700 und 1000 n. Chr., manche datieren weit vor Beginn unserer Zeitrechnung.[5]

In den feuchten Tropen ist aufgrund der hohen Temperaturen die Verwitterung sehr rasch. Außerdem sind viele Böden sehr alt und daher sehr stark verwittert. Es entstehen Ferralsole, die von Kaolinit sowie Aluminium- und Eisenoxiden dominiert sind. Pflanzennährstoffe wurden weitgehend ausgewaschen, und eingebrachte Nährstoffe können kaum gespeichert werden. Darüber hinaus werden organische Substanzen aufgrund der hohen Temperaturen rasch abgebaut und mineralisiert.

Terra preta entsteht durch langjährigen Eintrag von Asche, Biomasse, Küchenabfällen, Verkohlungsrückständen, pyrogenem Kohlenstoff, Knochen, Dung und menschlichen Fäkalien. Durch Mikroorganismen und Bodentiere wird organische Substanz teilweise abgebaut, stabilisiert und in die Tiefe verlagert (Bioturbation). So entstehen bis zu zwei Meter mächtige Horizonte.

Ein wichtiger Bestandteil für die Genese der Terra preta ist Pflanzenkohle, die etwa 20 % des Kohlenstoffs ausmacht und durch ihren langsamen Abbau (ca. 2.000 Jahre) zur Stabilität beiträgt; zur Entstehung und Erhaltung werden jedoch auch Nährstoffe und Mikroorganismen benötigt.

Die Terra preta hat zwei wichtige Eigenschaften im Hinblick auf Bodenfruchtbarkeit und ihre Speicherfähigkeit von Kohlenstoff: Sie ist in der Lage, hohe Nährstoffmengen zu speichern. Bei Stickstoff ist dies 17 t/ha und bei Phosphor 13 t/ha; dies ist doppelt so viel Stickstoff bzw. viermal so viel Phosphor wie bei umliegenden Ferralsolen.[6] Daneben enthält sie bereits im Durchschnitt 250 t/ha organischen Kohlenstoff und 50 t/ha Pflanzenkohle, entsprechend dreimal mehr bzw. siebzigmal mehr als umliegende Ferralsole.[7]

Potential zur effizienten Ressourcennutzung

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Neu geschaffene Terra preta (Terra preta nova) könnte die Erträge landwirtschaftlich unproduktiver Böden steigern.[8] Die zur Erzeugung der Pflanzenkohle notwendige Biomasse müsste aus Ernterückständen oder Plantagen gewonnen werden, weil die Nutzung primärer Urwälder aus ökologischen Gründen nicht sinnvoll ist. Daher wird vorgeschlagen, über Pyrolyse weitere Pflanzenkohle zu erzeugen. Dabei können jedoch toxische Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe entstehen, die beim Einbringen der Kohle in den Boden zu einer entsprechenden Kontamination des Bodens führen können; deswegen sollte das Produkt überprüft werden.[9] Es entstehen bei der Pyrolyse ein flüssiges Kreosot, welches auch krebserregende Substanzen enthalten kann, und ein Pyrolysegas, dominiert von den brennbaren Gasen CO, H2 und CH4.[10]

In Anbetracht der Knappheit der sinnvoll einzusetzenden Biomasse für die Verkohlung[11] besteht bei einer breiten Anwendung – und womöglich Förderung – der Pflanzenkohle zur Bodenanwendung das Risiko, dass wertvolle Holzbestände oder gar kontaminierte verschwelbare Abfälle für die Pyrolyse eingesetzt werden.[12]

Terra-Preta-Projekt auf dem Sand in Tübingen

Seit der ersten wissenschaftlichen Beschreibung von Terra preta durch Anthropologen und Geographen (1871, 1903) haben sich ab Mitte des 20. Jahrhunderts Bodenkundler der Erforschung der Terra preta zugewandt.[13] Seit einigen Jahren ist die wissenschaftliche Untersuchung der Terra preta intensiviert worden, auch in Europa.[14]

In der Archäologie des Amazonasbeckens ist das Vorkommen von Terra preta ein wichtiger Indikator für menschliche Siedlungstätigkeit.

Weltweit gibt es zahlreiche Projekte, die sich mit den Eigenschaften der Terra preta beschäftigen; dazu gehören unter anderem Terra Preta Wageningen,[15] ClimaCarbo,[16] Terra BoGa[17] und das Ithaka Institut.[18]

  • Bruno Glaser, William I. Woods: Amazonian dark earths – explorations in space and time. Springer, Berlin 2004. ISBN 3-540-00754-7
  • Johannes Lehmann: Amazonian dark earths – origin, properties, management. Kluwer Academic, Dordrecht 2003. ISBN 1-4020-1839-8
  • Eije Erich Pabst: Terra preta. Ein Beitrag zur Genese-Diskussion auf der Basis von Geländearbeiten bei Tupi-Völkern Amazoniens. Dissertation, 184 Seiten, Kassel 1993.
  • Ute Scheub, Haiko Pieplow, Hans-Peter Schmidt: Terra Preta. Die schwarze Revolution aus dem Regenwald. Oekom, München 2013. ISBN 3-8658-1407-7
Commons: Terra preta – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Terra preta Wundererde für das Wendland DIE REPORTAGE NDR. 14. Juli 2016, abgerufen am 4. Januar 2022.
  2. Odor in Commercial Scale Compost: Literature Review and Critical Analysis@1@2Vorlage:Toter Link/www.ecy.wa.gov (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  3. Christoph Steiner: Slash and Char as Alternative to Slash and Burn. Dissertation, Cuvillier Verlag, Göttingen 2007, ISBN 978-3-86727-444-9. S. 13–17.
  4. Charles C. Mann: 1491: New Revelations of the Americas Before Columbus. 2. Auflage. Vintage Books, New York 2011, S. 355. Selbst wenn nur 0,1 bis 0,3 Prozent des Amazonasbeckens mit terra preta bedeckt wären, entspräche dies mehreren tausend bis einigen zehntausend Quadratkilometern – eine vergleichbare Fläche reichte im Kernland der mesoamerikanischen Maya-Kultur aus, um Millionen Menschen zu ernähren (ebd., S. 355).
  5. Kurt de Swaaf: Schwarzes Erbe – Die dunklen Erden Südamerikas geben langsam ihre Geheimnisse preis, Neue Zürcher Zeitung, Forschung und Technik, 18. Februar 2015
  6. Glaser et al. (2003) Organic Chemistry Studies on Amazonian Dark Earths. In: Lehmann, J., Kern, D., Glaser, B., Woods, W. (Hg.): Amazonian Dark Earths: Origin, Properties, and Management. Dordrecht, The Netherlands: Kluwer, S. 227–241, ISBN 978-1402018398.
  7. Bruno Glaser, Ludwig Haumaier, Georg Guggenberger, Wolfgang Zech: The 'Terra Preta' phenomenon: a model for sustainable agriculture in the humid tropics. In: Naturwissenschaften. 88. Jahrgang, Nr. 1, Januar 2001, ISSN 0028-1042, S. 37–41, doi:10.1007/s001140000193 (englisch, springer.com).
  8. Bruno Glaser: Prehistorically modified soils of central Amazonia: a model for sustainable agriculture in the twenty-first century. In: Philosophical Transactions of the Royal Society B: Biological Sciences. 362. Jahrgang, Nr. 1478, 28. Februar 2007, ISSN 0962-8436, S. 187–196, doi:10.1098/rstb.2006.1978.
  9. The European Biochar Certificate: Das Europäische Pflanzenkohle Zertifikat. Abgerufen am 19. Februar 2020.
  10. Constanze Werner u. a.: Biogeochemical potential of biomass pyrolysis systems for limiting global warming to 1.5° C. 2018, Environmental Research Letters, 13(4), 044036. doi:10.1088/1748-9326/aabb0e
  11. Teichmann: Klimaschutz durch Biokohle in der deutschen Landwirtschaft: Potentiale und Kosten. Abgerufen am 19. Februar 2020.
  12. BUND: Terra Preta / Pyrolysekohle: BUND-Einschätzung ihrer Umweltrelevanz. Abgerufen am 19. Februar 2020.
  13. Eije Erich Pabst: Terra preta. Ein Beitrag zur Genese-Diskussion auf der Basis von Geländearbeiten bei Tupi-Völkern Amazoniens. Kassel 1993: S. 15.
  14. "Wundererde" im Test in Zeit Online 49/2011
  15. Terra Preta Wageningen
  16. BMBF: ClimaCarbo. CO2-negative Energieerzeugung und Schließung regionaler Stoffkreisläufe im ländlichen Raum des Wendlandes. Von März 2012 bis Dezember 2015. Abgerufen am 10. Februar 2020.
  17. Projekt BoGa der Freien Universität Berlin
  18. Ithaka Institut