Theodor Nottebohm

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Theodor Nottebohm (* 28. Oktober 1850 in Hamburg; † 31. Mai 1931 in Breslau, Provinz Niederschlesien) war ein deutscher evangelischer Geistlicher, Domprediger und Generalsuperintendent.[1]

Nottebohm war das siebente Kind des Hamburger Großkaufmanns Karl Ludwig Nottebohm (* 1798, † 1870). Die Mutter, Hillegonda Jacoba Nottebohm, geborene van der Smissen (* 1813, † 1910), wurde 1835 die zweite Ehefrau seines Vaters nach dem frühen Tod der ersten Frau.

Nach dem Besuch der Gelehrtenschule des Johanneums seiner Geburtsstadt und Erlangung der Hochschulreife zu Ostern 1870 studierte er an der Universität Göttingen Theologie. Er unterbrach das Studium, um als Kriegsfreiwilliger am Deutsch-Französischen Krieg teilzunehmen. Nach Kriegsende setzte er das Theologiestudium an den Universitäten in Tübingen (1872–1873)[2] und Kiel fort. Die Erste Theologische Prüfung legte er in Hamburg mit der Note Auszeichnung ab.

Erste Berufsstationen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um sich für eine angestrebte wissenschaftliche Laufbahn vorzubereiten, bildete er sich an der Universität Halle weiter und blieb drei Semester an der Theologischen Fakultät in der Saalestadt. Anschließend erfüllte er den Wunsch seines Onkels, eines Pfarrers in Ostfriesland, und unterstützte ihn bei der Arbeit im Sprengel Hinte. Sein Interesse an den Aufgaben eines praktischen Seelsorgers motivierte ihn, im Juli 1877 Hilfsprediger in der Hamburger Anschar-Kapelle bei Carl Ninck zu werden. Im Jahre 1881 wurde Nottebohm ordiniert und 2. Pfarrer in Paderborn sowie zwei weitere Jahre darauf 1. Pfarrer.

Nach der Bildung des Predigerseminars Soest in Westfalen wurde ihm 1892 das Amt des Studiendirektors übertragen.[3] Die Funktion als Direktor übte er bis Mitte 1901 aus.

Ab 1. Oktober 1901 wurde er Nachfolger von Hugo Nehmiz im Amt des Konsistorialrats und 2. Dompredigers in Magdeburg.

Generalsuperintendent in Schlesien

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausgerüstet mit den Erfahrungen aus seiner kirchenbehördlichen Tätigkeit und dem pastoralen, seelsorgerlichen Dienst folgte er dann der Ernennung zum Generalsuperintendenten für die gesamte Kirchenprovinz Schlesien durch den Evangelischen Oberkirchenrat in Berlin. Die Stelle war durch den frühen Tod des Vorgängers, Hugo Nehmiz, seit 1903 unbesetzt. Anfang Juli 1904 wurde Nottebohm in sein neues Amt in Breslau eingeführt. Er wurde 1905 nach Aufteilung der Generalsuperintendentur in zwei Sprengel, Breslau sowie Oppeln und andererseits Liegnitz, entlastet. Zum weiteren Generalsuperintendenten für den nordwestlichen Teil Schlesiens wurde der Theologe Wilhelm Haupt berufen.[4]

Zu seinen Obliegenheiten zählten jährliche Kirchenvisitationen als Vorsitzender einer Kommission, bestehend aus geistlichen und kommunalen Mitgliedern sowie einem Vertreter des Evangelischen Oberkirchenrats. Er führte z. B. 1914 im Kirchenkreis Ratibor vom 13. bis 27. Mai eine Generalkirchenvisitation durch, die mit einem Schlussgottesdienst und einer Auswertungskonferenz beendet wurde.[5]

Zudem unterbreitete er Vorschläge in Absprache mit dem Konsistorialrat Karl Alfred von Hase für die Besetzung von Pfarrstellen in seinem Sprengel.

Er überprüfte in seiner Amtszeit den an Gymnasien erteilten Religionsunterricht. So besuchte er im Schuljahr 1908/09 das Gymnasium in Patschkau und überzeugte sich von der ordnungsgemäßen Durchführung.[6]

Nottebohm blieb zeitlebens unverheiratet. Den Haushalt führte seine ebenfalls unverheiratete Schwester Eleonore. Die beiden Geschwister verbrachten gelegentlich gemeinsam den Urlaub, z. B. 1910 im österreichischen Bad Gastein in der seit 1878 bestehenden Villa Mühlberger.[7]

Am 31. März 1925 wurde er emeritiert.

Die Buchdruckerei Otto Gutsmann[8] aus Breslau druckte in der Festschrift zum 80. Geburtstag von Nottebohm ein Foto des Geehrten ab. Das Büchlein verfasste der evangelische Pastor an der Breslauer St. Trinitatiskirche Konrad Müller[9] gemeinsam mit dem Lehrer an der Staatlichen Kunstakademie Hugo Scheinert. Dieser war insbesondere für die künstlerische Gestaltung des Schriftsatzes zuständig. Das veröffentlichte Porträt zeigt den pensionierten[10] Generalsuperintendenten mit hoher Stirn und buschigen Augenbrauen und einem ergrauten Vollbart. Die Barthaare umfangen die schmalen Lippen seines breiten Mundes. Er trägt eine Brille. Augenfällig sind die ovalen Gläser mit Fassung aus glänzendem Metall, der schmale Brillensteg und die beiden, dünnen Bügel. Deutlich sichtbar endet der linke Brillenbügel hinter dem Rand der verhältnismäßig großen Ohrmuschel. Beide Wangen sind etwas eingefallen.

Gekleidet ist Nottebohm mit einer schwarzen Anzugjacke und einem weißen Oberhemd sowie einer gebunden, dunklen Krawatte.[11]

Im Alter von nahezu 81 Jahren starb er im Breslauer „Bethanien-Krankenhaus“ nach eintägigem Aufenthalt.[12] Der Verstorbene hatte noch einen Tag vor seinem Tod an der Arbeit des schlesischen Gustav-Adolf-Vereins teilgenommen.[13]

Die Beisetzung Nottebohms fand am 3. Juni 1931 auf dem Breslauer Alten Friedhof St. Bernhardin in Rothkretscham nach einer Trauerfeier zu seiner Todesstunde 16.30 Uhr in der Kirche des Diakonissen-Mutterhauses Bethanien statt.[14] In einem Nachruf wurde sein weitschauender Blick, seine außergewöhnliche Sachkenntnis, die Treffsicherheit seines Urteils und seine bis ins hohe Alter bewahrte Aufgeschlossenheit für die veränderten Bedürfnisse der neuen Zeit gewürdigt.[15]

Ehrenamtstätigkeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehrenamtlich wirkte er in Leitungsfunktionen des Gustav-Adolf-Vereins. Am 21. Juni 1905 wurde er in den Vorstand des Hauptvereins gewählt sowie ab 1906 Vorsitzender für den erkrankten Karl Gladischefski. Er stand nahezu 25 Jahre an der Spitze der schlesische Gustav-Adolf-Arbeit[16], was sein Stellvertreter Otto Zänker 1930 im Gratulationsschreiben des Vorstandes anlässlich des 80. Geburtstages Nottebohms hervorhob.[17] Zudem wurde er Vorsitzender der schlesischen Frauenhilfe. Seit 1914 war er Vorsitzender des Vorstandes der Diakonieanstalt Bethanien in Breslau.[18] Er wurde 1904 Mitglied der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur, die sich u. a. für ein breites Verständnis der Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung einsetzte.[19]

Er war bereits in der Kaiserzeit Mitglied des Deutschen Vereins zur Erforschung Palästinas und auch in der Weimarer Republik.[20] In dieser Gesellschaft wurde er u. a. mit dem Mitglied und Orientalisten Enno Littmann (1875–1958) bekannt.

Im Jahre 1904 veranlasste er die Gründung des Schlesischen Provinzialverbandes der Frauenhilfe. Die Ausbildung von freiwilligen Krankenpflegerinnen für den Einsatz auf dem Lande förderte er mit persönlichen Mitteln. Er unterstützte zusammen mit seiner Schwester, Eleonore Nottebohm, die nach ihrer Mutter benannte „Jacoba-Stiftung“ für schlesische Bedürftige, insbesondere Geistliche. Für das vom Breslauer „Verein für Innere Mission“ betriebene „Jacobahaus“ übernahm er die Personalkosten des angestellten Sozialarbeiters und förderte finanziell auch die Suchtkrankenhilfe der Einrichtung.

Zuvor hatten die beiden Geschwister Fünftausend Mark im Rahmen der Nationalspende zum Kaiserjubiläum 1913 für die christlichen (evangelischen) Missionen zur Verfügung gestellt.[21] Eleonore Nottebohm spendete 1918 einen Geldbetrag für Bedürftige in Breslau und wurde in die Gabenliste der Schlesischen Zeitung aufgenommen.[22] Ihr wurde im selben Jahr das Frauenverdienstkreuz in Silber für aufopfernde persönliche Tätigkeit auf dem Gebiet der Nächstenliebe, auf kirchlichem oder auf sozialem Gebiet verliehen.[23]

Veröffentlichungen (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er trat als Autor und Vortragsredner in Erscheinung:

  • Carl Ninck. Ein kurzes Lebensbild. Verlag der Evangelischen Buchhandlung, Hamburg 1888, OCLC 699751886.
  • Referat über Schriften zur Seelsorge, in: Halte, was Du hast. Zeitschrift für Pastoraltheologie, 25. Jg., Nr. 11/12 (August/September), 1902, OCLC 1371224611
  • Der Herr ist mein Licht und mein Heil. Predigten. Evangelische Buchhandlung Ernst Holtermann, Magdeburg 1904, OCLC 249988789.
  • Zum Gedächtnis der Frau Witwe Carl Ludwig Nottebohm, geb. Hillegonda Jacoba van der Smissen, geb. 15. Dezember 1813 in Hanerau, gest. 19. Juni 1910 in Hamburg, begraben 22. Juni 1910 in Hamburg. Breslau 1910, OCLC 249508470.
  • Er gründete 1913 die Zeitschrift Gustav-Adolf-Bote für Schlesien und übernahm im Ersten Weltkrieg vorübergehend die Funktion als Verantwortlicher Schriftleiter.[27]
  • Fünf Predigten bei der 65. Hauptversammlung des Evangelischen Vereins der Gustav Adolf-Stiftung in Kiel am 16. und 17. September 1913. Gehalten a. a. von Nottebohm. Verlag J. C. Hinrichs, Leipzig 1914, DNB 361583907.
  • Die Aufgabe der Frauenhilfe für den Ausbau des evangelischen Gemeindelebens. Vortrag von Nottebohm. Diesdorf, Kr. Striegau 1915, DNB 361553927.

Die Theologische Literaturzeitung warb in Form von Rezensionen für veröffentlichte Kriegspredigten, z. B. für den Titel Gott ist unser Hort. Predigten evangelischer Geistlicher aus Breslau für die Gemeinde und das deutsche Heer, OCLC 72537718, darunter war der Autor „Gen.-Superinten. Nottebohm“, Breslau 1915.[28]

  • Schlesisches Pfarrerbuch. Erster Band: Regierungsbezirk Breslau Teil 1, Leipzig 2014, ISBN 978-3-374-03858-9, S. 44 [Nottebohm, Theodor].
  • H. Niemann: Stammbaum, Nachrichten und Lebensbeschreibungen von der Familie Möller-Nottebohm. Fortgeführt bis zum Jahre 1892, Düsseldorf 1892, S. 59 [Nottebohm, Theodor], OCLC 866810575.
  • F.W. Bauks: Die evangelischen Pfarrer in Westfalen, Bielefeld 1980, Nr. 4563, OCLC 1067335545.
  • Müller, Konrad: 25 Jahre Schlesischer Gustav Adolf-Arbeit 1905–1930. Festschrift zum 80. Geburtstag seines Vorsitzenden, des Herrn Generalsuperintendenten i.R. D. Nottebohm, OCLC 250801576.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Zum 70. Geburtstag. In: Evangelisches Kirchenblatt für Schlesien. 23. Jahrgang, Görlitz, 24. Oktober 1920, S. 337 f., OCLC 183379511.
  2. Personenbezogene Akte Deutsche Digitale Bibliothek: Nottebohm, Theodor [Adolf] * 28.Oktober 1850
  3. Norddeutsche Allgemeine Zeitung. 19. Februar 1892, S. 1, Sp. 2, OCLC 1367297284.
  4. Handbuch der deutschen evangelischen Kirchen 1918 bis 1949. Göttingen 2010, ISBN 978-3-647-55784-7, S. 232
  5. Schlesische Zeitung (Morgenblatt). 13. Mai 1914, S. 6, Sp. 1
  6. Kgl. Gymnasium zu Patschkau. Bericht für das Schuljahr 1908–09, erstattet von Direktor Prof. Dr. Kuckert, S. 11 [Chronik der Schule], DNB 016171888
  7. Von Nottebohm u. a. geschildeter Aufenthalt, datiert mit 17. August 1910, handschriftliche Briefkarte, versehen mit freundlichem Gruß auch von seiner Schwester, adressiert an einen seiner Kollegen, Konsistorialrat Karl Alfred von Hase. – Privatsammlung Benutzer:Schudi 45
  8. GND 10354459-8
  9. GND 1026794714
  10. Grundkarte für den ledigen Ruhegehaltsempfänger Nottebohm Letzte Dienstbehörde: Evangelisches Konsistorium Breslau
  11. Müller, Konrad: 25 Jahre Schlesischer Gustav Adolf-Arbeit 1905–1930. Festschrift zum 80. Geburtstag seines Vorsitzenden, des Herrn Generalsuperintendenten i.R. D. Nottebohm, S. 5 [Porträt (59x73 mm)] OCLC 250801576.
  12. Brockauer Zeitung. Zeitung für den Landkreis Breslau. 3. Juni 1931, OCLC 10351072859.
  13. Namslauer Stadtblatt. 4. Juni 1931, S. 3 [„Generalsuperintendent i. R. †“], OCLC 1366461805
  14. Trauer-Anzeige, aufgegeben vom Neffen Carl Ludwig Nottebohm, in: Der Reichsbote, 3. Juni 1931, S. 4, Sp. 1
  15. Der Reichsbote, 9. Juni 1931, S. 7, Sp. 3 [„Ein schlesischer Kirchenführer.“]
  16. Handbuch der deutschen evangelischen Kirchen 1918 bis 1949. Göttingen 2010, ISBN 978-3-647-55784-7, S. 437
  17. Müller, Konrad: 25 Jahre Schlesischer Gustav Adolf-Arbeit 1905–1930. Festschrift zum 80. Geburtstag seines Vorsitzenden, des Herrn Generalsuperintendenten i.R. D. Nottebohm. Hrsg. Schlesischer Hauptverein der Gustav Adolf-Stiftung, Verlag Ev. Presseverband für Schlesien, Breslau 1930, S. 5f. u. 7, DNB 575172797
  18. Kattowitzer Zeitung. 2. Juni 1931, S. 6, Sp. 6
  19. 82. Jahresbericht der Gesellschaft ..., Breslau 1905. Wikisource Jahres-Berichte der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur
  20. Zeitschrift des Deutschen Palästinavereins (ZDPV), Bd. 45, H. 3/4 (1922), S. 236–244; Bd. 36, H. 1 (1913), S. 69–79 [Verzeichnis sämtlicher Mitglieder], ISSN 2192-3124
  21. Schlesische Zeitung. 23. April 1913, S. 15, Sp. 3, OCLC 225195410
  22. Schlesische Zeitung. 13. Dezember 1918, S. 3, Sp. 4
  23. Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger, 6. August 1918 (Abend-Ausgabe), S. 1, Sp. 2
  24. Arnsberger Zeitung. 16. Juli 1905, S. 3, Sp. 2, OCLC 1341038489.
  25. Näheres in Nottebohms Brief an Kähler vom 6. April 1906, Archivale in Bibliothek der Franckeschen Stiftungen, Archiv-Signatur: KAEHLER 1727; Auskunft vom 18. Februar 2025
  26. Die Glocke. 18. Januar 1909, S. 1, Sp. 2 (Deutsche Digitale Bibliothek).
  27. Hrsg.: Vorstand des Schlesischen Hauptvereins der Gustav-Adolf-Stiftung, OCLC 225279981.
  28. Theologische Literaturzeitung, Nr. 13, 24. Juni 1916, S. 301f. OCLC 1305023453