Überprüft

Thiuda

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Thiuda (Þiuda) ist das früheste überlieferte Lexem in einer germanischen Sprache, in der gotischen Sprache, mit der Bedeutung „Volk“.

Das für die urgermanische Sprache rekonstruierte *þeudō bildet die sprachliche Basis für die Etymologie des Begriffs Deutsch und taucht als Wortglied in der Namenkunde auf.

Aus der indogermanischen Wortwurzel *teuteh₂ (veraltete Rekonstruktion *teutā) für „Stamm, Volk“ bildeten sich die germanischen Formen und andere Formen, beispielsweise keltische Formen, wie zum Beispiel altirisch túath „Stamm, Volk“, vgl. die irischen Túatha Dé Danann.

Im Gotischen erscheint dieses Wort in der grammatischen Grundform als Substantiv þiuda und als adverbiale Form þiudisko.[1] Quelltexte sind die Fragmente der Bibelübersetzung des gotischen Kleriker und Missionars Wulfila, der Gotenbibel.

Im Galaterbrief 2:14f. übersetzt die gotische Bibel das griechische ἐθνικῷς (ethnikos) heidnisch als Antonym für jüdisch mit dem umstandswörtlichen Lehnwort þiudisko auf Basis von þiuda. An anderer Stelle wird für heidnisch ohne einen speziellen bedeutungsmäßigen Kontrast zu bilden die Form fem. haiþno für Ελληνίς = Griechin (Mk. 7:26) genutzt.

Im sogenannten „Gotenkalender“, Fragmente eines gotischen Festkalenders aus der Salzburg-Wiener Handschrift, wird die zweigliedrige Kompositbildung Gutþiuda für „Gotenvolk“ genannt.

Im Altnordischen und Isländisch erscheint dieses Etymon als þjóð.

Anglo-friesische Sprachen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Altenglischen erscheint das Etymon als þeod, im Altfriesischen als thiād.

Altdeutsche Idiome

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Altniederdeutschen erscheint das Etymon als thiod(a), im Althochdeutschen als diot, im Mittelhochdeutschen sowie im Mittelniederländischen diet.[2][3]

Als Vorderglied ist es Bestandteil vieler Vornamen, und zwar männlicher wie auch weiblicher:

  • Dietbert/-pert - Ditbert/-pert oder Detbert/-pert (auch Didbert/-pert oder Dedbert/-pert, kurz Depert) - Diotbert/-pert - Deotbert/-pert - Theudebert/-pert (auch: Theudobert/-pert) - Theodebert/-pert (auch: Theodobert/-pert; kurz: Theobert/-pert) - Thiadebert/-pert
  • Dietbrand/-prand - Ditbrand/-prand oder Detbrand/-prand (auch Didbrand/-prand oder Dedbrand/-prand, kurz Deprand) - Diotbrand/-prand - Deotbrand/-prand - Theudebrand/-prand (auch Theudobrand/-prand) - Theodebrand/-prand (auch: Theodobrand/-prand, kurz Theobrand/-prand)
  • Dietbold/-bald/-pold/-pald - Ditbold/-pold oder Detbold/-pold (auch Didbold/-pold oder Dedbold/-pold, kurz Depold) - Diotbold/-bald/-pold/-pald - Deotbold/-bald/-pold/-pald - Theudebald/-pald (auch: Theudobald/-pald) - Theodebald/-pald (auch: Theodobald/-pald, kurz Theobald/-pert) - Thiadebald/-pald
  • Dietlinde
  • Dietmar/Deitmar - Ditmar oder Detmar (auch Didmar/Dedmar, kurz: Demar) - Diotmar - Deotmar - Theodemar (auch: Theodomar, kurz: Theomar) - Theodemir - Thiademar
  • Dietrich/Deitrich - Ditrich oder Detrich (auch Didrich/Dedrich, kurz: Derich) - Diotrich - Deotrich - Theuderich (auch Theudorich) - Theoderich (Theodorich, kurz: Theorich)

Historisch finden sich unter anderem:

Als Vorderglied ist es Bestandteil von Ortsnamen:

  • Leute, in verwandter Bedeutung und Namensbildung
  1. Wolfgang Krause: Handbuch des Gotischen. §56,3, §127,1.
  2. J. van der Schaar: Woordenboek van voornamen. 13. Auflage, [ca. 1994], ISBN 90-274-3469-7
  3. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearbeitet von Elmar Seebold, 22. Auflage, Berlin und New York 1989, ISBN 3-11-006800-1