Traditionelle Chinesische Heirat
Eine traditionelle Chinesische Heirat (Chinesisch: 婚姻; pinyin: hūnyīn), ist ein feierlicher gesellschaftlicher Ritus der Eheschließung, welcher nicht nur die Vereinigung zwischen einem Mann und einer Frau betrifft, sondern oftmals auch ein geplantes Arrangement zwischen zwei Familien ist. Ehe und Familie sind in der chinesischen Kultur untrennbar miteinander verbunden und die Interessen beider Familien sind durch die Eheschließung betroffen. Innerhalb der chinesischen Kultur sind romantische Liebe und die Monogamie für die meisten Bürger üblich. Das früheste traditionelle chinesische Heiratsritual soll in der mythischen Fuxi-Ära die Übergabe eines Hirschfells gewesen sein. Während der Shang-Dynastie entwickelte sich das Konzept der „Versammlungshalle“. Letztendlich formte sich während der Zhou-Dynastie ein umfassendes System von „Sechs Ritualen“ der Hochzeitsetikette. Der Umfang dieser Rituale zeigt die Wichtigkeit, die der Ehe im Altertum beigemessen wurde. Außerdem kommen zu dem vorgenannten Ritual noch die „sechs Briefe und sechs Rituale“ hinzu. Damit weist die traditionelle Kultur Chinas ein unverwechselbares Verständnis zu Monogamie, Wiederheirat und Scheidung auf.
Wortherkunft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das aus zwei Zeichen bestehende Wort 婚姻 (Pinyin: hūnyīn, wörtlich „Heirat“) kann wie folgt analysiert werden:
婚 (hūn) ist nach dem Erya, dem ältesten bekannten chinesischem Wörterbuch, als Schwiegervater des Ehemennans zu verstehen, also als Vater der Ehefrau.[1] Heute wird es im modernen Standard chinesisch generell als Begriff der "Ehe" verstanden. Das chinesische Schriftzeichen besteht aus der phonetischen Komponente 昏, welche für Dämmerung, Nacht, Zwielicht und Dunkelheit steht, und dem Radikal 女 (nǚ, "female"), welches die semantische Komponente bildet.
Die phonetische Komponente 昏 wurde in altertümlichem Chinesisch ohne das zusätzliche Radikal (女) als 婚 verwendet. Dies deutet darauf hin, dass Hochzeiten üblicherweise am Abend stattfanden, wenn sich Yang (für Tag/männlich) und Yin (für Nacht/weiblich) überschneiden.[2]
姻 (yīn) war zu verstehen als der Vater einer Tochter des Ehemanns im Erya Wöterbuch, heute wird es eher als „Heirat” oder “Verbunden durch Heirat” im modernen Chinesisch verstanden.[1] Das Zeichen hat die gleiche Betonung wie dessen phonetische Komponente 因 (yīn). Nach dem Shuowen Jiezi, einem historischen Wörterbuch für chinesische Zeichen, hat das 因 nicht nur eine phonetische Komponente, sondern auch die Bedeutung „gehen“ oder dem Ehemann zu „folgen“.[3]
Marriage in a Confucian context
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem konfuzianistischen Gedanken ist die Heirat von einer großen Bedeutung für beide Familien und die Gesellschaft, sowie als auch für die Kultivierung von Tugend. Traditionell war Inzest definiert als Heirat zwischen zwei Menschen mit dem gleichen Nachnamen. „Eine der frühesten Heiratsverbote, welche bis heute noch existieren, waren jene dass Personen mit dem gleichen Nachnamen nicht heiraten durften. Ein kaiserlicher Erlass von 484 n.Chr. besagt, dass diese Regel Bereits in der Zhou Dynastie (122–255 v. Chr.) erlasen wurde. Wer innerhalb seines Stammes heiratete, erhielt sechzig Schläge und die Heirat wurde für null und nichtig erklärt. Es wurde befürchtet, dass solch eine Ehe schwache Nachkommen hervorbringen würde.“[4] Aus der Sichtweise von einer konfuzianistischen Familie, bringt eine Heirat Familien mit zwei verschiedenen Nachnamen zusammen und führt die väterliche Familienlinie fort. Daher rührt auch die hauptsächliche Bevorzugung, einen Sohn gegenüber einem Mädchen zu bekommen. Daher sind die Vor- sowie Nachteile einer Heirat nicht nur für das Paar, sondern für die ganze Familie von hoher Bedeutung. Soziologisch wird das Ehepaar als grundlegendes Element der Gesellschaft gesehen. In der chinesischen kam es oft vor, dass Ehebündnisse Einfluss auf die politische Stabilität sowie interne Beziehungen hatten. In Bezug auf internationale Beziehungen gilt: „Mischehen haben sich in der gesamten chinesischen Geschichte als Mittel zur Herstellung und Aufrechterhaltung von Beziehungen zwischen Familien im privaten Bereich bewährt und waren auch ein Faktor für politische Karrieren.“ Zum Beispiel waren Heiratsallianzen (ho-ch'in 和亲), sinngemäß 'Harmonische Verwandtschaften', eine Neuerung in der Han-Ära. Diese waren Teil einer formellen Friedensvereinbarung auf zwischenstaatlicher Ebene, die das einflussreiche Hsiung-nu-Reich während der Han-Dynastie befrieden sollte. Die Herrscher des einflussreichen Xiongnu-Stammes forderten Frauen von der königlichen Familie. Viele Perioden der chinesischen Geschichte waren geprägt von den Familien der Frau oder der Mutter des herrschenden Kaisers. "in den Elitefamilien der herrschenden Klasse waren die ersten Ehefrauen fast ausschließlich Mandschu, während qie (gemeinhin als "Konkubinen" übersetzt) und andere Partnerinnen mit niedrigerem Status Han sein konnten"[5].
Während der Qing-Dynastie waren die meisten hohen Beamten Mandschuren, zum Schutz der Familieninteressen war es bei der Auswahl der Frau sehr wichtig, darauf zu achten, ob sie innerhalb der „acht Banner“ geboren wurde. So ließ sich die ethnische Zugehörigkeit von Mandschurengruppen in der kaiserlichen Ahnenlinie anhand des Mädchennamens der Ehefrau erkennen.[5]
Die Rolle der Frau in der Ehe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Braut hat ihre Familie zu verlassen und untersteht nach der Heirat als Schwiegertochter der Autorität der Mutter des Ehemannes. In dieser Rolle wird sie auch Zeuge von weiteren Zweitfrauen oder Konkubinen, die für den Fall hinzukamen, falls sie nicht in der Lage war, einen männlichen Erben zu erzeugen. Der Ehemann kann sie aus verschiedenen Gründen zurückweisen, und falls er verstirbt, wird eine Wiederheirat erschwert. Diese Tatsache unterstreicht die finanzielle Abhängigkeit der Frau, da sich ihre Arbeit auf Pflichten des Haushalts fokussiert, ohne ein Einkommen zu generieren. Hingegen wird dadurch auch die Wichtigkeit der Rolle der Frau als passives Rückgrat der Familie bestätigt. Bäuerinnen waren weitestgehend Analphabeten und hatten wenig bis keine Besitztumsrechte.[6]
Im historischen China wird die Welt als ein Ergebnis des Zusammenspiels zwischen den zwei Elementen Yin und Yang verstanden. Yin respäsentiert alle weiblichen, dunklen, schwachen und passiven Dinge, während Yang hingegen alle männlichen, hellen, starken und aktiven Dinge repräsentiert. Obwohl sowohl das männliche als auch das weibliche Element dazu bestimmt sind, komplementär zu wirken, ist das eine passiver, während das andere aktiv ist. Aufbauend auf dieser Wertebasis entwickelten chinesische Moralisten Verhaltensnormen des Gehorsams und der passiven Rolle, die von Frauen zu erwarten sind.[6]
Durch diese Normen sind Mädchen seit der Kindheit Jungs untergeordnet, diese Unterordnung der Frau unter dem Mann wird beibehalten, so wie sich die Mutter ihrem erwachsenen Sohn unterordnet. Der Status innerhalb der Familie wurde durch die berühmten "drei Bande", die von den konfuzianischen Philosophen hervorgehoben wurden, formell umrissen. Die konfuzianischen Philosophen etablierten die "drei Bande" als formelle Struktur für die innerfamiliären Beziehungen. Teil des Bundes ist die Loyalität gegenüber den Herrschern, die kindliche Gehorsamkeit der Söhne gegenüber den Vätern und die Keuschheit, die von den Ehefrauen, aber nicht von den Ehemännern erwartet wird. Die Theorie erwähnt zwar nicht die Beziehung zwischen Mutter und Sohn, ist aber hingegen von weisender Bedeutung.[6]
Falls ein Vater ein Auftreten der Individualität und Unabhängigkeit in seinem Sohn zu erkennen findet, erhebt dies Bedenken über potenzielle Zerrüttungen in der Familie. Starke und enge Beziehungen zwischen dem Sohn mit entweder der Mutter oder der Frau stellen eine potenzielle Bedrohung zwischen vertikalen Linien der Loyalität und des Respekts dar und stellen die Familienstruktur sowie die Autorität in Frage.[6]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Guide to China Divorce and Separation
- spousal interests in real properties and corporate equities in China
- Wolf, Arthur P. and Chieh-shan Huang. 1985. Marriage and Adoption in China, 1845–1945. Stanford University Press. This is the most sophisticated anthropological account of Chinese marriage.
- Diamant, Neil J. 2000. Revolutionizing the Family: politics, love and divorce in urban and rural China, 1949–1968. University of California Press.
- Wolf, Margery. 1985. Revolution Postponed: Women in Contemporary China. Stanford University Press.
- Alford, William P., "Have You Eaten, Have You Divorced? Debating the Meaning of Freedom in Marriage in China", in Realms of Freedom in Modern China (William C. Kirby ed., Stanford University Press, 2004).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b 《爾雅·釋親》:「女子子之夫爲婿(壻),婿(壻)之父爲姻,婦之父爲婚。」 Erya: Explaining Relatives: "A daughter's husband is called a 婿 (alt. form: 壻, xù), and a 婿's father is called a 姻 (yīn), and someone's wife's father is called a 婚 (hūn)." (in Pre-Classical Chinese)
- ↑ 《儀禮·士昏禮註》:「士娶妻之禮,以昏爲期,因而名焉。必以昏者,陽往而隂來,日入三商爲昏。」 Etiquette and Ceremonial: "The ceremony of a gentleman marrying his wife is performed at dusk (or hūn in Modern Chinese), thereby called so. It shall be performed at dusk because dusk, three quarters after the sun sets, is when yang fades and yin comes." (in Pre-Classical Chinese)
- ↑ 《說文解字》:「姻,壻家也。女之所因,故曰姻。从女从因,因亦聲。」 Shuowen Jiezi: "姻 means the husbands' home. It is where the woman goes to (因), thereby called so. It consists of 女 (female) and 因 (go to), and 因 is also phonetic." (in Pre-Classical Chinese) (Note that 婿/壻 can have different meanings depending on its context. It is defined as "husband" in Shuowen Jiezi.)
- ↑ Ray Erwin Baber: Marriage in Ancient China. In: The Journal of Educational Sociology. 8. Jahrgang, Nr. 3, 1934, ISSN 0885-3525, S. 131–140, doi:10.2307/2961796, JSTOR:2961796 (englisch).
- ↑ a b Bijia Chen, Cameron Campbell, Hao Dong: Interethnic marriage in Northeast China, 1866–1913. In: Demographic Research. 38. Jahrgang, 2018, ISSN 1435-9871, S. 929–966, doi:10.4054/DemRes.2018.38.34, JSTOR:26457068 (englisch).
- ↑ a b c d John Fairbank, Merle Goldman: China: A New History. Harvard University Press, 2006, ISBN 0-674-11673-9, S. 19 (englisch).