Uschhorod
Uschhorod Ungwar | ||
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Ужгород | ||
Basisdaten | ||
Oblast: | Oblast Transkarpatien | |
Rajon: | Rajon Uschhorod | |
Höhe: | 137 m | |
Fläche: | 31,56 km² | |
Einwohner: | 115.449 (1. Januar 2022) | |
Bevölkerungsdichte: | 3.658 Einwohner je km² | |
Postleitzahlen: | 88000 | |
Vorwahl: | +380 312 | |
Geographische Lage: | 48° 37′ N, 22° 18′ O | |
KATOTTH: | UA21100230010016545 | |
KOATUU: | 2110100000 | |
Verwaltungsgliederung: | 1 Stadt | |
Verwaltung | ||
Bürgermeister: | Bohdan Andriyiv (2020)[1] | |
Adresse: | пл. Поштова 3 88000 м. Ужгород | |
Website: | http://www.umr.uzhgorod.ua/ | |
Statistische Informationen | ||
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Uschhorod (ukrainisch Ужгород, Aussprache: ; russisch Ужгород Uschgorod, ungarisch Ungvár bzw. Unghvár, deutsch Ungwar, russinisch Уґоград Ugohrad, tschechisch und slowakisch Užhorod) ist die Hauptstadt der Oblast Transkarpatien in der Ukraine und Sitz des Verwaltungszentrums für den Rajon Uschhorod. Sie liegt im Dreiländereck zwischen Ungarn, der Slowakei und der Ukraine, direkt an der slowakischen Grenze. Sie zählt 117.300 Einwohner (Volkszählung 2001) und ist Sitz eines griechisch-katholischen Bistums (Oberhaupt der ruthenischen Kirche).
Stadtname
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Name der Stadt rührt von ihrer Lage am Fluss Usch (ukrainisch Уж) her, wird aber volksetymologisch mit dem ukrainischen Wort für Natter (usch) in Verbindung gebracht. Aufgrund der Vielzahl von ethnischen Gruppen, die über die Jahrhunderte in Uschhorod lebten und leben, gibt es verschiedensprachliche Bezeichnungen für Uschhorod: ungarisch Ungvár, ukrainisch Ужгород Uschhorod, ruthenisch Ужгородъ Uschhorod, russisch Ужгород Uschgorod, slowakisch und tschechisch Užhorod, deutsch Ungwar oder auch Ungstadt, jiddisch אונגוואַר Ungwar.
Stadtgliederung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Stadt gliedert sich in 17 Teile:[2]
- Bosdosch
- Bolotyna (Sumpf)
- Werbnyk (Weidengebiet)
- Talahow
- Horjany (ukrainisch Горяни, ungarisch Gerény, 1970 eingemeindet)
- Domanynzi (ukrainisch Доманинці, ungarisch Alsódomonya)
- Drawzi (ukrainisch Дравці, ungarisch Ungdaróc, 1940 eingemeindet)
- Kalwary
- Mynaj (ukrainisch Минай)
- Burgviertel
- Promyslowyj (Industriezone)
- Radwanka (ukrainisch Радванка, ungarisch Radvánc, 1940 eingemeindet)
- Stanzijnyj (Bahnhofsviertel)
- Storoschnyzja (ukrainisch Сторожниця)
- Zeholnja
- Tscherwenyzja (ukrainisch Червениця)
- Schakta
Bis Sommer 2020 war die Stadt Sitz der Stadtratsgemeinde Uschhorod (Ужгородська міська рада/Uschhorodska miska rada), seit dem 12. Juni 2020 ist die Stadt zum Zentrum der neu gegründeten Stadtgemeinde Uschhorod (Ужгородська міська громада/Uschhorodska miska hromada) im Rajon Uschhorod[3].
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Uschhorod und Transkarpatien waren im Laufe der letzten Jahrhunderte zahlreichen Herrschaftsgebieten zugehörig und seine Bewohner vielen Grenzverschiebungen ausgesetzt. Erste Ansiedlungen auf dem heutigen Stadtgebiet werden aufgrund von archäologischen Funden für das frühe Paläolithikum (100.000 Jahre v. Chr.) vermutet, auch aus der Bronze- und Eisenzeit gibt es Siedlungsnachweise.
Nach der Völkerwanderungszeit zogen in das Gebiet Slawen ein. Archäologischen Funden zufolge ist die Burgstätte Uschhorod an der Wende des 8. und 9. Jahrhunderts entstanden und wurde dann zu einer wichtigen Burgstätte von Großmähren. Schriftliche Chroniken dokumentieren die Existenz der Burg(stätte) zum ersten Mal im Jahr 903 (eher umstritten ist die Erwähnung vom Jahr 872). Vom 10. bis zum 11. Jahrhundert war Uschhorod der südwestliche Vorposten der Kiewer Rus.
In der Mitte des 11. Jahrhunderts wurde es von Ungarn erobert. Die Eroberung des restlichen Transkarpatien war dann bis zum 13. Jahrhundert abgeschlossen. Bis 1918/19 gehörte die Stadt mit wechselnden Fürsten zum Königreich Ungarn und somit ab 1526 auch zur österreichischen Monarchie bzw. ab 1867 zu Österreich-Ungarn. Innerhalb Ungarns hieß die Stadt Ungvár und war Hauptstadt des Komitats Ung (Usch).
Im Rahmen des Friedensvertrags von Trianon fiel Uschhorod 1919 mit der Karpatoukraine an die neu gegründete Tschechoslowakei. Bis 1938 war Uschhorod nunmehr Hauptstadt der autonomen Karpatoukraine innerhalb der Tschechoslowakei. Durch den Ersten Wiener Schiedsspruch vom 2. November 1938 wurde Uschhorod mitsamt dem südlichen Streifen der Karpatoukraine wieder ungarisch.
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, am 27. Oktober 1944, wurde Uschhorod von der Roten Armee in der Ostkarpatischen Operation eingenommen. Im Juni 1945 musste die Stadt von der Tschechoslowakei an die Sowjetunion abgetreten werden. Sie wurde dort 1946 zum Zentrum des neu gegründeten Oblast Transkarpatien innerhalb der Ukrainischen Sowjetrepublik der UdSSR. Seit August 1991 ist sie Teil der neu gegründeten Ukraine.
Durch ein Sprachen- und Bildungsgesetz der Ukraine wurde der Gebrauch der ungarischen Sprache, die von etwa 100.000 Menschen in der Westukraine gesprochen wird, auch in den Schulen zurückgedrängt. 2018 gab es zwei Brandanschläge auf das ungarische Kulturzentrum in Uschhorod.[4] Einer davon soll vom mutmaßlich vom deutschen Rechtsextremisten Manuel Ochsenreiter in Auftrag gegeben worden sein.[5]
Bevölkerung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 2001 lebten in Uschgorod 117 317 Einwohner. Der Anteil der unterschiedlichen Volksgruppen war dabei:
- Ukrainer und Russinen 77,8 % (Ruthenen)
- Russen 9,6 %
- Ungarn 6,9 %
- Slowaken 2,5 %
- Roma 1,5 %
- Deutsche 0,3 %
Konfessionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die meisten Bewohner Uschhorods gehören zwei (von drei) großen ukrainischen Konfessionen an, der griechisch-katholischen Kirche und der orthodoxen Kirche. Die ungarischstämmige Bevölkerung ist überwiegend römisch-katholisch oder gehört zur Reformierten Kirche in Transkarpatien. Außerdem sind unter den Protestanten Baptisten stark vertreten. Seit der ukrainischen Unabhängigkeit haben sich auch zahlreiche andere christliche Konfessionen und Bewegungen etabliert, z. B. Pfingstler, Adventisten und Zeugen Jehovas. In der Sowjetzeit ist eine Synagoge nach dem Krieg in eine Konzerthalle umgebaut worden.
Wirtschaft und Infrastruktur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Industrielle Ansiedlungen gibt es in den Bereichen Möbelherstellung, Maschinen- und Elektrogerätebau, Chemische Industrie, Nahrungsmittelindustrie und Schuhherstellung. Uschhorod beherbergt viele Schulen, Fachschulen, Akademien und die Nationaluniversität Uschhorod, gegründet 1946.
Die Stadt ist ein sehr wichtiger Straßengrenzübergang zur Slowakei (und damit auch zur EU) und verfügt mit dem Flughafen Uschhorod über einen internationalen Flughafen.
Uschhorod ist zudem Endpunkt der 2750 km langen Erdgasleitung „Sojus“ aus Orenburg, deren Bau über mehrere Jahrzehnte hinweg durch die RGW-Staaten realisiert wurde. Planung und Bau des ca. 550 km langen Bauabschnitts der DDR, der Druschba-Trasse, wurden, wie die Abschnitte der anderen Staaten, von der damaligen UdSSR lediglich an die „Sozialistischen Bruderländer“ delegiert und durch spätere kostenlose Abgabe von Erdgas bezahlt.
Anschluss an das Eisenbahnnetz besteht seit 1872 durch eine Strecke von Tschop, diese wurde 1905 nach Lemberg verlängert (siehe Bahnstrecke Lwiw–Sambir–Tschop). Seit 1966 besteht auch die Breitspurstrecke Uschhorod–Košice.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Architektonisch erinnert der historische Stadtkern von Uschhorod in vielem an das alte Österreich-Ungarn. Ein großartiges Beispiel hierfür ist die barocke Kreuzerhöhungskathedrale. Dazu kommen in den Verwaltungsgebäuden und in den Außenbezirken einerseits sowjetische und postsowjetische Plattenbauten und andererseits neue, private Wohnhäuser, die keinerlei Bauplänen unterworfen zu sein scheinen. Im Frühjahr sind mehrere Straßenzüge der Innenstadt von üppig blühenden japanischen Kirschbäumen durchzogen, die besonders nachts einen starken Duft verströmen. Den ganzen Sommer über blühen entlang des Flusses Usch (slowakisch und ruthenisch Uh) die Bäume der längsten Lindenallee Europas, die eine beliebte Flaniermeile für Jung und Alt ist.
Weitere Sehenswürdigkeiten sind die alte Burg aus dem 9. Jahrhundert und das in der Nähe errichtete Freilichtmuseum Museum der Volksarchitektur und des Lebens in den Transkarpaten, in dem die typische transkarpatische Holzarchitektur präsentiert wird. Zu diesem Zweck sind Originalbauwerke, eine Kirche, eine Schule und regionaltypische Bauernhäuser aus der gesamten Oblast hierhin transportiert und wieder aufgebaut worden.
Es gibt ein Kunstmuseum, ein Museum für transkarpatische Holzarchitektur und ein Heimatmuseum.
Persönlichkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Söhne und Töchter der Stadt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Salomon Ganzfried (1804–1886), Talmudist, hebräischer Grammatiker
- Samuel Lipschütz (1863–1905), US-amerikanischer Schachmeister ungarischer Herkunft
- Jenő Janovics (1872–1945), ungarischer Filmpionier
- László Schäffer (1893–1979), ungarischer Kameramann
- Lisa Fittko (1909–2005), österreichische Widerstandskämpferin und Fluchthelferin
- Renée Firestone (* 1924), Modedesignerin
- József Szabó (* 1940), sowjetischer Fußballspieler und ungarisch-ukrainischer Fußballtrainer
- Wolodymyr Akulow (* 1944), ukrainischer theoretischer Physiker
- Serhij Kwit (* 1965), ukrainischer Politiker, Literaturkritiker und Journalist
- Jonatan Binyamin Markowitsch (* 1967), Rabbiner
- Nil Jurij Luschtschak (* 1973), ruthenischer griechisch-katholischer Bischof
- Oksana Luzyschyna (* 1974), ukrainische Schriftstellerin
- Pawel Runow (* 1976), ukrainischer Akkordeon-Spieler
- Roman Dolynytsch (* 1977), Squashspieler
- Maksym Melnyk (* 1982), Dokumentarfilmer
- Erzsébet Seleljo (* 1983), ungarische klassische Saxophonistin
- Jossyp Penjak (* 1984), Snowboarder
- Vladimir Koman (* 1989), ungarischer Fußballspieler ukrainischer Abstammung
- Witalina Kowal (* 1990), ukrainische Frauenrechtlerin
- Antonio Lukitsch (* 1992), ukrainischer Filmemacher
- Milana Schukal (* 2001), Handballspielerin
- Karina Soskyda (* 2005), Handballspielerin
Personen, die vor Ort gewirkt haben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Andreas Bacsinsky (1729–1809), griechisch-katholischer Bischof
Städtepartnerschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Békéscsaba, Ungarn seit 2001
- Corvallis, Vereinigte Staaten seit 1992
- Česká Lípa, Tschechien seit 2000
- Darmstadt, Deutschland seit 1992[6]
- Horsens, Dänemark seit 2002
- Jarosław, Polen seit 2002
- Kajaani, Finnland seit 2003
- Košice, Slowakei seit 2003
- Krosno, Polen seit 2008
- Michalovce, Slowakei seit 2001
- Moskau, Russland seit 2003
- Nyíregyháza, Ungarn seit 1999
- Orjol, Russland seit 2001
- Pula, Kroatien seit 2010
- Satu Mare, Rumänien seit 2006
- Sárospatak, Ungarn seit 2011
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Geschichte der Karpato-Ukraine
- Geschichte der Slowakei
- Geschichte der Tschechoslowakei
- Geschichte der Ukraine
- Geschichte Ungarns
- Liste der historischen Komitate Ungarns
- SK Rusj Uschhorod
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Informationen zur Stadt (englisch) ( vom 30. September 2007 im Internet Archive)
- Burg Uschhorod
- Alte und neue Ansichten der Stadt
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ National parties lose out to local candidates in Ukraine’s 2020 municipal elections UkraineAlert by Brian Mefford, Atlantic Council (12 December 2020)
- ↑ Archivierte Kopie ( vom 30. September 2007 im Internet Archive)
- ↑ Кабінет Міністрів України Розпорядження від 12 червня 2020 р. № 712-р "Про визначення адміністративних центрів та затвердження територій територіальних громад Закарпатської області"
- ↑ Bernhard Clasen: Ungarische Minderheit in der Ukraine: Uschhorods Bewährungsprobe in taz.de, 15. August 2022.
- ↑ Brandanschlag: Vorwürfe gegen Ex-AfD-Bundestagsmitarbeiter erhärten sich. Abgerufen am 9. August 2024.
- ↑ https://www.darmstadt-stadtlexikon.de/u/ushgorod.html