Unzer Sztyme
Unzer Sztyme (jiddisch אונדזער שטימע; engl. Our Voice „Unsere Stimme“)[1] war eine jiddischsprachige Zeitschrift, die im Displaced Persons Camp Bergen-Belsen[2] herausgegeben wurde. Sie erschien von 1945 bis 1947. Es war das Organ der Überlebenden des Holocaust (hebräisch שארית הפליטה; she'erit hapletah „der überlebende Rest“)[3] in der Britischen Besatzungszone[4]. Die erste Nummer erschien am 12. Juli 1945 in Celle, sie war handschriftlich gefertigt.[5]
Gründungsherausgeber der Zeitschrift waren Rafael Olewski, Paul Trepman und David Rosenthal.[6] Die Zeitschrift enthielt Berichte ehemaliger KZ-Gefangener, Gedichte, Kurzgeschichten und auch Suchlisten, mit denen Menschen ihre Angehörigen suchten oder auf ihren Aufenthaltsort aufmerksam machen.[7]
Das jiddische Liederbuch Zamlung fun katset un geto lider, eine Anthologie von Liedern und Gedichten aus den Konzentrationslagern und Ghettos von Sami Feder (1909–2000), wurde 1946 im Displaced Persons Camp in Bergen-Belsen als Teil der Zeitschrift Unzer Sztyme gedruckt (Redaktion: David Rosenthal und Paul Trepman, herausgegeben vom Jüdischen Zentralkomitee in Bergen-Belsen[8]).
Das Blatt war zionistisch ausgerichtet und forderte von Anfang an die Gründung eines unabhängigen jüdischen Staates in Palästina. Es warb für die Auswanderung nach Palästina (siehe Alija), was dem Autor Joseph Croitoru zufolge „zu einem besonderen Akt nationaler Selbstbehauptung [geriet], hatten die Briten doch bekanntlich nicht nur direkt vor Ort das Sagen, sondern damals die Verwaltungshoheit auch im Gelobten Land, in das sie Juden nur ungern einreisen ließen.“ Den Mitherausgeber David Rosenthal zitiert Croitoru aus der dritten Ausgabe mit den Worten: „Jetzt die Tore des Landes Israel für die jüdische Einwanderung zu versperren, […] ist kein kleines Verbrechen angesichts von Auschwitz und Maidanek.“[9]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Landeszentrale für politische Bildung Schleswig-Holstein, Institut für die Geschichte der deutschen Juden, Hamburg (Hrsg.): Unzer Sztyme. Jiddische Quellen zur Geschichte der jüdischen Gemeinden in der Britischen Zone 1945–1947. Übersetzt und bearbeitet von Hildegard Harck. Kiel 2004, ISBN 3-00-015145-1.
- Thomas Rahe: „Die jüdische DP-Zeitung Unzer Sztyme und die Shoa“, in: Publizistik in jüdischen Displaced-Person-Camps. Charakteristika, Medien und bibliothekarische Überlieferung. Hrsg. von Thomas Rahe und Anne-Katrin Henkel. Sonderband der Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie, Vittorio Klostermann Verlag, Frankfurt am Main 2014
- Zvi Asaria: Wir sind Zeugen. Erlebnisbericht eines Juden aus deutschen Lagern. Herausgegeben von der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung und dem Institut für Sozialgeschichte Braunschweig-Bonn. Hannover 1975 (Unveränderter Nachdruck 1990)
- Zwischenräume Displaced Persons, Internierte und Flüchtlinge in ehemaligen Konzentrationslagern. KZ-Gedenkstätte Neuengamme. 2010 (Online-Teilansicht)
- Kurze Blüte der jüdischen Publizistik in der Nachkriegszeit in FAZ vom 10. September 2014, Seite N3 (Joseph Croitoru)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- infocenters.co.il
- The Wiener Holocaust Library
- Unzer Sztyme – Our Voice (Foto)
- Jüdisches Kulturerbe im virtuellen Raum
Einzelnachweise und Fußnoten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Auch in den Schreibungen Unzer Shtime, Undzer Shtime usw.
- ↑ Bergen-Belsen war das größte Lager für Displaced Persons (DP) in Deutschland und das Zentrum der politischen und sozialen Aktivitäten der jüdischen Displaced Persons (DP) in der britischen Besatzungszone.
- ↑ vgl. Tobias Brinkmann: Migration und Transnationalität. 2012, (S. 155).
- ↑ jiddisch שארית הפליטה אין דער ענגלישער זאָנע
- ↑ Vgl. Unzer Sztyme: Jiddische Quellen zur Geschichte der jüdischen Gemeinden in der Britischen Zone 1945–1947 (Einführung, S. 13, und das Cover).
- ↑ cjhn.ca: Paul Trepman in his prisoner uniform at Liberation
- ↑ vgl. Jüdisches Kulturerbe im virtuellen Raum (Landesmuseum Braunschweig)
- ↑ vgl. porta-polonica.de: Feder, Sami
- ↑ Kurze Blüte der jüdischen Publizistik in der Nachkriegszeit in FAZ vom 10. September 2014, Seite N3 (Joseph Croitoru)