Uterus bicornis
Klassifikation nach ICD-10 | |
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Q51.3 | Uterus bicornis |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Der Uterus bicornis, von lateinisch bi ‚zwei‘ oder ‚doppelt‘ und cornus ‚Horn‘,[1] ist eine Form der Gebärmutter, die bei bestimmten Säugetierarten normal ist (→ Gebärmutter der Nicht-Primaten), beim Menschen aber als Fehlbildung der Gebärmutter einzuordnen ist. Die Gebärmutter ist beim zweihörnigen Uterus mehr oder minder stark in zwei Bereiche geteilt, in welche je ein Eileiter mündet. Beide Bereiche vereinigen sich zum äußeren Muttermund hin, wo sie in eine gemeinsame Vagina führen.[2]
Einteilung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Je nach Ausmaß der Unterteilung ist folgende Unterteilung gebräuchlich:
- Uterus bicornis partialis, nur teilweise Trennung des Corpus (Gebärmutterköper)
- Uterus bicornis unicollis, komplette Trennung mit gemeinsamem Uterushals (häufigere Form).
- Uterus bicornis bicollis mit kompletter Trennung auch der Portio,[2][3] ist eine Übergangsform zum Uterus didelphys (syn. Uterus duplex).[4]
Vorkommen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Biologie wird innerhalb der Ordnung der Säugetiere (Mammalia) zwischen doppeltem Uterus, zweihörnigem und einfachem Uterus unterschieden. Selbst die Vagina kann doppelt angelegt sein, wie dies bei den Beuteltieren üblich ist.[5] Beim Menschen ist der Uterus üblicherweise ein ungekammertes birnenförmiges Organ.[6][2] Die Häufigkeit eines Uterus bicornis wird auf 0,1–0,5 % geschätzt.[7]
Ursache
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei Insektenfressern, Karnivoren, Huftieren, Walen und Affenarten wie den Lemuren ist der Uterus bicornis die biologisch normale Form der Gebärmutter.[8][9] Beim Menschen entstehen dem entsprechende abweichende Formen auf der Grundlage von altem Säugetiererbe (Atavismus), wenn durch eine Fehlsteuerung die beiden Müller-Gänge die Organanlagen in der Embryonalentwicklung nicht ausreichend verschmelzen. In welchem Ausmaß bei den Tieren die Verschmelzung stattfindet, ist artspezifisch.
Klinische Erscheinungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es besteht für schwangere Frauen ein höheres Risiko für Frühgeburt und Fehlgeburt, auch für Uterusrupturen.
Diagnose
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die medizinische Diagnose wird in der Regel durch Sonografie gestellt.
Differentialdiagnose
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Abzugrenzen sind andere Uterusfehlbildungen wie Uterus didelphys und Uterus septus.
Gesundheit und Gewebeentartungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei einem Uterus bicornis ist das Krebsrisiko nicht erhöht. Endometriumkarzinome sind sehr selten. Wenn das Vorhandensein eines Uterus bicornis noch nicht bekannt ist und klinischer Verdacht auf ein Karzinom besteht, welcher durch den histologischen Befund aber nicht bestätigt werden kann, bieten Sonografie und Magnetresonanztomographie diagnostische Möglichkeiten, da die Ursache in einem zweiten Uterushorn liegen kann.[10][11][12][13][14] Etwa 15 % aller Ovarialtumoren und 8 bis 10 % der epithelialen Ovarialtumoren sind muzinöse Zystenadenome (Foto rechts), die auch bei normal entwickeltem Uterus entstehen können.[15]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- A. Doruk, I. Gozukara, G. Burkaş, E. Bilik, T. U. Dilek: Spontaneous twin pregnancy in uterus bicornis unicollis. In: Case reports in obstetrics and gynecology, 2013, S. 834952, doi:10.1155/2013/834952, PMID 24349808, PMC 3848245 (freier Volltext).
- M. Cruceyra, C. Iglesias, M. De La Calle, M. Sancha, S. L. Magallón, A. González: Successful delivery of a twin pregnancy in a bicornuate uterus (uterus bicornis unicollis) by bilateral Caesarean section. In: Journal of obstetrics and gynaecology Canada: JOGC = Journal d’obstetrique et gynecologie du Canada: JOGC, Band 33, Nr. 2, Februar 2011, S. 142–144, PMID 21352633.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- S1-Leitlinie Weibliche genitale Fehlbildungen der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). In: AWMF online (Stand 1. Juli 2010)
- Frauenheilkunde Aktuell (PDF)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Lateinwörterbuch.
- ↑ a b c Eintrag zu Uterus bicornis im Flexikon, einem Wiki der Firma DocCheck
- ↑ AWMF - S2k-Leitlinie Weibliche genitale Fehlbildungen. Stand März 2020, PDF S. 48
- ↑ Albrecht Pfleiderer, Meinert Breckwoldt, Gerhard Martius: Gynäkologie und Geburtshilfe. 4. Auflage. Thieme Verlag 2001, S. 26.
- ↑ Ernst Hadorn, Rüdiger Wehner: Allgemeine Zoologie. 19. Auflage. Georg Thieme, Stuttgart 1974, ISBN 3-13-367419-6, S. 495 ff.
- ↑ Embryologie-online
- ↑ J. Byrne, A. Nussbaum-Blask, W. S. Taylor, A. Rubin, M. Hill, R. O’Donnell, S. Shulman: Prevalence of Müllerian duct anomalies detected at ultrasound. In: American journal of medical genetics, Band 94, Nr. 1, September 2000, S. 9–12, PMID 10982475.
- ↑ Rüdiger Wehner, Walter Gehring: Zoologie. Georg Thieme Verlag Stuttgart/New York, 1990, S. 746
- ↑ Vinzenz Ziswiler: Spezielle Zoologie der Wirbeltiere. Amniota. Georg Thieme, Stuttgart 1976, ISBN 3-13-528801-3, S. 528 ff.
- ↑ Cem Dane, Zeynep Tatar, Banu Dane, Murat Erqinbas, Ahmet Cetin: A single horn endometrial carcinoma of a uterus bicornis unicollis. In: Journal of Gynecologic Oncology. Band 20, Ausgabe 3, 30. September 2009, S. 195–197.
- ↑ Khaled Gaballa, Carla Cicero et al.: Endometrial carcinoma in a single horn of a bicornuate uterus: A case report. In: Journal of the Egyptian National Cancer Institute. Band 30, Ausgabe 2, Juni 2018, S. 81–83.
- ↑ Jinping Gao, Jintian Zhang, Wenyan Tian et al.: Endometrial cancer with congenital uterine anomalies: 3 case reports and a literature review. In: Cancer, Biology & Therapy. Band 18, Ausgabe 3, Januar 2017, S. 123–131.
- ↑ Shirley Sundersingh, Devi Velusami Sri, Krishnamurthy Radha, Nabhi Murty, Majhi Urmila, Selvaluxmy Ganesharajah: Endometrial adenocarcinoma involving both horns of a bicornuate uterus. In: Journal of Cancer Research and Therapeutics. Band 6, Ausgabe 3, S. 304–306, 2010.
- ↑ Jijgee Munkhdelger, Khalilullah Mia-Jan, Dong Soo Cha, Minseob Eom: Endometrial carcinoma arising in a bicornuate uterus. In: Obstetrics & Gynecology Science. Band 57, Ausgabe 5, S. 401–404, September 2014.
- ↑ V. More, H. Warke, N. M. Mayadeo, M. N. Satia: Large Bilateral Mucinous Cystadenoma Of Ovary. In: Journal of Postgraduate Gynecology & Obstetrics. Band 2, Ausgabe 4, April 2015.