Genossenschaftsbank

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Historisches Nasenschild einer Raiffeisenbank

Genossenschaftsbanken sind Kreditinstitute, die in der Rechtsform einer Genossenschaft oder Aktiengesellschaft geführt werden und einer genossenschaftlichen Bankengruppe angehören. International arbeiten sie in der Internationalen Volksbankenvereinigung (CIBP) in Brüssel zusammen.

Genossenschaftsbanken sind in Deutschland in der Regel Banken in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft. Die Ansätze der Genossenschaftsbanken gehen auf die Grundsätze der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung von Franz Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Die Zwecke waren im Wesentlichen die Kapitalansammlung und Kreditgewährung für kleine Leute. Diese beiden gründeten unabhängig voneinander erste Darlehnsvereine. 1850 gründeten Bürger in Eilenburg die erste Kreditgenossenschaft mit Solidarhaft. Während Volksbanken vorwiegend in städtischen Bereichen entstanden, wurden in ländlichen Gebieten Raiffeisenbanken gegründet.

Eine der ersten Genossenschaftsbanken wurde 1862 in Darmstadt gegründet, wo sich der seit 1852 bestehende Darlehensverein für Darmstadt und Bessungen am 14. August 1862 in eine Genossenschaft nach Schultze-Delitzschs Grundsätzen umwandelte und den Namen Volksbank Darmstadt gab. Der Heddesdorfer Darlehnskassenverein gilt heute als erste Genossenschaft im Raiffeisenschen Sinne.[1] Heute noch haben die meisten Genossenschaftsbanken in ihrem Namen Volksbank („Voba“), Raiffeisenbank („Raiba“), Raiffeisenkasse („Raika“) oder Volks- und Raiffeisenbank (VR-Bank beziehungsweise RV-Bank). Eine andere übliche Bezeichnung war Spar- und Darlehenskasse, auch Spar- und Darlehnskasse geschrieben. Ende 2008 firmierten von den 1197 Genossenschaftsbanken 480 als Volksbank, 409 als Raiffeisenbank und 167 als Volks- und Raiffeisenbank beziehungsweise VR-Bank. Raiffeisenbanken besitzen teilweise heute noch neben dem klassischen Bankgeschäft in geringem Umfang einen warenwirtschaftlichen Betrieb.

Aufgrund § 39 Abs. 2 KWG (Kreditwesengesetz) dürfen die Bezeichnung „Volksbank“ oder eine Bezeichnung, in der das Wort „Volksbank“ enthalten ist, nur Kreditinstitute neu annehmen, die in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft betrieben werden und einem Prüfungsverband angehören.

Darüber hinaus gibt es noch einige Genossenschaftsbanken unter den Bezeichnungen Spar- und Darleh(e)nskasse (nämlich 10) beziehungsweise Sparda-Bank (11), Genossenschaftsbank (8) sowie Spar- und Kreditbank (ebenfalls 10). Insbesondere in Großstädten existieren auch Genossenschaftsbanken, die den Ortsnamen besonders herausstellen, so die Münchner Bank, die Aachener Bank, die Waldecker Bank oder die Bank 1 Saar. Schließlich gibt es noch einige andere Genossenschaftsbanken (69) wie zum Beispiel die GLS Gemeinschaftsbank, die Deutsche Apotheker- und Ärztebank, die PSD Banken oder kirchliche Banken wie die Bank für Kirche und Diakonie.

Stand der Genossenschaftsbanken in Deutschland

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Geschäftsstelle der Volksbank PLUS eG in Alswede
Geschäftsstelle der Raiffeisen Spar+Kreditbank eG in Schnaittach
Geschäftsstelle der Volksbank Mittelhessen in Naunheim

Die deutschen Kreditinstitute können heute in drei Gruppen eingeteilt werden: öffentlich-rechtliche Kreditinstitute, private Geschäftsbanken und Genossenschaftsbanken. Die Stärke der Genossenschaftsbanken liegt vor allem in ihrer flächendeckenden Struktur. Über die Marktanteile der Genossenschaftsbanken liegen sehr unterschiedliche Angaben vor; oftmals ist der Marktanteil eine Frage der Betrachtungsweise. 2005 hatten Genossenschaftsbanken demnach bei Girokonten zwar einen Marktanteil von circa 24 %, während sie gemessen an der Bilanzsumme einschließlich ihrer Spitzeninstitute dagegen auf circa 18 % kamen.

Ende 2020 gab es in Deutschland 814 Genossenschaftsbanken mit einer Bilanzsumme von 1.100 Mrd. Euro[2]. Die Genossenschaftsbanken zählten 18,4 Millionen Mitglieder und über 7.700 Zweigstellen.[3] Die größte regionale Genossenschaftsbank in Deutschland ist die Berliner Volksbank mit einer Bilanzsumme von 16,9 Mrd. Euro. Die nach Bilanzsumme größte deutsche Genossenschaftsbank ist die bundesweit aktive Deutsche Apotheker- und Ärztebank aus Düsseldorf. Zusammengeschlossen sind sie im Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR).

Auf regionaler Ebene werden die Anteile der Genossenschaftsbanken von ihren Mitgliedern gehalten. Die Genossenschaftsbanken ihrerseits halten zu großen Teilen Anteile der DZ Bank. Diese erbringt zentrale Servicefunktionen für die Genossenschaftsbanken und ist darüber hinaus national und begrenzt international als Geschäftsbank aktiv.

Genossenschaftsbanken in Deutschland sind in Regional- und Spartenverbänden (Sparda- und PSD-Banken) organisiert, die neben der Betreuung und Unterstützung der jeweiligen regionalen Bank (zum Beispiel durch Beratungstöchter oder Bildungsangebote) ebenso die Prüfung gemäß Kreditwesengesetz sicherstellen.

IT-Infrastruktur

Die IT-Landschaft der deutschen Genossenschaftsbanken wird von zwei Unternehmen samt Tochtergesellschaften betreut, die ihrerseits ebenfalls in den genossenschaftlichen Finanzverbund integriert sind:

Geschäftsanteile

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Der Grundgedanke besteht gemäß § 1 des Genossenschaftsgesetzes in der Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs.

Der Erwerb von Geschäftsanteilen an einer Genossenschaftsbank setzt meist voraus, dass man Kunde dieser Bank ist. Bei manchen Genossenschaftsbanken können Geschäftsanteile ebenso von Nicht-Kunden erworben werden. Entsprechendes ist in der jeweiligen Satzung festgelegt.

Erwerb der Mitgliedschaft

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Die Mitgliedschaft gilt mit folgenden Bedingungen als erworben: Beitrittserklärung, Zulassung durch den Vorstand, Einzahlung des Guthabens und Ausstellung einer Urkunde.

Geschäftsanteile und Geschäftsguthaben

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Mit den Geschäftsanteilen, die in der Satzung einer Genossenschaft geregelt sind, können sich Mitglieder einer Genossenschaft beteiligen. Geschäftsanteile können sowohl natürliche als auch juristische Personen erwerben. Die Geschäftsanteile sind an die jeweilige Person gebunden und werden bei Austritt des Mitglieds der Genossenschaft entzogen. Je nach Satzung muss ein Mindestbetrag pro Geschäftsanteil eingezahlt werden, der bei mindestens 10 Prozent liegt. Diese Summe entspricht dem Geschäftsguthaben. Geschäftsanteile und Geschäftsguthaben müssen somit nicht übereinstimmen. Im Gegensatz zu einer Aktiengesellschaft hat jedes Mitglied unabhängig von der Zahl seiner Geschäftsanteile nur eine einzige Stimme.

Die Höhe der Dividende ist abhängig vom Jahresüberschuss beziehungsweise vom Bilanzgewinn und wird durch die General- beziehungsweise Vertreterversammlung genehmigt. Meist ist die Dividende über dem aktuellen Zinsniveau, um die Anteile attraktiv zu gestalten.

Pflichten der Mitglieder

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Im Falle der Insolvenz der Bank haftet der Anteilseigner nicht nur mit seinem Geschäftsguthaben (auch mit noch nicht aufgezahlten Anteilen), sondern auch mit einer eventuell in der Satzung festgelegten Haftungssumme. Man nennt das Nachschusspflicht.

Kündigung/Insolvenz und Tod des Mitglieds

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Die Kündigungsfrist für Geschäftsanteile ist in der Satzung der Genossenschaftsbank geregelt. Eine weitläufige Formulierung lautet: „Jedes Mitglied hat das Recht, seine Mitgliedschaft zum Schluss eines Geschäftsjahres zu kündigen; die Kündigung muss schriftlich erklärt werden und der Genossenschaft mindestens drei Monate (oder zum Beispiel sechs Monate) vor Schluss eines Geschäftsjahres zugehen.“ Das dann zum Jahresende entstandene „Auseinandersetzungsguthaben“ wird, nach Feststellung (also Genehmigung) des Jahresabschlusses durch die General- oder Vertreterversammlung, ausgezahlt. Mit dem Tod geht die Mitgliedschaft auf die Erben über und endet mit dem Schluss des Geschäftsjahres, in dem der Erbfall eingetreten ist. Eine Fortführung durch die Erben ist mit Zustimmung des Vorstands möglich. Ausgezahlt wird dabei in der Regel nur das ursprüngliche Geschäftsguthaben, nicht der Anteil am aktuellen Eigenkapital der Bank.

Durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2379) wurde mit Wirkung vom 19. Juli 2013 ein neuer § 66a ins Genossenschaftsgesetz eingefügt; danach „kann der Insolvenzverwalter das Kündigungsrecht des Mitglieds an dessen Stelle ausüben, sofern ein Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Mitglieds eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt wird.“ Der Insolvenzverwalter erhält damit das Recht, das ordentliche Kündigungsrecht des Mitglieds an dessen Stelle auszuüben – aber unter Beachtung der in der jeweiligen Satzung der Genossenschaft festgelegten Kündigungsfrist. Das neue Gesetz gewährt dem Insolvenzverwalter kein außerordentliches, fristloses Kündigungsrecht. Auch am Zeitpunkt der Auszahlung eines etwaigen Auseinandersetzungsguthabens ändert der neue § 66a GenG nichts; die Auszahlung erfolgt dann regelmäßig an den Insolvenzverwalter zu Gunsten der Insolvenzmasse.

Der Ausschluss eines Mitgliedes ist in der Satzung in § 68 Abs. 1 GenG geregelt. In der Regel kann dieser nur erfolgen, wenn das Mitglied gegen die Satzung verstoßen hat, unrichtige Angaben über seine finanziellen Verhältnisse gemacht hat oder zahlungsunfähig geworden ist. Der Ausschluss ist nur zum Schluss eines Geschäftsjahres zulässig.

Genossenschaftsbanken in Europa

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Südtirol

In Österreich unterscheidet man die Genossenschaftsbanken nach dem System Raiffeisen beziehungsweise dem System Schulze-Delitzsch.

In Polen muss zwischen den traditionellen genossenschaftlich organisierten Banken (Bank Spółdzielczy) und sogenannten SKOK (Spółdzielcza kasa oszczędnościowo-kredytowa) unterschieden werden. Der Markt zeigt Ähnlichkeiten zu Großbritannien, wo zwischen den das Universalbankgeschäft betreibenden building societies und den credit unions unterschieden wird.

Zentralorganisationen genossenschaftlich organisierter Banken:

Raiffeisen Schweiz in St. Gallen

Regionalverbände

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Kleinste Bank Deutschlands

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Die Raiffeisenbank Gammesfeld

Die Raiffeisenbank Gammesfeld (Hohenlohe) ist gemessen an der Bilanzsumme eine der kleinsten Banken Deutschlands. Fritz Vogt war 40 Jahre lang ihr einziger Angestellter. Er bezeichnet sich als Genossenschaftler – nicht als Bankdirektor. 1984 entzog ihm das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen die Bankerlaubnis, weil jede Bank zum Zweck gegenseitiger Kontrolle einen zweiten hauptamtlichen Geschäftsführer brauche (Vieraugen-Prinzip). Da diese aufzuwendenden Personalkosten die Erträge der Bank zu Lasten der Kunden unnötig schmälern würden, klagte Vogt. Nach sechs Jahren bekam er Recht, da die Anstellung eines nebenamtlichen zweiten Geschäftsführers genügt. Das Kreditinstitut betreut ausschließlich ortsansässige Kunden.[4] Seit Anfang 2008 ist Fritz Vogt, Geburtsjahrgang 1930, im Ruhestand. Seine Bank besteht weiter, unter dem neuen Geschäftsführer Peter Breiter.[5]

Die kleinste Genossenschaftsbank in Deutschland war bis zu ihrer Fusion mit der Vereinigten VR Bank im August 2022[6] die 1905 gegründete Raiffeisenbank eG in Struvenhütten mit einer Bilanzsumme von circa 17 Mio. Euro.[7]

Gründung einer Genossenschaftsbank durch Unternehmen

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Aufgrund der Kreditkrise 2008/2009 arbeitet eine Gruppe aus Finanzexperten und Industrievertretern in Frankreich daran, eine neue Bank für die Wirtschaft unter dem Namen Corporate Funding Association (CFA) zu gründen. Dabei sollen 40 Unternehmen aus Frankreich und Deutschland eine Genossenschaft bilden. Die beteiligten Unternehmen sollen leichter Kredite erhalten.[8][9][10]

  • Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen (ZfgG). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1.1950/51 ff., ISSN 0044-2429.
  • Friedrich Wilhelm Raiffeisen: Die Darlehnskassen-Vereine als Mittel zur Abhilfe der Noth der ländlichen Bevölkerung, sowie auch der städtischen Handwerker und Arbeiter. Neuwied 1866. (PDF; 24,6 MB)
  • Katja Bauer: Der Beitrag der Raiffeisengenossenschaften zur Überwindung des Wuchers. (= Kooperations- und Genossenschaftliche Beiträge der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster. Band 31). Dissertation. Münster 1993, ISBN 3-7923-0660-3.
  • Hartmut Glenk: Kreditgenossenschaft und Aufsichtsbehörde sowie Beispiele für bankaufsichtliche Maßnahmen gegenüber Vorständen von Kreditgenossenschaften. In: Genossenschaftsrecht – Systematik und Praxis des Genossenschaftswesens. 2. Auflage. C.H. Beck, München 2013, ISBN 978-3-406-63313-3.
Wiktionary: Genossenschaftsbank – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Genossenschaftsbank – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Historie Genossenschaft. Entstanden aus einer Idee. Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband, abgerufen am 12. März 2016.
  2. BVR, Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, National Association of German Cooperative Banks: Presse - Zahlen, Daten, Fakten - BVR - Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Abgerufen am 4. Oktober 2021.
  3. Entwicklung der Genossenschaftsbanken Ende 2020 (Memento vom 15. März 2017 im Internet Archive)
  4. Quelle unter anderem: Gammesfeld lässt die Kasse im Dorf. In: Welt online. 20. Januar 2008.
  5. 40 Jahre Einsamkeit. auf: handelsblatt.com, 2. Januar 2008.
  6. Raiffeisenbank Struvenhütten: Die kleinste Genossenschaftsbank kann nicht mehr selbstständig sein. Abgerufen am 23. Mai 2023.
  7. Liste der Genossenschaftsbanken in Deutschland – Stand Ende 2015 (Memento vom 24. März 2016 im Internet Archive)
  8. Refinanzierung – Firmenchefs bauen an eigener Bank. auf: handelsblatt.com, 17. November 2009.
  9. Corporate Funding Association Infoseite (Memento vom 26. August 2013 im Internet Archive) en
  10. CFA Infoseite en