Walter Vogt (Schriftsteller)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Walter Vogt (* 31. Juli 1927 in Zürich; † 21. September 1988 in Muri bei Bern) war ein Schweizer Schriftsteller und Psychiater.

Walter Vogt ging in Bern zur Schule, wo er sein Medizinstudium 1956 mit der Promotion abschloss. Danach arbeitete er als Röntgenarzt am Berner Tiefenauspital. Ende der 1960er Jahre bildete er sich zum Psychiater weiter. Anschliessend führte er eine Facharztpraxis in Muri bei Bern. Vogt war verheiratet und hatte drei Kinder. Seine Gattin, eine Pflegefachfrau, bewahrte Vogt bei seinen Drogenexperimenten einmal vor dem Erfrieren und hielt die Familie über Wasser.[1] Walter Vogt begann 1961 nach einer Krankheit schriftstellerisch tätig zu werden.[2] Mit seinem ersten Roman Wüthrich, einer Satire auf Ärzteschaft und Krankenhauswesen, erzielte er einen Skandalerfolg. In vielen seiner späteren Werke näherte sich Vogt ab der 1970er Jahre immer mehr der autobiografischen Selbstreflexion (Vergessen und Erinnern, Altern).[3] Die Themen von Drogenabhängigkeit, Existenz des psychiatrischen Patienten in der Klinik, sexuelle Identität (Maskenzwang), Bisexualität, Homosexualität und Tod vor dem Hintergrund von AIDS durchziehen sein gesamtes Werk, seien es Kriminalromane nach Dürrenmattschem Vorbild, Reisereportagen oder Prosaerzählungen. Zwischen 1963 und 1980 experimentierte Vogt mit der Berner Mundart.[4]

1978 war Vogt erster Swiss writer in residence an der University of Southern California, Los Angeles. Er war Gründungsmitglied der «Gruppe Olten» – von 1976 bis 1980 deren Präsident – und gehörte dem Deutschschweizer PEN-Zentrum an. Als deren Mitglied unterstützte er die internationale Vereinigung «Ärzte gegen den Atomkrieg». 1986 trat er als Sprecher der «AIDS-Hilfe Bern» an die Öffentlichkeit, die er von 1987 bis zu seinem Tod leitete.[5]

Einzelne Werke wurden ins Chinesische, Französische, Italienische, Polnische und Tschechische übersetzt.

Sein Nachlass wird im Schweizerischen Literaturarchiv aufbewahrt. Darunter sind das grossformatige Porträtgemälde von 1988 sowie eine umfangreiche Serie von Porträtzeichnungen des Schweizer Künstler Stefan Haenni, die kurz vor Vogts Tod entstanden sind und in seinem letzten Tagebuchroman Schock und Alltag kommentiert werden.[6]

  • Husten. Wahrscheinliche und unwahrscheinliche Geschichten. Diogenes Verlag, Zürich 1965; Diogenes Taschenbuch, Zürich 1978;
  • Wüthrich. Selbstgespräch eines sterbenden Arztes. Diogenes, Zürich 1966; Fischer Bücherei, Frankfurt am Main 1970; Diogenes Taschenbuch 1978
  • Melancholie. Die Erlebnisse des Amateur-Kriminalisten Beno von Stürler. Diogenes, Zürich 1967; Diogenes Taschenbuch 1978
  • Alle irrenhäuser sind gelb. Zehn Gedichte. Lukianos, Bern 1967.
  • Der Vogel auf dem Tisch. Der Buchhandlungsgehilfe Johannes Lips will ein erwerbstätiges Leben führen. Lukianos, Bern 1968.
  • Schizophrenie der Kunst und andere Reden. Arche Verlag, Zürich 1971.
  • Die Talpi kommen. Ein Miniroman für kluge Kinder. Gute Schriften (Band 353), Bern 1971.
  • Mein Sinai-Trip. Eine Laienpredigt'. Arche, Zürich 1972. (Autobiografischer Bericht über einen «LSD[7]-Trip», 1971 in Predigtform in Vaduz gehalten.)
  • Spiele der Macht. Fernsehspiel, Theaterstück. Lenos Verlag (litprint 86), Basel 1972.
  • Der Wiesbadener Kongreß'. Roman. Arche, Zürich 1972; Diogenes Taschenbuch 1982
  • Pilatus und Faust. Zwei Monologe. Zytglogge Verlag, Gümligen 1972.
  • Klartext. Gedichte. Arche, Zürich 1973.
  • Briefe aus Marokko. Arche, Zürich 1974.
  • Der Irre und sein Arzt. Erzählungen. Arche, Zürich 1974; Fischer Taschenbuch 1986
  • Die roten Tiere von Tsavo. Erzählungen. Arche, Zürich 1976; Fischer Taschenbuch 1986
  • Schizogorsk. Roman. Arche, Zürich 1977; Fischer Taschenbuch 1986
  • Booms Ende. Erzählungen. Benziger, Zürich 1979; Diogenes Taschenbuch 1982
  • Vergessen und Erinnern. Roman. Benziger, Zürich 1980; Fischer Taschenbuch 1982; Benziger 1992
  • Altern. Roman. Benziger, Zürich 1981; Fischer Taschenbuch 1984; Benziger 1992
  • Metamorphosen. Prosa. Benziger, Zürich 1984.
  • Maskenzwang. Erzählungen. Benziger, Zürich 1985.
  • Du bist dein Weg. Meditationen. Silberschnur, Melsbach 1986, ISBN 3-923781-06-7.
  • Der Garten der Frau des Mannes der Noah hieß. Ausgewählte Erzählungen 1965–1987. Vorwort von Kurt Marti. Benziger, Zürich 1987.
  • Spiegelungen. Geschichten. Insel (Insel-Bücherei 1096), Frankfurt am Main/Leipzig 1991.
  • hani xeit. edition spoken script. Verlag Der gesunde Menschenversand, Luzern 2018.[8]
  • Bd. 1: Wüthrich. Der Wiesbadener Kongreß. 1991, Nagel & Kimche Verlag, Zürich.
  • Bd. 2: Melancholie. Schizogorsk. 1991.
  • Bd. 3: Vergessen und Erinnern. 1996.
  • Bd. 4: Schock und Alltag. 1992.
  • Bd. 5: Das Fort am Meer. 1993.
  • Bd. 6: Die sibirische Reise und andere Erzählungen. 1994.
  • Bd. 7: Die roten Tiere von Tsavo. 1994.
  • Bd. 8: Altern. 1997.
  • Bd. 9: Die Betroffenen. 1993.
  • Bd. 10: Schreiben als Krankheit und als Therapie. 1992.
  • Aimez-vous Gotthelf, Bern 1966.
  • Höhenluft, Theater am Neumarkt Zürich 1966.
  • Die Königin des Emmentals, Zürich 1967.
  • Der große Traum der Dame von Pioch-Badet, Theater Heddy Maria Wettstein, Zürich 1968.[9]
  • Spiele der Macht, Bern 1971.
  • Faust X, Solothurn 1972.
  • Typhos, Bern 1973.
  • Die Betroffenen, Theater am Neumarkt Zürich 1988.
  • Pilatus und andere Masken, Wabern bei Bern 1992.
  • Der Anruf, Theater am Neumarkt Zürich 1993.

Hörspiele/Radiosendungen/TV

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Vier Dialoge. Radio DRS 2, 1969.
  • Spiele der Macht. Mit René Deltgen und Heinrich Gretler, Regie: Joseph Scheidegger. Fernsehen DRS, 1970.
  • Inquisition. Radio DRS 2, 1972.
  • Weihnachten im Herz. Radio DRS, 1972.
  • Pilatus vor dem schweigenden Christus. Regie: Max Peter Ammann. Fernsehen DRS, 1974.
  • Erben. Regie: Heinz Schirk. Fernsehen DRS, 1976.
  • Die Inquisition. Fernsehspiel. Regie: Josef Scheidegger. Fernsehen DRS, 1977.
  • Amos. Der Prophet und sein Gott. Sprechstück. Radio DRS 2, 1979.
  • Jesaia. Sprechstück. Radio DRS 2, 1981.
  • Die Betroffenen. Sender Freies Berlin, 1991.
  • Brigitte Marschall: Walter Vogt. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 3, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 2020.
  • Reinhardt Gutsche: Schizogorsk ist überall. Hommage Walter Vogt, sarkastischer Chronist «helvetischer Depressivität» und «latenter Schizophrenie» des Schweizer Patriziats, wäre am heutigen 31. Juli 90 Jahre alt geworden. In: der freitag vom 31. Juli 2017 [2]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Fredi Lerch: Warum Timothy Leary im Wallis ein Blindeli ass. In: Journal B. 25. Dezember 2020, abgerufen am 25. Dezember 2020.
  2. Andreas Mettenleiter: Selbstzeugnisse, Erinnerungen, Tagebücher und Briefe deutschsprachiger Ärzte. Nachträge und Ergänzungen III (I–Z). In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 22, 2003, S. 269–305, hier: S. 299.
  3. Reinhardt Gutsche: Schizogorsk ist überall. Hommage Walter Vogt, sarkastischer Chronist „helvetischer Depressivität“ und „latenter Schizophrenie“ des Schweizer Patriziats, wäre am heutigen 31. Juli 90 Jahre alt geworden. In: der freitag. 31. Juli 2017 [1]
  4. «zbäärn repme bäärndütsch» Artikel bei derbund.ch vom 7. April 2018.
  5. Bernd-Ulrich Hergemöller: Mann für Mann : Biographisches Lexikon. Suhrkamp, 2001, S. 712f.
  6. Walter Vogt: Schock und Alltag, Nagel & Kimche, Zürich 1992, S. 286
  7. Albert Hofmann: LSD - mein Sorgenkind. Hrsg.: dtv / Klett Cotta. 13. Auflage. dtv, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-423-36135-4, S. 188.
  8. Urs Frieden: Entdeckt: Walter Vogt als Mundarttexter. In: Journal B. (journal-b.ch [abgerufen am 18. April 2018]).
  9. Theater im Alleingang. Theater-Uraufführung "Der grosse Traum der Dame von Pioch-Badet" von Walter Vogt im Zimmertheater Heddy-Maria Wettstein. In: Schweizer Radio und Fernsehen SRF, ANTENNE, 30. Januar 1968.