Zagórzyca

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zagórzyca
?
Zagórzyca (Polen)
Zagórzyca (Polen)
Zagórzyca
Basisdaten
Staat: Polen

Woiwodschaft: Pommern
Powiat: Słupski
Gmina: Damnica
Geographische Lage: 54° 29′ N, 17° 13′ OKoordinaten: 54° 28′ 46″ N, 17° 13′ 20″ O
Einwohner: 287
Telefonvorwahl: (+48) 59
Kfz-Kennzeichen: GSL
Wirtschaft und Verkehr
Straße: Mianowice/DK 6DamnicaGłówczyce/DW 213
Eisenbahn: Bahnstrecke: Stargard in Pommern – Danzig
Bahnstation: Damnica
Nächster int. Flughafen: Danzig

Zagórzyca (deutsch Sageritz; kaschubisch[1] Zôgòrzëca, slowinzisch Zågʉ̀ɵ̯řäcä[2]) ist ein Dorf in der polnischen Woiwodschaft Pommern und gehört zur Landgemeinde Damnica (Hebrondamnitz) im Powiat Słupski (Stolper Kreis).

Geographische Lage

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Kirchdorf liegt in Hinterpommern, etwa 13 Kilometer östlich der Stadt Stolp am Rande eines eiszeitlichen Talzuges, der vom Karstnitz-Bach durchflossen wird. Das Flüsschen trennt das Dorf und seine Ackerflächen im Westen von der Ortschaft Zagórzyczki (Sageritzheide) im Osten.

Sageritz, Kirchdorf, östlich der Stadt Stolp (früher Stolpe geschrieben) und südöstlich von Stolpmünde, zwischen den Flüssen Stolpe und Lupow, auf einer Landkarte von 1794.

In einer Urkunde von 1485 kommt Sageritz als Zaghertce vor, was ‚jenseits des Berges‘ bedeutet. Seiner historischen Dorfform nach war der Ort ein kleines Gassendorf. Östlich des heutigen Dorfes befand sich in alter Zeit ein Burgwall, wie er sich häufiger im Stolper Land findet. Von der Entstehung der Burg ist nichts bekannt, doch blockierte sie bereits die Straße von Stolp in das Ordensgebiet Lauenburg (Pommern). Im Jahre 1401 verkauften Jarislaw, Lorenz und Bogislaus Kutzeke das Dorf Zu der Sawerze dem Herzog Bogislaw VII., nachdem die Burg bereits auf Veranlassung des Ordens geschleift war. Ein Plan zum Wiederaufbau unter Herzog Bogislaw VIII. wurde wieder aufgegeben.

Im Jahre 1556 gab Herzog Barnim IX. Sageritz an Bartholomäus Schwawe in Damnitz zum Lehen, das er gegen Ende des 16. Jahrhunderts wieder einzog.

Um 1782 hatte Sageritz ein Vorwerk, einen Prediger, einen Küster, sieben Bauern, zwei Kossäten, ein Predigerwitwenhaus und einen Predigercolonus bei insgesamt siebzehn Haushaltungen.[3] Nahe Sageritz fand am 18. März 1807 ein Gefecht statt, in dem Schillsche Reiter über Polen im Dienst Napoleons siegten.

Im Jahre 1910 lebten in Sageritz 665 Einwohner. Im Jahr 1925 standen in Sageritz 96 Wohngebäude, und es wurden 560 Einwohner gezählt, die auf 131 Haushaltungen verteilt waren.[4] Die Einwohnerzahl betrug 1933 noch 557 und sank bis 1939 auf 499 in 140 Haushaltungen. Der Ort war zuletzt ein großes Bauerndorf, mit 70 landwirtschaftlichen Betrieben im Jahre 1939.

Anfang der 1930er Jahre hatte die Landgemeinde Sageritz eine Flächengröße von 7,3 km². Innerhalb der Gemeindegrenzen standen insgesamt 96 bewohnte Wohnhäuser an drei verschiedenen Wohnstätten:[5]

  1. Heringshof
  2. Sageritz
  3. Sageritzhaide.

Vor 1945 gehörte Sageritz zum Landkreis Stolp im Regierungsbezirk Köslin der Provinz Pommern des Deutschen Reichs. Die Gemeinde Sageritz gehörte zum Amts- und Standesamtsbezirk Mahnwitz, zum Gendarmeriebezirk Hebrondamnitz und zum Amtsgerichtsbereich Stolp. Bürgermeister und Gemeindevorsteher war bis Juni 1944 Reinhold Wenzlaff. Dieses Amt übernahm danach sein Stellvertreter Schuhmachermeister August Sopke.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Sageritz am 8. März 1945 von einer Panzertruppe der Roten Armee besetzt. Mehrere Einschläge richteten Schaden an Gebäuden an und töteten zwei Flüchtlinge. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich Flüchtlingstrecks aus Ost- und Westpreußen im Dorf. Es kam zu zahlreichen Übergriffen der sowjetischen Soldaten gegenüber den Zivilisten, einige Dorfbewohner wurden verschleppt. Nach Beendigung der Kampfhandlungen wurde die Region zusammen mit ganz Hinterpommern seitens der sowjetischen Besatzungsmacht der Volksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen. Sageritz wurde nun unter dem polonisierten Ortsnamen ‚Zagórzyca‘ verwaltet. Die einheimischen Dorfbewohner wurden in der folgenden Zeit von der polnischen Administration aus Sageritz vertrieben.[6]

Später wurden in der BRD 200 und in der DDR 134 aus Sageritz vertriebene Dorfbewohner ermittelt.[6]

Heute ist das Dorf ein Ortsteil der Gmina Damnica im Powiat Słupski in der Woiwodschaft Pommern (1975 bis 1998 Woiwodschaft Słupsk). Hier sind jetzt nahezu dreihundert Einwohner registriert.

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
1818 169 [7]
1852 666 [8]
1867 720 in 139 Haushaltungen und 74 Wohngebäuden[9]
1871 702 alle evangelisch[9]
1905 631 [10]
1925 560 559 evangelisch, 1 katholisch[4]
1933 557 [11]
1939 499 [11]
Dorfkirche, bis 1946 Gotteshaus der evangelischen Gemeinde Sageritz

In einer Urkunde aus dem Jahre 1492 wurde bereits eine Kirche in Sageritz („ecclesia ville Sagertze“) genannt; Patronin der Kirche war die Herzogin Sophie von Pommern.[12] Das jetzige Gotteshaus entstand 1844, ein Findlingsmauerwerk mit hohen Spitzbogenfenstern und seit 1903 mit einem schlanken Vierkantturm. Die Kirche beherbergte vor 1945 zahlreiche wertvolle Ausstattungsgegenstände.[12] Von den drei am Ende des 19. Jahrhunderts vorhandenen Glocken hatten zwei keine Aufschrift, und auf einer befand sich die Aufschrift: ‚CHRISTIAN TIM ANNO 1661‘.[12]

Das zuvor evangelische Gotteshaus wurde 1945 von der polnischen Administration zugunsten der Römisch-katholischen Kirche in Polen zwangsenteignet und vom polnischen katholischen Klerus ‚neu geweiht‘.

Ein Gedenkstein bei der Kirche erinnert an die Verstorbenen des Ortes, die von 1484 bis 1948 auf dem Friedhof bei der Kirche beerdigt wurden.

Gedenkstein für die 1484–1948 auf dem Friedhof Sageritz beigesetzten Toten

Kirchspiel/Pfarrei

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sageritz ist ein altes Kirchdorf. Im Jahre 1485 wird Herzogin Sophie als Kirchenpatronin genannt. Das evangelische Kirchspiel Sageritz hatte 1940 sechs eingepfarrte Ortschaften:

Das Kirchspiel Sageritz lag im Kirchenkreis Stolp-Altstadt im Ostsprengel der Kirchenprovinz Pommern der Kirche der Altpreußischen Union. Der Bestand an Kirchenbüchern reichte bis 1696 zurück.[13]

Das katholische Kirchspiel war in Stolp.

Polnisches Kirchspiel seit 1945

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die seit 1945 und Vertreibung der einheimischen Dorfbewohner anwesende polnische Einwohnerschaft ist überwiegend katholisch. Nach 1945 richtete hier der polnische katholische Klerus eine Pfarrei ein, die dem Dekanat Główczyce (Glowitz) im Bistum Pelplin der Katholischen Kirche in Polen unterstellt wurde. In die Pfarrei sind eingegliedert: Bięcino (Benzin), Budy (Jagdhaus), Damnica (Hebrondamnitz), Dębniczka (Damnitzow), Domaradz (Dumröse), Karżniczka (Deutsch Karstnitz, 1938–1945 Karstnitz), Mianowice (Mahnwitz), Paprzyce (Papritzfelde), Stara Dąbrowa (Alt Damerow), Wielogłowy (Vilgelow) und Zagórzyczki (Sageritzheide).

Für im Ort lebende evangelische Kirchenglieder ist die Kreuzkirchengemeinde in Stolp in der Diözese Pommern-Großpolen der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen zuständig.

Sageritz hatte bis 1945 eine dreistufige Volksschule. Im Jahre 1932 unterrichteten hier zwei Lehrer in drei Klassen 118 Schulkinder. Auch ein Teil der Kinder aus Vilgelow (heute polnisch: Wielgołowy) besuchte in Sageritz die Schule.

Söhne und Töchter des Ortes

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Gustav Wenzlaff (1864–?), Landwirt und Politiker (DNVP), Mitglied des Preußischen Landtages
  • Theodor Paeth (1871–1940), Architekt und Politiker (DNVP), Mitglied des Reichstages
  • Ernst Junghans (1889–1933), Arbeiter, erstes Opfer des NS-Terrors in Dormagen[14]

Eine kurze Stichstraße führt aus dem Dorf zu einer Nebenstraße, die Mianowice (Mahnwitz) an der Landesstraße 6 (ehemalige deutsche Reichsstraße 2, heute auch Europastraße 28) mit Damnica (Hebrondamnitz) und darüber hinaus mit Główczyce (Glowitz), an der Woiwodschaftsstraße 213 verbindet.

Die nächste Bahnstation ist vier Kilometer entfernt: Damnica (Hebrondamnitz) an der Bahnstrecke Stargard Szczeciński.

  • Sageritz, Dorf, Kreis Stolp, Provinz Pommern. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Sageritz (meyersgaz.org).
  • Ludwig Böttger: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungs-Bezirks Köslin, Band 2, Heft 1: Kreis Stolp, Saunier, Stettin 1894, S. 22–23 (Google Books).
  • Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern. Teil II, Band 2, Stettin 1784, S. 933–934, Ziffer 13 (Google Books), und S. 935, Ziffer 6 (Google Books).
  • Karl-Heinz Pagel: Der Landkreis Stolp in Pommern. Lübeck 1989, S. 838–845 (Ortsbeschreibung Sageritz; PDF)
  • Ernst Müller: Die Evangelischen Geistlichen in Pommern von der Reformation bis zur Gegenwart. Teil 2, Stettin 1912.
  • Hans Glaeser-Swantow: Das Evangelische Pommern. Teil 2, Stettin 1940.
Commons: Zagórzyca – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Im Jahr 1867 gab es unter den Einwohnern des Kreises Stolp noch 188 Kaschuben in einigen Dörfern in der Nähe der Küstenseen und im Südosten (Groß Rakitt); vergleiche Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 127–128, Ziffer 4 (Google Books).
  2. Eintrag im „Slowinzischen Wörterbuch“ von Friedrich Lorentz. Zum System der Slowinzisch-Lautschrift von Lorentz, vgl. „Slowinzische Grammatik“, S. 13–16 (scan 40–43), anschließend die Lautlehre.
  3. Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern. Teil II, Band 2, Stettin 1784, S. 933–934, Nr. 13, und S. 935, Nr. 6.
  4. a b Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft: Die Gemeinde Sageritz (Memento vom 1. August 2019 im Internet Archive)
  5. Die Gemeinde Sageritz im ehemaligen Kreis Stolp in Pommern (Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft, 2011)
  6. a b Karl-Heinz Pagel: Der Landkreis Stolp in Pommern. Lübeck 1989, S. 845 (Online; PDF)
  7. Alexander August Mützell, Leopold Krug (Hrsg.): Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats. Vierter Band. P–S. Bei Karl August Kümmel, Halle 1823, S. 202 (Digitalisat – Z. 215).
  8. Kraatz (Hrsg.): Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats, enthaltend die sämmtlichen Städte, Flecken, Dörfer … mit Angabe des Gerichts erster Instanz … Unter Benutzung der Akten des Königlichen Justiz-Ministeriums. Deckersche Geheime Ober-Hofbuchdruckerei, Berlin 1856, S. 533 (Digitalisat).
  9. a b Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Pommern und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt vom Königlichen Statistischen Bureau. In: Königliches Statistisches Bureau (Hrsg.): Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung. Band III, 1874, ZDB-ID 2059283-8, S. 154 f. (Digitalisat – Z. 111).
  10. Ostpommern e. V. (Memento vom 19. November 2010 im Internet Archive)
  11. a b Michael Rademacher: Stolp. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  12. a b c Ludwig Böttger: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungs-Bezirks Köslin, Band 2, Heft 1: Kreis Stolp, Saunier, Stettin 1894, S. 22–23 (Google Books).
  13. Martin Wehrmann: Die Kirchenbücher in Pommern, in: Baltische Studien, Band 42, Stettin 1892, S. 201–280, insbesondere S. 257 (Google Books).
  14. Stolperstein für Ernst Junghans, gebürtig aus Sageritz (Memento vom 13. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)