Amtsgericht Gladenbach
Das Amtsgericht Gladenbach war bis 1968 ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit mit Sitz in Gladenbach im heutigen Landkreis Marburg-Biedenkopf in Mittelhessen.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gründung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem verlorenen Krieg von 1866 musste das Großherzogtum mit dem Friedensvertrag vom 3. September 1866 Gebietsteile an Preußen abtreten. Dazu gehörte auch das Hessische Hinterland (der „Kreis Biedenkopf“) mit dem Bezirk des großherzoglichen Landgerichts Gladenbach.[1] Der Gerichtsbezirk bestand aus
- Ammenhausen,
- Bellnhausen,
- Bischoffen,
- Bottenhorn,
- Dernbach,
- Endbach,
- Erdhausen,
- Friebertshausen,
- Frechenhausen,
- Frohnhausen,
- Gladenbach,
- Günterod,
- Hartenrod,
- Holzhausen,
- Hülshof,
- Kehlnbach,
- Lixfeld,
- Mornshausen an der Salzböde,
- Niederweidbach,
- Oberweidbach,
- Rachelshausen,
- Römershausen,
- Roßbach,
- Roth,
- Rüchenbach,
- Runzhausen,
- Schlierbach,
- Sinkershausen,
- Weidenhausen,
- Wilsbach und
- Wommelshausen.
Dem Gerichtsbezirk wurde um die bis dahin zum Großherzoglich Hessischen Stadtgericht Gießen gehörigen, nun ebenfalls preußisch annektierten Gemeinden erweitert.[2] Es handelte sich um
- Bieber,
- Fellingshausen,
- Frankenbach,
- Hermannstein,
- Königsberg,
- Krumbach,
- Naunheim,
- Rodheim und
- Waldgirmes.
Im Juni 1867 passte Preußen in den erbeuteten Gebieten die Gerichtsorganisation an die eigene Struktur an: Die bisherigen Landgerichte wurden aufgehoben[3] und durch Amtsgerichte ersetzt.[4] Nachfolger des Landgerichts Biedenkopf wurde das Amtsgericht Gladenbach.
Im Zuge dessen erfolgte am 1. September 1867 auch die Zuteilung zum Sprengel des Kreisgerichts Dillenburg.[5]
Weitere Entwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aufgrund des Gerichtsverfassungsgesetzes 1877 kam es mit Wirkung zum 1. Oktober 1879 zum Wechsel des Amtsgerichts Gladenbach in den Bezirk des neu errichteten Landgerichts Marburg.[6]
Der Bezirk dieses Amtsgericht bestand nun aus[7]
- Ammenhausen,
- Bellnhausen,
- Bischoffen,
- Dernbach,
- Endbach,
- Erdhausen,
- Fellingshausen,
- Frankenbach,
- Friebertshausen,
- Frohnhausen bei Gladenbach,
- Gladenbach (Marktflecken),
- Günterod,
- Hartenrod,
- Hermannstein,
- Hülshof,
- Kehlnbach,
- Königsberg (Stadtbezirk),
- Krumbach,
- Mornshausen a. d. Salzböde,
- Naunheim,
- Niederweidbach,
- Oberweidbach,
- Rachelshausen.
- Rodheim a. d. Bieber,
- Römershausen,
- Roßbach.
- Rüchenbach,
- Runzhausen,
- Schlierbach,
- Sinkershausen,
- Waldgirmes,
- Weidenhausen,
- Wilsbach und
- Wommelshausen.
Am 27. Oktober 1880 kam der Ort Bottenhorn hinzu.[8]
Mit Wirkung zum 1. Oktober 1902 wurde die Zuständigkeit für Hermannstein, Naunheim und Waldgirmes dem Amtsgericht Wetzlar übertragen, während zugleich Damshausen und Diedenshausen vom Bezirk des Amtsgerichts Biedenkopf sowie Rodenhausen, Seelbach, Rollshausen und Lohra vom Bezirk des Amtsgerichts Fronhausen auf das Amtsgericht Gladenbach übertragen wurden.[9]
Ab dem 1. Oktober 1944 gehörte das Amtsgericht Gladenbach zum Bezirk des Landgerichts Limburg[10], was zum 1. Januar 1949 wieder rückgängig gemacht wurde.[11]
Ende
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zum 1. Juli 1968 wurde das Amtsgericht Gladenbach aufgelöst.[12] Es bildete nun eine Zweigstelle des Amtsgerichts Biedenkopf.[13] Am 1. November 2003 wurde auch diese Zweigstelle aufgelöst.[14]
Gerichtsgebäude
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sitz des Gerichts war zunächst das ehemalige großherzogliche Amtshaus (Marktstraße 9), das schon vom Landgericht Gladenbach genutzt worden war. Das dreistöckige Fachwerkhaus wurde 1757 für die Verwaltung des Amts Blankenstein errichtet. Im Jahre 1854 ging das Haus in die Nutzung der Justizverwaltung über. Es ist ein Kulturdenkmal aufgrund des Hessischen Denkmalschutzgesetzes.
Nachdem das Gebäude nicht mehr den Anforderungen entsprach, wurde 1906 bis 1907 ein Neubau errichtet (Gießener Straße 27). Auch dieses Gebäude steht heute unter Denkmalschutz.[15]
Richter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Folgende Richter wirkten am Gericht:
- 1867–1875: Amtsrichter Theodor Klingelhöfer (ab 1867: Oberamtsrichter)
- 1867–1878: Amtsrichter Julius Hess (ab 1874: Oberamtsrichter)
- 1876–1896: Amtsrichter Josef Gelhard (ab 1888: Amtsgerichtsrat)
- 1876–1879: Amtsrichter Hugo Hatzfeld
- 1878–1882: Amtsrichter Wilhelm Seyberth
- 1882–1891: Amtsrichter Boldemann
- 1891–1898: Amtsrichter Clebsch
- 1897–1908: Amtsrichter Gleim (an 1906: Amtsgerichtsrat)
- 1898–1901: Amtsrichter Laves
- 1901–1924: Amtsrichter Hugo Wagner (ab 1910: Amtsgerichtsrat)
- 1908–1922: Amtsrichter Happel (ab 1910: Amtsgerichtsrat)
- 1922–1949: Amtsrichter Paul Volckmar
- 1927–1948: Amtsrichter Walter Hadlich
- 1949–1955: Amtsrichter Knoll
- 1956–1857: Oberamtsrichter z.Wv. Wittenberg
- 1958–1958: Amtsgerichtsrat Hans Günther Dreßler
- 1958–1960: Amtsgerichtsrat Ernst Scholl
- 1960–1968: Amtsgerichtsrat Wilhelm Dörr (ab 1965: Oberamtsrichter)
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Otfried Keller: Die Gerichtsorganisation des Raumes Marburg im 19. und 20. Jahrhundert. 1982, ISBN 3-9800490-5-1, S. 115–117, 179–181.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Art. 14 Friedens-Vertrag zwischen Preußen und Hessen vom 3. September 1866; Details regelte eine gesonderte Übereinkunft zwischen den Vertragsschließenden vom gleichen Tag. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 43 vom 2. Oktober 1866, S. 408–410.
- ↑ Allerhöchster Erlaß vom 5. November 1866, betreffend die Organisation der Justizpflege in den von dem Großherzoge von Hessen und bei Rhein abgetretenen Theilen der Provinz Oberhessen. In: Preußische Gesetzessammlung 1867, S. 490 f.
- ↑ § 3 Verordnung über die Gerichtsverfassung in dem vormaligen Herzogthum Nassau und den vormals Großherzoglich Hessischen Gebietstheilen mit Ausschluß des Oberamtsbezirks Meisenheim. Vom 26. Juni 1867. In: Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten Nr. 64 (1867), S. 1094–1103.
- ↑ § 1 Verordnung über die Gerichtsverfassung in dem vormaligen Herzogthum Nassau und den vormals Großherzoglich Hessischen Gebietstheilen mit Ausschluß des Oberamtsbezirks Meisenheim. Vom 26. Juni 1867. In: Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten Nr. 64 (1867), S. 1094–1103.
- ↑ Verfügung vom 7. August 1867 – betreffend die Einrichtung der nach der Allerhöchsten Verordnung vom 26. Juni d. J. in dem vormaligen Herzogthum Nassau und den vormals Großherzoglich Hessischen Gebietstheilen, mit Ausschluß des Oberamtsbezirks Meisenheim, zu bildenden Gerichte. In: Justiz-Ministerial-Blatt für die Preußische Gesetzgebung und Rechtspflege Nr. 31 vom 9. August 1867, S. 218–220
- ↑ Verordnung, betreffend die Errichtung der Amtsgerichte vom 26. Juli 1878. In: Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1878, Nr. 25, S. 275–283.
- ↑ Verordnung, betreffend die Bildung der Amtsgerichtsbezirke vom 5. Juli 1879. In: Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1879, Nr. 30, S. 393–610 (544).
- ↑ Nr. 3 Verordnung über Abänderung der Verordnung, betreffend die Bildung der Amtsgerichtsbezirke vom 5. Juli 1879 (Gesetz-Samml. S. 393) vom 27. Oktober 1880. In: Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1880, Nr. 34, S. 363f.
- ↑ Gesetz, betreffend die Abänderung von Amtsgerichtsbezirken vom 22. Juni 1902. In: Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1880, Nr. 31, S. 227f.
- ↑ Erlaß zur Änderung von Oberlandesgerichtsbezirken vom 20. Juli 1944 (RGBl. I S. 163)
- ↑ Betrifft: Gerichtsorganisation (Änderung von Landgerichtsbezirken) vom 14. Dezember 1948. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1948 Nr. 52, S. 563, Punkt 728 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,4 MB]).
- ↑ Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12. Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr. 4, S. 41–44, Artikel 1, Abs. 6 b) und Artikel 2, Abs. 8 a) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 298 kB]).
- ↑ Betrifft: Gerichtsorganisation (Errichtung von Zweigstellen der Amtsgerichte) vom 1. Juli 1964. In: Der Hessische Minister Justiz (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1968 Nr. 28, S. 1037, Punkt 777: § 1 Abs. 5 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 2,8 MB]).
- ↑ Dritte Verordnung zur Anpassung gerichtsorganisatorischer Regelungen (Ändert GVBl. II 210–33; GVBl. II 210–86) vom 10. Oktober 2003. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 2003 Nr. 16, S. 291, Artikel 1, Abs. 3) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 531 kB]).
- ↑ Dehio, Georg [Begr.]; Gall, Ernst (Hrsg.): Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Hessen I. Regierungsbezirke Gießen und Kassel; Deutscher Kunstverlag, München 2008.
Koordinaten: 50° 45′ 52,5″ N, 8° 34′ 47,5″ O