Angeltürn

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Angeltürn
Stadt Boxberg
Wappen von Angeltürn
Koordinaten: 49° 29′ N, 9° 36′ OKoordinaten: 49° 29′ 13″ N, 9° 35′ 50″ O
Fläche: 3,07 km²
Einwohner: 137 (30. Sep. 2023)[1]
Bevölkerungsdichte: 45 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1973
Eingemeindet nach: Boxberg
Postleitzahl: 97944
Vorwahl: 07930
Angeltürn mit Blick auf die mittelalterliche Wehrkirche, 2019
Angeltürn mit Blick auf die mittelalterliche Wehrkirche, 2019

Angeltürn ist ein Stadtteil von Boxberg im Main-Tauber-Kreis im fränkisch und badisch geprägten Nordosten Baden-Württembergs.[2] Die mittelalterliche Wehrkirche dominiert das Bild des Dorfes.[3]

Gemarkung von Angeltürn, 1997

f1 Karte mit allen Koordinaten der Wohnplätze auf der Gemarkung Angeltürns: OSM

Angeltürn mit Blick auf das ehemalige Ficksche Schloss und die Wehrkirche

Das Dorf Angeltürn liegt in einem überwiegend hochwasserfreien rechten Seitental der Umpfer,[4] das der nicht ganz zwei Kilometer lange Angeltürner Bach durchläuft. Der Siedlungskern liegt am Mittellauf, kurz bevor der im Südwesten entspringende Bach am Zufluss des Eichengrabens aus dem Westen auf Ostlauf knickt. Heute zieht sich die Besiedlung in der engen Talmulde von etwas unterhalb der Seitentalgabel bis weit ins Obertal hinauf.

Auf dem Gebiet der ehemaligen Gemeinde Angeltürn liegt außer dem Dorf () noch die abgegangene Ortschaft Brechelberg.[5]

Der Ort wurde im Jahre 1410 erstmals urkundlich als Angertal erwähnt. Es handelt sich vermutlich um einen späteren Ausbauort von Uiffingen.[2]

Weitere urkundliche Erwähnungen des Ortes folgten 1589 als Angelthor, 1650 als Angeldarn und 1764 als Angelthurn.[3] Angeltürn gehörte zunächst zur Herrschaft Boxberg und gelangte mit dieser wohl an die Herren von Rosenberg und im 16. Jahrhundert größtenteils an ihre Verwandten, die Herren von Dienheim. Im Jahre 1578 erwarb Albrecht von Dienheim den restlichen Teil, etwa ein Fünftel des Ortes, von Eberhard von Leyen und wurde damit Alleinbesitzer. Nach einem Familienstreit kam Angeltürn im Jahre 1589 schließlich unter die pfälzische Zenthoheit mit Sitz in Boxberg. Im Dreißigjährigen Krieg lag der Ort völlig wüst. 1688 war Angeltürn in Besitz W. von Brunns, später in der Hand der Grafen von Degenfeld-Schomburg, die den Ort 1708 an die Herren von Holzel verkauften. Seit 1788 war Angeltürn in Besitz der Freiherren von Fick,[2][6] die ebenfalls die pfälzische Landeshoheit anerkannten. Im Jahre 1617 wurde das Ficksche Schloss erbaut.[2]

1803 erhielt der Fürst zu Leiningen auf Grund des Napoleonischen Entschädigungsvertrages unter anderem Angeltürn mit seiner Gemarkung. Nach Auflösung des Fürstentums durch die Rheinbundakte gehörte Angeltürn ab 1806 dann zum neuen Großherzogtum Baden und ab 1919 zum Land Baden, das aus dem Großherzogtum Baden hervorging, bevor der Ort ab 1871 zum Deutschen Reich gehörte. Als es 1952 zur Gründung des Südweststaates kam, löst sich Baden in seiner Selbständigkeit auf und Angeltürn gehörte fortan zum neu geschaffenen Bundesland Baden-Württemberg.[2]

Am 1. Januar 1973 wurde die zuvor selbstständige Gemeinde Angeltürn gemeinsam mit Bobstadt, Epplingen, Lengenrieden, Schwabhausen, Uiffingen und Windischbuch während der Gebietsreform in Baden-Württemberg nach Boxberg eingemeindet.[7]

Einwohnerentwicklung

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Ehemaliges Schul- und Rathaus Angeltürn

Die Bevölkerung von Angeltürn entwickelte sich wie folgt:

Jahr Gesamt
1961 172[8]
1970 170[9]
2014 136[4]

Siehe auch: Liste der Bürgermeister der Stadt Boxberg

Der Ortschaftsrat besteht aus drei Personen.[10] Ortsvorsteher ist Stefan Schulz.

Die Blasonierung des Wappens lautet: „In Silber auf grünem Boden ein roter Torturm.“[4]

Angeltürn gehörte kirchlich ursprünglich zu Wölchingen. Im Jahre 1410 wurde eine Kapelle Unserer Lieben Frau urkundlich erwähnt.[2] Unter den Herren von Rosenberg wurde die heute evangelische Kirche im 15. und 16. Jahrhundert in der heutigen Form erbaut.[3] Durch die Ortsherrschaft kam es zur Reformation. Vor 1578 hatte der Ort eine eigene Pfarrei, zunächst lutherisch, durch die Pfalz im Jahre 1589 reformiert mit zeitweiligen Filialen in Schwabhausen und in Windischbuch.[2][3] Im Jahre 1624 wurde der protestantische Pfarrer vertrieben und das Pfarrhaus zerstört. Seitdem werden die Evangelischen von Wölchingen und Boxberg aus betreut.[3] Ab dem 18. Jahrhundert war die eigene Pfarrei unbesetzt und der Ort wurde kirchlich von Boxberg aus versorgt. Die Wehrkirche des 14. Jahrhunderts mit Fresken aus dem 15. Jahrhundert wurde im Jahre 1908 restauriert.[2][3] Sie liegt burgartig über dem Ort und hat einen breiten, in den Obergeschossen profan wirkenden Chorturm.[2][11] Auf einem kleinen Friedhof hinter der Wehrkirche befindet sich das Grabmal des letzten Besitzers von Angeltürn, Franz von Fick.[3]

Seit 1770 findet ein katholischer Gottesdienst in einer im Untergeschoss des Fickschen Schlosses eingerichteten Kapelle St. Josef statt.[2] Im Jahre 1879 erhielten die Katholiken vom letzten Grundherrn des Ortes, Franz von Fick, das Schloss zur Verwendung als Pfarrhaus und katholische Kirche.[3] 1901 wurde eine Pfarrei errichtet. Zu dieser zählte nach dem Zweiten Weltkrieg noch Gräffingen.[2] In der heutigen Zeit werden die Katholiken von Boxberg aus betreut.[3]

Die jüdische Gemeinde Angeltürn bestand seit dem 18. Jahrhundert und existierte bis zu ihrer Auflösung am 11. Dezember 1913. Danach lebten noch einzelne Juden im Ort bis zur Zeit des Nationalsozialismus. Die jüdische Gemeinde Angeltürn besaß die Synagoge Angeltürn, eine Religionsschule und ein rituelles Bad.[12][13]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

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Evangelische Wehrkirche Angeltürn

Unbewegliche Bau- und Kunstdenkmale des Ortes sind in der vom Regierungspräsidium Stuttgart herausgegebene Liste der Bau- und Kunstdenkmale aufgeführt. Eine Auskunft ist auf Anfrage bei der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Boxberg erhältlich.

Im Ort befindet sich eine spätmittelalterliche Burg- bzw. Wehrkirche (auch Evangelische Kirche Angeltürn), die in ihrer heutigen Form im 15. und 16. Jahrhundert erbaut wurde.[2][3]

Ficksches Schloss mit St. Josef

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Das Ficksche Schloss zu Angeltürn, heute katholische Kirche und Pfarrhaus

Das im Jahre 1617 erbaute, 1768 erweiterte Ficksche Schloss (auch Angeltürner Schloss und Katholische Kirche Angeltürn), ist ein einfaches Herrschaftshaus mit steinernem Untergeschoss und Fachwerkoberbau.[2] Es diente den Freiherren von Fick als Familiensitz.[14] Die Schlosskapelle, im erweiterten Anbau von 1768, wird bis heute als Kirche St. Josef von den katholischen Einwohnern genutzt. Nach dem Erlöschen der Familie von Fick im Jahre 1879 ging das Schloss an den katholischen Pfarrfond über.[2]

Wirtschaft und Infrastruktur

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Angeltürn ist über die K 2839 (im Ortsbereich auch Kronenstraße genannt) zu erreichen.

Wohnen und Bauen

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Seit 1960 besteht im Nordosten von Angeltürn ein Neubaugebiet.[2]

Persönlichkeiten

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  • Herbert Gagalick: Heimatfest Angeltürn. Hrsg.: Festausschuß Angeltürn. Angeltürn 1986
  • Carl W.F.L. Stocker: Chronik von Angelthurn, Schillingstadt, Schwabhausen, Windischbuch, Sachsenflur. Heidelberg 1870.
Commons: Angeltürn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Zahlen & Daten. Stadt Boxberg, abgerufen am 16. Juni 2024.
  2. a b c d e f g h i j k l m n o LEO-BW.de: Angeltürn - Altgemeinde~Teilort. Online unter www.leo-bw.de. Abgerufen am 5. Februar 2019.
  3. a b c d e f g h i j Taubertal.de: Angeltürn. Online unter www.taubertal.de. Abgerufen am 6. Februar 2019.
  4. a b c Stadt Boxberg: Die Stadtteile. Angeltürn. Online unter www.boxberg.de. Abgerufen am 5. Februar 2019.
  5. Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Band IV: Regierungsbezirk Stuttgart, Regionalverbände Franken und Ostwürttemberg. Kohlhammer, Stuttgart 1980, ISBN 3-17-005708-1. S. 294–302
  6. Historisches und genealogisches Adelsbuch des Grossherzogthums Baden: 2. J. F. Cast'sche Buchhandlung, 1845 (google.de [abgerufen am 6. Februar 2019]).
  7. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 481 (Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
  8. Volks-, Berufs- und Arbeitsstättenzählungen in Westdeutschland vom 6. Juni 1961 (Gemeindeverzeichnis)
  9. Volks-, Berufs- und Arbeitsstättenzählungen in Westdeutschland vom 27. Mai 1970 (Gemeindeverzeichnis)
  10. Stadt Boxberg: Ortschaftsrat (Memento des Originals vom 7. Februar 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/v2.boxberg.de. Online unter www.boxberg.de. Abgerufen am 6. Februar 2019.
  11. Evangelische Landeskirche in Baden: Die ehemalige Wehrkirche in Boxberg-Angeltürn. Zarte Bilder hinter dicken Mauern. Online unter www.ekiba.de. Abgerufen am 6. Februar 2019.
  12. Alemannia Judaica: Angeltürn (Stadt Boxberg, Main-Tauber-Kreis) Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge. Online unter www.alemannia-judaica.de. Abgerufen am 3. Dezember 2015.
  13. Jüdische-Gemeinden.de: Angeltürn/Main-Tauber (Baden-Württemberg). Online unter www.jüdische-gemeinden.de. Abgerufen am 5. Februar 2019.
  14. Fr Cast: Historisches und genealogisches Adelsbuch des Grossherzogtums Baden. In: Google Books. Verlag der Cast'schen Buchhandlung, 1843, abgerufen am 31. Januar 2019.