Bahnstrecke Paris–Bordeaux
Die Bahnstrecke Paris–Bordeaux verbindet seit 1853 auf 584 Kilometern die Hauptstadt mit der südwestfranzösischen Hafenstadt über Orléans und Tours.[2] Sie war die wichtigste Stammstrecke der Compagnie du chemin de fer de Paris à Orléans.
Die Strecke beginnt im Bahnhof Paris-Austerlitz und gehört zu den wichtigsten des Landes. Sie wurde bereits zwischen 1925 und 1938 elektrifiziert, der Abschnitt Paris–Étampes ist seit 1910 viergleisig. Heute kann sie weitgehend mit Geschwindigkeiten von 200 km/h, abschnittsweise sogar bis zu 220 km/h befahren werden.
Die TGV nutzen zwischen Paris und Tours die Hochgeschwindigkeitsstrecke LGV Atlantique vom Bahnhof Montparnasse, was zur deutlichen Verringerung der Passagierzahlen am Bahnhof Austerlitz führte.
Die Kapazität des Abschnitts zwischen Tours und Bordeaux war bis zur Eröffnung der Hochgeschwindigkeitsstrecke Süd-West im Jahre 2017 durch die Nutzung der Strecke durch Zugtypen unterschiedlicher Geschwindigkeit ausgeschöpft. Die Situation hat sich mit der Inbetriebnahme der LGV Sud Europe Atlantique Mitte 2017[3] tatsächlich stark verbessert. Zudem hat sich die Fahrzeit zwischen Paris und Bordeaux über die LGV Atlantique und die LGV Sud Europe Atlantique um 70 Minuten auf 2:04 Stunden verringert, auch wenn an beiden Streckenenden noch wenige Kilometer der ursprünglichen Strecke mitbenutzt werden müssen.[4] Die Strecke ist mit dem Sicherungssystem Block Automatique Lumineux ausgestattet.
Eine Besonderheit bilden zwei Kopfbahnhöfe, Bahnhof Orléans und Tours, die nicht von allen Zügen des Fernverkehrs angefahren werden. Vor allem die Fernzüge Paris–Bordeaux halten in den Vororten Aubrais-Orléans und Saint-Pierre-des-Corps (Tours).
Die Strecke wird von verschiedenen Zugtypen befahren:
- TGV vom Ende der LGV Atlantique in Saint-Pierre-des-Corps bis nach Bordeaux
- Téoz bis nach Aubrais in Richtung Toulouse,
- Intercités in das Massif Central,
- Aqualys und Interloire
- TER der verschiedenen Regionen (TER Centre, TER Poitou-Charentes, TER Aquitaine)
- RER C bis nach Étampes
Streckenverlauf
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Paris – Orléans
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Strecke beginnt im 13. Arrondissement von Paris im Gare d’Austerlitz, der dem Gare de Lyon am gegenüberliegenden (nördlichen) Ufer der Seine benachbart ist. Sie verläuft dann etwa zwanzig Kilometer entlang der Seine linksufrig in einem stark urbanisierten Gebiet, das von zahlreichen Industrieanlagen geprägt ist. Südlich des Bahnhofs Choisy-le-Roi überquert die Strecke die sogenannte Ligne de la grande ceinture de Paris und erreicht den Bahnhof Juvisy, bis 1986 einer der größten Rangierbahnhöfe Frankreichs.
Nach Juvisy verlässt die Trassierung das Seinetal und steigt das Tal der Orge hinauf bis zum Bahnhof Brétigny, von wo aus ins Tal der Juine gewechselt wird, an dessen westlicher Talflanke bis Étampes gelangt wird. Von hier aus steigt die Strecke im trockengefallenen Vallée de Bois Renaud die neun Kilometer lange Guillerval-Rampe an (davon sechs Kilometer mit 8‰), die den Zugverkehr auf dieser Strecke vor der Elektrifizierung behinderte. Die Strecke überquert dann auf etwa fünfzig Kilometern sehr geradlinig angelegt das hier flache Relief der Beauce entlang der Nationalstraße 20 – und auf 18 Kilometern die Teststrecke des Aerotrains bis in den Orléanser Vorort Fleury-les-Aubrais.
Orléans – Tours
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Bahnstrecke wendet sich südwestwärts im Orléanser Vorort Fleury-les-Aubrais, der samt seinem Knotenbahnhof am Westrand des riesigen Forêt d'Orléans unmittelbar nördlich der Loireniederung liegt. Sehr geradlinig geht es dann stets nördlich der Loire mehr oder weniger nah an der Hangkante der Beauce zum eigentlichen Talgrund nach Blois, wo auf den Talgrund an der Talflanke abgestiegen wird. Hernach wird in derselben Trassierungsmodalität Montlouis-sur-Loire erreicht und dort nicht nur die Loire überbrückt, sondern auch auf die Landzunge zwischen Cher und Loire gewechselt, die Verknüpfung mit der LGV Atlantique bzw. der LGV Sud-Est hergestellt und in den Knotenbahnhof Saint-Pierre-des-Corps eingefahren. Von hier aus ist einerseits der Kopfbahnhof von Tours erreichbar, andererseits kann dieser auch gleich südwärts über den Cher nördlich liegengelassen werden. Die Strecke ist nahezu auf ihrer gesamten Länge – bis auf eine kurze Passage bei Blois und an den Enden – mit bis zu 200 km/h Höchstgeschwindigkeit befahrbar.
Tours – Angoulême
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Tours wird südwärts verlassen und sehr geradlinig vom Loiretal über das Tal der Indre (Viaduc de Monts) hinweg in das Tal der Vienne bei Maillé (Indre-et-Loire) übergesetzt. Rechtsufrig gelangt die Trasse nach Châtellerault, aus dem heraus über die Vienne ins Tal des Clain (westlicher Talboden) gewechselt wird. Ist Poitiers erreicht, nutzt dessen Bahnhof einen Seitengraben westlich der Altstadt, um dann wieder ins Claintal bis Voulon zurückzukehren. Danach verlässt die Bahnstrecke die Talniederung und nähert sich wiederum in sehr geradlinigem Verlauf von Norden dem mäandrierenden Tal der Charente, das es im westlichen Hinterland bis Ruffec begleitet. Von hier aus überfährt es eine kleine Anhöhe zu einer langen Seitenfurche der Charente, welcher sie südwärts bis ins eigentliche Haupttal bei Luxé folgt. Anschließend wird das Charentetal in sein östliches Hinterland gequert und mehrere Flussschlingen über Seitengräben bis Vars, von dort aus in selber Manier bis Angoulême abgekürzt, wo nochmals der Bahnhof im Haupttal erbaut wurde.
Angoulême – Libourne
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Altstadt von Angoulême wird im gleichnamigen Tunnel unterfahren, von den östlichen Höhenzügen – letzten westlichen Ausläufern des Zentralmassivs – herabziehende Gewässer südwärts gekreuzt und schließlich ins Tal der Boème südostwärts eingeschwenkt, um den Aufstieg zum nun folgenden Kunstbau zu bewältigen. Im Tunnel de Livernant mit knapp 1,5 km Länge wird ein Westausläufer des Zentralmassivs und damit die Wasserscheide zwischen Garonne und Charente durchbohrt. Dann tritt die Bahnstrecke in die Gewässerfurche der Tude ein, die bei Parcoul in die Dronne und diese wiederum bei Coutras in die Isle mündet. Nahezu im gesamten Verlauf nach dem Abstieg von der Tunnelschulter in sich ständig südwärts weitenden, flachen Talböden ist daher 220 km/h Höchstgeschwindigkeit möglich. Westlich von Libourne mündet die Isle schließlich in die Dordogne.
Libourne – Bordeaux
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Libourne wird die Dordogne südwärts überbrückt und ihrer Niederung bis Ambarès-et-Lagrave gefolgt, wo Verknüpfungen mit der LGV Sud Europe Atlantique sowie der Bahnstrecke Chartres–Bordeaux hergestellt wurden. Im Terrainzwickel zwischen Dordogne und Garonne wendet sich die Trasse nun gegen Süden ans rechte Garonneufer und gelangt über Bassens (Gironde) und Cenon, wo auch die LGV endgültig einfädelt, zur Garonnebrücke und unmittelbar dahinter in den Bahnhof Bordeaux-Saint-Jean.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Fascicule Gares et lignes du nord herausgegeben durch die COPEF (Cercle Ouest Parisien d’Études Ferroviaires) 1985.
- ↑ Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. D. Reimer, 1858, online, S. 465–466.
- ↑ LGV Sud Europe Atlantique Tours-Bordeaux 16/6/2011 (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Oktober 2022. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Deux nouvelles lignes TGV rapprochent Paris et l'Atlantique. ladepeche.fr, 28. Juni 2017.