Benutzer:Nina/Homöopathie

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Samuel Hahnemann, der Begründer der Homöopathie, 1841

Die Homöopathie [ˌhomøopaˈtiː] („ähnliches Leiden“, von griech. ὅμοιος, hómoios, „das gleiche, gleichartige“ und πάθος, páthos, „das Leid, die Krankheit“) ist eine wissenschaftlich nicht anerkannte, in vielen europäischen und einigen weiteren Ländern verbreitete alternativmedizinische Behandlungsmethode, die auf den um 1800 erstellten Vorstellungen des deutschen Arztes Samuel Hahnemann beruht.

Ihr wichtigster und namensgebender Glaubenssatz ist das Ähnlichkeitsprinzip: „Ähnliches soll durch Ähnliches geheilt werden“ (similia similibus curentur, Hahnemann). Homöopathen glauben, das entscheidende Auswahlkriterium für ein Homöopathikum sei, dass es an Gesunden ähnliche Symptome hervorrufen könne wie die, an denen der Kranke leidet. Homöopathen verabreichen ihren Klienten das ausgewählte Mittel in möglichst niedriger Dosis und in rituell[1][2] zubereiteter Form. Bei diesem Zubereitungsverfahren, das Homöopathen „Potenzieren“ nennen, wird die Arzneisubstanz schrittweise mit Wasser oder Alkohol verschüttelt oder mit Milchzucker verrieben und dabei häufig so extrem verdünnt, dass der Ausgangsstoff nicht mehr nachweisbar ist. Nach den Vorstellungen der meisten Homöopathen sollen auf diese Weise ausschließlich die unerwünschten Nebenwirkungen der Substanz minimiert werden, die erwünschten jedoch nicht. Viele Homöopathen glauben außerdem, dass durch das Zubereitungsverfahren die erwünschte Wirkung sogar noch verstärkt wird.

Bei den vermeintlichen homöopathischen Behandlungserfolgen handelt es sich um Placeboeffekte.[3][4][5] Zudem gibt es für das angenommene Ähnlichkeitsprinzip keinen wissenschaftlichen Wirkungsmechanismus und auch keine echten Hinweise. Die mechanischen Prozeduren (Verreiben, Verschütteln), die im Potenzierungsverfahren angewandt werden, sind aus wissenschaftlicher Sicht Ritualen gleichzusetzen, da die damit beabsichtigten Wirkungen elementaren physikalischen Erkenntnissen widersprechen.[6] Für eine Wirkung extrem kleiner Substanzgaben gibt es keine Anhaltspunkte. Sogenannte Hochpotenzen enthalten überhaupt keinen Wirkstoff. Die von vielen Homöopathen angenommene selektive Steigerung erwünschter Wirkungen durch das Potenzierungsverfahren widerspricht jeglicher wissenschaftlicher Erkenntnis. Aus diesen und weiteren Gründen wird die Homöopathie der Pseudowissenschaft[7][8][9][10][11], Paramedizin [12]oder auch dem Aberglauben[13][14][15] zugerechnet.

Grundsätze

Die Homöopathie ist eine weit verzweigte Praxis mit vielen Varianten. Alle berufen sich auf Hahnemann und das Ähnlichkeitsprinzip, weichen aber in anderen Punkten teilweise erheblich voneinander ab. Die meisten Homöopathen sehen als Grundsätze der Homöopathie neben dem Ähnlichkeitsprinzip die „Arzneimittelprüfung am Gesunden“, die Erhebung des individuellen Krankheitsbildes durch eine ausführliche Anamnese und die „Potenzierung“ bei der Herstellung der homöopathischen Arzneimittel.

Ähnlichkeitsprinzip (Simile-Prinzip)

Das Ähnlichkeits- oder Simileprinzip – „similia similibus curentur" („Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt") – besagt, dass eine Krankheit durch ein Mittel geheilt werden soll, das bei einem gesunden Menschen ähnliche Symptome hervorrufen kann wie sie der Kranke aufweist: „Man ahme der Natur nach, welche zuweilen eine chronische Krankheit durch eine andere hinzukommende heilt und wende in der zu heilenden Krankheit dasjenige Arzneimittel an, welches eine andere, möglichst ähnliche künstliche Krankheit zu erzeugen imstande ist, und jene wird geheilt werden; similia similibus curentur.“ (Samuel Hahnemann, 1796 [16]) Die Entwicklung dieses zentralen Prinzips der Homöopathie geht auf einen Selbstversuch Hahnemanns zurück, mit dem er herausfinden wollte, wie die damals schon als Mittel gegen Malaria bekannte Chinarinde wirkt.[17]

Bei diesem Selbstversuch nahm Hahnemann als gesunder Mensch Chinarinde ein und beobachtete an sich das vorübergehende Auftreten von Symptomen, die denen der Malaria ähnelten. Daraufhin vermutete er, dass eine solche Fähigkeit, ähnliche Symptome zu erzeugen, möglicherweise ursächlich für die Heilwirkung der Chinarinde bei Malaria sei. Er unternahm nun weitere Selbst- und Fremdversuche und hielt Ausschau nach weiteren Mitteln, auf die seine Vermutung zutreffen könnte. Schließlich erhob er die von ihm angenommene Wirkungsweise zu einem allgemeinen Prinzip der Arzneiwirkung, dem Ähnlichkeitsprinzip.

Hahnemann verzichtete zunächst auf Versuche einer theoretischen Begründung. In seinem Spätwerk[18] bezog er sich – offensichtlich bemüht um eine nach damaligen Maßstäben wissenschaftliche Begründung – auf vitalistische Vorstellungen („Umstimmung der Lebenskraft“). Hahnemanns Selbstversuch mit Chinarinde war zwar von ihm selbst schriftlich dokumentiert worden, konnte aber bis heute nicht reproduziert werden. Inzwischen ist bekannt, dass Chinarinde bzw. das darin enthaltene Chinin durch Eingreifen in den Fortpflanzungszyklus der Malariaerreger wirkt und dass das Mittel im Allgemeinen nicht die von Hahnemann beschriebenen Symptome hervorruft. Möglicherweise handelte es sich bei diesen um eine allergische Reaktion aufgrund einer Sensibilisierung für Chinin (Hahnemann hatte das Mittel bereits früher gegen ein „Quartanfieber“ eingenommen).[19]

In der Geschichte der Medizin lässt sich das Simile-Prinzip ansatzweise bereits im Corpus Hippocraticum und den Schriften des Theophrast von Hohenheim (Paracelsus) finden.[20] [21]

Voraussetzung für die Anwendung des Ähnlichkeitsprinzips in der Homöopathie ist zum einen die Kenntnis der Wirkung der homöopathischen Mittel (siehe Homöopathische Arzneimittelprüfung) und zum anderen die exakte Erfassung des Symptombildes des Patienten in der homöopathischen Anamnese (siehe Wahl des Mittels).

Homöopathische Arzneimittelprüfung

Eine homöopathische Behandlung beruht auf der Kenntnis der Symptome, die ein Mittel bei einem gesunden Menschen auslösen kann. Deshalb werden in der Homöopathie sogenannte Arzneimittelprüfungen nur mit gesunden Menschen durchgeführt. Viele in der Homöopathie als Ursubstanzen verwendete Stoffe sind giftig oder können aufgrund ihrer Herkunft und Weiterverarbeitung gesundheitsschädlich sein. Für eine homöopathische Arzneimittelprüfung werden deshalb entsprechend geringe Dosen der Ursubstanz oder Verdünnungen, manchmal auch sog. Hochpotenzen verwendet (s.u., „Potenzierung“).

Es gibt keine einheitlichen Vorschriften für Arzneimittelprüfungen. Häufig ist der Ablauf wie folgt: Für die Prüfung nehmen die Prüfer in regelmäßigen Abständen mehrere Tage bis Wochen lang das zu prüfende Mittel ein. Während dieser Zeit sollen sie sämtliche Veränderungen oder Störungen, die sie an ihrem Körper, Geist, Befinden oder ihrer Stimmung wahrnehmen, notieren. Sie halten außerdem während dieser Zeit Kontakt zu einem betreuenden Homöopathen, der ihm geschilderte Symptome ebenfalls notiert. Am Ende der Prüfung werden die Notizen von den Prüfungsleitern sortiert, interpretiert und einem homöopathischen Symptomregister zugeordnet. Das Ergebnis wird als Arzneimittelbild bezeichnet. Sie werden in nach Mittel geordneten Arzneimittellehren (Materiae medicae) und in nach Symptomen geordneten Repertorien zusammengestellt.

Es gibt jedoch auch völlig andere Formen der Arzneimittelprüfung, wie etwa die Traumprüfung, bei der die Prüfer das Mittel nicht einnehmen, sondern es nachts unter ihr Kopfkissen legen und später ihre Träume notieren oder Meditationsprüfungen, bei denen eine Gruppe über ein Mittel meditiert, das sie in ihren Händen halten. Die mit diesen Prüfverfahren gewonnenen Arzneimittelbilder werden jedoch von vielen Homöopathen nicht anerkannt.

Homöopathische Arzneimittelprüfungen sind nicht mit Arzneimittelprüfungen gemäß dem Arzneimittelgesetz (AMG) zu vergleichen. Bei homöopathischen Arzneimittelprüfungen wird nicht eine erwartete Wirksamkeit überprüft, sondern beobachtet, ob und welche Symptome durch ein homöopathisches Mittel hervorgerufen werden können.

Die europäische Gesetzgebung sieht seit der Richtlinie 2001/83 ein eigenes Zulassungsverfahren für homöopathische Arzneimittel vor. In der Novelle zu dieser Richtlinie (2004/27) wird dieses vereinfachte Zulassungsverfahren erstmals für alle Mitgliedsländer verpflichtend. Die Richtlinie verlangt den Aufdruck „Homöopathisches Arzneimittel ohne genehmigte Heilanzeigen“. [22]

Potenzierung

Hauptartikel: Potenzieren (Homöopathie)

Der nächste wichtige Grundsatz der Homöopathie ist die Verwendung „potenzierter“ Mittel. Unter Potenzierung ist die starke Verdünnung bei gleichzeitiger Dynamisierung (Verschüttelung oder Verreibung siehe unten) zu verstehen. Die Mittel werden durch stufenweise durchgeführtes Potenzieren aus Urtinkturen (pflanzlichen und tierischen Ursprungs: Symbol: Ø oder mineralischen und chemischen Ursprungs: Symbol O) und aus indifferenten Verdünnungsmitteln wie Alkohol, destilliertem Wasser, Glycerin und Milchzucker hergestellt.

Homöopathische Mittel werden flüssig (Dilution) oder als Globuli, in tiefen Potenzen auch in Form von Tabletten angewendet.

Aus der Sicht der Homöopathen ist die Wirkung einer bloßen Verdünnung nicht mit einem potenzierten, also verschüttelten oder verriebenen Mittel vergleichbar. Im Organon der Heilkunst (Anmerkung zu § 11) wird die Wirkung eines potenzierten Mittels nicht der körperlichen Substanz oder physischen Wirkung eines Arzneistoffes, sondern der immateriellen, daraus freigewordenen „spezifischen Arzneikraft“ zugeschrieben.

Die Verdünnung unter die chemische Auflösungsgrenze (ab D23 - siehe auch Avogadro-Konstante) ist jedoch kein zwingendes Element der Homöopathie. Viele Heilpraktiker und einige Ärzte arbeiten in Deutschland auch mit Niedrigpotenzen (D4, D6), in denen die Stoffe noch in nennenswerter Konzentration vorliegen. Eine D6 enthält den Ausgangsstoff in der Verdünnung von 1:1.000.000 (1: 10 hoch 6), also in µg/g. Bei diesen nur schwach verdünnten Mitteln sind die regulären Dosis-Wirkungs-Beziehungen des verwendeten Stoffes zu beachten und unerwünschte Wirkungen möglich. Neben der bekanntesten D-Potenzierungsreihe (1:10) gibt es noch die C-Reihe (1:100) und die LM- oder Q-Reihe (1:50000).

Potenzierung als Verdünnung in Dezimalschritten
Potenz Verdünnung Das entspricht durchschnittlich
einem Tropfen auf einem Wassermolekül in
D1 1 : 10 das Volumen einer Erbse
D2 1 : 100 einen halben Esslöffel
D3 1 : 1.000 zweieinhalb Schnapsgläser
D6 1 : 1 Million den Inhalt einer kleinen Mülltonne
D9 1 : 1 Milliarde einen Öltanklaster samt Anhänger
D12 1 : 1 Billion 25 olympische Schwimmbecken
D20 1 : 100 Trillionen den Michigansee in den USA
D23 1 : 100 Trilliarden das Mittelmeer g Wasser (Fingerhut)
D30 1 : 1 Quintillion 50-mal das Volumen der Erde 30 t Wasser (Tanklastzug)
D78 1 : 1 Tredezillion dem gesamten Universum (Das Universum wird auf etwa 1078 Teilchen geschätzt)

Die Lehre der chronischen Krankheiten

Nach jahrelangen praktischen Erfahrungen mit der Homöopathie stellte Hahnemann fest, dass bestimmte Krankheitsverläufe homöopathisch nicht zu heilen waren. Ab 1816 entwickelt er deshalb eine Methode zur Behandlung chronischer Krankheiten. 1828 veröffentlichte er die Ergebnisse seiner Forschung in einem fünfbändigen Werk mit dem Titel Die chronischen Krankheiten. Nach seiner Theorie liegt den chronischen Krankheiten ein Miasma, eine Art tief liegendes „Ur-Übel“, zugrunde. Hahnemann unterteilte die Miasmen in Psora (als Folge der Krätze), Sykosis (Feigwarzenkrankheit als Folge der Gonorrhoe) und Syphilis. Hahnemanns Arbeit nach der Erkenntnis der Miasmen war der Versuch, die Psora auszumerzen, wie er schrieb.

Sein Verständnis der chronischen Krankheiten bewegt sich im Rahmen der damaligen medizinischen Erkenntnisse. Die praktischen Konsequenzen seiner Theorie werden jedoch in der klassischen Homöopathie bis heute berücksichtigt.

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte der Homöopathie

Hahnemann übersetzte eine englische Arzneimittellehre, die u. a. auch die bereits wohlbekannte Heilwirkung von Chinarinde bei Malaria beschrieb. Er empfand die in dem Werk bemühten Erklärungen als willkürlich und verfiel deshalb auf die Idee, als gesunder Mensch Chinarinde einzunehmen. Daraufhin beobachtete er an sich das vorübergehende Auftreten einer Reihe von Symptomen, die er vom „Wechselfieber“ her kannte. Dies wiederholte sich bei weiteren Selbstversuchen. Hahnemann stellte auf dieser Basis die Vermutung an, dass die Fähigkeit, „ähnliche“ Symptome zu erzeugen, ursächlich für die Heilwirkung von Chinarinde bei Malaria sein könne. Hahnemanns Versuchsergebnisse konnten nicht reproduziert werden, doch wurden in relativ seltenen Fällen bei Malaria-Prophylaxe mit Chinin vergleichbare Symptome festgestellt. Möglicherweise handelt es sich dabei um eine allergische Reaktion aufgrund einer Sensibilisierung für Chinin (Hahnemann hatte das Mittel bereits früher gegen ein Quartanfieber eingenommen). Hahnemanns Annahme, hier das wirksame Prinzip der Chinarinde bei Malaria gefunden zu haben, ist heute nicht mehr haltbar: Die Chinarinde wirkt durch Eingreifen in den Fortpflanzungszyklus der Malaria-Erreger und somit nicht nach dem homöopathischen Ähnlichkeitsprinzip. Vgl. dazu Bayr 1989.

Jedenfalls stellte Hahnemann auf der Basis seiner neu gewonnenen Hypothese eine Serie von Selbst- und Fremdversuchen mit anderen Drogen an und sichtete vorhandene Heilungs- und Vergiftungsbeschreibungen auf Indizien hin, die das Ähnlichkeitsprinzip empirisch abstützen könnten. Er notierte die auftretenden Symptome und begann Kranke, die ähnliche Symptome aufwiesen, mit diesen Mittel zu behandeln. Zunächst um ihre Toxizität zu verringern, verdünnte er die Stoffe. In späteren Jahren behauptete er, beobachtet zu haben, dass die Heilwirkung bei seinen Verdünnungs- und mechanischen Bearbeitungsprozeduren nicht nur nicht verschwand, sondern sich sogar verstärkte.

Als historisches Verdienst der Lehre Hahnemanns gelten eine Reihe von Innovationen, die eine sinnvolle Alternative zu den damaligen medizinischen Heilverfahren (die von ihm „Allopathie“ genannt wurden) darstellten. Mikroorganismen waren damals noch nicht als Krankheitserreger erkannt worden. Viele damals gängige Mittel und Behandlungen, die oft keineswegs auf uralter Erfahrung beruhten, sondern erst im 17. Jahrhundert nach der alchimistisch geprägten Lehre des Paracelsus eingeführt worden waren, gefährdeten den Patienten mehr als sie halfen – nicht ganz umsonst nannte man diese Art der Medizin auch „heroische Medizin“. So wurden sogenannte Drastika mit Wirkstoffen wie beispielsweise Bleiacetat oder Quecksilberchlorid verabreicht, was nicht wenige Patienten tötete. Dies erklärt die Forderungen Hahnemanns, nur jeweils ein einziges Mittel geduldig anzuwenden und sich eingehend mit dem Patienten zu beschäftigen. Seine oftmals fast wirkstofflosen „Mittel“ trugen ebenfalls zur Durchsetzung eines „sanfteren“ Weges der Medizin generell bei.


Homöopathie im Nationalsozialismus

siehe ausführlicher: Homöopathie im Nationalsozialismus

In der so genannten Neuen Deutschen Heilkunde sollten die seit Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend naturwissenschaftlich fundierte „Schulmedizin“ und die „biologischen Heilverfahren“ zusammengefasst werden. Die homöopathischen Laienvereine bekannten sich häufig begeistert zur nationalsozialistischen Bewegung. In der Laienzeitschrift „Homöopathische Monatsblätter" erschienen Aufsätze zur „Rassenhygiene“ und zu Nationalistisch-Völkischem, sogar zum Wert der Homöopathie für die Behandlung von Erbkrankheiten. Intern könnte sich das unpolitische Selbstverständnis der meisten Vereinsmitglieder durchgesetzt haben. Hierüber ist bisher wenig bekannt. Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte vollzog 1933 die Gleichschaltung und wurde 1935 Mitglied der „Reichsarbeitsgemeinschaft für eine Neue Deutsche Heilkunde“.[23]

Erstmals in ihrer Geschichte genoss die Homöopathie staatliche Unterstützung. Bei allen vordergründigen Erfolgen und aller Hoffnung von Homöopathen auf Anerkennung gab es jedoch auch frühzeitig kritische Stimmen, die vor einer Vereinnahmung durch den Nationalsozialismus warnten. Man befürchtete durch die Zusammenschließung mit anderen Methoden eine Verwässerung der Lehre und einen Verlust der Eigenständigkeit.[24] Auf staatlicher Seite erlahmte andererseits das Interesse an der Homöopathie aus unterschiedlichen Gründen. Der wichtigste dürfte eine Untersuchung der Homöopathie im Auftrag des Reichsgesundheitsamts zwischen 1936 und 1939 gewesen sein. Es wurden klinische Versuche, Arzneimittelprüfungen und Quellenstudien zu einzelnen homöopathischen Arzneien durchgeführt. Die klinischen Versuche hatten keinerlei Erfolg gezeigt. Die Nachprüfungen homöopathischer Mittel konnten die Ergebnisse vorheriger Prüfungen nicht reproduzieren.[25]

Über das Schicksal jüdischer Homöopathen ist bisher nur wenig bekannt. In der homöopathischen Presse wurden teilweise eindeutig antisemitische Äußerungen verbreitet. Die 1933 beginnende „Ausschaltung“ jüdischer, sozialdemokratischer und marxistischer Ärzte bedeutete auch für die Homöopathie einen großen Verlust. Prominentestes Opfer der Ausschaltung innerhalb der Homöopathie war der jüdische Arzt Otto Leeser (1888-1964). Er galt als herausragender Vertreter der naturwissenschaftlich-kritischen Richtung der Homöopathie in Deutschland.[26]

Verbreitung

Status im deutschsprachigen Raum

Homöopathie ist in Deutschland eine Besondere Therapieform im Sinne des Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Seit 1978 bekennt sich der deutsche Gesetzgeber im Arzneimittelgesetz zum Wissenschaftspluralismus der Medizin und wird dafür heftig kritisiert. Darunter werden derzeit die Medizin einerseits und andererseits drei Besondere Therapierichtungen verstanden:

Die Mittel der besonderen Therapierichtungen können zugelassen und dürfen verordnet werden, auch ohne dass für sie ein Wirksamkeitsnachweis erbracht wurde; siehe auch homöopathisches Arzneimittel.

Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen unter bestimmten Bedingungen homöopathische Behandlungen bei Ärzten mit der Zusatzbezeichnung "Homöopathie", beispielsweise im Rahmen von Verträgen zur Integrierten Versorgung,[27] an denen allerdings nur ca. 1 Prozent der Kassenärzte beteiligt sind. Unmittelbar nach der Ankündigung eines solchen Vertrages durch die Deutsche BKK wandte sich die GWUP in einer Resolution an medizinische Fachverbände, Politik und Behörden, in der sie dazu aufforderte, sich an Wissenschaftlichkeit zu orientieren und eine Aushöhlung bestehender wissenschaftlicher Standards zur Wirksamkeitsprüfung abzulehnen und jegliche Sonderbehandlung der Homöopathie abzuschaffen.[28] Diese Resolution wurde von DZVhÄ und Deutscher BKK zurückgewiesen.[29]

Private Krankenversicherungen übernehmen in Deutschland die Kosten für homöopathische Behandlungen bei allen Ärzten [30], private Zusatzversicherungen darüber hinaus auch bei Heilpraktikern (gegebenenfalls abzüglich einer vereinbarten Selbstbeteiligung). Meist werden auch die Kosten für homöopathische Arzneimittel übernommen.[31] Dies geschieht, obwohl bei der Homöopathie kein wissenschaftlicher Beweis dafür gefunden wurde, dass sie mehr als ein Placebo ist.[32]

2006 betrug der Anteil homöopathischer Arzneimittel im deutschen Apothekenmarkt am Umsatz 1,08 %, an der Zahl der verkauften Einheiten 3,16 %.[33]

2007 betrug der Anteil homöopathischer Arzneimittel im deutschen Apothekenmarkt am Umsatz 1,09 %, an der Zahl der verkauften Einheiten 3,26 %.[34]

In Österreich ist die Homöopathie seit dem Arzneimittelgesetz 1983 ein anerkannter Teil der Medizin.

In der Schweiz wurden seit 1999 Mittel der fünf Klassen der Komplementärmedizin, darunter die der Homöopathie, von der Krankenkassen-Grundversicherung übernommen, sofern sie von einem Arzt verschrieben wurden. Am 30. Juni 2005 hat das Bundesamt für Gesundheit, Teil des Eidgenössischen Departements des Inneren, diese Leistungspflicht nach den Ergebnissen der von ihm in Auftrag gegebenen Studie „Programm Evaluation Komplementärmedizin“ wieder gestrichen, da die Autoren zu dem Schluss kamen, dass die vorliegenden placebokontrollierten Studien zur Homöopathie [...] keinen eindeutigen Effekt über Placebo hinaus belegen.[35]

Homöopathie in weiteren Ländern

Seit etwa Mitte der 1820er Jahre breitete sich die Homöopathie in den deutschlandnahen Ländern aus, seit Mitte der 1830er auch darüber hinaus. Hahnemanns Werke wurden früh in verschiedene Fremdsprachen übersetzt, erstmals 1824 ins Französische und Italienische. In einzelnen Ländern gab es mitunter aber erhebliche Widerstände. So war die Homöopathie in Österreich zwischen 1819 und 1837 durch Metternich behördlich verboten. In den USA gab es zeitweise Regelungen, nach denen Mitglieder aus medizinischen Gesellschaften rigoros ausgeschlossen wurden, wenn sie mit Homöopathen zusammengearbeitet haben. Die Entwicklung der Homöopathie in den USA verlief stürmisch: die erste homöopathische Zeitung in den USA wurde 1835 von Hans Burch Gram gegründet. Der in Sachsen geborene Constantin Hering kam 1833 nach Amerika und gründete mit anderen Homöopathen die erste homöopathische Hochschule in den USA (Nordamerikanische Akademie der homöopathischen Heilkunst, Allentown). 1844 wurde, ebenfalls unter Herings Beteiligung, als erste nationale Ärztevereinigung das American Institute of Homeopathy gegründet. 1848 entstand die erste Ausbildungsstätte für Frauen, das Homoeopathic Boston Female Medical College. Für große Teile der Bevölkerung galt die Homöopathie in dieser Zeit als wissenschaftlicher als die „Schulmedizin“, weil sie auf festen Prinzipien aufbaut. Erfolge bei Gelbfieber- und Choleraepidemien, die jedoch auf das Unterlassen der damaligen konventionellen Behandlung und nicht auf eine Wirksamkeit von Homöopathika zurückzuführen sind, trugen zu ihrer Etablierung bei. Heutige verblindete Untersuchungen zeigen keine Vorteile von Homöopathika im Vergleich zu Placebo. [36] Eine Laienbewegung wie in Deutschland entstand jedoch nicht. Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg (1861–1864) begann die Blütezeit der Homöopathie in den USA. In den späten 1870er Jahren gab es rund 4000 homöopathisch Tätige; 1898 wurden 20 homöopathische Colleges, 140 homöopathische Krankenhäuser und 57 homöopathische Ambulatorien betrieben; es gab mehr als 100 homöopathische Gesellschaften und 31 homöopathische Zeitschriften. Ein 1876 erstmals in Philadelphia ausgerichteter internationaler homöopathischer Ärztekongress unterstreicht die Bedeutung der Homöopathie in den USA. Ungeachtet der Quantität der Verbreitung wird die Qualität der Ausbildung und Praxis rückblickend aber kritisiert. Trotzdem entstanden wichtige Arbeiten, von denen unter anderen die James Tyler Kents weltweit Bedeutung gewinnen. Kents Hauptwerke sind bis heute neben Hahnemanns Schriften für viele Homöopathen maßgeblich; am verbreitetsten ist sein Repertorium. Mit der Jahrhundertwende kam es zu einem Niedergang der Homöopathie in den USA. Seit den 1970er Jahren ist wieder ein Aufschwung zu beobachten. Die Zahl der in den USA praktizierenden Homöopathen stieg von weniger als 200 in den 1970ern auf etwa 3000 im Jahr 1996.

Diese Renaissance fand sich auch in anderen Ländern. Sie ist mitgeprägt durch den Einfluss verschiedener Persönlichkeiten, vor allem durch Georgos Vithoulkas. Vithoulkas, 1932 in Athen geboren, arbeitete ursprünglich als Ingenieur in Südafrika und kam dort mit der Homöopathie in Berührung. 1966 beendete er in der Homöopathieschule Indian Institute of Homeopathy seine Ausbildung. 1967 begann er, griechische Ärzte in Athen auszubilden. Seine 1970 gegründete Athenian School of Homeopathic Medicine wurde zu einem Ausgangspunkt der Homöopathie-Renaissance. 1996 wurde ihm der Alternative Nobelpreis verliehen. Auch in Deutschland gewann Vithoulkas eine große Anhängerschaft.

Ein zweites international bekanntes Zentrum der Homöopathie wurde Indien. Dort war sie schon während der Kolonialzeit in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Johann Martin Honigberger und weiteren europäischen Medizinern eingeführt worden. Behandlungen erfolgten hier auch im Bereich der Seuchenbekämpfung, wie asiatische Cholera und häufig wiederkehrende Pestwellen. Bald interessierten sich auch einheimische Ärzte und Laienheiler für die Homöopathie, da sich deren medizinische Konzepte mit der indischen Heiltradition und den Methoden der modernen westlichen Medizin verbinden ließen. Seit 1973 ist die Homöopathie staatlich voll anerkannt. In Indien arbeiten ca. 300.000 qualifizierte Homöopathen; es gibt 180 Colleges, 7.500 government clinics und 307 Krankenhäuser.

In Frankreich werden homöopathische Medikamente von ungefähr einem Drittel der Hausärzte angewandt. Da das französische staatliche Gesundheitssystem die Homöopathie 1965 anerkannt hat, werden die Kosten der Medikamente und der Behandlung erstattet.

In Großbritannien praktizieren homöopathische Ärzte seit den 1830er Jahren. An der Faculty of Homoeopathy kann nach einer dreijährigen Ausbildung ein staatlich anerkanntes Examen abgelegt werden. Seit 1950 werden die Kosten einer homöopathischen Behandlung vom staatlichen Gesundheitswesen getragen. Das relativ hohe gesellschaftliche Prestige der Homöopathie wird dadurch unterstützt, dass die englische Königsfamilie öffentlich für diese Therapieform eintritt.

In Brasilien hat die Homöopathie eine lange Tradition. In Rio de Janeiro wurde bereits 1843 ein homöopathisches Ausbildungsinstitut gegründet. Seit 1980 ist die Homöopathie staatlich anerkannt und an den Universitäten vertreten. Sie spielt auch in den medizinisch unterversorgten Regionen des Landes eine wachsende Rolle.

Laienhomöopathie

Zur Ausbreitung der Homöopathie haben nicht nur Ärzte beigetragen, sondern auch Patienten und Laienbehandler. Im 19. Jahrhundert gewann die Homöopathie besonders in Kreisen des Adels und bei gebildeten Bürgern Anhänger und Multiplikatoren. Auch stand die Homöopathie von Anfang an der Religion nahe. Viele der ersten Homöopathen waren Pfarrerssöhne oder Theologiestudenten. In Frankreich trat der Klerus offen für Hahnemanns Lehre ein. Viele auf dem Land lebende Pfarrer praktizierten Homöopathie, ganz besonders in Österreich. Aber auch Gutsbesitzer, Kaufleute und andere waren an der Verbreitung der Homöopathie beteiligt. Gefördert wurde diese Entwicklung durch die so genannte homöopathische Hausarztliteratur, die seit Ende der 1820er Jahre erschien. In ihr wurde die Behandlung häufiger Krankheiten mit einfachen Mitteln geschildert. Daneben gab es ab etwa 1830 Zeitschriften, die sich vor allem an Laien richteten. In diese Zeit fallen auch die ersten homöopathischen Vereinsgründungen.

Laienvereine

Die deutschen homöopathischen Laienvereine sind ein weltweit einmaliges Phänomen. Zwischen 1870 und 1933 wurden 444 solcher Vereine gegründet, vor allem in Württemberg, Sachsen, Preußen und Baden. 1914 waren zwei Prozent der württembergischen Bevölkerung Mitglied in einem homöopathischen Verein. Die Vereine boten neben Geselligkeit und Freizeitgestaltung vor allem Zugang zu homöopathischem Wissen und Behandlung in Form von Selbsthilfe. Sie schafften homöopathische Hausarztliteratur an und machten diese ihren Mitgliedern zugänglich. Herzstücke der Vereine waren die homöopathischen Vereinsapotheken mit teilweise großen Vorräten homöopathischer Arzneien, fast immer in tiefen D-Potenzen. Vereinsmitglieder durften sich kostenlos, abgesehen vom Mitgliedsbeitrag, die gewünschten Mittel herausgeben lassen. Diese Praxis war jedoch von Beginn an juristisch umstritten und wurde schließlich untersagt.

In der „Krise der Medizin“ in den 1920er Jahren fanden Naturheilkunde, Lebensreformbewegung und alternative Heilverfahren verstärkt Zulauf. Die naturheilkundlichen und homöopathischen Laienverbände gewannen viele Anhänger auch unter Arbeitern und Kleinbürgern. Der Dachverband Reichsbund für Homöopathie und Gesundheitspflege umfasste im Jahr 1930 348 Vereine mit 38.200 Mitgliedern. Der Nationalsozialismus griff mit der „Neuen Deutschen Heilkunde“ diese sich zu einer Massenbewegung entwickelnde Tendenz auf und vereinnahmte sie für seine Ziele. Die homöopathischen Laienvereine wurden davon zunächst mit erfasst. Im Laufe der Zeit nahm ihre Aktivität aber deutlich ab; am Ende des „Dritten Reiches“ war das homöopathische Laienwesen weitgehend zerstört. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zwar einige Vereine wiedergegründet, erreichten aber nicht annähernd die frühere Bedeutung.

Seit Mitte der 1970er Jahre erlebt die Homöopathie mit der Zunahme der Beliebtheit alternativer Heilmethoden aber auch bei Laien wieder einen Aufschwung. Homöopathische Mittel sind von wenigen Ausnahmen abgesehen nicht rezeptpflichtig und können frei in der Apotheke bezogen werden. Sie gelten als ungefährlich, da sie allenfalls minimale Mengen von Arzneisubstanz enthalten und daher unerwünschte substanzielle Wirkungen nicht zu befürchten sind. Vor allem Klassische Homöopathen warnen aber vor der Behandlung von mehr als nur harmlosen Erkrankungen durch Laien. Sie weisen darauf hin, dass ein Mittel nicht schon deshalb als „homöopathisch“ zu bezeichnen ist, weil es durch Potenzieren hergestellt wurde, sondern nur, wenn es mit seinen typischen Symptomen zu den Symptomen des Patienten passt. Sonst könnten ihrer Auffassung nach auch Homöopathika eine allopathische Wirkung haben.

Homöopathie in der Veterinärmedizin

Die Homöopathie wird in der Tierheilkunde fast ebenso lange angewendet wie in der Humanmedizin. Die erste Veröffentlichung (Vorschläge zur zweckmäßigen Behandlung kranker Tiere) stammt aus dem Jahr 1815. Von Samuel Hahnemann selbst ist ein handgeschriebenes Redemanuskript über die Homöopathische Heilkunde der Hausthiere überliefert. Darin vertritt Hahnemann den Standpunkt, dass „… Thiere … mit einem Worte durch die homöopathische Heilart wenigstens ebenso sicher und gewiß, als die Menschen zu heilen (sind)“.

Gustav Wilhelm Groß (1794–1847), Arzt und Mitbegründer der Allgemeinen Homöopathischen Zeitung, veröffentlichte im Jahre 1830 einen Aufsatz, in dem er die Ansicht vertritt, Tierheilungen auf homöopathischem Wege seien der beste Beweis, dass die Wirkung der Homöopathie nicht auf Suggestion beruhe. Einzelne Autoren bezweifeln jedoch besonders im Hinblick auf die tierartspezifischen Unterschiede eine Übertragbarkeit der „Arzneimittelbilder“ vom Menschen auf das Tier und fordern vor der Anwendung homöopathischer Mittel die Durchführung von Arzneimittelprüfungen am Tier.

Im 19. Jahrhundert war es den Tierärzten nicht überall erlaubt, Tiere homöopathisch zu behandeln. Ende des Jahrhunderts ließ das Interesse an der Tierhomöopathie nach und setzte erst in den 1920er Jahren wieder ein. Neben Haustieren werden auch Nutztiere homöopathisch behandelt. In Deutschland, in den USA, in Brasilien und in der Slowakei gibt es spezielle Homöopathieschulen für Tierärzte. In Frankreich werden Homöopathieausbildungen in staatlichen tierärztlichen Hochschulen sowie in den Landwirtschaftskammern und Fachbereichen der biologischen Viehhaltung angeboten. Außerdem gibt es mehrere Privatschulen, die Homöopathieausbildungen für Tierärzte anbieten. In Österreich wird an der Veterinärmedizinischen Universität Wien eine Vorlesung zum Thema „Homöopathie für Nutztiere“ gehalten. Darüber hinaus gibt es in Österreich seit einiger Zeit Fachtierärzte für Homöopathie.

Richtungen in der Homöopathie

Homöopathie ist keine einheitliche Lehre. Es gibt verschiedene Richtungen, die sich teilweise gegenseitig bekämpfen. Auch können Heilpraktiker oder Schulmediziner, die Homöopathie anwenden, nicht generell einer Richtung zugeordnet werden. Die folgende Aufzählung deutet nur das große Spektrum an: Klassische Homöopathie, genuine Homöopathie, Bönninghausen-Methode, Boger-Methode, miasmatische Homöopathie, wissenschaftliche Homöopathie, naturwissenschaftlich-kritische Richtung, prozessorientierte und kreative Homöopathie, Impuls-Homöopathie, Resonanzhomöopathie, Seghal-Methode, Herscue-Methode, central delusion, C4-Homöopathie, quantenlogische Homöopathie usw.

Klassische Homöopathie

Der Begriff „Klassische Homöopathie“ entstand aus der Not, sich vom großen Spektrum der als „homöopathisch“ bezeichneten Heilmethoden abzugrenzen. Grundlagen der Klassischen Homöopathie sind die Lehre Hahnemanns und die sich daran orientierenden Weiterentwicklungen der Heilmethode (zum Beispiel durch Bönninghausen, Hering, Kent u. a.). Im Gegensatz zu vielen anderen Richtungen der Homöopathie wird in der Klassischen Homöopathie immer nur ein Mittel auf einmal verabreicht, meistens in einer mittleren oder hohen Potenz. Arzneimittel werden nach gründlicher Anamnese grundsätzlich nach dem individuellen Symptombild des Kranken ausgewählt.

Klassische Homöopathen behandeln sowohl akute Krankheiten als auch chronische Leiden (konstitutionelle Behandlung).

„Naturwissenschaftlich-kritische“ Homöopathie

Die sogenannte naturwissenschaftlich-kritische Homöopathie ist eine Richtung der Homöopathie, die auf der Grundlage der schulmedizinischen Lehre homöopathische Arzneimittel als Ergänzung zu anderen Therapieformen einsetzt. Häufig werden niedrige Potenzen bis D12 verwendet, in denen noch ein chemisch nachweisbarer Rest der Arzneisubstanz vorhanden ist. Arzneimittel werden außerdem nicht nach dem oft sehr komplexen gesamten Symptombild des Kranken, sondern nach Pathologie (Krankheit) verordnet. Das erleichtert besonders die Findung des passenden Arzneimittels, weil zum Beispiel für eine Erkältungskrankheit nur noch aus einer Liste von wenigen Mittel ausgewählt werden muss. Dieses Vorgehen steht jedoch im Widerspruch zu Hahnemanns Lehre, der in seinem Organon einer Vermischung der Homöopathie mit nicht-homöopathischen Behandlungsmethoden entgegentritt und alles andere als Verrat anprangert:

„§ 52: Es giebt nur zwei Haupt-Curarten: diejenige welche all' ihr Thun nur auf genaue Beobachtung der Natur, auf sorgfältige Versuche und reine Erfahrung gründet, die (vor mir nie geflissentlich angewendete) homöopathische, und eine zweite, welche dieses nicht thut, die (heteropathische, oder) allöopathische. Jede steht der andern gerade entgegen und nur wer beide nicht kennt, kann sich dem Wahne hingeben, dass sie sich je einander nähern könnten oder wohl gar sich vereinigen liessen, kann sich gar so lächerlich machen, nach Gefallen der Kranken, bald homöopathisch, bald allöopathisch in seinen Curen zu verfahren; diess ist verbrecherischer Verrath an der göttlichen Homöopathie zu nennen!“

Komplexmittelhomöopathie

Beliebt ist auch die Verwendung von „Komplexmitteln“, d. h. einer Vermengung von verschiedenen Mitteln, die für eine bestimmte Krankheit zusammengestellt wird. Die Therapie mit Komplexmitteln widerspricht jedoch ebenfalls grundlegend dem Wesen der ursprünglichen Homöopathie; Hahnemann selbst schreibt in seinem Organon:

„§ 273: In keinem Fall von Heilung ist es nöthig und deßhalb allein schon unzulässig, mehr als eine einzige, einfache Arzneisubstanz auf einmal beim Kranken anzuwenden. Es ist nicht einzusehen, wie es nur dem mindesten Zweifel unterworfen sein könne, ob es naturgemäßer und vernünftiger sey, nur einen einzelnen, einfachen, wohl gekannten Arzneistoff auf einmal in einer Krankheit zu verordnen, oder ein Gemisch von mehreren, verschiednen. In der einzig wahren und einfachen, der einzig naturgemäßen Heilkunst, in der Homöopathie, ist es durchaus unerlaubt, dem Kranken zwei verschiedne Arzneisubstanzen auf einmal einzugeben.“

Anwendung

Wahl des Mittels

Grundlage für die Wahl des Mittels ist einerseits die Kenntnis der Wirkungen und Symptome, die eine Arznei bei einem gesunden Menschen auslösen kann. Um diese Kenntnisse zu erlangen, werden Arzneimittelprüfungen durchgeführt. Andererseits beruht die Mittelwahl auf einer homöopathischen Anamnese des Patienten, d.h. einer Beobachtung und Befragung, in der das gesamte Symptombild und die Art der „Verstimmung der Lebenskraft“ erfasst wird (Repetorisierung). Im Unterschied zur Anamnese der naturwissenschaftlichen Medizin wird in der homöopathischen Anamnese der Patient über eine Vielzahl von Sachverhalten befragt, die aus naturwissenschaftlicher Sicht unerheblich sind. Ziel ist es, dasjenige Mittel herauszufinden, bei welchem die beim gesunden Menschen beobachteten Symptome möglichst mit denen übereinstimmen, die bei der Anamnese des Kranken erfasst wurden.

Als Hilfsmittel zur Wahl des Mittels dienen Arzneimittellehren und Repertorien. In Arzneimittellehren werden die Mittel mit allen bei der Arzneimittelprüfung beobachteten Symptomen beschrieben. Repertorien sind nach Symptomen hierarchisch gegliedert. Hier werden zu jedem Symptom alle Mittel genannt, bei denen das Symptom beobachtet wurde. Die sogenannte Wertigkeit eines Mittels (1-wertig bis 4-wertig) gibt einen Hinweis darauf, wie bewährt das Mittel bei der Heilung dieses Symptoms ist. Eine hohe Wertigkeit im Repertorium erhält ein Mittel nur, wenn es einerseits bei der Arzneimittelprüfung bei einer hohen Zahl von gesunden Probanden dieses Symptom hervorrief und wenn es andererseits auch viele Berichte erfolgreicher Heilung von Fällen mit diesem Symptom gibt.

Eine klare statistische Definition für die „hohe Anzahl“ gibt es nicht. Deshalb werden in modernen Repertorien auch Kennzeichnungen für bewährte Mittel geführt, die auf die Erfahrung einzelner Homöopathen mit hohem Ansehen zurückgehen. Zum Beispiel die so genannten Künzli-Punkte werden von vielen Autoren zitiert. Dadurch wird die empirische Belastbarkeit verwässert. Statt eine Wertigkeit zu erhalten, die auf einer Kombination von vielen Arzneimittelprüfungen und vielen Behandlungsverläufen beruht, wird die Aussage in die Nähe von Einzelfallkenntnissen gerückt (en:anecdotal evidence).

Dosierung

Potenzierte Mittel gibt es in Form von alkoholischen Lösungen, Tabletten und Globuli (mit homöopathischer Lösung imprägnierte Kügelchen aus Zucker). Bei der Einnahme von Lösungen sollte nach Empfehlung von manchen Homöopathen auf die Verwendung eines metallenen Löffels verzichtet werden, da dieser die vermeintlichen „Erinnerungseigenschaften“ der Flüssigkeit beeinflussen könne. Stattdessen kann ein Löffel aus Holz oder Kunststoff verwendet werden. Auch nahm Hahnemann an, dass der Genuss oder Geruch verschiedener Substanzen die Wirkung einiger homöopathischer Mittel beeinträchtigen könne (Hahnemann: Organon §§ 259 ff.)

Homöopathische Mittel sind unter die Zunge zu träufeln bzw. unter der Zunge aufzulösen und ca. eine Minute im Mund zu belassen, um die Resorption über die Mundschleimhaut zu verbessern. Das beste Ergebnis soll erreicht werden können, wenn die homöopathischen Arzneimittel sofort nach Auftreten der ersten Symptome eingenommen werden.

Homöopathische Hochpotenzen sollen besonders wirksam sein, weshalb von Seiten der Homöopathen gefordert wird, dass diese immer durch einen versierten Homöopathen verordnet werden und der Verlauf beobachtet wird.

Gegenanzeigen

  • Alkoholismus (bei Einnahme der alkoholischen Lösung)
  • Allergien gegen einen der Inhaltsstoffe (bei niedriger Potenzierung) bzw. den Trägerstoff (zum Beispiel Lactose)
  • in Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Kindern nur in Absprache mit dem Arzt einnehmen

„Homöopathische Verschlimmerung“ / Nebenwirkungen

Als Nebenwirkung wird von Homöopathen die so genannte homöopathische Verschlimmerung (auch Erstverschlimmerung) erwähnt: eine vorübergehende Verstärkung der Symptome. Ob diese tatsächlich existieren, ist nicht dokumentiert. Bei niedrigen Potenzstufen (bis etwa D6) kann eine reguläre unerwünschte Arzneimittelwirkung auftreten, weil im Mittel noch nennenswerte Stoffmengen enthalten sind. So können z. B. durch die Anwendung von Mercurius (Quecksilber), Arsenicum (Arsen) oder Nux vomica (Brechnuss), einer Pflanze, die Strychnin-Alkaloide enthält, Vergiftungen hervorgerufen werden.

Die Therapiedauer wird von den Therapeuten meist bei der Gabe der Mittel nicht genannt. Dies lässt in manchen Fällen den Verdacht aufkommen, dass die Therapie bei „Heilung“ einfach beendet wird, egal, ob die Besserung vorübergehend oder dauerhaft ist. Die sogenannte „Erstverschlimmerung“ ist für Homöopathen der Beweis, dass der Körper auf das Heilmittel anspricht. Der Schulmediziner hält diese „Verschlimmerung“ für einen Hinweis darauf, dass das Heilmittel eben nicht wirkt. Dem Homöopathen wird also vorgeworfen, dass er die Unwirksamkeit mit einem „schönen“ Wort wegdefiniert.

Homöopathen behaupten, die Wirkung eines potenzierten Arzneimittels könne durch allgemein schädigende Faktoren in der Lebensweise und durch Reiz- und Genussmittel ungünstig beeinflusst werden. Kritiker sehen darin eine Schutzbehauptung der Anwender für den Fall, dass sich die Beschwerden nicht bessern.

Homöopathisches Repertorium

Ein homöopathisches Repertorium enthält eine Sammlung von Symptomen und die dazugehörenden Arzneimittel aus verschiedenen Arzneimittellehren oder Arzneimittelprüfungen. Der Homöopath repertorisiert anhand der Symptome eines Patienten im Repertorium das am häufigsten vorkommende Mittel und kann daraus das „ähnlichste“ Mittel für den Patienten aussuchen.

Bereits Hahnemann benutzte ein handschriftliches Findebuch. Die ersten gedruckten Repertorien stammen von seinen unmittelbaren Schülern Bönninghausen und Jahr. Ende des 19. Jahrhunderts veröffentlichte der homöopathische Arzt James Tyler Kent ein sehr umfassendes Repertorium in englischer Sprache, das bis heute das meistbenutzte Werk dieser Art ist. Es ermöglicht vielen Homöopathen eine leichtere Arbeit.

Seit kurzem wird das Repertorisieren durch Computer um ein Vielfaches erleichtert.

Kritik an der Homöopathie

Bis heute existiert weder ein formaler, reproduzierbarer Nachweis noch eine akzeptable naturwissenschaftliche Begründung für eine Wirksamkeit der Homöopathie, die über den Placebo-Effekt hinausgeht. Sie wird deshalb von dem Großteil der wissenschaftlichen Medizin als wirkungslose, in einigen Fällen sogar gefährliche Behandlung abgelehnt. Siehe dazu den Abschnitt Gefahren der Homöopathie.

Hahnemann gründete vor 200 Jahren seine Homöopathie auf zwei Grundsätzen. Zum einen sollen Krankheiten durch Medikamente behandelt werden, welche ähnliche Symptome hervorrufen wie die Krankheit selbst. Sein Selbstversuch mit Chinarinde gilt als nutzlos, da er nicht reproduzierbar ist. Hahnemann zeigte möglicherweise eine allergische Reaktion auf die Chinarinde. Der Ansatz der Homöopathie beruht somit auf einem Irrtum und dessen dogmatisch-naiver Generalisierung. Zum anderen werden homöopathische Medikamente in verdünnter („potenzierter“) Form verwendet. Dieser Ansatz ist nach heutigen medizinischen und physikalischen Erkenntnissen unbrauchbar bzw. stützt sich auf den Glauben, dass unbekannte Vorgänge den jeweiligen Stoff beim Potenzieren zum Medikament machen. Für die Existenz dieser Vorgänge gibt es keine Hinweise.

Kein belastbarer Nachweis der Wirksamkeit

In etwa 100 unabhängigen Studien konnten keine Nachweise für eine Wirksamkeit erbracht werden.

Eine Studie aus dem Jahr 2003, die angeblich einen empirischen Nachweis der Wirksamkeit hochpotenzierter Homöopathika geliefert hatte, wurde Ende 2005 zurückgezogen [37]. Ein Forschungspreis, der den Forschern (der Apothekerin Franziska Schmidt und den Pharmakologen Karen Nieber und Wolfgang Süß) zugesprochen worden war, wurde zurückgegeben. Der Chemiker Klaus Keck (Konstanz), der Mathematiker Gerhard Bruhn (Darmstadt) und der Geophysiker Erhard Wielandt (Stuttgart) hatten zuvor öffentlich bemängelt, dass die Ergebnisse der Studie „nicht auf objektiven Messungen, sondern auf vorurteils- und methodisch bedingten Messfehlern“ beruhten.[38] [39] Selbst erklärte Befürworter der Homöopathie haben diese Fehler bestätigt.

Die Heilerfolge der Homöopathie sind vergleichbar mit denen anderer „alternativer“ Therapien (zum Beispiel „Traditionelle Chinesische Medizin“) und bewegen sich im Rahmen der Gesundungsraten einer Placebo-Behandlung. Dieser seitens der Homöopathie oftmals unbewusst angewandte Placebo-Effekt ist eine in der Medizin gut dokumentierte und nachgewiesene psychische Komponente, die bei fast allen medizinischen Behandlungen eine Rolle spielt.

Trotz der deutlichen Gegenbeweise bestehen viele Befürworter der Homöopathie darauf, dass eine homöopathische Behandlung über den Placebo-Effekt hinaus wirke. Oftmals werden dabei jedoch Einzelfälle oder Selbsttests als Beleg angegeben. Auch kann der Rechtfertigungsdruck, der auf alternativen Methoden lastet, dazu verführen, hauptsächlich Erfolgsgeschichten zirkulieren zu lassen. Solche Anekdoten besitzen wissenschaftlich keine Relevanz, weil hierfür eine Doppelblindstudie mit einer Kontrollgruppe, die Placebos erhält, notwendig wäre. Um festzustellen, ob zwischen einem homöopathischen Wirkstoff und einem Placebo ein nennenswerter Wirkungsunterschied besteht, benützen Statistiker zum Beispiel den Vierfeldertest.

Zudem können Erfolge, die der Homöopathie auch von unabhängigen Studien nachgesagt wurden, nach strengen wissenschaftlichen Anforderungen mit methodischen Schwächen und anderen verzerrenden Einflüssen erklärt werden, wie eine Metaanalyse zur Wirksamkeit homöopathischer Behandlungen betont, die 2005 in der renommierten Medizinzeitschrift The Lancet von Shang et al. dokumentiert wurde [40] und laut dem Kommentar von Lancet das „Ende der Homöopathie“ markierte[41]. Eine schweizerisch-britische Forschergruppe hatte insgesamt 220 Studien in Bezug auf den Behandlungserfolg verschiedenster Erkrankungen mit homöopathischen oder schulmedizinischen Methoden ausgewertet. Es zeigte sich ein vergleichsweise schlechteres Abschneiden der Homöopathie, bei der die gemessenen Effekte nicht gegen die Annahme sprechen, dass bei ihr lediglich ein Placebo-Effekt vorliegt. Auch bestätigte die breitangelegte Metauntersuchung die Vermutung, dass Studien mit wenigen Teilnehmern und niedriger Qualität eher nichtvorhandene Wirkungen vorspiegeln als solche mit einer höheren Teilnehmerzahl und guter Qualität. Die erwähnte Metastudie wurde 2006 von dem österreichischen Homöopathie-Befürworter Friedrich Dellmour [42] und dem Schweizerischer Verein Homöopathischer Aerztinnen und Aerzte[43] hauptsächlich mit dem Argument kritisiert, dass sich die Homöopathie nicht für Doppelblindstudien eigne und nur deshalb keine Wirksamkeit feststellbar sei.

Aufgrund des fehlenden Nachweises der medizinischen Wirksamkeit halten viele Anhänger der Homöopathie die wissenschaftlichen Methoden für nicht ausreichend, um die Wirksamkeit nachzuweisen. Da es aber keine andere wissenschaftliche Methode gibt, werden Methoden der Pseudo- oder Parawissenschaft oder der Esoterik herangezogen. Damit wird jedoch der Anspruch der Homöopathie, wissenschaftlich zu sein, aufgegeben. In diesem Zusammenhang wird oft der Satz zitiert: „Wer heilt, hat recht.“ Diese Betrachtungsweise gibt aber eben keinen Aufschluss darüber, inwieweit Placebo-Effekte oder etwa auch Spontanheilungs-Effekte wirken, die bei allen Behandlungsformen vorkommen.

Aus Sicht der heutigen naturwissenschaftlichen Medizin ist die Bewertung der Ergebnisse von Arzneimittelprüfungen problematisch, unter anderem, weil die angewendete Dosis bzw. Potenz oft nicht dokumentiert ist und die meisten Prüfungsberichte aus dem 19. Jahrhundert stammen und nicht blind durchgeführt worden sind. Die Arzneimittelprüfungen in der Homöopathie sind also nicht mit den modernen Wirksamkeitsprüfungen in der naturwissenschaftlichen Medizin vergleichbar. Eine wissenschaftlich saubere Prüfung von Pulsatilla 3X ist 1978 von Anne Clover durchgeführt worden, mit dem Ergebnis, dass die beobachteten Placebo-Symptome so stark waren, dass echte Symptome nicht festgestellt werden konnten [44].

Kein plausibler Ansatz eines Mechanismus

Es ist heute unbestritten, dass größere Verdünnungen als etwa 1:1024 – was einer Potenzierung von D24 oder C12 entspricht – statistisch gesehen kaum ein einziges Molekül der Ausgangssubstanz enthalten. Das entspricht ungefähr dem Auflösen einer Kopfschmerztablette im Atlantik. Hahnemann hätte dies bereits wissen können, da zu seiner Zeit schon das dalton’sche Atommodell als gängige Lehrmeinung eine unendliche Teilbarkeit einer Stoffmenge verbot. Da die Herstellung der homöopathischen Arzneien üblicherweise nicht in einem keim- und staubgefilterten Reinraum durchgeführt wird, muss angenommen werden, dass im Verdünnungsprozess, etwa beim Öffnen des Mischgefäßes und der Zugabe von Verdünnungslösung, die Konzentration der Wirksubstanz zwar abnimmt, aus der Luft aber Verunreinigungen hinzukommen. Dies bewirkt, dass schließlich in den hochpotenzierten Präparaten außer der Trägersubstanz (Wasser, Ethanol oder Milchzucker) nur die Verunreinigung der Trägersubstanzen (alle drei enthalten metallische Verunreinigungen) und die Verunreinigungen aus der Umgebung enthalten sind. Auch die besten Filtrierverfahren lassen manchmal mehr Reststoffe im Wasser zurück, als sich homöopathische Wirkstoffe darin befinden. Somit kann eine Stoff-Wirkungsrelation nicht vernünftig untersucht werden.

Seitens der Homöopathen gibt es Spekulationen, dass eine Wirkung durch Information ermöglicht wird, die nicht molekular gespeichert und übertragen wird (der Franzose Jacques Benveniste hat auf diesem Gebiet geforscht). Wirkstoffe sollen beispielsweise „Abdrücke“ in Wasserclustern hinterlassen, die dann an andere Wassercluster weitergegeben werden. Für diese Theorien gibt es jedoch keine Grundlage. Angenommen, diese Informationsspeicherung würde funktionieren, dann stellt sich die Frage, wie lange eine solche Speicherung erhalten bleibt. Sind die Cluster stabil, dann muss das Wasser vor der Verwendung gereinigt werden, denn sonst würde es noch alte Informationen enthalten. Falls sie nicht stabil sind, würde eine homöopathische Arznei schnell unwirksam. Was mit diesen spekulativen Speicherclustern nach der Einnahme durch den Patienten geschieht, bleibt dann aber der reinen Phantasie überlassen. Der Clusteransatz kann jedenfalls die Wirkung homöopathischer Mittel in ungelöster Form (Globuli) nicht erklären und bleibt als generelle Erklärung unzureichend. Wer eine Wirksamkeit potenzierter homöopathischer Präparate annimmt, akzeptiert damit implizit, dass das naturwissenschaftliche Weltbild, wie es in den Schulen vermittelt wird, falsch oder grob unvollständig ist.

Die homöopathische Medikation nach dem „Ähnlichkeitsprinzip“ ist zudem nicht nachvollziehbar, da sie ausschließlich auf den äußerlich sichtbaren Symptomen des Patienten beruht und keine wissenschaftlichen Untersuchungen wie etwa Röntgenbilder, Ultraschall und Gewebeproben herangezogen werden. So müssen bei konsequenter Durchführung beispielsweise allergisch, bakteriell oder viral hervorgerufene Erkrankungen gleich behandelt werden, wenn sie dieselben Symptome zeigen.

Des Weiteren beruht die Medikamentenwahl ausschließlich auf der subjektiven Einschätzung des Homöopathen, ob Dinge äußerlich ähnlich sind oder nicht. Der Rorschachtest beispielsweise zeigt aber, wie unterschiedlich Wahrnehmungen interpretiert werden können und wie diese Interpretationen von Erfahrung und Fantasie abhängig sind. Es muss somit erwartet werden, dass die Behandlung einer Krankheit je nach Biographie des Homöopathen unterschiedlich ausfällt. Eine richtige homöopathische Behandlung gibt es nicht, da es keine einheitliche Vorstellung von Ähnlichkeit gibt.

Interne Widersprüche

An einigen Stellen sehen Kritiker auch Widersprüche in der homöopathischen Theorie und Praxis. So ist fraglich, warum nur die gewünschten Eigenschaften eines jeweiligen Stoffes durch eine „Potenzierung“ ihre Wirkung verstärken und nicht auch die unerwünschten Nebenwirkungen bzw. die Wirkungen und Nebenwirkungen all der anderen Spurenelemente, Reststoffe etc., die sich außerdem noch im Alkohol/Wasser oder im Gefäß befunden haben.

Ein weiteres Beispiel zu den verunreinigenden Reststoffen im Wasser wurde im Nachgang des Leipziger Skandals 2003 (siehe oben) von Wissenschaftlern als Gedankenexperiment errechnet: Wenn auch nur eine einzige Tollkirsche in einen Bach fällt, dessen Wasser in die Leipziger Trinkwasserversorgung führt (34 Millionen m3 Jahresverbrauch), dann würde dies zu einer Atropinkonzentration im Trink-/Brauchwasser von D17 führen.[45] Dies bedeutet, dass es methodisch gar nicht möglich ist, größere Atropin-Verdünnungen als D17 herzustellen, weil das homöopathische Heilmittel bereits mit D17-Atropin-Wasser hergestellt wird. Selbst das reinste auf der Welt herstellbare destillierte Wasser enthält immer noch einige Moleküle fast aller häufigeren Elemente und zahlreicher chemischer Verbindungen als Verunreinigungen. Da sich in hochpotenzierten Homöopathika jedoch rein mathematisch gar keine Moleküle der Ausgangssubstanz befinden dürften, ist diese Konzentration an Verunreinigungen im fertigen Medikament in jedem Falle höher als die des Homöopathikums, denn durch die Luft gelangen solche Verunreinigungen sogar in Reinst-Raum-Laboren immer wieder bei der Potenzierung in die Lösung. Die anfänglichen Verunreinigungen werden bei der Potenzierung natürlich ebenso „mitpotenziert“ wie das Homöopathikum, so dass die Verunreinigungen im fertigen Medikament nicht nur als erneute Verunreinigungen durch die Umwelt vorliegen, sondern auch in höchstpotenzierter Form (höherpotenzig als die Wirksubstanz selbst). Jedes Homöopathikum ist also in Wahrheit ein buntes Gemisch aus mehr oder minder hohen Potenzen unterschiedlichster Substanzen, unter denen die vermeintliche Wirksubstanz keinerlei hervorgehobene Rolle mehr spielen kann. Nach Auffassung der Wissenschaftler führt dieser Umstand ein zentrales Prinzip der Homöopathie ad absurdum.

Viele Homöopathen führen an, die Schulmedizin heile keine Krankheiten, sondern unterdrücke nur Symptome, während die Homöopathie die Ursache des Leidens bekämpfe. Nach Hahnemann kann man eine Krankheit aber nur durch ihre Symptome kennen, was sich in der Praxis der homöopathischen Anamnese und Verschreibung nach Symptombild widerspiegelt. Kritiker sehen in der Argumentation, dass das Verschwinden von Symptomen bei schulmedizinischer Behandlung als Unterdrückung, bei homöopathischer als Heilung gewertet wird, ein Messen mit zweierlei Maß.

An der Tierhomöopathie wird kritisiert, dass Arzneimittelprüfungen immer an Menschen ausgeführt werden. Es werde einfach angenommen, dass sie auf Tiere übertragbar sind. Klassische Homöopathen legen Wert darauf, dass die Symptome in der Sprache des Patienten beschrieben werden, und messen mentalen Symptomen ein besonderes Gewicht bei. Beides ist bei Tieren nicht möglich. Außerdem empfehlen viele Homöopathen ihren menschlichen Patienten, nicht zu essen oder trinken, wenn sie homöopathische Mittel einnehmen. Bei Tieren hingegen werden die Mittel üblicherweise dem Futter oder Trinkwasser beigemischt.

Gefahren der Homöopathie

Der Verzicht auf eine normale medizinische Versorgung, der im Regelfall im Zusammenhang mit einer Behandlung mit Homöopathika geübt wird, kann bei akuten Beschwerden lebensgefährlich sein, wenn der Einsatz einer wirksamen Therapie verzögert wird. Ein Extrembeispiel ist die von einer Homöopathin bei der Indikation „Herz hört auf zu schlagen“ vorgeschlagene Gabe des hömopathischen Mittels Aconitum in der Potenz C30 oder C200.[46] Aconitum (Blauer Eisenhut) würde in einer Arzneimittelprüfung Herzsymptome oder sogar den Herztod verursachen, also ist dieses Arzneimittel nach homöopathischer Raison bei Herzstillstand sinnvoll.

Ein weiteres Beispiel liefert Martin Bündner, der mit einer Kasuistik zeigen wollte, dass die Homöopathie auch „in hochakuten, lebensbedrohlichen Zuständen beste Ergebnisse aufweist. In diesem Fall kam es bei einem Säugling als Reaktion auf Hühnereiweiß zu einem anaphylaktischen Schock, der mit Belladonna behandelt wird.“[47]

Da das verstärkte Auftreten der Symptome unter dem Begriff Erstverschlimmerung als Teil des Heilungsprozesses verstanden wird, können wichtige Behandlungen versäumt oder erst verspätet vorgenommen werden.

Viele Homöopathen lehnen zudem Schutzimpfungen ganz oder teilweise ab. Wer sich oder seine Kinder aufgrund dessen nicht impfen lässt, geht das nicht zu unterschätzende Risiko gefährlicher Infektionskrankheiten ein. Gelegentlich werden von Homöopathen auch „homöopathische Impfungen“ (orale Gaben von Krankheitsprodukten, „Nosoden“, in Potenz) oder „homöopathische Malariaprophylaxe“ angeboten. Solche Angebote werden von den Dachverbänden offiziell abgelehnt. Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) beispielsweise schreibt: „Kein homöopathisches Mittel ist in der Lage, eine nachweisbare Immunisierung hervorzurufen“. Andererseits stellt derselbe Verband die – wissenschaftlich unbelegte – Möglichkeit einer „homöopathischen Vorbeugung“ wie auch eine „homöopathische Therapie“ „als Behandlungs-Alternativen“ in Aussicht.[48] Steffen Rabe, Münchner Kinderarzt und Internetbeauftragter im DZVhÄ, hält sogar eine bewusst herbeigeführte Ansteckung mit Masern, einer unter Umständen tödlich verlaufenden Kinderkrankheit, im Alter zwischen etwa drei und acht Jahren für „eine Überlegung wert“.[49]

Verwandte Behandlungsmethoden

Es gibt verschiedene Therapieformen, die einzelne oder mehrere Grundsätze der homöopathischen Lehren aufgreifen, wie zum Beispiel Anthroposophische Medizin, Bach-Blütentherapie, Isopathie und Schüßler-Salze.

Literatur

Quellen und Einzelnachweise

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  18. ausführlich in der 5. und 6. Auflage des „Organon“, §§ 9 bis 16
  19. Eine den Hahnemannschen Symptomen ähnelnde Reaktion wird in diversen Fallbeschreibungen als Überempfindlichkeitsreaktion auf prophylaktische Chiningaben geschildert (für einige Beispiele: Bayr 1989). Sie scheint allerdings selten zu sein.
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  47. Martin Bündner: Homöopathische Behandlung von Notfällen - Anaphylaktischer Schock, AHZ 2004; 249: 75-78, doi:10.1055/s-2004-822416
  48. Stellungnahme des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) zum Thema Impfen - (unter Mitarbeit von Gerhard Bleul, Franz Bonsch, Petra Fabri-Richters, Ulrich Koch, Curt Kösters, Michael Mertner, Steffen Rabe, Thomas Röhrig, Sabine Schraut und Gisela Steinhoff – 1. Oktober 2002)
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  • Samuel Hahnemann: Organon der Heilkunst. Narayana Verlag, Kandern 2004, ISBN 3-92-138380-3
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Sekundärliteratur

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  • Martin Dinges: Homöopathie: Patienten, Heilkundige, Institutionen; von den Anfängen bis heute, Haug, Heidelberg 1996
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  • Rudolf Tischner: Geschichte der Homöopathie in vier Teilen, Leipzig 1932–1939, Faksimile-Nachdruck: Springer, Wien 1998
  • Rudolf Tischner: Das Werden der Homöopathie. Geschichte der Homöopathie vom Altertum bis zur neuesten Zeit, Neuauflage der Ausgabe von 1950. Sonntag, Stuttgart 2001
  • Matthias Wischner: Kleine Geschichte der Homöopathie, Forum Homöopathie, KVC Verlag Essen 2004, ISBN 3-933351-41-3
  • Tilman Borghardt: Homöopathie in Indien, Barthel & Barthel Verlag, Reihe „Dissertationen“, Berg 1990, ISBN 3-88950-050-1

unterstützend

  • Peter Christian Endler: Expedition Homöopathieforschung. Ein altes Heilsystem wird plausibel. Verlag Wilhelm Maudrich, Wien – München – Berlin 1998, ISBN 3-85-175695-9
  • Walter Köster: Kranke Kinder homöopathisch heilen. rororo Verlag, ISBN 3-499-60151-6

kritisch

Wissenschaftliche Metastudien zur Wirksamkeit

Quellentexte
über Homöopathie

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