Benutzer:Volker Höhfeld/Yedigöller-Nationalpark (Bolu)
Der Yedigöller-Nationalpark (türkisch Yedigöller Milli Parkı /Sieben Seen-Nationalpark) liegt im Norden der türkischen Provinz Bolu nordöstlich des Provinzzentrums in den Bolu Dağları des Pontischen Gebirges in der westlichen türkischen Schwarzmeerregion.
Allgemeines zur Lagesituation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der zumeist mit 1623 ha angegebene, 2015 noch 1560 ha[1] und mittlerweile 2019 ha große[2][3][4][5] Yedigöller-Nationalpark (nicht zu verwechseln mit dem gleichlautenden Platz der „Yedigöller“ auf 3100 m Höhe im Aladağlar Milli Parkı/Aladağlar-Nationalpark im Antitaurus im Süden von Yahyalı/Provinz Kayseri[6]) liegt nordöstlich des Provinzzentrums Bolu an der alten Forststraße von Bolu (45 km) zur Kreisstadt Mengen (Provinz Bolu, 54 km) via Dirgine (Yazıcık, Kreis Devrek/Zongulkdak) in der Waldeinsamkeit der Bolu Dağları. Es gibt weitere Möglichkeiten, dorthin zu gelangen: von Düzce in Richtung Yığılca (72 km) und via Devrek (60 km) von Zonguldak (120 km).[7] Von Januar bis März ist die Straße von Bolu nach Yedigöller zumeist wegen widriger Wetterbedingungen für den Verkehr gesperrt. Der Transport erfolgt nur über Yeniçağa-Mengen-Dirgine (Yazıcık, Kreis Devrek). Seit 2015 gibt es als erste und einzige Unterkunftseinrichtung im Yedigöller-Nationalpark 18 Bungalowhäuser für 90 Personen und ein zugehöriges Restaurant nebst Cafe und Campingplatz. Im Nationalpark gibt es allerdings keine Einkaufsmöglichkeit. Benötigte Küchenmaterialien müssen selbst bereitgestellt werden.[8] Der Yedigöller-Nationalpark wird jährlich durchschnittlich von 30.000 Personen (zumeist Einheimische) besucht. Für die notwendigste Infrastruktur und Sicherheit sorgen Verwaltungs- und Servicegebäude, ein Besucherzentrum, ein kleines Wasserkraftwerk, 2 Wachhäuser und ein Gendarmerie-Gebäude. Im Süden des Nationalparks gibt es zwei Aussichtsterrassen, Kapankaya und Gökgoğuz, von denen aus man die Seen und die Landschaft des Park-Kerngebiets von oben betrachten kann. Neben den Seen im Nationalpark sind ein Wasserfall, die lächelnden Felsen (Gülen Kayalar), besondere Bäume (Pythagorasbaum/Pisagor Ağacı und Monumentbaum/Anıt Ağaç) sehenswerte Naturschönheiten.[9] Dem Besucherpublikum steht vom gesamten Gelände des Nationalparks allerdings nur eine Fläche von ca. 200 ha zur direkten Verfügung, um die dort lebende Tierwelt zu schützen, zu der auch Schakal, Fuchs, Marder, Wldschwein und Bär gehören.[10]
Dem Yedigöller-Nationark angegliedert sind zwei Wildschutzgebiete (s. u.) und das Betriebs-Forstrevier Sarımustan, ein operatives Waldgebiet zur forstlichen Erforschung der Waldentwicklung unter Leitung und Beaufsichtigung des lokalen Forstamtes Sarımustan im Südwesten des Nationalparks mit einer Waldfläche von 3846,5 ha.[11] Die Region des Yedigöller-Nationalparks und des Forstreviers Sarımustan liegt in der Klimazone des westlichen Schwarzen Meeres am Nordhang des Westlichen Pontischen Gebirges parallel zum Schwarzen Meer mit Hauptausrichtung nach Norden. Die Geländestruktur kann allgemein als steil mit partiell sehr schroffen Felsabschnitte an Bächen und Bergrücken bezeichnet werden. Das Gebiet erhebt sich zwischen 500 und 1950 m über dem Meer und ist vollständig bewaldet. Die Wald-Obergrenze reicht bis auf 1750 m Höhe. Mehrere in West-Ost-Richtung fließende Hauptgewässer, der Yedigöller Çayı, Göl Çayı, Köyyeri Çayı und der Sarımustan Çayı, die inach Norden entwässern und über den Karadere Çayı bzw. den Devrek Çayı zum Schwarzen Meer hin entwässern, gliedern mit ihren Nebenbächen das Bergland in zahlreiche Erhebungen unterschiedlicher Höhe. Der Çeledoruğu Tepe, mit 1981 m Höhe zweithöchster Berg der Bolu Dağları, bildet die südliche Grenze des Gesamtgebietes. Der höchste Punkt des Kerngebiets ist der Eğrikiriş Tepe (1.489 m) und der tiefste Punkt liegt in der Flur Kırazçatı (500 m).[12][9]
Historische Hintergründe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Überregional bekannt wurden die Yedi Göller (Sieben Seen) seit Ende der 1950er Jahre aufgrund einer Dienstreise von Mustafa Sabri Kasım, dem Direktor der regionalen staatlichen Forstbehörde von Bolu, 1957 in die nahegelegene Kreisstadt Devrek in der Provinz Zonguldak. Dort hatte ihm ein Forstbeamter einen „paradiesischen“ Platz in den ausgedehnten Wäldern der Bolu Dağları in der Nähe des alten Dorfes Dirgine (Yazıcık) ans Herz gelegt. Nach Prüfung des Platzes hatte der Forstamtsdirektor seine persönlichen positiven Eindrücke an Şefik Emre Bey, den damaligen Leiter der Abteilung „Persönliche Angelegenheiten“ der Generaldirektion für Forstwirtschaft in Ankara weitergegeben, der sich daraufhin ebenfalls selbst ein Bild der Yedi Göller und ihres Umfeldes gemacht hatte. Der daraufhin folgende Ausbau der Forststraße von Bolu über das nördlich gelegene lokale Forstamt Sarımustan (Sarımustan Orman İşletme) nach Yedi Göller und weiter nach Devrek brachte dem Gebiet rasch große Bekanntheit.
Die Region der Yedigöller wurde am 29. April 1965[13] auf der Grundlage von Artikel 25 des türkischen Forstgesetzes als Nationalpark mit der Begründung ausgewiesen, dass die seen- und waldreiche Region um die Senke des oberen Yedigöl-Tales zwischen den Tälern von Göl Çayı und Sarımustan Çayı aufgrund ihrer Flora für die dortigen regionalen Mischwälder typisch und deshalb schützenswert sei. Die auffälligsten Elemente dieses idyllischen Ortes allerdings waren eher die sieben nebeneinander über 1,5 km aufgereihten sieben Seen unterschiedlicher Größe, denen der Park seinen Namen verdankt, sowie der reiche Waldbestand und die äußerst ansprechende Schönheit der umgebenden Landschaft.[1] Unter den sieben Seen sind vier größere (Büyük Göl, Nazlı Göl, Derin Göl, Serin Göl) und drei kleine Seen (Sazlı Göl, İnce Göl, Kuru Göl). Am 18.01.2002 wurde darüber hinaus ein Gebiet von 50.950 Hektar, die Yedigöller und Yeşilöz Wildlife Reserves (Yedigöller ve Yeşilöz Yaban Hayatı Geliştirme Sahalarında), rund um den Yedigöller-Nationalpark von der türkischen Provinzdirektion für Umwelt und Forstwirtschaft, Naturschutz und Nationalparks der Provinz Bolu zum Yedigöller-Wildschutzgebiet erklärt, das später gemäß der Entscheidung des Ministerrats vom 07.09.2005 in ein Wildtier-Entwicklungsgebiet umgewandelt wurde.[14] Die Wildtierentwicklungsgebiete Yedigöller und Yeşilöz wurden vorrangig eingerichtet, um gefährdeten Maral-Hirsche (Asiatischer Rothirsch, auch Sibirischer Wapiti) in der Türkei unter Schutz zu stellen. Diese Wildtierentwicklungsgebiete dienen aber auch dem Schutz anderer Wildtiere. So zählt z. B. der Sitta krueperi (Türkenkleiber), der im Nationalpark beheimatet ist, gemäß den IUCN-Kriterien (International Union for Conservation of Nature and Natural Resources) zur Kategorie „nahezu gefährdeter Vögel“.
Ins Auge gefasst war zuznächst seit 2007 die Vergrößerung der Parkfläche auf insgesamt 13.668 ha, mit Çaldere-Tal, Sarımustan Çayı, Hızar Çayı im Süden, Karadere-Tal im Norden, Gurbettaşı-Yayla, Set Yadesi-Flur und Elemen Çayı im Westen sowie Kocasu-Tal im Osten zum Schutz natürlicher, historischer und landschaftlicher Schönheiten, der Tierwelt und der Artenvielfalt. Darüber hinaus sollten alle Bäche mit Ausnahme des Kocasu Çayı zum Schutz von (angesiedelten) Forellen in das Nationalparkgebiet einbezogen werden. Innerhalb der vorgesehenen Grenzen gibt es zudem Siedlungsreste historischer Gebäude aus byzantinischer Zeit in den Fluren Güneyören, Hamambaşı, Hamamgerişi und Sırakayalar-Fındıksayvanı, wo man verhindern will, dass (zumeist einheimische) Schatzsucher weiterhin illegale Ausgrabungen durchführen. An den Plätzen Ayıkaya und Çarşıkaya findet man sehenswerte Felsformationen und Höhlen. Des weiteren bieten sich die Yaylagebiete Güneyören, Göknarlı, Akçaağaç und Tuzak für den Yayla-Tourismus (Yaylacılık) an.[15]
Wildtier-Population
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]132 Vogelarten aus 19 Ordnungen und 45 Familien wurden als ein Ergebnis von vor Ort durchgeführten Beobachtungen im Nationalpark und Umfeld identifiziert. 36 dieser Arten brüten in diesem Gebiet. Von den Brütern gehören 26 zu den Passeriformes (Sperlingsvögel, knapp 60 %), 7 zu den Piciformes (Spechtvögel), 2 zu den Accipitriformes (Greifvögel) und 1 zu den Pelecaniformes (Pelikanverwandte), was zeigt, dass Sperlingsvögel in Waldgebieten häufiger vorkommen als andere Arten.[16] Die auffällige Zunahme der Vogelarten in den Frühlings- und Sommermonaten ist auf die steigende Zahl der mit den Frühlings- und Herbstzügen ankommenden Zugvögel zurückzuführen.[17] Der Ornitologe Ali Erdoğan von der Mittelmeer-Universität (Akdeniz Üniversitesi) in Antalya gibt an, dass er 1994 während seiner Studien im Yedigöller-Nationalpark 114 Vogelarten entdeckt hat, darunter Nachtreiher (Nycticorax nycticorax), Zwergdommel (Ixobrychus minutus), Schmutzgeier (Neophron percnopterus), Rötelfalke (Falco naummanii) und Wanderfalke (Falco peregrinus).[18] Allerdings nicht von ihm nachgewiesen wurden Vögel, die auch Im Park vorkommen, wie Steinhuhn (Alectoris graeca), Rotschenkel (Tringa totanus), Fahlsegler (Apus pallidus), Feldlerche (Alauda arvensis), Blaumerle (Monticola solitarius), Schlagschwirl (Locustella fluviatilis), Orpheusgrasmücke (Sylvia hortensis), Gelbbrauen-Laubsänger (Phylloscopus inornatus), Halsbandschnäpper (Ficedula albicollis), Halbringschnäpper (Ficedula semitorquata), Balkanmeise (Parus lugubris), Beutelmeise (Remiz pendulinus), Schwarzstirnwürger (Lanius minor), Maskenwürger (Lanius nubicus), Rosenstar (Sturnus roseus), Feldsperling (Passer montanus), Weidensperling (Passer hispaniolensis), Fettammer (Emberiza hortulana, Ortolan) und Rohrammer (Emberiza schoeniclus).
Zudem erhöhte der neu installierte Staudamm der Köprübaşı Barajı, der zwischen 2002 und 2009 zur Stromversorgung östlich des Nationalpark-Gebiets am Devrek Çayı gebaut worden war, die Zahl der Kormorane in der Region. Nach jüngeren Beobachtungen kommen sie im Melen Çayı-Tal zwischen Dirgine (Yazıcık, Kreis Devrek/Zongulkdak) und dem Ortsteil Karadere (Kreis Yığılca/Düzce) vor. Ihre Anzahl beträgt dort zwischen 3 und 6 Exemplare. Rund um den Stausee und den Nationalpark sind Kormoran-Gruppen von 20 bis 40 Tieren anzutreffen.[17] Die Wildtierentwicklungsgebiete Yedigöller und Yeşilöz stellen einen sehr guten Lebensraum für Greifvogelarten dar, da sie große, ungeteilte Waldlebensräume belegen. Aus diesem Grund ist es von großer Bedeutung, das Gebiet vor einer Fragmentierung dieser Arten zu schützen. Obwohl im Yedigöller-Nationalpark keine Brutinformationen zu wichtigen Raubvogelarten wie Aquila chrysaetos (Steinadler) und Bubo bubo (Uhu) vor Ort gewonnen werden konnten, ist eine kontinuierliche Überwachung dieser Arten in Wildtiermanagement- und Entwicklungsplänen vorgesehen, da diese Raubvögel an der Spitze der Nahrungskette im Ökosystem gefährdet sind. Der Steinadler z. B. benötigt einen Lebensraum von 20-150 km², der Uhu 20-50 km².[19][20]
Darüber hinaus gibt es auch ein Projekt zur Erhöhung der Hirschpopulation im Nationalpark.[21] Zur Nachzucht des fast ausgestorbenen Maral-Hirsches und als Attraktion für die in der Regel einheimischen Besucher hat man ein 26 ha großes Rotwildgehege angelegt. Und in den Yedigöller-Seen wurden Forellen ausgesetzt.[3] Damit Hobbyfischer ihren Sport im Nationalpark genießen können, werden in den Seen künstlich Forellen gezüchtet. 1969 wurde deshalb eine Forellen-Produktionsstation mit einer Kapazität von 1 Million befruchteten Forelleneiern pro Jahr eingerichtet. Einige Istanbuler Reisebüros organisieren tägliche Touren von Istanbul aus, um die Seen zu besuchen. Unter bestimmten Einschränkungen ist das Forellenangeln für Amateure erlaubt. Während der Brutzeit zwischen November und Mai ist das Angeln jedoch strengstens verboten.[21] Die 2007 geschlossene Forellenzuchtstation Yedigöller wurde mittlerweile reaktiviert . Für die Forellenproduktion sollen Seeforellen und Bachforellen bevorzugt werden, da es sich um einheimische Arten handelt. Dabei ist zu beachten, dass Wasserpflanzen, die die Oberfläche der Seen bedecken, von Zeit zu Zeit entfernt werden, um keine Eutrophierung zu verursachen, damit die Sauerstoffmenge ausreicht, um die Forellen in den Seen überleben zu lassen.[22]
Anmerkungen zur Geomorphologie und Geologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Gebiet des Yedigöller-Nationalparks und seine Umgebung sind ein typischer Teil der Hochgebirgsstruktur der westlichen Schwarzmeerregion. Es weist mit seinem geologischen Aufbau verschiedener metamorpher, magmatischer Gesteine und Sedimente auf eine Bildungsperiode der Erdgeschichte vom Präkambrium bis zum Tertiär hin. Die alpine Orogenese, die vor etwa 66 Millionen Jahren Im frühen Paläogen begann, war weitgehend die geologisch-tektonische Geburtsstunde der heutigen Gestalt des Pontischen Gebirges. Im Verlauf dieser bislang letzten globalen Gebirgsbildungsphase der Erdgeschichte, in der die Alpen entstanden, hatte sich auch die Nordanatolische Verwerfung entwickelt. Dabei bildete sich u. a. das Massiv der rezenten Bolu Dağları mit von Nordosten nach Südwesten parallel zueinander verlaufenden tiefen Tälern und hohen Bergrücken, die in der Region um Düzce, Bolu, Yeniçağa und Gerede nach Nordosten hin allmählich ansteigen. Dort liegt auch der Yedigöller-Nationalpark mit dem Forstrevier Sarımustan. Die Grundgesteine dieser Region bestehen aus präkambrischen metamorphen Einheiten. Diese metamorphe Basis wird als „Yedigöller Metamorphite“ bezeichnet. Das sind weitgehend Gneise und wenige Amphibolite, umfasst stellenweise auch Quarzite und Marmore. Darüber hinaus gibt es kleine Aplit-, Gabbro-, Diorit-, Basalt- und Andesitgänge, die durch jüngere plutonische und vulkanische Aktivitäten entstanden sind und im Allgemeinen eine hochgradige Metamorphose (Amphibolitfazies) durchlaufen haben. Die dortigen Waldböden sind übliche braune Waldböden, mitunter auch blass gefärbte (podsolierte) Böden, die aufgrund von Überschwemmung durch Niederschlags-Ansammlung gebildet wurden.[23]
Die sieben Seen des Nationalparks, die auf zwei Ebenen mit etwa 100 m Höhenunterschied liegen, sind von Norden nach Süden der Serin Göl (Kühler See, 1758 m²), Büyük Göl (Großer See, 24.895 m²), Derin Göl (Tiefer See, 15.063 m²), Sazlı Göl (Schilfsee, 5.950 m²), İnce Göl (Feiner See, 1.036 m²), Küçük Göl (Kleiner See, auch Kuru Göl/Trockener See, 2.170 m²) und Nazlı Göl (Zarter See, 15.780 m²). Der Büyük Göl befindet sich auf der unteren Ebene auf 780 Meter Höhe, seine Tiefe beträgt ca. 15-16 m. Gegen Ende des Sommers bildet sich zusammen mit dem Tiefen See ein kleiner ausgetrockneter See an der untersten Stufe. Der Nazlı Göl, der Sazlı Göl und zwei weitere kleine, häufig ausgetrocknete Seen liegen 100 m höher auf 880 m Höhe. Die Seen entstanden durch mehrere Erdrutsche, die das Tal des oberen Yedigöller Çayı füllten und das Talgewässer mehrfach aufstauten. Die einzelnen Seen sind oberflächlich und/oder unterirdisch miteinander verbunden. Das aus dem Nazlı Göl austretende Wasser bildet am nordöstlichen Ausgang einen Wasserfall.[24][21]
Klimatische Aspekte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Da im näheren Umfeld des abgelegenen Yedigöller-Nationalparks keine meteorologische Station existiert, hat man zur Charakterisierung der dortigen klimatischen Situation in Abhängigkeit von Höhen- und Expositionsunterschieden die „Schreiber-Formel“[25] eingesetzt, die von der Erfahrung ausgeht, dass der Jahres-Niederschlag pro 100 m Höhe um 54 mm zunimmt (monatlich 54/12=4,5 mm).[26] Die nächstgelegenen meteorologischen Stationen, die Langzeitbeobachtungen und -messungen durchführen, sind Bolu auf einer Höhe von 742 m und die Şerif Yüksel Forschungsstation für Waldmeteorologie 13 km südlich von Bolu auf der Aladağlar-Hochfläche auf 1550 m Höhe (nicht zu verwechseln mit den Aladağlar, einer Gebirgsregion im Antitaurus). Die wichtigsten Faktoren, die die klimatischen Eigenschaften in der Region der Bolu Dağları beeinflussen, sind die dortigen Gebirgszüge und ihre Richtung. Dort steigen an parallel zum Meer verlaufenden Bergketten feuchte Luftmassen vom Schwarzen Meer her auf und hinterlassen mehr Niederschläge an den Nord- als an den Südhängen. Aus diesem Grund wurde die Änderung der Klimaeigenschaften mit der Höhe anhand der Daten der beiden oben genannten meteorologischen Stationen berechnet. Nach der Thornthwaitschen Klima-Systematik ist der Klimatyp der Bolu-Station halbfeucht, die Temperatur eher gemäßigt. Auch der Wassermangel ist im Sommer moderat und steht teilweise unter Meereseinfluss. Beim Klimatyp an der Şerif Yüksel Forschungsstation für Waldmeteorologie auf der Aladağlar-Hochfläche handelt es sich um ein feuchtes, mikrothermisches Klima mit geringem oder keinem Wassermangel, das teilweise unter Meereseinfluss steht. Deshalb herrscht dort ab einer Höhe von 1000 m ein eher feuchter Klimatyp vor.[27]
Stellt man die Niederschlags- und Temperaturwerte der beiden Stationen gegen, zeigt sich, dass die Şerif Yüksel Forschungsstation im Vergleich zu Bolu (546,6 mm) eine höhere Jahresniederschlgsmenge (882,6 mm) erhält, die Niederschläge in den Wintermonaten (Januar: Bolu 54.2 mm / Şerif Yüksel 97.6 mm) ebenfalls deutlich höher sind und die Temperaturwerte allein schon wegen der unterschiedlichen Höhenlage auf den Aladağlar nur halb so hoch sind wie in Becken von Bolu (Jahres-Mitteltemperaruren: Bolu 10.4 °C / Şerif Yüksel 5.7 °C). Diese Klimawerte machen bereits deutlich, dass in der Umgebung des Yedigöler-Nationalparks eher der Typ des feuchten Bergklimas vorherrscht. Wenn feuchte Luftmassen vom Schwarzen Meer her auf die Bolu Dağları treffen und aufsteigen, geben sie ihre Feuchtigkeit nördlich der Haupt-Gebirgsmasse ab. Dieser „Meereseffekt“ erreicht auch die inneren Teile der Region entlang des dem Nationalpark westlich benachbarten Karadere Çayı-Tales. Laut der Thornthwaite’schen Klimaklassifikation[28] ist der dortige Klimatyp (B4C2’rb2’) ein feuchtes, mikrothermales Klima mit geringem oder keinem Wassermangel und partiellen Meereseinflüssen.[23]
jährlich | Sommer (Juni-Sept.) | Januar | ||||
---|---|---|---|---|---|---|
Klimastation | Bolu | Şerif Yüksel | Bolu | Şerif Yüksel | Bolu | Şerif Yüksel |
Mitteltemperatur (˚C) | 10,4 | 5,7 | 18,1 | 13,6 | 0,1 | -3,8 |
Niederschläge (mm) | 546,6 | 882,6 | 133,1 | 174,1 | 54,2 | 97,6 |
Vegetationsmerkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Yedigöller-Nationalpark einschließlich des Forstreviers Sarımustan erhält also vergleichsweide viel Niederschlag (zum Vergleich: Die mittlere Niederschlagsmenge in Deutschland beträgt etwa 830 mm/Jahr[30]) und ist entsprechend besetzt mit gemischtem Laub-Nadelwald. Aufgrund der unterschiedlichen Lebensräume und Vegetationsstadien verfügt die Region über eine reiche Vielfalt an Pflanzenarten und enthält viele der wichtigsten türkischen Waldbaumarten, die dem dortigen Klima geschuldet sind. Dazu zählen in erster Linie Schwarzkiefer (Pinus nigra Arnold.), Waldkiefer (Pinus sylvestris L.), Bornmüller-Tanne (Abies bornmülleriana Mattf.), Ostbuche (Fagus orientalis Lipsky), Traubeneiche (Quercus petraea Liebl. ssp. iber. angustifolia). Gemischte Bestände bestehen oft aus Ahornarten (Spitzahorn/Acer platanoides L., Kaukasus-Ahorn/Acer trautvetteri Medw.) und Kaukasischen Linden ( Tilia rubra ssp. caucasica (Rupr.) V. Engler). Wälder, die aus einer Mischung von zwei oder drei Hauptarten und nicht aus Blatt- und Nadelbaumarten bestehen, bilden die Fortsetzung des charakteristischen Schwarzmeerwaldgesellschaften der Euxine-Wälder (Kolchische Wälder), so z. B. bei Çele (am Boludağı-Pass, 960 m, Kaynaşlı/Düzce) und im Yedigöller-Nationalpark. An dem vom Bolu-Becken (Bolu Ovası) nordwärts ansteigenden Hang sind von unten nach oben zunächst Schwarzkiefern-Eichen-Mischwälder zu sehen. Mi zunehmender Höhe kommen anfangs Buchen und dann Tannen hinzu, so dass zunächst Eichen-, Tannen-, Buchenmischwälder, dann Buchen-Tannenmischwälder auftreten. Auf 1000-1200 m gibt es partiell reinen Tannenwald, aber über 1000 m Höhe beginnen bereits Waldkiefern-, Buchen-, Tannen- und Hainbuchenwälder. Bisweilen sind dieser Mischung auch Eichenarten zugesetzt. Wenn man vom 980 m hohen Boludağı-Pass in Richtung der Yedigöller-Region vordringt, dominiert zwar als Laubbaum die Buche, aber das wichtigste Element dieser Wälder sind andere Laubbäume: Hainbuche, Erle, Ahorn, Linde, Esche, Ulme, Wildkirsche, Pappel, Weide usw.. Wälder mit dieser reichen Baumartenmischung beherbergen auch viele floristisch wichtige krautige Pflanzen.[31]
Da der Yedigöller-Nationalpark und sein Umfeld seit fast 60 Jahren ein Schutzgebiet sind und die natürlichen Pflanzengemeinschaften auch zuvor wegen der Abgeschiedenheit nicht geschädigt wurden, gilt die dortige Pflanzengemeinschaft als „potenzielle natürliche Vegetation“. Zur Bestimmung wurde Vegetationsproben von Insgesamt 140 Probeflächen entnommen. Davon wurden 60 Pflanzenpopulationen als potenzielle natürliche Vegetation eingestuft und 3 Waldgesellschaften ermittelt:
1. Die Submontane Erica arborea-Quercus petraea-Gesellschaft breitet sich in der submontanen Zone (zwischen 520 und 1120 m Höhe) an den nach Westen, Südwesten und Südosten ausgerichteten Hängen der Nationalpark-Senke aus, vor allem auf Sandstein und metamorphem Grundgebirgsgestein in sehr steilen Gebieten (mit einem Gefälle von mehr als 50 %) mit relativ trockenen, sonnigen Abschnitten und flachgründigen Böden. In Gebieten mit größerer Bodentiefe sind Stammqualität und Bestandsgesundheit normal; In Gebieten mit sehr steinigen und sehr flachgründigen Bodenverhältnissen nimmt die Qualität des Stammes ab und es kommt zu einer Austrocknung der Baumkronen. In dieser Gesellschaft ist die anspruchslosere Schwarzkiefer (Pinus nigra) eingestreut und im Innern von Tälern die Heinbuche (Carpinus betulus). In Randgebieten des Nationalparks ist diese Lebensgemeinschaft aufgrund der unterschiedlichen Lebensräume häufig in Mischbeständen von Orintalischer Buche (Fagus orientalis) und Bornmüller-Tanne (Abies bornmülleriana) anzutreffen. Tatsächlich sind feuchtigkeitsliebende Arten wie Orientalische Buche, Pontischer Rododendron (Rhododendron ponticum) und Schmalblättrige Esche (Fraxinus angustifolia) vertreten, in größeren Beständen sogar in Tälern dort, wo die Bodentiefe zunimmt, und Mischbestände von Fagus orientalis-Abies bornmülleriana dominieren. Darüber hinaus begleiten Baumarten, wie Elsbeere (Sorbus torminalis), Feldahorn (Acer campestre), Vogelkirsche (Cerasus avium) die Gemeinschaft. Zudem charakterisieren als mediterrane Elemente Baumheide (Erica arborea) und Hundsrose (Rosa canina), die in der Strauchschicht dicht vorkommen, sowie rostfarbiger Fingerhut (Digitalis ferruginea), Kletten-Labkraut (Galium aparine), Gamander-Ehrenpreis (Veronica chamaedrys), Backenklee (Dorycnum graecum) und Walderdbeere (Fragaria vesca) die Kraut- und Grasschicht.[32]
2: Die Submontane-Rhododendron ponticum-Fagus orientalis-Gesellschaft konzentriert sich, dominiert von der Orientalischen Buche (Fagus orientalis) zwischen 510 und 1300 m Höhe in der submontanen und montanen Zone an den West-, Südwest-, Nordwest- und Nordosthängen des Nationalparkbeckens. Dabei kommt es zwischen 600 und 1100 m Höhe in Bachnähe bei geringer Hangneigung zu reinen Beständen, an den unteren Hängen zu einer Mischung mit Traubeneiche (Quercus petraea) und Hainbuche (Carpinus betulus). Zwischen 800 und 1100 m Höhe bildet ich meist eine lockere Mischung mit Schwarzkiefern (Pinus nigra). Die Strauchschicht ist sehr häufig (zu 66,7 %) mit dichten Gruppen von Rhododendren (Rhododendron ponticum) bedeckt. Diese Laubwaldzone in den schattigen Bereichen der submontanen Stufe wird von Mesophyten-Arten wie Pontischem Seidelbast (Daphne pontica), Gold-Platterbse (Lathyrus aureus), Spring.Schaumkraut (Cardamine impatiens), Waldmeister (Galium odoratum) und Vogel-Nestwurz (Neottia nidus-avis) begleitet.[33]
3. Die Hochmontan-subalpine Fagus orientalis-Abies bornmülleriana-Gesellschaft beginnt auf einer Höhe von 950 m und erstreckt sich über weite Gebiete bis zur Waldgrenze auf 1550 m am Nordhang des Nationalparkbeckens. Besonders im Nordwesten und Nordosten kommt sie häufiger vor. Auf tonigem Kalkstein und metamorphem Grundgebirge breitet sich zudem Pinus sylvestris (Waldkiefer) aus. Zu dieser Gemeinschaft des feuchten Nadelwaldgürtels gehören im Yedigöller-Natioinalpark auch Pflanzen mit mesophilem Charakter (bevorzugen Standorte mit Temperaturen zwischen 20 und 45 °C), wie Korallenrote Sommerlinde (Tilia rubra), Spitzahorn (Acer platanoides), Große Brennnessel (Urtica dioica), Ruprechtskraut (Geranium robertianum), Mandelblättrige Wolfsmilch (Euphorbia amygdaloides), Waldmeister (Galium odoratum), Mittemeer-Schwingel (Festuca drymeja), Großblütige Bergminze (Calamintha grandiflora), Schwarze Tollkirsche (Atropa belladonna), Dreinervige Nabelmiere (Moehringia trinervia) und Zwiebel-Zahnwurz (Cardamine Bulbifer).[34]
Darüber hinaus wurden auf Lichtungen Echtes Labkraut (Galium verum) und Stech-Wacholder (Juniperus oxycedrus) als Grünland-Gemeinschaft ermittelt.[35] In den naturbelassenen Wäldern bilden zudem abgestorbene Bäume einen wichtigen Lebensraum für Algen, Pilze, Flechten, Moose, Insekten, Vögel und Kleinsäuger. Auf abgestorbenen Bäumen leben etwa 1500 Pilzarten. Von den 450 auf Bäumen lebenden Flechtenarten ist ein Drittel auf Totholz angewiesen (etwa zwei Drittel aller 100 im Wald lebenden Vogelarten und 17–20 % aller Insekten leben auf abgestorbenen Bäumen. Diese Baumrelikte in der Yedigöller-Region, die seit fast 60 Jahren unter Nationalparkschutz steht, sind fast so etwas wie ein Garant für die dortige biologische Vielfalt.[36]
Einflüsse des Menschen auf die natürlichen Ökosysteme
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einflüsse des Menschen auf die natürlichen Ökosysteme sind im Yedigöller-Nationapark gering: Entsprechend der Auswertung von Daten aus 60 Untersuchungsgebieten lagen die Natürlichkeitsgrade zu 18,33 % auf dem Niveau von ahemerob (unbeeinflusst, völlig natürlich), während 75 % auf dem Niveau von oligohemerob (naturnah) und nur 6,67 % als euhemerob (naturfern) eingestuft wurden. Es gibt keine Bereiche, die als mesohemerob (stark/mittel beeinflusst) und polyhemerob (sehr stark beeinflusst) einzuordnen sind. In Stichprobengebieten liegt die Naturnähe der Baumarten zu 81,8 % im Bereich „natürlich“, und zu 18,2 % sind sie „naturnah und angemessen“. Die Naturnähe der Bodenvegetation ist mit 9,1 % „natürlich“ und wird mit 90,9 % als „naturnah und geeignet“ bewertet.[37]
Literatur (chronologisch)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Temuçin Aygen: The Seven Lakes National Park (Bolu). In: Little known natural wonders and archeological treasures of Turkey. Tayf Basım, Yayın ve Ticaret Ltd.Şti., İstanbul, 1988, S. 170 f
- Vedat Beşkardeş: Bolu – Yedigöller Yaban Hayatı Koruma ve Geliştirme Sahasında Yaban Hayatı Yönetimi. Dissertation İstanbul Üniversitesi Fen Bilimleri Enstitüsü, İstanbul 2009
- Vedat Beşkardeş: Yedigöller ve Yeşilöz Yaban Hayatı Geliştirme Sahaları Avifaunası Üzerine Araştırmalar. In: Süleyman Demirel Üniversitesi, Orman Fakültesi Dergisi 13, 2012, S. 28-34.
- Mehmet Tokcan: Yedigöller Milli Parkı ile Sarımustan İşletme Ormanı'nın Hemerobi Dereceleri ve Bitki Toplumları Üzerine Araştırmalar. Dissertation İstanbul Üniversitesi, Fen Bilimleri Enstitüsü, Orman Mühendisliği Anabilim Dalı. İstanbul 2015.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Mehmet Tokcan: Yedigöller Milli Parkı ile Sarımustan İşletme Ormanı'nın Hemerobi Dereceleri ve Bitki Toplumları Üzerine Araştırmalar. Hrsg.: İstanbul Üniversitesi, Fen Bilimleri Enstitüsü, Orman Mühendisliği Anabilim Dalı. Dissertation. İstanbul 2015, S. 18.
- ↑ Yedi Göller Milli Parkı. In: Docplayer. 2023, S. 2, abgerufen am 27. Juli 2023 (türkisch).
- ↑ a b Volker Höhfeld: Yedi Göller Milli Parkı. In: Türkei. 3. Auflage. Baedeker Alianz Reiseführer. Ostfildern 1997, ISBN 3-87504-546-7, S. 250 f.
- ↑ Yedigöller Milli Parkı. In: Doğaya Gel. 26. März 2019, abgerufen am 27. Juli 2023 (tüekisch).
- ↑ Levent Selman Göktaş, İsmail Kızılırmak: Bolu Yedigöller Milli Parkı’nın Glamping Turizmi Potansiyeli Açısından Değerlendirilmesi. In: Türk Turizm Araştırmaları Dergisi. Band 1, Nr. 4, 2017, S. 47.
- ↑ Mehmet Somuncu: Yedigöller. The Seven Lakes and the Kapuzbaşı Waterfalls. In: Immage of Turkey. Band 29, 1990, S. 18–22.
- ↑ Mehmet Tokcan: Yedigöller Milli Parkı ile Sarımustan İşletme Ormanı'nın Hemerobi Dereceleri ve Bitki Toplumları Üzerine Araştırmalar. Hrsg.: İstanbul Üniversitesi, Fen Bilimleri Enstitüsü, Orman Mühendisliği Anabilim Dal. Dissertation. İstanbul 2015, S. 32.
- ↑ Yedigöller Hakkında. Her mevsim bambaşka bir cennet. In: Yediggollermilleipark. 2022, abgerufen am 9. August 2023 (türkisch).
- ↑ a b Vedat Beşkardeş: Bolu – Yedigöller Yaban Hayatı Koruma ve Geliştirme Sahasında Yaban Hayatı Yönetimi. Hrsg.: İstanbul Üniversitesi Fen Bilimleri Enstitüsü. Dissertation. İstanbul 2009, S. 58.
- ↑ Vedat Beşkardeş: Bolu – Yedigöller Yaban Hayatı Koruma ve Geliştirme Sahasında Yaban Hayatı Yönetimi. Hrsg.: İstanbul Üniversitesi Fen Bilimleri Enstitüsü. Dissertation. İstanbul 2009, S. 135, 137.
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Koordinaten: 40° 56′ 36″ N, 31° 44′ 54″ O