Billen-Pavillon

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Billen-Pavillon mit Bauzaun von Südosten (2019)

Der Billen-Pavillon ist eine ehemalige Unternehmenszentrale im Maybachweg im Wolfsburger Stadtteil Heßlingen in Niedersachsen. Das Gebäude wurde von einem natursteinverarbeitenden Unternehmen 1959 im Stil des Barcelona-Pavillons von 1929 des Architekten Ludwig Mies van der Rohe errichtet und steht seit 2012 unter Denkmalschutz.

Foyer mit Natursteinverkleidung aus einem Serpentinit (2019)

Der Billen-Pavillon ist einstöckig, flach und filigran. Er ist vom Barcelona-Pavillon von Ludwig Mies van der Rohe als einem wegweisenden Bau der Moderne inspiriert, der 1929 zur Exposició Internacional de Barcelona entstanden war. Der Billen-Pavillon zeichnet sich durch fast durchgehende Fensterfronten und ein begrüntes Atrium aus; die Anfang der 1960er Jahre gepflanzte Robinie überragt das Dach um mehr als das Doppelte. Im Inneren wurden – wie beim Vorbild – bei der Wand- und Bodengestaltung zahlreiche Arten von Naturstein verbaut. So ist der Boden des Eingangsbereichs mit weißem Marmor belegt. Einzelne Wände sind mit Travertin, Schiefer, Onyxmarmor oder Granit ausgekleidet. Auch Harzer Dolomit und grüner Serpentinit (Verde Alpi) wurden verwendet.[1][2]

1929 wurde das Unternehmen Billen vom Steinmetz Jakob Billen in Köln gegründet. 1939, ein Jahr nach Gründung der Stadt und des Volkswagenwerks, eröffnete Billen einen Zweigbetrieb in der Stadt des KdF-Wagens, dem heutigen Wolfsburg. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb in Köln zerstört und 1945 der Sitz des Unternehmens nach Wolfsburg verlegt. 1948 wurde in Wolfsburg in einer Holzbaracke eine kleine Werkstatt eingerichtet.

1955 traf Johann Tilmann Billen (1923–2018), Sohn von Jakob Billen und Inhaber des Wolfsburger Betriebs Naturstein-Billen, den Architekten Ludwig Mies van der Rohe in Chicago. 1957 ließ er von dem Architekten Rudolf Gerdes (1926–1977)[3], einem Vertreter der Braunschweiger Schule, ein Wohnhaus im Stadtteil Klieversberg entwerfen.[4]

Eingangsbereich während der „Kulturwochen“, mit Robinie im Atrium (2019)
Zustand im Jahr 2023

Im Jahr 1957 bezog das Unternehmen das Grundstück an der Maybachstraße[5] nordöstlich des Wolfsburger Zentrums, östlich der Berliner Brücke und südlich der Bahnstrecke Berlin–Lehrte. 1959 entstand auf dem Gelände des Unternehmens ebenfalls nach Plänen von Gerdes ein Büropavillon mit Kundenempfang, Sitzungsraum und Bildhaueratelier, der später Billen-Pavillon genannt wurde. Das Unternehmen Naturstein-Billen war am Bau zahlreicher Wolfsburger Großbauten wie dem Rathaus, dem VW-Verwaltungshochhaus, dem Kulturzentrum, der Heilig-Geist-Kirche und dem Theater beteiligt.[5][2] Das Unternehmen hatte bis zu 120 Angestellte.

1990 erwarb die Stadt Wolfsburg das Betriebsgelände.[2] 2010 meldete das Unternehmen Insolvenz an;[5] 2012 wurde der Pavillon unter Denkmalschutz gestellt. Laut der Denkmalausweisung des Niedersächsischen Landesamts für Denkmalpflege besteht aus baukünstlerischen und stadt- sowie wirtschaftsgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Erhaltungsinteresse an dem Gebäude. Es transportiere mit seiner Architektur die Geschichte eines mittelständischen Unternehmens, das in Wolfsburg das äußere Erscheinungsbild von Bauten mit Weltniveau geprägt habe.[6]

Mehrere umliegende Einrichtungen des vormaligen Unternehmens, darunter die Werkhalle, wurden 2014 abgerissen, sodass das Grundstück fortan eine Industriebrache bildete. Der Pavillon wurde verlassen und verfiel zusehends. Das Unternehmen Naturstein-Billen, zuletzt im Grabmalverkauf tätig und in Fallersleben ansässig, wurde 2017 liquidiert.[7]

2013 wurde der Bau eines 45 Meter hohen, 12-stöckigen Bürogebäudes mit der Bezeichnung „Berlinerhaus“ mit dem Pavillon als Eingangshalle bzw. Betriebsrestaurant genehmigt.[8][9] Im August/September 2019 fanden im Gebäude unter dem Titel „Kultursommer“ öffentliche Aktionswochen statt, die auf Aspekte des Denkmalschutzes aufmerksam machen und eine zukünftige kulturelle Nutzung des Billen-Pavillons initiieren sollten.[10]

2022 wurde das als „Berliner Haus“ bezeichnete Hochhaus fertig gestellt ohne dass der Billen-Pavillon wie ursprünglich geplant einbezogen wurde. Daneben entstand ein siebengeschossiges Hotel.[11]

  • Stadt Wolfsburg, Untere Denkmalschutzbehörde (Hrsg.): Billen-Pavillon. Konstruktive Ehrlichkeit und inszenierter Naturstein im Geiste des Bauhauses. Wolfsburg 2019.
  • Wertvolle Steine und hohe handwerkliche Qualitätsansprüche. In: architektur & wirtschaft, Jahrgang 1986, Nr. 52, S. 84–85.
Commons: Billen-Pavillon – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Hans Karweik: Aktionswochen im Billen-Pavillon. Naturstein hatte seinen großen Auftritt. In: Wolfsburger Nachrichten vom 24. August 2019
  2. a b c Bettina Maria Mrosowsky: Aufbruch statt Abbruch. taz.de vom 21. August 2019, abgerufen am 23. August 2019
  3. Hans Karweik: Pavillon entstand nach neuen Bauideen. In: Wolfsburger Nachrichten vom 30. August 2019.
  4. Nicole Froberg, Ulrich Knufinke, Susanne Kreykenbohm: Wolfsburg. Der Architekturführer. Braun Publishing, Salenstein 2011, ISBN 978-3-03768-055-1, S. 83.
  5. a b c Johann Tilman Billen wird heute 95 Jahre alt. In: Wolfsburger Nachrichten vom 19. Januar 2018 (abgerufen am 20. August 2019)
  6. Achtung – modern! Bekannte und unbekannte Architektur zwischen 1960 und 1980, Presseinformation der Stadt Wolfsburg vom 26. August 2019
  7. Auszug aus dem Handelsregister 2017 (Memento vom 21. August 2019 im Internet Archive) online-handelsregister.de, abgerufen am 21. August 2019
  8. Sylvia Telge: Abriss von Naturstein-Billen. Bürokomplex soll entstehen. (Memento vom 20. August 2019 im Internet Archive) In: Wolfsburger Allgemeine Zeitung vom 21. Oktober 2013, abgerufen am 20. August 2019
  9. Konzept des Berlinerhauses mit Einbindung des Billen-Pavillons (2013) (Memento vom 12. April 2019 im Internet Archive) berlinerhaus.de (PDF), abgerufen am 24. August 2019
  10. Billen-Pavillon. Eine Wolfsburger Architektur-Glanzstück öffnet seine Pforten. In: Wolfsburger Allgemeine Zeitung vom 22. Juli 2019 (abgerufen am 21. August 2019)
  11. Wolfsburg: ABG steigt in Projektentwicklung ein. immobilienmanager.de vom 29. Januar 2020, abgerufen am 31. Januar 2020

Koordinaten: 52° 25′ 46,4″ N, 10° 48′ 2,2″ O