Digitalrat

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Der Digitalrat wurde durch die Bundesregierung Merkel am 22. August 2018 eingesetzt und war bis zum Ende der Legislaturperiode 2021 im Amt.[1][2][3] Er sollte die Bundesregierung bei der Digitalisierung und Gestaltung der digitalen Transformation der Gesellschaft beraten.[4][5][6][7] Nach Darstellung der Bundesregierung sollten die Mitglieder des Rats „einen kritischen Blick auf die technologischen Entwicklungen der digitalen Revolution werfen und die Regierung mit unbequemen Fragen antreiben“.[1]

Die Vorsitzende des Digitalrats, Katrin Suder, erklärte am 28. März 2019, das Gremium könne bei der Arbeit hinter verschlossenen Türen am ehesten Veränderungen bewirken: „Wir agieren nicht über und in der Öffentlichkeit.“[8] Die Kölner Journalistikprofessorin Marlis Prinzing fordert vor dem Hintergrund der Medienwirksamkeit des Youtubers Rezo demgegenüber, dass ein Expertengremium wie der Digitalrat nicht zuletzt auch Impulsgeber für drängende öffentliche Debatten sein sollte.[9]

Die im Herbst 2021 gewählte Ampelkoalition hat den Digitalrat nicht weitergeführt. Im November 2022 wurde von der neuen Bundesregierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz ein Beirat Digitalstrategie Deutschland mit 19 Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft eingesetzt, der die Bundesministerien bei der Umsetzung der Digitalstrategie der Bundesregierung unterstützen soll.[10]

Bereits im Jahr 2010 hatte der 17. Deutscher Bundestag die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft eingesetzt, welche die Auswirkungen des Internets auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft untersuchen und Empfehlungen für das Parlament erarbeiten sollte.[11] 2017 hatte die niedersächsische Landesregierung unter Vorsitz von Ministerpräsident Stephan Weil einen Digitalrat eingerichtet.[12]

Der damalige Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Volker Kauder hatte Anfang 2018 die Einrichtung eines nationalen Digitalrats gefordert.[13]

Im Mittelpunkt der zweiten Sitzung des Digitalrats am 13. November 2018 stand das Thema E-Government und Digitaler Staat.[14]

Thema der dritten Sitzung des Digitalrats am 28. März 2019 war die Frage, wie große Datenmengen (Big Data) zum Wohle der Gesellschaft genutzt werden können, ohne Persönlichkeitsrechte zu verletzen.[15]

Im Bundesministerium der Verteidigung wurde am 16. Mai 2019 ein Digitalrat BMVg eingerichtet.[16]

Schwerpunkt der vierten Sitzung des Digitalrats am 12. Juni 2019 war die Digitalisierung der Arbeitswelt.[17]

Im Frühling 2017 wurde in Schweden ein Digitalisierungsbeirat aufgesetzt. In der Schweiz wurde am 19. Juni 2019 eine Motion im Nationalrat durch Corrado Pardini eingereicht und übernommen durch Min Li Marti.

Das neunköpfige Gremium (Stand: September 2019) aus Verwaltungsexperten, Wissenschaftlern und Unternehmern setzte sich aus folgenden Personen zusammen:[18][19]

Andreas Weigend[28][29][30], ehemals Chief Scientist bei Amazon, ist 2019 aus dem Digitalrat ausgeschieden.[31]

Beratungsschwerpunkte

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Am 27. Januar 2021 veröffentlichte die Bundesregierung eine Datenstrategie „für gesellschaftlichen Fortschritt und nachhaltiges Wachstum“, die maßgeblich vom Digitalrat mit erarbeitet wurde.[40][41][42]

Bitkom-Präsident Achim Berg begrüßte, dass die Bundesregierung den Rat von außen suche und auf Experten aus Wissenschaft und Praxis setze. Er sah in Deutschland aber vor allem Umsetzungsprobleme.[43] Auch für Springer-Professional-Chefredakteur Sven Eisenkrämer war die fehlende digitale Souveränität als Grundlage für die Digitalisierung das zentrale Problem in Deutschland. Er forderte „Macher statt Berater“.[44]

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach beklagte das Fehlen von Vertreterinnen aus der Arbeitswelt.[45] Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann kritisierte, dass die Stimme der Zivilgesellschaft außen vor gelassen würde.[46] Im evangelischen Sonntagsblatt wurde das Fehlen wichtiger Stimmen und Argumente von Nichtregierungsorganisationen, Kirchen und Bürgerinitiativen beklagt.[47]

Konstantin von Notz und Tabea Rößner von Bündnis 90/Die Grünen wollten die Arbeit des Digitalrats konstruktiv begleiten, warnten aber davor, den Rat als Feigenblatt für eine ausbleibende Regulierung des digitalen Wandels zu missbrauchen.[48][49] Der digitalpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Manuel Höferlin sah in der Einsetzung des Digitalrats ein Ablenkungsmanöver der Bundesregierung.[50]

Linus Neumann, Sprecher des Chaos Computer Clubs, sah die Chance, dass durch die wirtschaftliche Prägung des Digitalrats die Interessen des Mittelstands und der ländlichen Regionen in Deutschland besser vertreten werden könnten.[51]

Der Bundesverband der IT-Anwender Voice kritisierte die Einrichtung des Digitalrats als „freischwebendes“ beratendes Gremium und forderte die Federführung eines Bundesministeriums.[52]

Einzelnachweise

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  1. a b Digitalrat - Experten, die uns antreiben (Memento vom 23. August 2018 im Internet Archive) auf bundesregierung.de
  2. Sonja Álvarez: Wer Merkel in Digitalfragen berät. In: Der Tagesspiegel Online. 4. September 2018, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 4. September 2018]).
  3. Zwischen Digitalrat und Digitalkabinett: Das Ringen um die "richtige" Netzpolitik. Abgerufen am 18. November 2018 (deutsch).
  4. Merkel: Digitalrat wird schlagkräftiges Gremium | Die Kanzlerin direkt. In: Video-Podcast. 18. August 2018, abgerufen am 24. August 2018.
  5. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Den digitalen Wandel gestalten. Abgerufen am 26. August 2018.
  6. Sonja Álvarez: Merkels digitale Berater. In: Der Tagesspiegel Online. 22. August 2018, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 29. August 2018]).
  7. Digitalrat: Gremium der heißen Luft oder schlagkräftiger Expertenrat? In: BASIC thinking. 29. August 2018 (basicthinking.de [abgerufen am 29. August 2018]).
  8. heise online: FDP, Grüne und Landkreistag fordern schnellere Digitalisierung. Abgerufen am 29. März 2019.
  9. Debatte um Polit-Influencer: Journalistikprofessorin Prinzing fordert Digital-Gremium. medium Magazin, 03/2019, abgerufen am 3. September 2019.
  10. Pressemitteilung: BMDV setzt "Beirat Digitalstrategie Deutschland" ein, um Monitoring zu stärken. In: bmdv.bund.de. 30. November 2022, abgerufen am 30. Juli 2023.
  11. Internet-Enquete: Mai 2010 bis April 2013: Deutscher Bundestag: Web-Archiv. Abgerufen am 26. August 2018.
  12. digitalRat.niedersachsen | Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung. Abgerufen am 26. August 2018 (deutsch).
  13. Volker Kauder: Deutschland braucht einen Digitalrat. Die Welt, 28. Januar 2018, abgerufen am 25. September 2019.
  14. Den Digitalen Staat im Blick. In: Startseite. (bundesregierung.de [abgerufen am 15. November 2018]).
  15. Kanzlerin Merkel vor der Sitzung mit dem Digitalrat: Persönlichkeitsrechte wahren – Innovationen ermöglichen | SAARNEWS. Abgerufen am 28. März 2019.
  16. Digitalrat BMVg hat sich konstituiert. Bundesministerium der Verteidigung, 16. Mai 2019, abgerufen am 17. Mai 2019.
  17. tagesschau.de: Digitalrat der Bundesregierung: Feigenblatt oder echte Hilfe? Abgerufen am 12. Juni 2019.
  18. Das ist der neue Digitalrat der Bundesregierung. In: t3n News. (t3n.de [abgerufen am 25. August 2018]).
  19. RP ONLINE: Expertenteam soll den digitalen Wandel vorantreiben. 2. September 2018, abgerufen am 3. September 2018.
  20. Chris Boos: Er hat am Ellenrieder-Gymnasium Abi gemacht, jetzt erklärt dieser Konstanzer der Bundesregierung die Digitalisierung. In: SÜDKURIER Online. 27. August 2018 (suedkurier.de [abgerufen am 29. August 2018]).
  21. Laura Stresing, Florian Harms: Interview mit Chris Boos: "Uns geht es viel zu gut". t-online.de, 10. Juli 2019, abgerufen am 11. Juli 2019.
  22. Zuwenig Transparenz: Verfahren gegen Firma des Corona-App-Gurus Chris Boos eingeleitet. Stern.de, 27. April 2020, abgerufen am 28. April 2020.
  23. Ein Schweizer gibt Merkel Nachhilfe in Sachen Digitalisierung. In: derbund.ch/. (derbund.ch [abgerufen am 28. August 2018]).
  24. Deutsche Welle (www.dw.com): Digitalberaterin Noveck: "Die Kanzlerin rief mich an" | DW | 05.05.2019. Abgerufen am 5. Mai 2019 (deutsch).
  25. Fraunhofer FOKUS: Peter Parycek übernimmt die Leitung desKompetenzzentrums Öffentliche IT (ÖFIT). 26. Juni 2017, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. August 2018; abgerufen am 29. August 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.fokus.fraunhofer.de
  26. Kremser Uni-Professor berät Angela Merkel. (noen.at [abgerufen am 31. August 2018]).
  27. Lorenz Mrohs: e-Governance: Staat und Digitalisierung dürfen nicht auseinanderdriften. In: netzpolitik.org. 14. Mai 2019, abgerufen am 14. Mai 2019.
  28. Patrick Beuth: Privatsphäre: "Keine Daten zu erzeugen ist so unmöglich, wie kein Wasser zu nutzen". In: Die Zeit. 9. Mai 2017, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 25. September 2019]).
  29. Ulrike Timm: Physiker und Datenschützer Andreas Weigend - Privatsphäre ist eine Illusion. Deutschlandfunk, 26. März 2019, abgerufen am 25. September 2019.
  30. phoenix plus "Zukunft der Medien": Andreas Weigend im Interview mit Helge Fuhs. 14. Juni 2019, abgerufen am 25. September 2019.
  31. Thomas Steinmann: Prominenter Abgang in Merkels Digitalrat. In: Capital.de. 18. Februar 2020, abgerufen am 19. Februar 2020.
  32. BMVI - Scheuer: Mega-Upgrade für das Breitband-Förderprogramm. Abgerufen am 26. August 2018.
  33. Bundesregierung | Artikel | Mobilfunknetz wird ausgebaut. Abgerufen am 26. August 2018.
  34. BMBF-Internetredaktion: Wissenswertes zum DigitalPakt Schule - BMBF. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 8. Dezember 2018; abgerufen am 25. August 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bmbf.de
  35. Behördengänge online erledigen: E-Government. Abgerufen am 26. August 2018 (deutsch).
  36. Bundesregierung | Abschlussbericht E-Government-Initiative. Abgerufen am 26. August 2018.
  37. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Eckpunkte der Bundesregierung für eine Strategie Künstliche Intelligenz. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. August 2018; abgerufen am 26. August 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bmwi.de
  38. Nationale Strategie für Künstliche Intelligenz - AI Made in Germany. Die Bundesregierung, abgerufen am 5. Mai 2019.
  39. Alexander Armbruster: Zukunft der Bundesrepublik: Die Schwächen der deutschen KI-Strategie. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 5. Mai 2019]).
  40. Datenstrategie der Bundesregierung. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, 27. Januar 2021, abgerufen am 28. Januar 2021.
  41. Interview mit Katrin Suder und Viktor Mayer-Schönberger zur Digitalstrategie: "Das Potential von digitalen Daten ist riesig". Die Bundesregierung, 27. Januar 2021, abgerufen am 28. Januar 2021.
  42. Ingo Dachwitz: Datenstrategie der Bundesregierung - Die Richtung stimmt, aber der Weg ist noch weit. Netzpolitik.org, 27. Januar 2021, abgerufen am 28. Januar 2021.
  43. Bitkom-Präsident Achim Berg zum Digitalrat der Bundesregierung. Abgerufen am 24. August 2018.
  44. Deutschland braucht Macher statt Berater. In: springerprofessional.de. 27. August 2018 (springerprofessional.de [abgerufen am 27. August 2018]).
  45. DGB - Bundesvorstand: Digitalrat ohne Gewerkschaften? Kritik vom DGB. Abgerufen am 24. August 2018.
  46. Verschenkte Chance: Digitalrat ohne Zivilgesellschaft | Deutscher Kulturrat. Abgerufen am 24. August 2018.
  47. Rieke C. Harmsen: Digitalrat: Und was ist mit der Zivilgesellschaft? | Sonntagsblatt - 360 Grad evangelisch. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. August 2018; abgerufen am 25. August 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sonntagsblatt.de
  48. Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen: Digitalrat darf kein Feigenblatt werden - Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. 22. August 2018 (gruene-bundestag.de [abgerufen am 25. August 2018]).
  49. Grünen-Politikerin Rößner – Digitalrat ist Symptom für Hilflosigkeit. t3n Redaktion, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. März 2019; abgerufen am 28. März 2019.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/t3n.de
  50. HÖFERLIN: Digitalrat ist nur weiteres Ablenkungsmanöver. Abgerufen am 25. August 2018.
  51. Chaos Computer Club - Kritik am neuen Digitalrat - aber auch Hoffnung. In: Deutschlandfunk. (deutschlandfunk.de [abgerufen am 26. August 2018]).
  52. VOICE kritisiert Einrichtung des Digitalrats und fordert Federführung eines Bundesministeriums. VOICE-Bundesverband der IT-Anwender e. V., ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 18. Mai 2020.@1@2Vorlage:Toter Link/voice-ev.org (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)