Diskussion:Deutsche Sprache/Archiv/2020
Offizieller Status des Deutschen in Frankreich
In der Infobox wird behauptet, Deutsch habe in der französischen Region Grand-Est den Status einer „offiziellen“ Regionalsprache. Als Quelle wird die 2014 formulierte Charta der Region Elsass, des Departements Unterelsass und des Departements Oberelsass zur Förderung der Regionalsprache genannt. Aus Artikel 18 dieser Charta geht jedoch nur hervor, dass sie den Gebietskörperschaften Elsass-Lothringens zur Unterzeichnung aufliege, nicht aber, dass sie ratifiziert worden wäre und in Kraft getreten sei.
Ich möchte hierzu etwas ausholen. Die Verfassung Frankreichs regelt in Artikel 2: La langue de la République est le français. („Die Sprache der Republik ist Französisch.“) Das wurde bisher so ausgelegt, dass es der Republik untersagt ist, die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen (auf die sich die Elsässer Charta bezieht) zu ratifizieren, da die Charta neben dem Französischen auch anderen Sprachen einen offiziellen Status geben würde. 2008 beschloss die Nationalversammlung zwar, Artikel 2 der Verfassung zu ergänzen um den Satz: Les langues régionales appartiennent au patrimoine de la nation. („Die Regionalsprachen gehören zum Erbe der Nation.“) Der Senat meinte jedoch, die Nennung im Zusammenhang mit der Sprache der Republik könnte „das Primat des Französischen“ (la primauté du français) gefährden, und so machte er den Satz zum neu eingeschobenen Artikel 75-1 der Verfassung. Dieser Verfassungszusatz wird allerdings als rein „deklarativ und symbolisch“ betrachtet da „nicht die Rede ist von rechtlichem Schutz der Regionalsprachen“. Und so versteht sich Frankreich weiterhin als aus der Französischen Revolution hervorgegangene Republik, die es ablehnt, die ungleich machenden religiösen, ethnischen und auch sprachlichen Eigenheiten ihrer Bürger offiziell irgendwie zu berücksichtigen.
Schließlich möchte ich noch erwähnen, dass dieses Thema eine Zeitlang viel diskutiert wurde und 2016 auch ein Gesetzesvorschlag über die Regionalsprachen vorgelegt wurde; der wurde zwar von der Nationalversammlung angenommen, dann aber vom Senat abgelehnt. Und so bleibt es vorerst dabei, dass den Elsass-Lothringern die gesetzliche Grundlage fehlt, Deutsch und/oder Elsässich zu einer offiziellen Regionalsprache zu machen.
Die Behauptung eines offiziellen Status in Frankreich gehört aus der Infobox gestrichen. Lieben Gruß —LiliCharlie (Disk.) 14:58, 10. Mär. 2020 (CET)
Zur Verwendung vom Wort „Glottonym“
Bevor ich anfange, möchte ich von vornherein klarmachen, dass dieser Artikel, meiner Meinung nach, leider im Hauptgrund wegen Wikipedia:BNS gesperrt wurde: am 22. April hat Georg Hügler versucht das Wort „Perzeption“ (gehörend zu den 100 000 häufigsten Wörtern im Dudenkorpus und mit eigenständigem Artikel in der Wikipedia) wegen „Unverständlichkeit“ aus dem Artikel der Niederländischen Sprache zu entfernen. Nachdem der Versuch scheiterte, hat er es den nächsten Tag wieder versucht, diesmal bei „Glottonym“, mit dem Satz „WP ist kein Speziallexikon für Spezialisten“ als Zusammenfassung. Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass „Glottonym“ auch im Artikel der Deutschen Sprache benutzt wird. Plötzlich wurde damit ein Wort, das seit 2008 (!) unumstritten im Artikel stand, zu einem Problem. Meiner Ansicht nach, gibt es dann auch kein wirkliches Problem: ein Problem ist erschaffen worden aus persönlichen Gründen.
Dennoch, möchte ich versuchen diese Frage aus logischen Sicht zu lösen. Zur Erhaltung des Worts „Glottonym“ spricht:
- 1. Das Vertrauen in den Fähigkeiten der Leser.
- 2. Die Bezeichnung des Worts folgt aus dem Kontext.
- 3. Das Vielfache der ähnlichen Wörter, wie Antonym, Ethnonym, Akronym, Hydronym, Exonym und Endonym, Homonym, Toponym &, Pseudonym.
- 4. Die Tatsache, dass dieses Wort vor 12 Jahren im Artikel stand und bis heute komplett unumstritten war.
- 5. Die Tatsache, dass man bei manchen Artikeln einfach nicht auf Fachjargon verzichten kann, oder sollte.
Betreffend Punkt 1 und 5, möchte ich gern eine Erweiterung machen.
Es wurde gesagt: „WP ist zwar kein Kinderbuch, aber auch kein linguistisches oder germanistische Fachlexikon. Es sollte allgemeinverständlich geschreiben bleiben“. Es stellt sich die Frage; wie könnte man in einem Artikel mit dem Thema „die Deutsche Sprache“, verzichten auf das linguistisches oder germanistische Fachlexikon? Die Germanistik beschäftigt sich mit der Deutschen Sprache. Linguistik untersucht alle Dimensionen der Sprache. Wie sollte man das trennen? Desto zugespitzter das Thema, desto zugespitzter auch die Sprache wird, das ist völlig logisch, oder?
Dabei wird, nach meiner Meinung, die allgemeine Sprachfähigkeit des durchschnittlichen Lesers der Wikipedia gewaltig unterschätzt. Wenn es Leute gegeben hatte, die dieses Wort wirklich nicht verstehen konnten, hatte irgendjemand sich auf die Diskussionsseite gemeldet oder/und das Wort im Artikel angepasst. Vor 12 Jahren ist das nicht passiert und das spricht Bände. MfG Vlaemink (Diskussion) 11:15, 24. Apr. 2020 (CEST)
- Ich verstehe nicht, wieso Du Dich mit Gewalt dagegen wehrst, dass es eine Erläuterung zu diesem Begriff gibt. Dieses Fachwort ist absolut unbekannt. Es gibt keinen Wikipediaartikel dazu (was man als erstes macht, wenn man auf einen unbekannten Begriff trifft), es gibt dieses Wort noch nicht mal im Duden (was auf ein absolut ungebräuchliches Fachwort hindeutet). Insofern ist es sinnvoll, den Begriff zu erklären. Und die Version, die Georg Hügler hinzugefügt hat [1], ist minimalistisch und hilfreich. Aber Du entfernst mit Beleidigungen diese Erläuterung ■ Wickipädiater ■ 📪 ■ 07:11, 25. Apr. 2020 (CEST)
- Wie wäre es denn, den Fachbegriff nicht zu tilgen oder zu ersetzen, sondern auf einen ggf. zu schreibenden Artikel Glottonym zu verlinken? Dieser Hickhack um die Verwendung von Fachbegriffen ist jedenfalls albern. --Janwo Disk./Mail 07:49, 25. Apr. 2020 (CEST)
- Niemand hat versucht, den Fachbegriff zu tilgen. --Georg Hügler (Diskussion) 08:18, 25. Apr. 2020 (CEST)
- @Wickipädiater: Wie Ihnen schon hier gesagt wurde, Hydronym kennt der (online) Duden auch nicht, hat dennoch sogar einen eigen Artikel hier: Hydronym. In der Wikipedia gibt es viele (ich wurde sagen in den allermeisten) Fällen, wobei es zwar einen Artikel gibt, aber keinen Eintrag im Duden. Also das scheint mir ein falsches Argument zu sein.
- @Janwo: Bestimmt, das wäre eine gute Lösung. Ich habe gerade diesen Artikel erstellt. MfG Vlaemink (Diskussion) 10:05, 25. Apr. 2020 (CEST)
- Niemand hat versucht, den Fachbegriff zu tilgen. --Georg Hügler (Diskussion) 08:18, 25. Apr. 2020 (CEST)
Nichts hat die enzyklopädische Tradition im deutschsprachigen Raum so nachhaltig geprägt wie der Brockhaus, der sich sprachlich stets um Verständlichkeit auch für junge und weniger geschulte Leser bemüht hat, aber andererseits zugunsten der an weiterführender Literatur interessierten Leser auch die Fachtermininologie nicht verschwiegen hat und sie wie selbstverständlich zusätzlich nannte. Sein Stil ist viel kopiert worden. Ich sehe keinen Anlass für die deutschsprachige Wikipedia, diese bewährten Pfade zu verlassen und nach neuen, eigenen Wegen zu suchen. Und so denke ich, dass es „Sprachnamen (Glottonyme)“ heißen sollte – in genau dieser Reihenfolge und mit Klammern. Lieben Gruß —LiliCharlie (Disk.) 11:53, 25. Apr. 2020 (CEST)
- Dem würde ich zustimmen. Wir schreiben ja im Allgemeinen auch Verdauungstrakt und nicht Canalis alimentarius. --Georg Hügler (Diskussion) 12:05, 25. Apr. 2020 (CEST)
- Die oben genannte Analogie (Verdauungstrakt/Canalis alimentarius) geht natürlich schief. Besser wäre Etymologie / Wortherkunft, weil da zeigt sich gleich die Nuance: Etymologie ist ein Fachbereich, das sich mit Wortherkunft beschäftigt. Wortherkunft an sich, ist aber kein Fachbereich. Mit Onomastik/Onomatologie und der Übersetzung Namenkunde/Namenforschung gibt es dieses Problem /diesen Unterschied nicht, aber hier wohl: Glottonymie beschäftigt sich mit der Etymologie und dem dazugehörenden soziolinguistischen Hintergrund, „Sprachnamen“ (wie „Wortherkunft“) ist kein reines Synonym dieses Fachgebiets, etwas wie „Sprachnamenforschung“ gibt es nicht.
- Also, ich würde sagen mit der Verlinkung zu Glottonym kann jeder, die Bedeutung sehr einfach nachschlagen. Wenn der Abschnitt im ersten Satz dazu gleich deutlich wird, dass es sich um Etymologie (usw.) handelt wird kaum jemand extra Auskünfte brauchen -- wie scheinbar schon vor 12 Jahren. MfG Vlaemink (Diskussion) 13:57, 25. Apr. 2020 (CEST)
Benutzte Karten
AlthochdeutscheSprachräume962_Box.jpg
Diese Karte ist nach meiner Meinung sehr problematisch. Zum Anfang, die heutige Karte (aus 2007) ist basiert auf das Bild Datei:DeutschesSprachgebiet962.png, dass sich seinerseits basierte auf das (entfernte) Datei:Germanlanguagearea962.png, hergestelt von einem Benutzer, Rex Germanus („germanischer König“) der völlig gesperrt wurde. Der Grund ist mir unklar, aber fast alle von ihm hochgeladen Dateien wurden auch entfernt.
Ich vermute, Grundlage der Karte ist schließlich Datei:HRR_10Jh.jpg. Diese Karte des HRRs hat aber keine Quelle (da steht nur „hergestellt von Benutzer:Captain Blood“, ein Benutzer der seit 2006 nicht mehr aktiv ist) und ist selbstverständlich keine Sprachkarte. Trotzdem, folgen die Sprachgrenzen in AlthochdeutscheSprachräume962_Box.jpg (außer Friesisch) genau die politische Grenzen der Herzogtümer in HRR_10Jh.jpg. Dabei wird Altfränkisch im 10. Jahrhundert einheitlich dargestellt, obwohl diese Sprache sich damals bereits in einer unverschoben und verschobenen Variant geteilt hatte, obwohl das unverschobene Altsächsisch wohl gezeigt wird.
Als Belege wurden gegeben: „Data for the different regions taken from "Köbler, Gerhard, Althochdeutsches Wörterbuch, (4. Auflage) 1993"; See also: Oldhighgerman Dictionary - University of Innsbruck (german)“. Es könnte sein, dass ebendieselbe Karte sich in diesem Althochdeutschen Wörterbuch Köblers befindet (die Link der Wiener Universität funktioniert leider nicht mehr) aber, um ehrlich zu sein, es wurde mich wundern wenn er die Althochdeutsche Dialektgrenzen (außer Althochfränkisch) so genau dargestellt hätte und, wie gesagt, identisch an den politischen Grenzen.
Insgesamt würde ich vorschlagen diese Karte durch Datei:Historic continental West Germanic language area.jpg oder Datei:The Old High German monastery dialects and their main scriptoria.jpg zu ersetzen. MfG Vlaemink (Diskussion) 10:24, 14. Mai 2020 (CEST)
- Ich würde die Karte Datei:Historic continental West Germanic language area.jpg bevorzugen, für die ich rechts eine Vorschau hinzugefügt habe. Da werden die Sprachgebiete abgebildet und nicht wie bei der anderen vorgeschlagenen Karte die Schreibtraditionen der Kanzleien. — Auf der anderen Seite kommt es mir so vor, dass das damalige Sprachgebiet des Friesischen zu kein eingezeichnet ist. Wurde nicht damals auch in Holland Friesisch gesprochen? Lieben Gruß —LiliCharlie (Disk.) 13:01, 14. Mai 2020 (CEST)
- Ob die Dialekte in Westfriesland tatsächlich „Altfriesisch“ genannt werden könnte, weiß ich nicht. Wohl gab es bestimmt in den westlichen (Küste)Dialekten des Altniederländischen ingwäonische Merkmalen, die später in der Geschichte des Altniederländischen aus dem Süden zurückgedrängt wurden. Also, ich würde es unterstutzen, wenn ein Teil der Küste mit einem Karomuster (Altfriesisch/Altniederländisch) oder so etwas ähnliches dargestellt würde. MfG Vlaemink (Diskussion) 13:58, 14. Mai 2020 (CEST)
- Ich bin gerade auf der Suche nach Belegen, die diese Änderung unterbauen würden. MfG Vlaemink (Diskussion) 18:15, 14. Mai 2020 (CEST)
- Ob die Dialekte in Westfriesland tatsächlich „Altfriesisch“ genannt werden könnte, weiß ich nicht. Wohl gab es bestimmt in den westlichen (Küste)Dialekten des Altniederländischen ingwäonische Merkmalen, die später in der Geschichte des Altniederländischen aus dem Süden zurückgedrängt wurden. Also, ich würde es unterstutzen, wenn ein Teil der Küste mit einem Karomuster (Altfriesisch/Altniederländisch) oder so etwas ähnliches dargestellt würde. MfG Vlaemink (Diskussion) 13:58, 14. Mai 2020 (CEST)
Sprachenkarte Deutschland1880.png
Diese Karte ist an sich nicht problematisch, wird aber im Artikel präsentiert als eine des historischen deutschen Sprachraum um 1880 in Mitteleuropa, obwohl es in seiner Legende aber von Nationalitäten spricht. Persönlich bin ich nicht dafür dieser Art historischer Karten in diesem Artikel zu zeigen, außer innerhalb eines Abschnitts in dem auch tatsächlich eine historische Perzeption besprochen wird. Es gibt eine Chance, dass Benutzer diese Karte als „alt aber immer noch zuverlässig“ oder „aktuell - immer noch gültig“ interpretieren, die vielfach geänderte Dateiversionen auf Commons zeigen diese Unklarheit jedenfalls.
Aus historischer Sicht, wurde ich vorschlagen die Karte des Sprachwissenschaftlers Karl Bernhardi, aus dem Jahr 1843, zu verwenden. Diese Karte (Bild:Sprachkarte_von_Deutschland_(Bernhardi,_1843).jpg) sieht nicht nur schöner aus, sondern gehört zu den ersten und einflussreichsten Sprachenkarten der frühen Germanistik. Außerdem, gibt es bei dieser Karte (Bernhardi) viele interessante historische Behauptungen, die jetzt als völlig falsch betrachtet werden. So umfasst die Deutsche Sprache bei Bernhardi auch die Nordgermanische Sprachen, aber nicht das Englische, und, werden Niederländisch, Friesisch und Sächsisch zwar namentlich genannt aber auch zusammen als „Niederdeutsch“ dargestellt. Mit erklärenden Anmerkungen könnte diese Karte einen Mehrwert für den Artikel sein.
Also mein Vorschlag wäre die Sprachenkarte Deutschland1880.png aus dem Artikel zu entfernen und stattdessen die Karte Bernhardis (mit Anmerkungen) zu benutzen. MfG Vlaemink (Diskussion) 10:24, 14. Mai 2020 (CEST)
- Ja, die Bernhardi-Karte zeigt zwar einiges, was aus heutiger Sicht schwer verständlich ist (auch Düsseldorf, zu dem heute das berühmte Benrath gehört, liegt nicht direkt am Rhein), trotzdem ist sie ein brauchbarer Klassiker. (@Vlaemink: Unterscheidet Bernhardi nicht zwischen Sassisch im niederdeutschen Sprachraum und Sächsisch im mitteldeutschen? So weit ich sehe, ist auf der Karte nur Sassisch namentlich genannt.) Lieben Gruß —LiliCharlie (Disk.) 13:01, 14. Mai 2020 (CEST)
- (Die gleiche Karte in höherer Auflösung) Er unterscheidet innerhalb des „Niederdeutschen Sprachstamms“ zwischen Niederländisch, Friesisch und „Sassisch“ und Sächsisch scheint er nur für das westliche Niederdeutsch zu benutzen. Im Mitteldeutschen nennt er Sächsisch nicht, überhaupt macht er innerhalb des Mitteldeutsches keinen Unterschied, nur im Oberdeutschen. Diese Ungenauheit macht diese Karte, jedenfalls nach meiner Meinung, so interessant, weil es so deutlich zeigt, dass die Germanistik hier noch in den Kinderschuhen steckt. Bernhardi hatte nur eine Ahnung des großen Ganzes (er spricht in der Legende sogar von „zweifelhafte Grenzen“!) und sogar da macht er, wie Sie schon zeigten, Fehler. MfG Vlaemink (Diskussion) 14:17, 14. Mai 2020 (CEST)
Deutsch
Deutsch ist heutztage eine “Restkategorie” aller kontinentalen westgermanischen Sprachen, die übrig geblieben sind und sich nicht irgendwann im letzten Jahrtausend aus politischen, sozialen oder kulturellen Gründen eine andere Identität gegeben haben. Deutsch hat viel mehr mit Politik als mit Sprache zu tun.
Germanische Sprachen, die ganz eindeutig nicht deutsch sind und auch nie deutsch waren sind: • Dänisch, Norwegisch, Schwedisch, Isländisch, Färöisch: alles germanische Sprachen und ganz sicher nicht deutsch. Alle diese Sprachen sind nordgermanisch; Deutsch ist westgermanisch. Der Begriff deutsch wurde nie auf nordgermanische Sprachen angewendet. Alles, was jemals deutsch genannt wurde und was nach der weitesten Interpretation des Begriffs als deutsch gelten könnte, ist westgermanisch. (Es gab auch mal ostgermanische Sprachen wie Gotisch, die auch nicht als deutsch bezeichnet wurden, aber die sind mittlerweile ausgestorben.) • Englisch und Scots: Englisch ist zwar eine westgermanische Sprache, aber als der Begriff deutsch zum ersten Mal aufkam, waren die Angelsachsen schon längst über den Ärmelkanal abgehauen und galten somit als “anders”. Deutsch hat von Anfang an nur die kontinentalen westgermanischen Sprachen bezeichnet. • Auch Friesisch wurde m.W. nie als Deutsch bezeichnet
Deutsch genau einzugrenzen ist schwierig:
Historisch wurde der Begriff deutsch als Sammelbegriff für alle kontinentalen westgermanischen Sprachen (außer Friesisch) benutzt, die in einem verdammt großen Sprachraum gesprochen wurden. Dieser Sprachraum war keineswegs homogen oder zentralisiert - wir stellen uns Deutsch als einzelne Sprache vor, aber in gewisser Hinsicht war es eher eine Sprachfamilie aus verschiedenen Sprachen, die in einem Dialektkontinuum gesprochen wurden. Dialektkontinua sind immer kompliziert, wenn man entscheiden möchte, ob es sich um verschiedene Dialekte derselben Sprache oder um verschiedene Sprachen handelt: alle Sprecher können die Varietät ihrer Nachbarn verstehen, aber je weiter sie sich von ihrem Heimatdorf entfernen, umso schwieriger wird es, bis man irgendwann auf eine Varietät stößt, die man überhaupt nicht mehr verstehen kann und als Fremdsprache wahrnimmt. Und je größer der Sprachraum ist, umso größer werden die Unterschiede zwischen einzelnen Varietäten ausfallen und umso mehr Vielfalt gibt es. Niederdeutsche Varietäten an der Küste sind eindeutig eine andere Sprache als höchstalemannische Varietäten in den Alpen.
Das ist auch der Grund, wieso sprachliche Kriterien für den Begriff des Deutschen historisch kaum eine Rolle spielen und warum deutsch mehr ein politischer Begriff ist. Wenn man den Unterschied zwischen Dialekt und Sprache mit rein sprachlichen Kriterien definieren möchte - also unabhängig von Kultur oder Politik, mit sprachinhärenten Eigenschaften - dann orientiert man sich oft an gegenseitiger Verständlichkeit, aber der Begriff deutsch wurde immer für alle westgermanischen kontinentalen Sprachen benutzt, auch wenn sich die Sprecher nicht zwangsläufig untereinander verständigen konnten. Sie sind ja eh oft nicht weit gereist, und deutsch hieß einfach nur “die Sprache des Volks”. Die muss ja nicht zwangsläufig einheitlich sein. Nach und nach haben sich dann verschiedene Gruppen zu einer engen politischen Einheit zusammengeschlossen, sich vom Rest des deutschen Sprachraums abgespalten und irgendwann aufgehört, ihre Sprache Deutsch zu nennen - um sich von den anderen Deutschsprechern abzugrenzen. Alles das hatte nichts mit sprachinhärenten Entwicklungen zu tun und war rein politisch motiviert.
Die Niederländer zum Beispiel haben ihre Varietäten immer als Deutsch bezeichnet - bis sie es irgendwann nicht mehr taten. Natürlich war ihre Sprache gewissermaßen anders als andere Varietäten des Deutschen, aber das war nichts Besonderes - alle Varietäten des Deutschen waren unterschiedlich. Rein sprachlich gab es überhaupt keinen Grund, warum zum Beispiel Bairisch zu Deutsch zählen sollte und Niederländisch nicht - beides waren einfach spezielle Varietäten des Deutschen, die unter dem Sammelbegriff deutsch zusammengefasst werden konnten. Bairisches Deutsch und niederländisches Deutsch. In der niederländischen Nationalhymne ist aus diesem Grund noch von “deutschem Blut” die Rede. Und dass aus “niederländischem Deutsch” irgendwann einfach nur “Niederländisch” wurde, und Sprecher dieser Sprache anfingen, auf die Frage “sprichst du Deutsch?” mit “nein” zu antworten, lag das nicht daran, dass die Sprache selbst plötzlich den anderen Dialekten des Deutschen zu unähnlich war und Niederländisch und Deutsch strukturell divergiert sind, sondern daran, dass die Niederländer nach dem Westfälischen Frieden immer mehr eine eigene kulturelle Identität entwickelt haben und sich vom Rest der Deutschsprecher abgrenzen wollten. Haben die Niederländer das Label Deutsch (Dutch) geerbt?
Jiddisch ist ein anderes Beispiel - es hat als “Jüdisch-Deutsch” (Yiddish-Taytsh) angefangen, also wieder nur eine spezielle Varietät des Deutschen, bis irgendwann im Rheinland, wo die Ashkenasim bis dahin hauptsächlich angesiedelt waren, Antisemitismus aufkam und viele Juden nach Osteuropa ausgewandert sich und sich mehr von christlichen Deutschsprechern abgegrenzt haben und ihre Sprache dann nur noch Jüdisch genannt haben.
Als letztes haben sich die Luxemburger vom Rest der Deutschsprecher abgegrenzt und erklärt, dass ihre Sprache nicht zu Deutsch gehört. In allen diesen Prozessen sucht sich die Gruppe, die sich vom “Rest” abgrenzt, ein spezifischeres Label und gibt den Begriff Deutsch auf. Es könnte ja theoretisch andersrum sein - was früher als luxemburgisches Deutsch galt, ist genauso deutsch wie jedes andere Deutsch und hat genausoviel “Anspruch” auf das Label; und die Luxemburger könnten genausogut erklären, dass ihr Deutsch das “richtige” ist und alle anderen sich ein neues Label suchen sollen - aber der zurückgelassene Rest gilt immer als der Default, der das Default-Label Deutsch bekommt. “Luxemburgisch” ist schließlich ein viel enger gefasster und spezifischerer Begriff als “alles, was nicht Luxemburgisch ist”.
Dazu gibt es allerdings eine Ausnahme: das englische Exonym für Deutsch und Niederländisch. In der anglophonen Welt haben die Niederländer das Label Deutsch (Dutch) geerbt und alle anderen mussten sich mit einem anderen Begriff zufrieden geben. Vielleicht liegt das daran, dass aus britischer Perspektive die Niederländer die normalen Default-Deutschen waren und alle anderen einfach nicht so präsent waren. Was bedeutet Deutsch heute? - Es bezieht sich einfach auf die kontinentalen westgermanischen Dialekte, die übrig geblieben sind. Und teilweise sind sie immer noch recht divers und keine einheitliche Sprache, sondern eher ein Dialektkontinuum - die Varietät aus Klagenfurt wird genauso “Deutsch” genannt wie die Varietät aus dem Wallis und die Varietät aus Bremen oder die aus dem Saarland. Es ist im Prinzip also willkürlich und reine Selbstdefiniton. Deutsch sind alle Varietäten, deren Sprecher sie als deutsch bezeichnen.
Trotzdem denken wir heute bei “Deutsch” mehr an eine einheitliche Sprache, weil Sprachen in den letzten Jahrhunderten stark standardisiert wurden. Oft hat die Standardsprache, die Schriftsprache, einheimische Varietäten verdrängt und Dialektkontinua eingeebnet. Gruppen, die sich als zusammengehörige Sprachgemeinschaft verstehen, bilden eigene Standardsprachen: alle Länder, die ihre meistgenutzte Sprache als Deutsch bezeichnen, teilen sich dieselbe überregionale Standardsprache (mit vernachlässigbaren minimalen Unterschieden), egal wieviele Unterschiede es in den nicht-standardisierten einheimischen Varietäten gibt - und in der Schweiz weicht diese Standardsprache stark von den einheimischen alemannischen Varietäten ab, sodass Schweizer mit gutem Recht als zweisprachig gelten können. Das liegt einerseits daran, dass die Standardsprache größtenteils auf mitteldeutschen Dialekten basiert; andererseits daran, dass die Standardsprache in der Schweiz die einheimischen Varietäten nicht verdrängt hat, ganz im Gegensatz zu den niederdeutschen Varietäten in Norddeutschland, die von der Standardsprache fast ausgerottet wurden. Wenn wir heutzutage an Deutsch denken, denken wir oft an Standarddeutsch, das sehr viel enger gefasst ist als Deutsch und sehr viele Varietäten ausschließt, die von ihren Sprechern Deutsch genannt werden - und einige von denen sprechen in der Tat kein Standarddeutsch, sondern nur ihre regionale Varietät, zum Beispiel Leute, die Pennsylvaniadeutsch sprechen.
Die Niederländer und die Luxemburger dagegen haben ihre eigenen Standardsprachen entwickelt, die auf einheimische Varietäten basieren. Von dem her findet man heutzutage an Landesgrenzen mehr abrupte Trennlinien und weniger fließende Übergänge als früher.--176.199.176.136 00:04, 20. Jun. 2020 (CEST)
- Sorry, ich hatte dich versehentlich revertiert weil ich einen Moment lang dachte, du hättest deinen Beitrag in den Artikel geschrieben.
- Erst einmal zwei Fragen, in Petto habe ich noch einige mehr: 1. Hast du Belege für deine „Reste-Hypothese“? 2. Wie gehst du damit um, dass das Niederländische ebenfalls nicht-friesische Varietäten überdacht, die gegenseitig unverständlich sind und von Linguisten gern als separate Einzelsprachen betrachtet werden, zum Beispiel Westflämisch? Lieben Gruß —LiliCharlie (Disk.) 16:44, 23. Jun. 2020 (CEST)
- Info: IP ist bekannter Troll, "Beitrag" kann weg. --Roger (Diskussion) 16:55, 23. Jun. 2020 (CEST)
Kreolsprachen in KZs, Auslagerung eines Abschnittes zur Diskussion
Folgenden Abschnitt habe ich aus dem Artikel, Abschnitt Kreolsprachen, entfernt und möchte ihn hier zur Diskussion stellen. Ich hatte schon vor einigen Jahren in der Diskussion darauf hingewiesen, dass es sich nicht um eine Kreolsprache laut Definition handelte (nur Schlüsselwörter, Zeichen, hat keine eigene Grammatik, es gab nie Muttersprachler), sondern vielleicht(!) um ein Pidgin. Keine der drei genannten Quellen erwähnt Kreol oder Pidgin.
- Beginn Abschnitt:
- In den Konzentrationslagern der NS-Zeit sind auch Kreolsprachen entstanden. Sie bestanden aus Schlüsselwörtern und sehr oft aus ergänzenden nonverbalen Zeichen.[1][2] Um 1985 schlug Wolf Oschlies vor, dafür den im KZ bereits z. T. benutzten Begriff „Lagerszpracha“ generell zu verwenden.[3]
- ↑ O. Lustig, selbst Überlebender, hat 1982 eine Sammlung solcher Begriffe veröffentlicht.
Oliver Lustig: Camp Dictionary, online-Version (2005, Concentration Camp Dictionary, 1982; mehrsprachig: ungar., de, eng., portug. und Italienisch. Bei isurvived.org). - ↑ Sprache/n im KZ Buna/Monowitz auf wollheim-memorial.de (u. a. nach Primo Levi u. Leonardo Debenedetti).
- ↑ Vgl. Wolf Oschlies: Sprache in nationalsozialistischen Konzentrationslager. Theorie und Empirie der „Lagerszpracha“. Auf: Zukunft braucht Erinnerung, abgerufen am 2. August 2019.
- Ende Abschnitt
Ich würde mich dann daran machen, den Abschnitt erst mal fachlich zu korrigieren und dann an geeigneter Stelle im Artikel wieder einzubauen. --Zipor haNefesch (Diskussion) 12:26, 16. Dez. 2020 (CET)
- Danke für deine Initiative, Zipor haNefesch. --B.A.Enz (Diskussion) 16:19, 16. Dez. 2020 (CET)
- @Zipor haNefesch: Da hast du unbedingt Recht, eine Kreolisierung kann hier auf gar keinen Fall stattgefunden haben. Ich würde erst einmal vermuten dass und prüfen ob es sich um Argot handelt, um eine Gruppensprache deren Funktion es ist, für Außenstehende unverständlich zu sein und innerhalb der Gruppe Identifikation zu stiften. Ansonsten würde ich einfach von einer Gruppensprache reden und deren besondere Merkmale nennen. Ein wohldefinierter Begriff Gefangenen-, Häftlings-, Insassensprache oder ähnlich in Analogie zu Berufssprache und Jugendsprache ist mir nicht bekannt, aber es kann natürlich sein, dass jemand darüber geschrieben und einen solchen Begriff eingeführt hat. Eventuell lässt sich Wolf Oschlies’ „Lagersprache“ übernehmen, der allerdings den Sprachgebrauch im Lager gegenüber Strafanstalten anderer Bezeichnung als etwas Andersartiges charakterisiert, was zu zeigen wäre. (In diesem Sinn hatte ich oben den Ausdruck besondere Merkmale gemeint, die als sondernde, also begrifflich vom Andersartigen abtrennende Merkmale zu verstehen sind.). Lieben Gruß —LiliCharlie (Disk.) 17:12, 16. Dez. 2020 (CET)