Diskussion:Handicap-Prinzip

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Letzter Kommentar: vor 10 Jahren von 93.137.215.177 in Abschnitt Belege
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Ist wohl eher ein anekdotisches Prinzip, aber trotzdem wichtig, darzustellen. Allerdings: Signale für den Fressfeind als "soziale" Signale zu bezeichnen, ist ein bisschen stark. Die Prellsprünge einiger Gazellenarten (Thomson?) können auch als Signal für die Artgenossen (also als echtes Soziales Signal) aufgefasst werden, ebenso die hellen Spiegel. -Hati 16:35, 12. Mai 2005 (CEST)Beantworten

Anekdotisch - wenn man die z.T. abenteuerlichen Annahmen bezüglich sexueller Selektion nimmt, die häufig eben letztlich die Entwicklung in eine hinderliche Sackgasse gehen sehen (beim Pfau z.B., vom Säbelzahntiger ganz zu schweigen), dann hat mich die Argumentation in diesem Buch schon ziemlich überzeugt - sie bringt viele Details unter diesem saloppen Begriff unter einen Hut. Und das ist ja schon ganz nett, von einer Theorie...
Die Gazelle zeigt sicherlich bei passender Gelegenheit durch ihren weißen Popo auch dem Gazellerich, dass sie keinen Durchfall hat, also keine Würmer und somit gesund ist; die Autoren sprechen leider nur von "Gazelle", sie erwähnen nicht eine spezielle Art. Und die Signale an den Fressfeind zu deuten als ein "ätsch, du bekommst mich ja doch nicht" kann man schon als soziales Signal auffassen. Aber wie so oft: keiner von uns ist bei dieser Evolution dabei gewesen. --Gerbil 17:45, 12. Mai 2005 (CEST)Beantworten

Kann hier irgendjemand erklären, ob das Handicap-Prinzip falsifizierbar ist und ob es wesentlich für die Evolutionstheorie ist ? Welche Beobachtung wäre, wenn wir sie denn anträfe, nicht mit diesem doch eher anekdotischen Prinzip vereinbar ?

Ich weiß nicht, ob es für die Evolutionstheorie wesentlich ist, aber ich halte es für wesentlich für die Verhaltensforschung. Da "Verhalten" nicht fossil überliefert wird, sind die Deutungen von Verhaltensweisen häufig mit dem Makel des Zirkelschlusses gezeichnet: Am Anfang steht das Dogma der Evolutionsforschung, dass alle bedeutenden Merkmale letztlich dem Fortbestand der Art / der Weitergabe der eigenen Gene dienen; dann entdeckt man ein Verhalten, das auf den ersten Blick quer steht zu diesem Dogma (etwa das Balzverhalten beim männlichen Pfau); und dann (er)findet man eine plausible Deutung für dieses spezielle Verhalten (im Wissen, dass sie zum Eingangsdogma passen muss) - das Ganze nennt sich dann vornehm Soziobiologie. Der Charme des Handicap-Prinzips besteht daher gerade darin (siehe ganz oben), dass sehr viele Einzelbeobachtungen unter einem Leitprinzip gedeutet werden; daher verwende ich auch den Begriff Theorie und nicht bloß Hypothese. Da alle Arten derzeit hinreichend gut an ihre aktuelle Umwelt angepasst sind, ist es schwierig, Kriterien für eine Falsifizierbarkeit der Annahmen zu definieren - es müssten ja Verhaltensweisen sein, die zum Aussterben führen. Ich habe zwar in meiner eigenen Dissertation den Nachweis der Erblichkeit von Kinderlosigkeit geführt, wenn man an bestimmter Stelle das Verhalten durch Zucht beeinflusst, aber das ist natürlich keine lupenreine Falsifikation...; übrigens ist das Buch im Original gewiss überzeugender als meine derzeit noch sehr knappe Zusammenfassung--Gerbil 12:23, 11. Jul 2005 (CEST)

Es gibt auch noch andere Hypothesen, die dieser widersprechen

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Es gibt zu Erklärung sexueller Ornamente auch noch andere Theorien. Verbreiteter als die Handicap-Theorie ist offenbar die Annahme, dass das Auftreten der (ansonsten nutzlosen) Ornamente mit bestimmten Genen korreliert, die phänotypisch sowohl für eine hohe Fitness (z.B. für ein gutes Immunsystem) als auch für die Ornamente verantwortlich sind. Das bedeutet dass die Ornamente eine hohe Fitness signalisieren: Die hohe Fitness muss ja als solche nicht immer für das Weibchen sichtbar sein, wodurch die Ornamente nützlich werden, denn sie sind sichtbar.

Dass die Ornamente oft (jedoch nicht zwangsläufig) auch ein Handicap sind, schwächt den Einfluss der sexuellen Selektion ab. Sexuelle und natürliche Selektion sind also hier Antagonisten: Für die natürliche Selektion sind die Ornamente Nachteile, für die sexuelle Selektion Vorteile. Dadurch pendelt sich die Ausprägung der Ornamente irgendwann bei einem relativem Optimum ein: Wenn die Summe der Vor- und Nachteile eine maximale Gesamtfitness ergibt.

Ein paar Zitate zu der Theorie in der Presse:

"[Das Weibchen] sucht sich dafür genau aus, wen sie als Kindsvater akzeptiert. Er soll möglichst gute Gene haben, und das lesen die Weibchen aus Verhalten oder Körperbau ab. Ihre Vorliebe richtet sich dabei nicht unbedingt auf ein zweckdienliches Körperteil.
Bei Schwertträger-Fischen zum Beispiel sind verlängerte Spitzen der Schwanzflosse ein begehrtes Merkmal. Womöglich hat das mit einem Zufall begonnen: Irgendwann traf ein Männchen mit verlängerter Schwanzspitze auf ein Weibchen, das diese Eigenschaft attraktiv fand.
Deren Kinder erbten die Vorliebe der Mutter und den Körperbau des Vaters. Da beide Eltern auch sonst gute Gene hatten, verbreiteten sich die Anlagen - und Flossenspitzen kamen in Mode."[1]
"[...] Da die Afterflosse in der Evolution früher aufgetaucht war als das Schwert, vermuten die Konstanzer Forscher, daß das msxC-Gen ursprünglich nur die Funktion hatte, die Flossenstrahlen der Afterflosse zu verlängern und damit eine innere Befruchtung der Fische zu ermöglichen. Als später dasselbe Gen zufällig auch in der Schwanzflosse aktiviert wurde und das Schwert hervorbrachte, entdeckten die Weibchen die Vorzüge der mächtigen Anhängsel."
"Die Attraktivität der Schwerter hat freilich ihre Grenzen. Zu prominente Flossen nämlich fallen nicht nur den Weibchen auf, sondern auch Räubern. Die Prachtexemplare werden leichter zur Beute von Raubfischen. Letztlich wirken natürliche und sexuelle Selektion so gegeneinander, daß die Schwerter zumindest in der Natur eine gewisse Länge nicht überschreiten."[2]
"Dass die Partnersuche überall im Tierreich sehr viel mit guten Genen zu tun hat, ist ein wichtiger Teil der Theorie, der allerdings erst nach Darwin so ausformuliert wurde. Die Fähigkeit, sich mit ansonsten überflüssigen, aber eigenen Federn zu schmücken, müsste demnach auch ein äußeres Anzeichen für die innere Fitness sein. Tatsächlich sind schwache oder parasitenanfällige Tiere normalerweise sogar für das menschliche Auge weitaus weniger schön anzuschauen als ihre gesunden, kraftstrotzenden Konkurrenten."[3]

Die Handicap-Hypothese dagegen geht davon aus, dass die Ornamente deswegen eine hohe Fitness signalisieren, weil sie für den Träger ein Handicap (im Sinne der natürlichen, nichtsexuellen Selektion) darstellen. Die Argumentation geht dann so weiter: "Wer sich ein Handicap leistet, der muss dieses durch andere Fitness-Vorzüge mehr als ausgleichen." Wodurch Ornament-Träger dann insgesamt fitter sind als die Organismen ohne Ornamente, bzw. als die, die weniger ausgeprägte Ornamente aufweisen.

Warum aber muss das Handicap durch andere Vorteile in der Fitness ausgeglichen werden? Warum kann der Organismus nicht bluffen, indem er sich mit einem attraktiven Handicap ausstattet, obwohl er ansonsten gar keine besonders guten Gene hat? Die Vermutung liegt nahe, dass ein Handicap das Weibchen eben nicht über eine hohe Fitness des Männchens informiert, denn Handicap und Fitness müssen keineswegs miteinander korrelieren. Wenn sie aber das Weibchen nicht über eine hohe Fitness informieren, wird es den Ornamenten auch keinen Vorzug gewähren. Da es aber Ornamente in der Natur gibt, kann dann die Handicap-Theorie in dieser Form nicht die Erklärung für diese Ornamente sein.

Eine dritte Theorie kann auch in einigen Fällen eine Rolle spielen:

"Eine andere Erklärung für den oft recht seltsamen Schmuck männlicher Tiere wäre, dass er es den Weibchen nicht nur erleichtert, einen genetisch gut gepolsterten Artgenossen zu finden, sondern überhaupt einen Artgenossen. Bei sich sonst sehr ähnlichen, eng verwandten Arten wäre das von Vorteil. Eindrucksvolle Hinweise auf diesen Mechanismus fanden Meeresbiologen im Jahr 2008 bei Schnabelwalen. Ihre Weibchen erkennen männliche Artgenossen offenbar an der Form ihrer weitgehend nutzlosen und sogar hinderlichen großen Zähne."[4]

--Cubefox (Diskussion) 02:07, 29. Mai 2012 (CEST)Beantworten

Feldstudien

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Die beschriebene Feldstudie

"Feldversuche mit ausgestopften männlichen Löwen zeigten, dass Weibchen sehr positiv auf männliche Tiere mit ausgeprägter Mähne reagieren. Männliche Konkurrenten dagegen gehen solchen Individuen eher aus dem Weg. Dieses Signal körperlicher Fitness reduziert daher riskante Kämpfe."

kann für sich genommen und in dieser Form schwerlich ein Beleg für das Handicap-Beleg sein. Dass scheinbare Größe Artgenossen beeindruckt, ist eine Binsenweisheit. Man müsste schon zeigen, dass nicht einfach die schiere Größe, sondern das dadurch gegebene Handicap beeindruckt. Auch ist die bloße Verschwendung von Ressourcen für sich genommen kein Handicap, sondern dieses entsteht erst dann, wenn kein Ressourcenüberschuss vorliegt und die Ressourcen dann für andere Dinge fehlen. Ich kenne die wissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Thema nicht näher, vermutlich sind die empirischen Belege für diese Theorie von komplexerer Art als hier beschrieben. (nicht signierter Beitrag von 134.100.152.58 (Diskussion) 14:16, 24. Sep. 2013 (CEST))Beantworten

Belege

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Die einzigen Belege zu diesem Artikel bestehen in den als Literatur aufgeführten Werken der Theorieersteller, deren jüngstes nun schon 15 Jahre alt und offenbar eher populärwissenschaftlich aufgemacht ist. Dies belegt z.B. nicht, dass die Theorie "heute (...) weitgehend akzeptiert" ist. Auch für die erwähnten Feldstudien und Versuche sollten sich bessere Quellen finden lassen. --Mark (Diskussion) 16:47, 24. Dez. 2013 (CET)Beantworten

Diese Redeweise zur Charakterisierung irgendeiner Theorie ist nach der heute in den Wissenschaften (auf jeden Fall Naturwissenschaften) akzeptierten “Stellung“ von Theorien im Wissenschaftsgebäude unzulässig, da wissenschaftliche Theorien grundsätzlich widerlegbar sein müssen, auch wenn das in speziellen Fällen, wie etwa in der Verhaltensbiologie gelegentlich sehr schwierig ist; d.h. eine Theorie kann nie “belegt sein“, unbeschadet der Möglichkeit, dass man “Belege für sie hat“, das meint, man hat (empirische) Tatsachen, die mit der Theorie verträglich sind, aber noch soviel Belege für eine Theorie belegen nie die Theorie selbst (weil das eben vom Begriff her nicht geht!), sie machen sie wohl immer “brauchbarer“ (um Gottes willen hier nicht “wahrscheinlicher“ sagen, so sehr das Bauchgefühl auch fordern mag, das führt dann geradewegs zur “belegten Theorie“). 93.137.215.177 10:30, 13. Sep. 2014 (CEST)Beantworten

Widerspruch zur Sackgassen-Theorie?

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Moin! Gleich zu Beginn, unter "Beispiele" steht: Diese Deutung von Körper- und Verhaltensmerkmalen widerspricht diametral der „Sackgassen-Theorie“, der zufolge zum Beispiel der männliche Pfau gewissermaßen in eine Sackgasse der Evolution geriet, weil die Weibchen seit Urzeiten Sexualpartner mit möglichst großen und sauberen Schwanzfedern bevorzugten. Aus dieser „Sackgasse“ könne er nun nicht mehr heraus, obwohl das Schwanzgefieder ihn am Fliegen hindert und so auch seine Fähigkeit zu rascher Flucht erheblich einschränkt. Dem Handicap-Prinzip zufolge ist es gerade dieser augenfällige Nachteil, der seine Eignung als Sexualpartner für das umworbene Weibchen glaubwürdig macht. Schließen sich diese beiden Erklärungsansätze denn wirklich gegenseitig aus? Warum soll ein Handycap, dass (eine Weile lang) als sexueller Selektionsvorteil dient, nicht (irgendwann später) in einen natürlichen Selektionsnachteil umschlagen? Wenn die Weibchen imm die schrillsten Männchen mit dem längsten Irgendwas bevorzugen, dann wird das Merkmal immer schriller und länger, und wenn es dann irgendwann so lang und schrill geworden ist, dass es ernsthaft stört, dann gibt es kein Zurück mehr. Die Weibchen können sich dann nicht einfach entschließen in Zukunft nur noch weniger schrille Männchen zu mögen. Geoz (Diskussion) 12:59, 29. Dez. 2013 (CET)Beantworten

naja, wenn ein Weibchen sich die 'falschen' Männchen aussucht, dann hat es halt keine Nachkommen mehr. Und der evolutive Weg der verbleibenden Männchen führt dann zwar zu recht schrillem Gebaren, aber aus diesem Grund in keine 'Sackgasse'. --Gerbil (Diskussion) 17:15, 29. Dez. 2013 (CET)Beantworten
auch naja, ich verstehe den Text zur Zeit so, als ob es aus irgendwelchen Gründen ausgeschlossen sei, dass eine Art wegen des Handicap-Effektes in eine evolutive Sackgasse gerät. Diese Gründe kann ich aber nicht wirklich nachvollziehen. Im letzten Satz heißt es doch nur: Dem Handicap-Prinzip zufolge ist es gerade dieser augenfällige Nachteil, der seine Eignung als Sexualpartner für das umworbene Weibchen glaubwürdig macht. Ebent! Glaubwürdig ist aber nicht das selbe, wie wahr. Auch Trickbetrüger profitieren (eine Weile) davon, dass sie "glaubwürdig" sind. Ihre Waren und Dienstleistungen werden dadurch aber nicht echt. Geoz (Diskussion) 17:53, 29. Dez. 2013 (CET)Beantworten
mein 'naja' bezog sich darauf, dass mir - bezogen auf die hier erörterten Merkmale - keine plausiblen Belege für evolutionäre Sackgassen bekannt sind. --Gerbil (Diskussion) 12:54, 30. Dez. 2013 (CET)Beantworten
Pfhhh... Das erste Beispiel, was mir da so in den Sinn käme, wäre der Megaloceros. Da wurde, neben anderen Möglichkeiten, eben auch erwogen, dass der ausgestorben sein könnte, weil das Geweih immer größer wurde. Das hätte dann eben auch bei gleichbleibenden Umweltbedingungen zum Aussterben geführt, weil selbst das beste Weideland irgendwann nicht mehr ausreicht, damit alle männlichen Tiere der Population einmal im Jahr praktisch ihr halbes Skelett wegwerfen können. Keine Ahnung, ob das immer noch diskutiert wird. Bin da zu lange raus. Andererseits stehen wohl auch alle Paradiesvögel auf der Liste der bedrohten Arten... Sind die wirklich so superduper angepasst, dass sie sich ihre immer luxuriöser werdenden Luxuskörper für immer und ewig leisten könnten, wenn nur die Umweltbedingungen gleich bleiben? Egal, ob es evolutinäre Sackgassen nun gibt oder nicht, mir ist eben unklar, warum die Theorie von einem evolutionären Vorteil eines "Handicaps" der Hypothese einer evolutionären Sackgasse diametral widersprechen soll. Ich kann mir nicht nur Szenarien vorstellen, in denen es beides gibt, sondern sogar solche, in denen das eine zum anderen führt. Geoz (Diskussion) 15:02, 30. Dez. 2013 (CET)Beantworten
Beides sind Theorien, um spezielle Entwicklungen zu 'erklären'. Beurteilen kann man sie meines Erachtens nur mit dem Kriterium "Plausibilität". Die 'Sackgasse' wird meines Erachtens unter Einbeziehung des Konzeptes Evolutionär stabile Strategie unplausibel - wenn die Weibchen sich das 'falsche' Männchen aussuchen, dann haben sie weniger Nachwuchs, und dann bleiben die Auswahlkriterien auf einem 'evolutionär erträglichen' (stabilen) Stand. --Gerbil (Diskussion) 16:24, 30. Dez. 2013 (CET)Beantworten