Diskussion:Internationale Arbeiterassoziation
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Spaltung 1872 und „Antiautoritäre Internationale“
[Quelltext bearbeiten]Ich habe den Abschnitt zu der Spaltung und der Antiautoritären Internationale geändert, weil er einem sehr gängigen Irrtum folgte, nämlich dass die Antiautoritäre Internationale eine neu gegründete Organisation gewesen sei und die IAA 1876 aufgelöst wurde. Der Begriff "Antiautoritäre Internationale" war/ist aber nur eine umgangsprachliche Bezeichnung. Der offizielle Name der Organisation war weiterhin IAA. Es gab also ab 1872, nach der Spaltung, zwei IAAs, die sich gegenseitig nicht anerkannten. Die Behauptung die IAA wäre 1876 formell aufgelöst worden, ist, weil das nur die eine Fraktion war, grob irreführend, zumal das sogar die Minderheitsfraktion war. Noch auf dem Londoner Kongress von 1881 traten verschiedene Landesföderationen der IAA in Erscheinung, die laut Protokoll etwa 50.000 Mitglieder repräsentierten. (nicht signierter Beitrag von 87.210.77.212 (Diskussion) 11:39, 29. Aug. 2013 (CEST))
Von Mehrheiten und Minderheiten
[Quelltext bearbeiten]Halten wir, um die Mehrheits-/Minderheitsfrage zu klären, mal fest, was unstrittig sein dürfte: 1. Auf dem Haager Kongress gab es Mehrheiten für weitreichende Beschlüsse wie die genannten Ausschlüsse, die Erweiterung der Befugnisse des Generalrats und die strategische Ausrichtung der Internationale. 2. Auf dem Gegenkongress in St. Imier erkannten zunächst die italienische, die schweizer und die spanische Föderation (sowie einzelne Delegierte aus Frankreich und den USA) die Haager Beschlüsse nicht an, u.a. weil sie meinten, der Haager Kongress sei nicht ordnungsgemäß zustande gekommen. 3. In der Folgezeit schlossen sich auch die belgische, holländische und - nach internen Streitigkeiten - auch die britische Föderation diesem Standpunkt und der antiautoritären bzw. föderalistischen Seite an (die Bezeichnung als anarchistisch wurde erst Ende der 1870er etabliert). 4. Im Gegenzug schloss der Generalrat all diese Landesföderationen aus; die von ihm repräsentierte Internationale "exercised no influence, and it speedily fell into complete decay", während die antiautoritäre "continued in existence, and displayed far more energy than the Marxist International" (Steklov). [Steklov steht übrigens auf dem marxistischen Standpunkt.]
Daraus ergeben sich zwei Feststellungen: 1. Auf dem Haager Kongress gab es eine Merhheit der Delegierten für die Marxsche Position. 2. Nach dem Kongress erkannte die überwiegende Mehrheit der Landesföderationen (darunter die mitgliederstärksten Verbände aus Spanien und Belgien) die Haager Beschlüsse nicht an und war der Generalrat isoliert.
Ergo: Die Kongressmehrheit (wo es um die Haager Beschlüsse geht) hat nichts mit der Organisationsmehrheit (wo es um die anschließende organisatorische Spaltung geht) zu tun; die Formulierung "die Minderheit um die die Landesföderationen aus Belgien, England, Holland, Italien und Spanien" ist - insofern hier die Ende 1872, z.T. 1873 vom Generalrat abgefallenen Landesföderationen mit der Delegiertenminderheit des Haager Kongress in eins gesetzt werden - eine unzulässige Vermischung. Insbesondere dass du in diesem Punkt auf die Protokolle von Le Moussu, Sorge und Zhukovsky verweist, zeigt, dass du das nicht verstanden hast. Ja, es ist sogar inhärent widersprüchlich: immerhin impliziert das, der schließlich isolierte Generalrat sei dann die Organisationsmehrheit gewesen. Das Problem ist doch augenfällig: Reden wir vom Haager Kongress oder der organisatorischen Spaltung? Bitte vermische das nicht!
IAA - falsch oder echt?
[Quelltext bearbeiten]Und nun das Unstrittige im Bezug auf den Charakter der sogenannten antiautoritären Internationale: 1. Diese war keineswegs eine Neugründung; es wurde nichts konstituiert, sondern lediglich von Teilen der Organisation ein Kongress nicht anerkannt. 2. Es wurde so verfahren, als hätte es die Haager Beschlüsse nicht gegeben und ferner wurden Beschlüsse gefasst, die u.a. den Generalrat entmachten sollten. 3. Die damit verbundenen Organisationen beriefen sich auf die ursprünglichen Ziele und Statuten der IAA. 4. Der Zusammenschluss erstreckte sich zunächst (1872/73) auf alle nennenswerten Landesföderationen der IAA. 5. Im Laufe der Jahre fiel dieser Zusammenschluss zunehmend auseinander und wurde Ende der 1870er dezidiert anarchistisch in seiner Programmatik.
Daraus ergeben sich folgende Feststellungen: 1. Die sogenannte antiautoritäre Internationale ist nicht zu verwechseln mit "den Anarchisten"; es war zunächst ein breiter Zusammenschluss, dessen Konsens im Wesentlichen in der Ablehnung der Zentralisierung der IAA bestand. 2. Dieser Zusammenschluss war keine neue Organisation, sondern die Merheitsorganisationen der IAA, die lediglich den Haager Kongress nicht anerkannten und so fortfuhren, als habe es die Beschlüsse dort nicht gegeben (die Selbstbezeichnung war entsprechend auch "Föderalisten" und nicht "Anarchisten". 3. Erst mit der Zeit reduzierte sich das auf einen anarchistischen Kern und nahm eine eigenständige Programmatik an.
Ergo: Es ist daher falsch, die entstandene "antiautoritären Internationale" als neue, eigenständige Organisation zu bezeichnen. Dieses Phänomen bedeutet nichts anderes, als dass die überwiegenden IAA-Landesföderationen (also die faktische IAA), sich gegen den Generalrat stellten. All diese Landessektionen fuhren etwa auch fort, ihre Dokumente mit den gängigen IAA-Stempeln zu kennzeichen. Es ist daher ebenso falsch zu sagen, dass "das Wesen und die politischen Ziele und organisatoren Satzungen sehr sehr unterschiedlich" gewesen seien. Diese Landessektionen beriefen sich doch gerade auf die originalen Ziele und Statuten der IAA und lehnten die Beschlüsse von Den Haag ab, weil sie eine komplette Neuausrichtung (Zentralisierung; Aufbau nationaler politischer Parteien; Primat des politischen Kampfes usw.) darstellten. Kurz gesagt wollte dieser Zusammenschluss eben business as usual machen. Was in den Folgejahren passierte, die zunehmende Anarchisierung, ist eine andere Sache.
Ob also die sogenannte antiautoritäre Internationale eine neue Organisation war (neben der "eigentlichen" IAA), ist eine Frage dessen, wie man sich zu den Haager Beschlüssen verhält. Deine Lesart orientiert sich an den offiziellen Beschlüssen der Organisation auf ihren offiziellen Treffen. Dies birgt jedoch das Risiko einer - wenn auch unbewussten - Parteinahme in sich, denn es ignoriert die Frage, wie diese Beschlüsse zustande gekommen sind; und es verhält sich hilflos gegenüber der Tatsache, dass die überwiegenden Merhheitsorganisationen den Kongress und die Beschlüsse als illegitim betrachteten und ihr Führungsgremium absägten. Wenn man das ignoriert und das einfach abdeckelt, indem sagt, dass sei eine neue Organisation, ergreift man Partei. Man würde dies ebenso tun, wenn man behaupten würde, die antiautoritäre Internationale sei die eigentliche IAA gewesen und der verselbstständigite Generalrat nur ein Usurpator dieser Organisation. Beides ist fragwürdig. Daher plädiere ich für eine neutralere Darstellung, die ganz schlicht folgende Fakten zum Ausdruck bringt:
1. Es gab den Haager Kongress, wo sich die Marxsche Position durchsetzte, die Bakunisten ausgeschlossen wurden und eine strategische und organisatorische Neuausrichtung beschlossen wurde. 2. Die Bakunisten initiierten einen Gegenkongress, der die Beschlüsse nicht anerkannte, u.a. weil der Kongress und seine Delegierten illegtim zusammengekommen seien. 3. Dem schlossen sich in kürzere Zeit fast alle Landesföderationen der IAA an, die dafür wiederum vom Generalrat ausgeschlossen wurden. 4. Fortan existierten zwei Organisationen, die für sich reklamierten, die IAA zu sein: einmal der Zusammenschluss der Landesföderationen von Spanien, Italien, Belgien, England, Holland und der Schweiz, zum anderen der Generalrat und v.a. die deutschen Sektionen. 5. Erstere Fraktion führte bis 1876 vier weitere Kongresse durch, reduzierte sich aber zunehmend auf einen anarchistischen Kern. 6. Zweitere Fraktion verfügte über keine Basis mehr und war isoliert; es sollte nur noch ein Kongress (1873) und schließlich eine Auflösungskonferenz (1876) folgen.
Lassen wir doch einfach die Fakten sprechen. (nicht signierter Beitrag von 77.185.225.1 (Diskussion) 15:49, 31. Dez. 2013 (CET))
Nachtrag: Was ich bisher geschrieben habe, wird eindeutig bestätigt, wenn man sich anschaut, wie die Situation 1873 aussah, als beide IAAs kurz nacheinander ihren Kongress in Genf abhielten. Der Kongress der Föderalisten/Antiautoritären verzeichnet - durchaus prominente - Delegierte aus England, Belgien, Spanien, Frankreich, Holland, Italien und der Schweiz, die eine große Zahl an Lokal-, Regional- und Landesföderationen der IAA vertraten, allesamt schon vor der Spaltung in der IAA, gewissermaßen deren organisatorisches Rückgrat (siehe Guillaume, L'Internationale. Documents et souvenirs (1864-1878), Bd. 3, S. 108-135). Der vom Generalrat organisierte Kongress dagegen begrüßte ausschließlich Delegierte aus der Schweiz, Deutschland und Österreich, überwiegend deutschsprachig. Diese repräsentierten kaum reale Organisationen; Philipp Becker, dem die Organisation des Kongresses vor Ort oblag, sprach selbst in einem Brief an Friedrich Adolf Sorge nach dem Kongress von "aus dem Boden gestampften" Delegierten. Das allein ist bereits vielsagend, und es ist es noch mehr, wenn man bedenkt, dass dies auch dazu diente, unbedingt eine Mehrheit gegen die Perret-Fraktion zu organisieren, die auf Versöhnung mit den Bakunisten aus war. Marx selbst bezeichnete den Kongress als "Fiasko" und erklärte das Projekt für gescheitert. Diesen Klüngel als wahre IAA gelten zu lassen, während die anderen (der Großteil der IAA-Basisorganisationen, die als IAA weiterarbeiteten) auf etwas abgespaltenes Neues und Anderes dargestellt werden, ist entweder kurzsichtig oder einfach nur frech. (nicht signierter Beitrag von 77.185.225.1 (Diskussion) 18:18, 31. Dez. 2013 (CET))