Diskussion:Nichtbinäre Geschlechtsidentität/Archiv/2019
"Drittes Geschlecht" vs. "nichtbinäres Geschlecht"
Die (momentane) Definition von drittes Geschlecht lautet: "Ein drittes Geschlecht bezeichnet Personen, die sich in das binäre Geschlechtssystem „Frau“ oder „Mann“ nicht einordnen lassen (wollen)." Also nichtbinäre Personen? Aber was ist dann die harte Abgrenzung zwischen "drittes Geschlecht" und "nichtbinäres Geschlecht", die zwei getrennte Wikipedia-Artikel rechtfertigt? --Neitram ✉ 13:05, 29. Jul. 2019 (CEST)
- @Neitram: Meinem Verständnis nach ist der Begriff „nichtbinär“ etwas weiter gefasst als „drittes Geschlecht“ – insbesondere erscheint es mir wenig sinnvoll, agender Personen bei „drittes Geschlecht“ einzubeziehen, weil sie sich ja eben nicht mit irgendeinem Geschlecht, auch nicht einem dritten, identifizieren. So ist das im Moment auch auf Wikidata modelliert – drittes Geschlecht ist dort eine Unterklasse von nonbinär. --Lucas Werkmeister (Diskussion) 19:41, 31. Jul. 2019 (CEST)
- Danke! Ich habe die Einleitung von drittes Geschlecht entsprechend überarbeitet, passt das? --Neitram ✉ 09:58, 7. Aug. 2019 (CEST)
- "Nonbinär"? Das klingt wie eine schlechte Übersetzung von non-binary - halb englisch/Latein, halb deutsch? --Neitram ✉ 10:00, 7. Aug. 2019 (CEST)
- Archivierung dieses Abschnittes wurde gewünscht von: --Chiananda (Diskussion) 04:36, 6. Dez. 2021 (CET)
die Geschlechtsoption „divers“, die (auch) nichtbinäre Geschlechtsidentitäten abdecken soll
Meine Antwort bezieht sich zunächst auf das getilgte "auch": Der neue Personenstand "divers" wurde auf ausdrücklichen Wunsch von CDU/CSU an eine medizinische Begutachtung gebunden, um auszuschließen, dass allein das subjektive Empfinden maßgeblich für den Geschlechtseintrag ist. Eine nichtbinäre Geschlechtszugehörigkeit ist in der Regel kein pathologischer Befund sondern ein subjektives Empfinden. Die wenigsten NBs verstehen sich als "drittes" Geschlecht, auf das sie festgelegt werden möchten, sondern lehnen eine geschlechtliche Zuordnung grundsätzlich ab. So wie sich Anarchisten nicht als "Alternative" innerhalb der Parteienlandschaft verstehen. Aus der bürgerlichen Mitte heraus mögen das alles "extreme" Positionen sein, inhaltlich wird hier meiner Meinung nach versucht Äpfel mit Birnen zu vergleichen.1falt (Diskussion) 17:58, 29. Jul. 2019 (CEST)
- Ich mache mal eine eigenen Abschnitt dafür auf. Wenn an dieser Stelle in dem Satz das Wort "auch" steht, dann bedeutet das: die Geschlechtsoption „divers“ soll mehr abdecken als (nur) nichtbinäre Geschlechtsidentitäten. Nicht weniger. Nach meinem Verständnis ist es jedoch eher so, dass der Begriff "nichtbinäres Geschlecht" mehr abdeckt als die Geschlechtsoption „divers“. Wenn es so ist, dann sollte das "auch" in diesem Satz gestrichen werden. Oder ich wenn ich mich irre und "divers" mehr abdeckt, dann bitte ich um eine Erläuterung, was genau "divers" mehr abdeckt. --Neitram ✉ 08:42, 30. Jul. 2019 (CEST)
- Die Betonung in diesem Satz liegt nach meinem Verständnis auf "soll". "Soll auch abdecken, ist aber nicht gelungen" Die aktuelle Gesetzeslage in Deutschland bezieht sich in erster Linie auf eine als Intersexualität/Intergeschlechtlichkeit bekannte körperliche Uneindeutigkeit in der Zuordnung m/w. Eine so geborene Person kann sich aber durchaus im binären Bezugsrahmen verorten. Transmänner und Transfrauen nach geschlechtsangleichenden Operationen bekommt man ebenfalls nicht gefasst. Gesetzliche Regelung und tatsächlich (!) diverse Realität passen einfach nicht zusammen. Insgesamt gebe ich dir aber recht, dass es mehr NBs geben dürfte als Personen, die sich "divers" in die Akten schreiben lassen.1falt (Diskussion) 11:29, 30. Jul. 2019 (CEST)
- Das hieße, die Geschlechtsoption "divers" soll zum einen eine bestimmte Teilmenge der nichtbinären Geschlechtsidentitäten abdecken, und zum anderen soll sie zusätzlich auch noch Fälle abdecken, die nicht nichtbinär sind, die sich also selbst als "männlich" oder "weiblich" sehen, wenn diese Menschen bestimmte körperliche Merkmale von Intersexualität haben? Das klingt wie eine mögliche Zwangskategorisierung als "divers" gegen den Willen der Betroffenen? Oo --Neitram ✉ 12:16, 30. Jul. 2019 (CEST)
- Zwangskategorisierung definitiv nicht, da meines Wissens niemand gezwungen wird, sich als divers kategorisieren zu lassen. Wie man künftig mit Neugeborenen verfährt, lässt sich schwer voraussehen. Gegen den Willen vieler Betroffenen schon. Da haben die Interessenverbände deutlich Kritik geäußert und Nachbesserung gefordert. SPON 1falt (Diskussion) 17:32, 30. Jul. 2019 (CEST)
- Es ist jedenfalls für mich als Laien schwer verständlich und deshalb kann ich hier auch nicht viel mehr helfen, als dass ich melde, was ich schwer verständlich finde. Der Begriff "nichtbinär" will nach meinem Verständnis alles abdecken, was nicht binär (männlich oder weiblich) ist und ist somit bereits sehr breit gefasst. Wenn nun in dem Satz ein "auch" steht, suggeriert das, dass es zusätzlich noch etwas "Viertes" neben männlich, weiblich und nichtbinär gäbe. Das mag vielleicht auch so sein? Ich nehme an, der Gesetzgeber wollte mit der dritten Geschlechtsoption einfach alles abdecken, was nicht männlich oder weiblich ist, alles weitere zusammengefasst in einen dritten Sammeltopf, und deshalb hat er diese Option auch "divers" genannt. --Neitram ✉ 09:27, 31. Jul. 2019 (CEST)
- Zwangskategorisierung definitiv nicht, da meines Wissens niemand gezwungen wird, sich als divers kategorisieren zu lassen. Wie man künftig mit Neugeborenen verfährt, lässt sich schwer voraussehen. Gegen den Willen vieler Betroffenen schon. Da haben die Interessenverbände deutlich Kritik geäußert und Nachbesserung gefordert. SPON 1falt (Diskussion) 17:32, 30. Jul. 2019 (CEST)
- Das hieße, die Geschlechtsoption "divers" soll zum einen eine bestimmte Teilmenge der nichtbinären Geschlechtsidentitäten abdecken, und zum anderen soll sie zusätzlich auch noch Fälle abdecken, die nicht nichtbinär sind, die sich also selbst als "männlich" oder "weiblich" sehen, wenn diese Menschen bestimmte körperliche Merkmale von Intersexualität haben? Das klingt wie eine mögliche Zwangskategorisierung als "divers" gegen den Willen der Betroffenen? Oo --Neitram ✉ 12:16, 30. Jul. 2019 (CEST)
- Ich halte es für sehr wichtig, die verschiedenen Herangehensweisen gegeneinander abzugrenzen und Unterschiede herauszuarbeiten. Darum finde ich deine (@Neitram) Sichtweise sehr hilfreich. Bringt doch nix, wenn alle ihr eigenes Süppchen kochen, ohne über den Tellerrand zu sehen. Der umseitige Artikel beschreibt im 2. Absatz meiner Meinung nach sehr gut, was mit "nichtbinär" bezeichnet wird. Das sogenannte "dritte Geschlecht" bildet eine kleine Teilmenge davon, weist aber auf Personen hin, die sichtbare "körperliche Fakten vorweisen können" und in der Vergangenheit übelst diskriminiert bzw. als Neugeborene misshandelt wurden. Dass sich an diesem Umgang etwas ändern muss, ist für jede*n nachvollziehbar und darum auch politisch relevant. Also hat man (wie früher mit dem LPartG) erstmal eine Extrawurst geschaffen, anstatt einfach auf den Geschlechtseintrag zu verzichten. Und "zum Schutz der binären Ordnung" man hat mit heißer Nadel gestrickte Hürden installiert, um zu verhindern, dass sich auch Leute, deren Körper und Psyche im Spektrum des "Normalen" liegt, gegen eine Kategorisierung nach Geschlecht entscheiden. Z.B. weil sie finden, dass Genitalien wie auch die Religionszugehörigkeit für sie Privatsache sind und z.B. einen Eintrag der Blutgruppe sinnvoller fänden.1falt (Diskussion) 10:56, 31. Jul. 2019 (CEST)
- Der springende Punkt ist folgender: Vanja ist nicht nur intergeschlechtlich, sondern auch nichtbinär. Sehr viele inter- und auch sehr viele transgeschlechtliche Menschen haben an der Dritten Option eigentlich gar kein Interesse. Die ist nur für Menschen relevant, interessant und attraktiv, die nichtbinär sind und für die das auch wichtig ist, so daß sie sich nur sehr ungern mit „weiblich“ oder „männlich“ zufrieden geben. Egal, ob sie intergeschlechtlich sind oder nicht.
- Die Lösung, offensichtlich intergeschlechtliche Kinder als „divers“ einzutragen ist eigentlich unsinnig, weil sie nicht weit genug geht und diese Kinder nicht vor Zwangsoperationen schützt (Ärzte üben auf Eltern Druck aus, die Kinder doch mit einem binären Geschlecht einzutragen und operieren zu lassen, da es schlimm sei, wenn ein Kind weder „ein richtiges Mädchen“ noch „ein richtiger Junge“ sei und „divers“ im Eintrag stehen hat, wegen Gefahr von Mobbing durch andere Kinder etc.). Sinnvoller wäre es, alle Kinder erst einmal als divers einzutragen (oder auch ganz ohne Eintrag zu lassen, was bisher auch schon möglich war) und sie erst später ihren Eintrag entscheiden zu lassen. Und ein Verbot von Zwangsoperationen bei intergeschlechtlichen Kindern (oder auch allen nicht notwendigen Operationen bei Minderjährigen) ist eine viel wirksamere Lösung.
- Die Dritte Option ist letztlich nicht (generell) für intergeschlechtliche, sondern vielmehr speziell für nichtbinäre Menschen wichtig, egal ob intergeschlechtlich oder nicht. Das wird leider in aller Regel übersehen. Teils wird es auch bewußt ignoriert, insbesondere von der Union.
- Der Wunsch von Vanja und auch vielen anderen intergeschlechtlichen Menschen war und ist eine Dritte Option für alle, die sie möchten. Und das sind nun einmal nur Menschen mit einem nichtbinären Geschlecht (und auch nicht unbedingt alle von ihnen). Alle anderen, insbesondere intergeschlechtliche (und auch transgeschlechtliche!) Menschen mit einem binären Geschlecht (denen dieses Geschlecht ohnehin oft abgesprochen wird und die als „seltsame Zwischenwesen“ zwangsnichtbinarisiert werden), würden sich bestimmt eher beleidigt davon fühlen, wenn sie als „divers“ eingeordnet würden. Und es gibt auch praktische Gründe (De-Facto-Zwangsouting, Angst vor Diskriminierung, vor allem auch im Ausland, aber auch das Fehlen von Vorteilen des TSG, wie dem Offenbarungsverbot), auch als nichtbinärer Mensch die Dritte Option nicht zu wollen – wer mit einem binären Eintrag gut leben kann, vielleicht weil er „close enough“ für das eigene Empfinden ist, wird sich den Streß mit der Dritten Option eher nicht antun. Leider geht das in der ganzen Diskussion komplett unter. Kein Wunder, daß das Interesse an der Dritten Option in der Praxis von vornherein sehr verhalten ist.
- Das Bundesverfassungsgericht hat Vanjas Auffassung im wesentlichen zugestimmt und zwei Möglichkeiten angeboten: entweder komplette Abschaffung des Geschlechtseintrags, oder die Schaffung einer Dritten Option. Die Bundesregierung hat sich für die zweite Möglichkeit entschieden – offensichtlich weil die erste zu radikal schien (und mit der Union nicht zu machen). Dem Durchschnittsbürger ist sein Geschlecht eben doch viel zu wichtig, als daß er sich (wie es manche ausdrückten) „behördlich zwangskastrieren“ lassen will (wenn auch nur auf dem Papier, und noch nicht einmal auf dem Personalausweis). Der Begriff „Varianten der Geschlechtsentwicklung“, der wohl auf die SPD zurückgeht, ist im Gesetz nicht genau definiert, und schließt nicht-intergeschlechtliche Menschen keinesfalls eindeutig aus (auch wenn die Union so argumentiert). Das Gesetz an sich spiegelt den Willen des BVerfG somit genau wieder. Es ist aber den Hardlinern in der Union, insbesondere dem zuständigen Horst Seehofer, komplett zuwider. Daher der Versuch, es (gesetz- und verfassungswidrig!) nachträglich wieder einzuschränken (ja in einen zahnlosen Papiertiger zu verwandeln, man möchte sogar sagen: zu kastrieren), durch Anweisungen des Innenministeriums an die Behörden, die dafür sorgen, daß nur noch einem winzigen Bruchteil intergeschlechtlicher Menschen, nämlich solchen, die ihre Intergeschlechtlichkeit durch Unterlagen aus der Kindheit nachweisen können, die Dritte Option in der Praxis überhaupt noch offensteht. Alle anderen Anträge bleiben ggf. unbearbeitet liegen. Als Folge werden die meisten an diesem Punkt überhaupt noch Interessierten von vornherein wieder (oder vollends) abgeschreckt und die bewilligten Anträge lassen sich fast schon an einer Hand abzählen. Resultat: Die Union kann konstatieren, daß das Gesetz ohnehin unnötiger Quatsch war, weil sich niemand dafür interessiert – wofür sie gesorgt hat. Perfide. Denn in Wirklichkeit gibt es in Deutschland sehr viele nichtbinäre Menschen, die im Prinzip an der Dritten Option interessiert wären. Die Nachfrage besteht, das Angebot aber nicht.
- Was mir in dieser Diskussion und auch im Artikel unangenehm auffällt, ist die Tendenz, die Geschlechtsidentität als rein politische Entscheidung oder Haltung darzustellen. Ich habe nicht den Eindruck, daß die meisten nichtbinären Menschen eine geschlechtliche Zuordnung grundsätzlich ablehnen – solange sie nicht binär ist. Wenn sie in Formularen eine „dritte Option“ vorfinden, sind sie erleichtert und wählen sie bereitwillig aus. Eine Geschlechtsidentität wird wohl von den meisten Menschen als unwillkürlich empfunden und eine ggf. daraus erwachsende politische Haltung ist ein sekundäres Phänomen. Auch im Artikel wird das Gegenteil suggeriert, wenn es da heißt: „Eine genderfluide Person zieht es vor, ihre Geschlechtsidentität flexibel zu halten, statt sich auf ein Geschlecht festzulegen. Dabei kann sie sich zwischen verschiedenen Geschlechtern bewegen oder mehrere Geschlechter gleichzeitig zum Ausdruck bringen.“ Das klingt so, als könnte eine genderfluide Person ihre Geschlechtsidentität bewußt steuern; das ist i. a. aber nicht der Fall, sondern diese schwankt oder fluktuiert unkontrollierbar (allerdings nicht immer komplett unvorhersehbar, da es oft Auslöser unterschiedlicher Arten gibt). Manche nichtbinären Menschen mögen es nicht so empfinden, sondern betrachten ihre Geschlechtsidentität als bewußt gewählt, aber es ist keinesfalls so, daß dies immer so wäre, und meistens ist es wohl nicht so, oder höchstens teilweise. „Sich mit einem Geschlecht zu identifizieren“ ist meistens kein bewußter Vorgang, sondern ein vorbewußter. --Florian Blaschke (Diskussion) 04:12, 28. Aug. 2019 (CEST)
- 1000 Dank @Florian Blaschke für diese Ausführung, die Außenstehenden den Einstieg in die Thematik erleichtern dürfte. Ich stimme Dir in allem zu, denke aber, dass die Tendenz, Geschlechtsidentität in diesem Zusammenhang politisch zu begründen, auch dem Umstand geschuldet ist, dass derzeit die meisten am öffentlichen Diskurs beteiligten Personen ein persönliches Anliegen haben, für das sie politisch kämpfen (müssen). Für Personen mit einem Interesse an und/oder der Notwendigkeit für eine körperliche Angleichung wäre es fatal bis existenzgefährdend, wenn das derzeit mit der Diagnose TS verknüpfte und quasi "pauschal zugesprochene" Recht auf alle medizinisch notwendigen Maßnahmen inkl. einer lebenslangen Substitution kippen würde. Personen, die selbst nicht betroffen, sondern als Solidargemeinschaft gefordert sind, haben ein Interesse daran, die Hürden aufrechtzuerhalten und zu verhindern, dass dieser Anspruch ausgeweitet wird. Auch wenn es sich vielleicht zynisch liest: Für viele Akteure geht es eben (auch) um die Kosten, was durch ideologische Argumentation verschleiert wird und die Heftigkeit der Diskussion für Außenstehende geradezu absurd wirken lässt. Und dass Menschen, deren körperliche Intimität und psychische Gesundheit permanent, penetrant und grenzüberschreitend von Fremden thematisiert und öffentlich diskutiert wird, ihrer Umwelt lieber auf sachlicher/politischer Ebene begegnen würden als sich selbst zu Schlachtfeld machen zu lassen, versteht sich eigentlich von selbst. Im Wikipedia-Kosmos kommt dann noch hinzu, dass Wissen aus erster Hand nicht von Interesse ist und man sich stattdessen auf Sekundärliteratur berufen muss, die entweder nicht existiert, veraltet oder zum Haareraufen ist.--1falt (Diskussion) 08:57, 28. Aug. 2019 (CEST)
- @1falt: Vielen Dank für Dein Lob. Es ging mir mehr um die Vorstellung, eine „unerwartete“ Geschlechtsidentität, insbesondere eine nichtbinäre, würde vorwiegend oder ausschließlich aus politischen Gründen, als Zeichen einer Rebellion (insbesondere gegen heteronormative Vorstellungen, Geschlechtsnormen, etc.), angenommen, erklärt oder konstruiert werden, was so sicher nicht richtig ist. An und für sich ist Nichtbinarität keine bloße, gezielte Erfindung, was Außenstehenden aber meist nicht klar ist. Viele Menschen (wie viele, weiß niemand, und es ist auch schwierig abzuschätzen, aber manche Umfragen bieten gewisse Anhaltspunkte) empfinden tatsächlich so und oft schon sehr lange, noch vor der Bildung eines politischen Bewußtseins und auch bevor das Thema medial diskutiert wurde oder sogar überhaupt ein Thema war, und bevor ein Bewußtsein dafür entstand, daß es auch anderen Menschen so geht (vor vielen Jahrzehnten). Das ist nicht anders als bei „konventioneller“ Transsexualität. Was freilich ein gezielter politischer Akt sein kann, ist ein Coming Out als nichtbinär (insbesondere dann, wenn man unter keinem besonderen inneren Druck steht, sich zu outen oder sichtbar zu werden, und ebensogut auf unbestimmte Zeit, sogar lebenslang, „closeted“ bleiben könnte). Nichtbinarität ist an sich keine politische Ideologie – sie ist insofern politisch, als daß herrschende Ideologien Nichtbinarität als valides Phänomen leugnen und ggf. als Aufmerksamkeitsheischerei, psychische Krankheit oder überflüssige Teenager-Rebellion abtun. Nichtbinarität ist an sich aber nichts anderes als Homo-, Bi- oder auch Heterosexualität – eine Form menschlicher Vielfalt, die einfach da ist und Respekt verdient.
- Und ganz nebenbei hat Magnus Hirschfeld mit seinen (von Karl Heinrich Ulrichs’ Theorien inspirierten) „sexuellen Zwischenstufen“, schon 1910 satte 43.046.721 an der Zahl, mit nicht weniger als 81 Grundtypen, die vielfach verspotteten „millions of genders“ in gewisser Weise ja auch schon vorweggenommen (bevor er später noch weiter ging und sie als letztlich unendlich vielfältig bezeichnete, gemahnend an Joan Roughgardens Evolution’s Rainbow) – wirklich neu ist das alles nicht. --Florian Blaschke (Diskussion) 22:54, 28. Aug. 2019 (CEST)
- 1000 Dank @Florian Blaschke für diese Ausführung, die Außenstehenden den Einstieg in die Thematik erleichtern dürfte. Ich stimme Dir in allem zu, denke aber, dass die Tendenz, Geschlechtsidentität in diesem Zusammenhang politisch zu begründen, auch dem Umstand geschuldet ist, dass derzeit die meisten am öffentlichen Diskurs beteiligten Personen ein persönliches Anliegen haben, für das sie politisch kämpfen (müssen). Für Personen mit einem Interesse an und/oder der Notwendigkeit für eine körperliche Angleichung wäre es fatal bis existenzgefährdend, wenn das derzeit mit der Diagnose TS verknüpfte und quasi "pauschal zugesprochene" Recht auf alle medizinisch notwendigen Maßnahmen inkl. einer lebenslangen Substitution kippen würde. Personen, die selbst nicht betroffen, sondern als Solidargemeinschaft gefordert sind, haben ein Interesse daran, die Hürden aufrechtzuerhalten und zu verhindern, dass dieser Anspruch ausgeweitet wird. Auch wenn es sich vielleicht zynisch liest: Für viele Akteure geht es eben (auch) um die Kosten, was durch ideologische Argumentation verschleiert wird und die Heftigkeit der Diskussion für Außenstehende geradezu absurd wirken lässt. Und dass Menschen, deren körperliche Intimität und psychische Gesundheit permanent, penetrant und grenzüberschreitend von Fremden thematisiert und öffentlich diskutiert wird, ihrer Umwelt lieber auf sachlicher/politischer Ebene begegnen würden als sich selbst zu Schlachtfeld machen zu lassen, versteht sich eigentlich von selbst. Im Wikipedia-Kosmos kommt dann noch hinzu, dass Wissen aus erster Hand nicht von Interesse ist und man sich stattdessen auf Sekundärliteratur berufen muss, die entweder nicht existiert, veraltet oder zum Haareraufen ist.--1falt (Diskussion) 08:57, 28. Aug. 2019 (CEST)
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Geschlechtsausdruck?
Was meint Geschlechtsausdruck? Gemeint ist wohl das biologische Geschlecht? --NichtA11w1ss3nd • Diskussion 22:08, 5. Nov. 2019 (CET)
- Das ist die deutsche Bezeichnung für gender expression. Also Kleidungsstil, Haarschnitt, Makeup, ... Beispiel: Lea DeLaria und Category:Rachel Maddow sind Frauen mit eher maskuliner Genderexpression. In gewisser Weise ist das auch Teil des „biologischen“ Geschlechts (was auch immer das sein soll) *scnr* --nenntmichruhigip (Diskussion) 22:43, 5. Nov. 2019 (CET)
- Ausdruck, der: Substantiv zu ausdrücken (hier nicht zu ausdrucken); Geschlechtsausdruck, also wie man sein Geschlecht ausdrückt --Blobstar (Diskussion) 22:54, 5. Nov. 2019 (CET)
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Enby
Das Lemma "Enby" in der dt. WP wird automatisch weitergeleitet auf die estnische Stadt Einbi, die im Schwedischen "Enby" geschrieben wird. Das wäre doch ein Grund für eine BKS. --Anfeld (Diskussion) 23:59, 23. Nov. 2019 (CET)
- Ja, hatte ich auch schon bemerkt – aber das angelsächsische enby ist im Deutschen nicht lemmawürdig, wir sind ja kein Wörterbuch für Fremdsprachen. --Chiananda (Diskussion) 02:44, 24. Nov. 2019 (CET)
- Öhm... Mir hat noch nie jemand auf die Frage nach dem Geschlecht „nichtbinär“ genannt, sondern immer „nonbinary“ oder „Enby“ (oder natürlich was binäres oder spezielleres). Vielleicht ist das ja regionsabhängig oder sowas, aber zumindest in meinem Umfeld sind auch in deutscher Sprache diese beiden Bezeichnungen deutlich üblicher. --nenntmichruhigip (Diskussion) 13:33, 24. Nov. 2019 (CET)
- Seh ich auch so. Ich würde mindestens Weiterleitungen von "non-binary"/ohne Bindestrich erwarten. --Blobstar (Diskussion) 14:53, 24. Nov. 2019 (CET)
- Als BKS-Profi möchte ich anmerken, dass jedes Anlegen einer Weiterleitung (sowie ihre Listung in einer BKS) den WP-Relevanzkriterien entsprechen muss; sowohl "enby" wie auch "non-binary" muss als relevant auch für den deutschen Sprachraum nachgewiesen sein. Genau daran habe ich mich orientiert, als ich die Vorkommen der versch. Bezeichnungen im angelsächs. und dt. Sprachraum investigativ recherchiert habe (Ergebnisse im Artikeltext). Und die Schreibweise mit Bindestrich ist out, wie Webster’s und OED zeigen. Übrigens kennt der Duden bisher die Bezeichnung weder engl. noch dt.
- Ich bin halt ein Fan von fachkundigen, belastbaren Belegen ;) Gruß --Chiananda (Diskussion) 16:29, 24. Nov. 2019 (CET)
- Also erstens mal muss überhaupt nichts die RK erfüllen, denn wie dort in der Einleitung steht sind dies „hinreichende, aber nicht notwendige Bedingungen“. Außerdem ist das Thema einer Weiterleitung immer relevant, sonst gäbe es kein Ziel auf das die Weiterleitung weiterleiten könnte. Außer wenn das Ziel nicht relevant wäre, aber ich glaube darüber brauchen wir hier nicht diskutieren. Blieben höchstens noch die Namenskonventionen, in denen es heißt „Wenn es alternative Bezeichnungen für den im Artikel behandelten Sachverhalt gibt (Synonyme), dann sollen unter diesen Bezeichnungen Weiterleitungen (auch Redirects genannt) auf den Artikel angelegt werden.“ Dass Enbys Personen nichtbinären Geschlechts sind (so wie Männer Personen männlichen Geschlechts sind; Warum gibt es da eigentlich zwei Artikel?) und es damit hinreichend synonym ist sind wir uns hoffentlich einig, oder? Und dass das auch auf deutsch verwendet wird sagt z. B. auch queer-lexikon.net, und hier noch ein paar zufällige Suchtreffer (gar nicht so leicht, weil sich viel englisches dazwischen drängt) als Beispiele für Verwendungen: [1], [2], [3], [4], [5], [6]. Das mögen zwar nicht die enzyklopädischsten Quellen sein, belegt aber durchaus, dass es tatsächlich als deutsches Wort verwendet wird. --nenntmichruhigip (Diskussion) 19:14, 24. Nov. 2019 (CET)
- Eigentlich könnten dich deine Worte „muss überhaupt nichts die RK erfüllen“ für enzyklopädische Mitarbeit disqualifizieren, und deine Wikis und Foren als Fallbeispiele gelten nicht als „zuverlässige Informationsquellen“.
- Ich entferne den BK-Hinweis zu Einbi: „Der Ort hat neunzehn Einwohner“, Enby bleibt Weiterleitung hierhin und wird vermutlich zukünftig noch relevanter. --Chiananda (Diskussion) 17:01, 27. Nov. 2019 (CET)
"Enby" (116 Abrufe bisher in 2020) leitet jetzt weiter auf den Schweden Erik Ossian Hugo Enby, der {{Weiterleitungshinweis}} steht dort statt hier über dem Artikel (843 tägl. Abrufe 2020, siehe Diskussion). Gruß --Chiananda (Diskussion) 21:24, 12. Sep. 2020 (CEST)
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Verschiebung zu „Geschlechtsidentität“
Damit es nicht untergeht: Nebenan gab es Widerspruch gegen die Verschiebung. --nenntmichruhigip (Diskussion) 13:39, 24. Nov. 2019 (CET)
Hiermit möchte ich meine Verschiebung des Artikels von „Nichtbinäres Geschlecht“ zu „Nichtbinäre Geschlechtsidentität“ begründen, mit 3 Argumenten:
- Nichtbinäres Geschlecht ist als anerkannte (Fach-)Bezeichnung unbelegt.
- Geschlecht ist mehrdeutig und wirkt missverständlich.
- Geschlechtsidentität ist belegt und eindeutig, wirkt verständlich.
1. Nichtbinäres Geschlecht: unbelegt
Bevor ich begann, den Artikel zu bearbeiten, stand in der Einleitung: „Als nichtbinäres Geschlecht…werden Geschlechtsidentitäten bezeichnet…“. Literatur gab’s keine und viele Belege waren LGBT-Wikis und Blogs (unzuverlässige Informationsquellen).
Ich habe dann in Fachliteratur nach Bezeichnungen und Definitionen gesucht zu den Stichworten „nichtbinär, nonbinary“ (auch mit Bindestrichen). Was ich finden konnte, habe ich mit Zitaten im Abschnitt "Definitionen und Identitäten" aufgeführt und unter "Literatur" gelistet. Die engl. Wörterbucheinträge dienen dabei nicht der inhaltlichen Bestimmung, sondern dem Beweis der Akzeptanz von Bedeutung und Schreibweise – der Duden kennt „nicht[-]binär“ nicht. Im Definitionen-Abschnitt läuft alles auf „Geschlechtsidentität“ hinaus, die Bezeichnung „nichtbinäres Geschlecht“ lässt sich in deutschsprachiger Fachliteratur nicht finden.
2. Geschlecht: uneindeutig
„Geschlecht“ ist äußerst mehrdeutig (seit Jahren bin ich an der Begriffsklärung des Stichworts "Geschlecht" beteiligt). In Bezug auf Personen hat das Wort zwei Bedeutungen:
- A) biologisches Geschlecht (weibl./männl./menschl. Geschlechtsunterschiede)
- B) soziales Geschlecht (Gender/Geschlechtsidentität/Geschlechtsrolle)
Die Bezeichnung „nichtbinäres Geschlecht“ lässt dahingehend keine Eindeutigkeit erkennen. Sollte es als „soziales“ zu verstehen sein (nonbinary gender), müsste das Lemma entsprechend „Nichtbinäres soziales Geschlecht“ oder „Nichtbinäres Gender“ heißen, was auch nicht zur Eindeutigkeit beiträgt. Dagegen erschließt sich aus „Nichtbinäre Geschlechtsidentität“ der Bedeutungsinhalt unmissverständlich.
Szenebedeutung
Sofern sich in LGBTQIA+-Kulturen ein Anspruch auf die Bezeichnung „nichtbinäres Geschlecht“ findet, sei darauf hingewiesen, dass die Kombination von mehrdeutigem „Geschlecht“ mit dem unbekannten „nichtbinär“ nicht gerade zum Verständnis beiträgt – vor allem, weil die reklamierenden Personen nicht am allgemeinen Verständnis von „Geschlecht“ gemessen werden wollen. Bestrebungen, das als eigene Geschlechtskategorie im Sinne des Konzepts „Drittes Geschlecht“ zu etablieren, müssten sich erst in der Fachliteratur und dann in Sekundärliteratur niederschlagen, um enzyklopädisch relevant zu werden.
„Nichtbinäre Person“
Im Artikel wird ganz unten die Kennnummer LCCN sh2017-004882 angezeigt, die zum Lemma „Gender-nonconforming people“ führt (seit Ende 2017), das auch Non-binary people erfasst (sowie Genderqueer people). Entsprechend heißt hierzuwiki die Kategorie „Nichtbinäre Person“ – und nicht etwa „Nichtbinäres Geschlecht“ (vergleiche auch die Kategorien Intergeschlechtliche/Transgeschlechtliche Person).
3. Geschlechtsidentität: Praxistest
Parallel zur Ausarbeitung des Artikels habe ich die momentan 189 nichtbinären Biografien untersucht und nach geschlechtsneutralen Formulierungen gesucht (Workshop „Geschlechtsneutrale Biografie“). Dabei wurde nochmals klar, dass die Formulierung „Geschlecht“ unangebracht ist, beispielsweise: „Sam Smiths Geschlecht ist nichtbinär“? Eine derartige Formulierung lässt Assoziationen freien Lauf, verbunden mit einem vergewissernden Blick auf Sams Hose. „Sams Geschlechtsidentität ist nichtbinär“ liest sich unmissverständlich, genau wie „Sam identifiziert/versteht sich als nichtbinär“. So bleibt die Frage nach Sams biolog. Geschlecht außen vor, und genau das ist grundsätzlich von nichtbinären Personen erwünscht: Es soll um ihr Selbstempfinden gehen, nicht um ihr (bei Geburt zugewiesenes) Geschlecht. Von den nichtbinären Biografien brauchen wir nicht zu wissen, welches Geschlecht den Personen bei Geburt zugewiesen wurde, aber wir wissen, dass alle damit nicht identifiziert werden wollen (so definieren sich nur 3 der körperlich 30 intergeschlechtlichen Personen als nichtbinär).
Konsequenz:
Meiner Ansicht nach ist das Lemma „Nichtbinäre Geschlechtsidentität“ enzyklopädisch korrekt, während „Nichtbinäres Geschlecht“ bisher unbelegt und uneindeutig bleibt. Grüße --Chiananda (Diskussion) 01:40, 26. Nov. 2019 (CET)
- Nachtrag: ein 2017er-Zitat von Hannes Rudolph, Psychologe und Leiter der Fachstelle für Transmenschen in Zürich:
- „Trans* ist kein eigenes Geschlecht. Transmenschen können männlich, weiblich oder nicht-binär sein oder gar kein Geschlecht haben. Die Identität entscheidet.“
- Hannes Rudolph: Das Kleine T-Einmaleins. In: VLSP.de. Verband für lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intersexuelle und queere Menschen in der Psychologie, 14. April 2017 (Artikelliste).
- --Chiananda (Diskussion) 02:15, 26. Nov. 2019 (CET)
- Archivierung dieses Abschnittes wurde gewünscht von: --Chiananda (Diskussion) 04:38, 6. Dez. 2021 (CET)