Gewerkschaften in Russland
Die Gewerkschaften in Russland gehören zum größten Teil einem der beiden Gewerkschaftsbünde
- Föderation der Unabhängigen Gewerkschaften Russlands (FNPR) und
- Konföderation der Arbeit Russlands (KTR)
an.
Die Corona-Krise hat zur Bildung neuer Gewerkschaften im Sektor der Plattformökonomie geführt. Es bildeten sich Zusammenschlüsse von Arbeitern (z. B. Taxifahrer oder Lieferpersonen des Delivery Clubs), die entstehende Verstoße gegen das Arbeitsrecht bekämpften. Einige von ihnen bildeten sich weiter zu Gewerkschaften, andere wiederum zerfielen kurz danach.[1]
Geschichte, rechtliche Situation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Russland kam es nach dem Ende der Sowjetzeit, wie in vielen Staaten der ehemaligen Sowjetunion, zu einer Legitimitätskrise und damit einhergehend, zu einem Mitgliederschwund. Die FNPR, der formell größte Dachgewerkschaftsverband Europas, hat zwar immer noch 28 (nach anderen Angaben für das Jahr 2012: 24) Millionen Mitglieder, aber 1993 waren es noch fast 60 Millionen. Zwischen 1992 und 1999 verließen ca. 3 Millionen Arbeiter pro Jahr die Gewerkschaften. Die KTR, der zweitgrößte Gewerkschaftsdachverband, entstanden aus der Zeit des sowjetischen Arbeiteraktivismus von 1988 – 1993 und 1995 offiziell gegründet, konnte davon jedoch kaum profitieren.[2]
Die Zivilgesellschaft in Russland ist insbesondere nach 2012 mit der Verabschiedung des sogenannten »Agenten-Gesetzes« in einer schwierigen Situation. Gewerkschaften fallen eigentlich nicht unter diese einschränkenden Gesetze, bisher müssen sie also nicht ihre Finanzen in gleichem Maße offenlegen und laufen keine Gefahr, als »ausländische Agenten« deklariert zu werden. Anfang 2018 wurde dennoch die Gewerkschaft MPRA (Interregionale Gewerkschaft Arbeiter-Allianz) von einem Gericht in St. Petersburg mit Verweis auf Grundlage des »Agenten-Gesetzes« verboten. Im Mai 2018 wurde die Entscheidung vom Obersten Gericht zwar wieder zurückgenommen. Dennoch war der Versuch deutlich zu erkennen den Gewerkschaften die Grenzen ihres Handlungsbereiches zu verdeutlichen.[1]
Mitgliederzahlen, internationale Anbindung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Name des Gewerkschaftsbunds | Mitglieder | Zugehörigkeit zu einem Internationalen Gewerkschaftsverband |
---|---|---|
Федерация Независимых Профсоюзов России, ФНПР (Föderation der unabhängigen Gewerkschaften Russlands, FNPR) |
27.800.000 | IGB, GCTU |
Конфедерáция трудá России – КТР (Konföderation der Arbeit Russlands, KTR) |
2.110.000 | IGB |
(Alle Angaben nach FES, Gewerkschaftsmonitor Russland 2021 (s. Literatur), S. 4; zu den Mitgliederzahlen und internationalen Verbindungen einzelner Mitgliedsgewerkschaften s. die Artikel zu den Gewerkschaftsbünden.)
Über den Pan-Europäischen Regionalrat besteht in beiden Fällen eine Verbindung zum Europäischen Gewerkschaftsbund.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Sarah Ashwin, Simon Clarke: Russian Trade Unions and Industrial Relations in Transition, Basingstoke and New York: Palgrave, 2002.
- Pjotr Bisjukow, Oksana Grischko: Gewerkschaften in Russland, März 2012. Friedrich-Ebert-Stiftung-Website.
- Daniel Blackburn (Hrsg.), Trade Unions of the World, London (The International Centre for Trade Union Rights), 8th edition, 2021, ISBN 978-0-9933556-2-2, S. 513–521
- Friedrich-Ebert-Stiftung, RUSSLAND Gewerkschaftsmonitor: 2019 (Juni), PDF, 6 S., 2020 (März), PDF, 6 S., 2021 (April), PDF, 7 S., abgerufen am 26. Februar 2022
- IG BCE, RAG Coal International AG (Hrsg.), Arbeitsbeziehungen international, Hannover 2005, S. 21–26
- Bernhard Pfitzner, Basisinformationen zu Gewerkschaften in Russland, Hannover 2023, 12 S., PDF
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Russland: Gewerkschaftsmonitor; FES Briefing, Seite der Friedrich-Ebert-Stiftung mit Ausgaben des Monitors für 2019, 2020 und 2021 (s. o.), abgerufen am 26. Februar 2022
- Seiten in der Rubrik Internationales bei labournet: „Russland“, abgerufen am 26. März 2022, „Gewerkschaften in Russland“, abgerufen am 31. März 2022
- Russland-Analysen Heft 389 (Juli 2020), PDF, 37 S., mit den Themen „Arbeitsproteste“ (S. 2–11) u. a., abgerufen am 1. April 2022