Grünenwulsch

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Grünenwulsch
Koordinaten: 52° 39′ N, 11° 41′ OKoordinaten: 52° 39′ 16″ N, 11° 40′ 49″ O
Höhe: 49 m ü. NHN
Fläche: 2,82 km²[1]
Einwohner: 58 (31. Dez. 2023)[2]
Bevölkerungsdichte: 21 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Juli 1973
Eingemeindet nach: Grassau
Postleitzahl: 39628
Vorwahl: 039324
Grünenwulsch (Sachsen-Anhalt)
Grünenwulsch (Sachsen-Anhalt)
Lage von Grünenwulsch in Sachsen-Anhalt
Grünenwulsch (2022)
Grünenwulsch (2022)

Grünenwulsch gehört zur Ortschaft Grassau und ist ein Ortsteil der Stadt Bismark (Altmark) im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt.[3]

Grünenwulsch, ein Straßendorf mit Kirche,[1] liegt neun Kilometer östlich der Kernstadt Bismark und zwei Kilometer südlich von Grassau in der Altmark.[4]

Nachbarorte sind Bülitz im Westen, Grassau im Norden, Schinne und Darnewitz im Osten und Kläden im Südwesten.[4]

Mittelalter bis Neuzeit

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Im Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 wird das Dorf als Lutken Wultzkow erstmals aufgeführt. Es umfasste 23 Hufen. Grundherren waren Friedrich von Dequede und die von Klöden. Teile des Ortes lagen wüst.[5] 1518 hieß der Ort sidenn wulske.[6] Im Abschied der Visitation der Pfarrei Grassau vom November 1540 ist die Tochterkirche Side Wulske aufgeführt.[7][8]

Im Jahre 1609, als noch Hexenprozesse üblich waren, sollte der Schulze in Grünenwulsch ein Alraunichen haben und den Drachen hausen und füttern. Er gestand nichts und musste von der Inquisition absolviert werden.[9] Einige Jahre später, im Dreißigjährigen Krieg, war der Ort infolge von Pest und Drangsal ausgestorben und lag lange Zeit wüst. Als sich neue Bewohner fanden, die das Dorf wieder aufbauen wollten, wurde 1654 eine Kommission, auch aus Leuten des Nachbardorfs Bülitz, gebildet, die die Äcker neu ein- und verteilte, wiewohl man nicht genau wusste, was vor alters zu den Bauern- und Kossätenhöfen gehört hatte.[10]

Weitere Nennungen sind 1656 Grünen Wultsche oder Sieden Wultsche, 1687 Grünen Wultsche und Sieden Wultzsche, 1720 Grünen Nieder-Wulsch[1] und 1804 Grünwulsch, ehedem Lüttenwulsch.[11]

Der ursprüngliche Turm der Kirche, der aus dem 18. Jahrhundert stammte, ist mit Schablonenschiefer gedeckt gewesen.[12] Er musste 1972 nach einem Sturm abgetragen werden, dem Orkan Quimburga. Mit Unterstützung der Gemeinde wurde ein neuer kleinerer Fachwerkturm auf der Kirche errichtet.[13]

Bei der Bodenreform wurden 1945 ermittelt: 16 Besitzungen unter 100 Hektar hatten zusammen 297 Hektar, eine Kirchenbesitzung hatte 11 Hektar Land.[1] Im Jahr 1955 entstand die erste Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft, eine LPG Typ III.[13] Später, wohl vor 1960, kam die LPG Typ I „Blühendes Leben“ dazu. 1974 schlossen sich beide mit der LPG Typ III „Tag des Friedens“ Grassau und der LPG Typ III „Völkerfreundschaft“ Bülitz zusammen.[1]

Herkunft des Ortsnamens

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Der heutige Ortsname Grünenwulsch setzte sich erst am Anfang des 20. Jahrhunderts durch.[14]

Heinrich Sültmann vermutete, der Name 1375 lütken wultzkow , 1377 syden woltzke, erkläre sich aus dem slawischen Wort „vulske“ für „Erle“ und der wechselnd gebrauchten Endung „ow, ke“ und „sche“ als „Erlenort“.[12][15]

Aleksander Brückner leitete die Ortsnamen Wulsch(e) vom altslawischen „vlьkь“ für „Wolf“ ab.[16] Damit könnte man den Namen mit „Kleinwolf“ übersetzen.

Eingemeindungen

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Ursprünglich gehörte das Dorf zum Stendalischen Kreis der Mark Brandenburg in der Altmark. Zwischen 1807 und 1813 lag der Ort im Kanton Schinne im Distrikt Stendal auf dem Territorium des napoleonischen Königreichs Westphalen. Ab 1816 gehörte die Gemeinde zum Landkreis Stendal.[1]

Grünenwulsch wurde am 25. Juli 1952 dem Kreis Stendal zugeordnet. Die Gemeinde Bülitz wurde am 1. Januar 1957[17] oder erst 1961[1] nach Grünenwulsch eingemeindet. Am 1. Juli 1973 wurde die Gemeinde Grünenwulsch mit ihrem Ortsteil Bülitz nach Grassau eingemeindet.[17] Seit dem 1. Januar 2010 gehört der Ortsteil Grünenwulsch auch zur neu gebildeten Ortschaft Grassau der Stadt Bismark (Altmark).[18]

Einwohnerentwicklung

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Jahr Einwohner
1734 52
1772 59
1790 62
1798 48
1801 58
1818 56
1840 76
1864 81
1871 79
1885 93
Jahr Einwohner
1892 [00]089[19]
1895 096
1900 [00]101[19]
1905 108
1910 [00]100[19]
1925 100
1939 092
1946 160
1964 204
1971 180
Jahr Einwohner
1993 [00]65[13]
2000 [00]84[13]
2005 [00]72[13]
2010 [00]72[20]
2018 [00]63[21]
2020 [00]63[22]
2021 [00]63[23]
2022 [0]61[2]
2023 [0]58[2]

Quelle, wenn nicht angegeben, bis 1971:[1]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

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Kirche zu Grünenwulsch (Oktober 2018)
  • Die evangelische Dorfkirche Grünenwulsch ist ein flach gedeckter Feldsteinbau aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts.[28] Über dem Westteil erhebt sich ein quadratischer Fachwerkturm.
  • Die Kirche steht auf dem Ortsfriedhof.

Die Hauptverkehrsstraße von und nach Grünenwulsch ist die Kreisstraße (K 1053) von Kläden nach Grassau.

Es verkehren Linienbusse und Rufbusse von stendalbus.[29]

Der nächstgelegene Bahnhof ist im Nachbarort Kläden (Bahnstrecke Stendal–Uelzen).

  • Renate Pieper: Geschichtliches aus 39 Orten der Einheitsgemeinde Stadt Bismark (Altmark). Bismark 2019, S. 114–119, Grünenwulsch.
  • Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S. 2507–2510, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
  • Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC 614308966, S. 107 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
  • J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC 1071081004, S. 295, 40. Grünwulsch (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Commons: Grünenwulsch – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S. 2507–2510, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
  2. a b c Axel Junker: Bismark verliert weiter Einwohner. In: Stendaler Volksstimme, Der Altmärker (E-Paper). 13. Januar 2024, DNB 1002381223, S. 20.
  3. Hauptsatzung der Einheitsgemeinde Bismark (Altmark), §15 Ortschaftsverfassung. 31. Oktober 2018, abgerufen am 5. Dezember 2021.
  4. a b Sachsen-Anhalt-Viewer des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (Hinweise)
  5. Johannes Schultze: Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 (= Brandenburgische Landbücher. Band 2). Kommissionsverlag von Gsellius, Berlin 1940, S. 317–318, Lutken Wultzkow (uni-potsdam.de (Memento vom 14. Dezember 2019 im Internet Archive)).
  6. Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Haupttheil 1. Band 16. Berlin 1859, S. 377 (Digitalisat).
  7. BLHA, Rep. 40A Kurmärkisches Konsistorium, Nr. 95 – Visitation der Dörfer zu Stendal – Seite 37r. Online
  8. Julius Müller, Adolf Parisius (Hrsg.): Die Abschiede der in den Jahren 1540 bis 1542 in der Altmark gehaltenen ersten General-Kirchen-Visitation mit Berücksichtigung der in den Jahren 1551, 1578-1579 und 1600 gehaltenen Visitationen. Band 1, Heft 3. Magdeburg 1895, S. 184 (Scan [PDF]).
  9. Lieselott Enders: Die Altmark. Geschichte einer kurmärkischen Landschaft in der Frühneuzeit (Ende des 15. bis Anfang des 19. Jahrhunderts). In: Klaus Neitmann (Hrsg.): Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs. Band 56. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-1504-3, S. 1269, 1270, doi:10.35998/9783830529965.
  10. Lieselott Enders: Die Altmark. Geschichte einer kurmärkischen Landschaft in der Frühneuzeit (Ende des 15. bis Anfang des 19. Jahrhunderts). In: Klaus Neitmann (Hrsg.): Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs. Band 56. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-1504-3, S. 126, doi:10.35998/9783830529965.
  11. Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch-topographische Beschreibung der gesammten Mark Brandenburg. Für Statistiker, Geschäftsmänner, besonders für Kameralisten. Band 1. Berlin 1804, S. 259 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10000735~SZ%3D00281~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  12. a b Friedrich Hoßfeld, Ernst Haetge: Der Kreis Stendal Land (= Die Kunstdenkmale der Provinz Sachsen. Band 3). Hopfer, 1933, DNB 362544441, S. 93–95, Grünwulsch.
  13. a b c d e Renate Pieper: Geschichtliches aus 39 Orten der Einheitsgemeinde Stadt Bismark (Altmark). Bismark 2019, S. 114–119, Grünenwulsch.
  14. Königlich Preußisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Gemeindelexikon für die Provinz Sachsen. Aufgrund der Materialien der Volkszählung vom 1. Dezember 1905. 1909, DNB 365941735, S. 100–101, Nr. 43.42 Grünenwulsch.
  15. nach Friedrich Hoßfeld: Heinrich Sültmann: Die Ortsnamen im Kreise Stendal. In: Altmärkische Tageszeitung. Juli 1932, ZDB-ID 2511766-X, Beilage „Die Altmärkische Heimat“.
  16. Aleksander Brückner: Die slavischen Ansiedlungen in der Altmark und im Magdeburgischen (= Preisschriften, gekrönt und herausgegeben von der Fürstlich-Jablonowskischen Gesellschaft zu Leipzig. Band 22). 1879, S. 85, 56 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A11381473~SZ%3D00091~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  17. a b Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7, S. 342, 345 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder).
  18. Landkreis Stendal: Gebietsänderungsvertrag Einheitsgemeinde Stadt Bismark. In: Amtsblatt für den Landkreis Stendal. 19. Jahrgang, Nr. 17, 12. August 2009, ZDB-ID 2665593-7, S. 192–201 (landkreis-stendal.de [PDF; 7,0 MB; abgerufen am 30. Oktober 2021]).
  19. a b c Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC 614308966, S. 107 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
  20. Grassau, Grünenwulsch und Bülitz (Memento vom 29. Oktober 2014 im Internet Archive)
  21. Einheitsgemeinde Stadt Bismark (Altmark): Grassau, Grünenwulsch und Bülitz. In: stadt-bismark.de. 3. Dezember 2019, abgerufen am 2. Januar 2022.
  22. Axel Junker: Positive Tendenz bei Umzügen. In: Stendaler Volksstimme, Der Altmärker. 14. Januar 2022, DNB 1002381223, S. 18.
  23. Yulian Ide: Hurra! Wir wachsen wieder! In: Stendaler Volksstimme, Biese-Aland-Kurier. 21. Januar 2023, DNB 1047269554, S. 19–20.
  24. Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen der Grafschaften Wernigerode, Rossla und Stolberg. 19. Jahrgang, 1903, ZDB-ID 551010-7, S. 110 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
  25. Pfarrbereich Kläden. Abgerufen am 6. Januar 2022.
  26. Ernst Machholz: Die Kirchenbücher der evangelischen Kirchen in der Provinz Sachsen. In: Mitteilungen der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte. 30. Heft, 1925, ZDB-ID 504809-6, S. 16 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
  27. Bistum Magdeburg, Online-Bistumskarte. 2013, abgerufen am 7. Januar 2022.
  28. Thomas Hartwig: Alle Altmarkkirchen von A bis Z. Elbe-Havel-Verlag, Havelberg 2012, ISBN 978-3-9814039-5-4, S. 166.
  29. Fahrplan der Linie 930. In: stendalbus.de. Abgerufen am 8. Januar 2022.