Kastell Urlueni

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Kastell Urlueni I
Alternativname Kastell Mare de la Urlueni
Limes Dakischer Limes
Abschnitt Limes Transalutanus
A / IX / 55[1]
Datierung (Belegung) hadrianisch (?), aber wahrscheinlicher
Mitte 2. bis Mitte 3. Jh.
spätestens jedoch
Beginn des 3. Jh.
Typ Auxiliarkastell
Einheit unbekannt
Größe 105 m × 123 m = 1,3 ha
Bauweise A) Holz-Erde-Mauer
B) Backsteinkastell
Erhaltungszustand sichtbares Bodendenkmal
Ort Afrimești/Bârla/Kreis Argeș
Geographische Lage 44° 29′ 9,3″ N, 24° 45′ 41,1″ OKoordinaten: 44° 29′ 9,3″ N, 24° 45′ 41,1″ O
Höhe 190 m
Vorhergehend Kastell Ghioca
(A / IX / 54; südlich)
Anschließend Kastell Izbășești
(A / IX / 57; nördlich)
Rückwärtig Kastell Momotești
(A / X / 72; nordwestlich)
Acidava
(A / X / 71; westsüdwestlich)
Kastelle von Reșca
(A / X / 70; südwestlich)

Unter dem Namen Kastell Urlueni (auch: Kastell Urluieni) versteht man zwei unmittelbar beieinander liegende römische Hilfstruppenkastelle auf dem Gebiet des zur Gemeinde Bârla gehörenden Dorfes Afrimești im rumänischen Kreis Argeș. Die beiden Militäranlagen liegen unmittelbar nebeneinander und befinden sich am westlichen Rand der Region Große Walachei. In antiker Zeit waren sie Bestandteile des Dakischen Limes, konkret des Abschnittes Limes Transalutanus (Transalutanischer Limes; Limes jenseits des Olt). Administrativ gehörten sie möglicherweise schon zur Provinz Dacia inferior, später dann zur Dacia Malvensis. Gemeinsam mit insgesamt 277 Stätten des Dakischen Limes wurde das Kastell Urlueni 2024 zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben.

Lage und Forschungsgeschichte

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Die beiden Kastelle liegen am nordwestlichen Rand des Dorfes Afrimești, knapp einen Kilometer westlich von Urlueni und rund 350 m westlich des Flusses Cotmeana. Die Kastelle Urlueni I und Urlueni II trennt nur eine Entfernung von weniger als 100 Metern, auf teilbewaldeten oder landwirtschaftlich genutzten bzw. brach liegenden Flächen. Urlueni I ist gut, Urlueni II ist nicht im Gelände sichtbar.[2][3][4][5][6]

Als archäologisch relevante Fläche war das Gelände bereits seit dem Ende des 19./Beginn des 20. Jahrhunderts bekannt.[7] Wissenschaftliche Ausgrabungen erfolgten dann in den Jahren 1929/1930 durch Vasile Christescu sowie 1973, 1983 bis 1988,[8] 1994 bis 1996,[9][10][11] und 1998 bis 2001[12][13][14] unter Ioana Bogdan Cataniciu. Schließlich nahm Eugen S. Teodor zwischen 2015 und 2017[15] Geländebegehungen sowie orthofotografische Untersuchen und geophysikalische Prospektionen vor.[5][6]

Archäologische Befunde

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Kastell Urlueni I (Mare de la Urlueni)

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Bei den archäologischen Ausgrabungen konnten im Kastell Urlueni I zwei Bauphasen differenziert werden. Bei der ersten Phase handelt es sich um ein Holz-Erde-Lager, bei der zweiten um ein Kastell aus Backsteinen. Leider fehlten datierbare Funde, um eine genaue Chronologie zu erstellen. In beiden Phasen hatten die Lager den gleichen rechteckigen Grundriss von 105 m mal 123 m, was einer bebauten Fläche von 1,3 Hektar entspricht. Das Kastell war nicht mit seinen Seiten, sondern mit den Lagerecken in die vier Himmelsrichtungen ausgerichtet. Von Cataniciu und Gudea wurde die Hypothese aufgestellt, dass es sich um eine hadrianische (117–138) Gründung handeln könnte. Demgegenüber schlugen Ovidiu Țentea et al. eine sehr späte Gründung im ersten Viertel des dritten Jahrhunderts vor. Die Truppen, die in Urlueni I ihren Dienst verrichteten, sind unbekannt.[2][3][4][5][6][8]

Holz-Erde-Bauphase

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In seiner ersten Bauphase hatte das Lager einen rechteckigen Grundriss mit abgerundeten Ecken, im typischen Spielkartenformat. Geschützt wurde es durch einen Holz-Erde-Wall von erhaltenen zehn Metern Breite und 1,20 m erhaltener Höhe. Als Annäherungshindernis konnte an der Ost- und Westseite ein einzelner Wehrgraben von 1,20 m Tiefe festgestellt werden. An der Nordseite stießen die Archäologen auf ein Doppelgrabensystem, dessen innerer Graben 1,50 m tief war, während der äußere Graben über eine Breite von acht Metern und über eine Tiefe von 2,80 m verfügte. Die Südseite wies wieder einen Einzelgraben von zwei Metern Tiefe auf.[2][3][4][5][6][8]

Backsteinbauphase

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In der Backsteinbauphase wurde der Wall durch eine Ziegelmauer ersetzt. Das Kastell hatte die gleiche rechteckige Form mit abgerundeten Ecken, den gleichen Grundriss und die gleiche Ausrichtung wie das vorherige Bauwerk. Die Mauer besaß eine Mächtigkeit von 1,50 m bis 1,60 m sowie einen Wehrgang, bei dem drei Bauphasen differenziert werden konnten:

  • Wehrgang auf Holzpfeilern
  • Wehrgang auf Ziegelpfeilern
  • Wehrgang auf einem separaten Erdwall

Die Gräben der Holz-Erde-Phase blieben erhalten. Zwei Tore mit einer Durchgangsbreite von jeweils 3,50 m konnten an der Ost- und Nordseite nachgewiesen werden. Die Tortürme haben den Grundriss eines gleichschenkeligen Trapezes (5,50 m/5,50 m/4,70 m/5,50 m) und springen leicht nach außen vor. Da die Porta principalis sinistra auf der Ostseite nachgewiesen wurde, ist davon auszugehen, dass das Kastell mit seiner Prätorialfront nach Süden hin ausgerichtet war. Die Ecktürme besitzen einen trapezförmigen Grundriss. Im Inneren des Lagers konnten die Principia teilweise freigelegt werden. Sie besaßen Abmessungen von 29,80 m mal 31,50 m, womit sie eine Fläche von fast 939 qm bedeckten. Ein weiteres größeres Gebäude im Latus dextrum (rechte Lagerhälfte) wurde als Praetorium, das Wohngebäude des Kommandanten, angesprochen.[2][3][4][5][6][8]

Kastell Urlueni II

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Kastell Urlueni II
Limes Dakischer Limes
Abschnitt Limes Transalutanus
A / IX / 56[1]
Datierung (Belegung) Mitte 2. bis Mitte 3. Jh.
Typ Numeruskastell (?)
Einheit unbekannt
Größe 85 m × 112 m = 0,95 ha
Bauweise Holz-Erde-Mauer
Erhaltungszustand nicht sichtbares Bodendenkmal
Ort Afrimești/Bârla/Kreis Argeș
Geographische Lage 44° 29′ 4,8″ N, 24° 45′ 43,2″ O
Höhe 186 m
Vorhergehend Kastell Ghioca
(A / IX / 54; südlich)
Anschließend Kastell Izbășești
(A / IX / 57; nördlich)
Rückwärtig Kastell Momotești
(A / X / 72; nordwestlich)
Acidava
(A / X / 71; westsüdwestlich)
Kastelle von Reșca
(A / X / 70; südwestlich)
Kastell Urlueni I und II im Verlauf des Limes Transalutanus (rechts)

1973 wurde Urlueni II erstmals vermessen. Die Vermessungen zeigten ein Holz-Erde-Lager mit rechteckigem Grundriss, das parallel zum Kastell Urlueni II liegt. Seine Abmessungen betragen 85 m mal 112 m, was einer Fläche von 0,95 Hektar entspricht. Auf seiner Nordseite wurde ein Verteidigungsgraben mit einer Tiefe von zwei Metern, auf seiner Westseite einer mit einer Tiefe von 1,20 m festgestellt. Es scheint zwei Bauphasen gegeben zu haben, die jedes Mal durch Feuer zerstört wurden. Die zweite Zerstörung erfolgte vermutlich im frühen dritten Jahrhundert, nach der Regentschaft des Elagabal. Es gibt aber keine datierenden Funde, die eine gesicherte Chronologie zulassen. Die Besatzung des Kastells ist unbekannt.[2][3][4][5][6][16]

Rund um die beiden Militärlager erstreckte sich der Vicus. Ein Vicus ist bei nahezu jeder römischen Garnison anzutreffen. Er ist die zivile Siedlung des Kastells, in dem die Angehörigen der Soldaten, Veteranen, Handwerker, Händler, Prostituierte, Gastwirte und andere Dienstleister wohnten und arbeiteten. Insbesondere nördlich der Siedlung wurde ein Siedlungskern identifiziert, von dem aus eine Straße nach Norden zur nächsten Garnison und eine weitere nach Osten führte, wo sie sehr wahrscheinlich den Fluss Cotmeana kreuzte.[6]

Die Münzfunde entstammen fast ausschließlich dem 3. Jahrhundert, die Münzreihe reicht von Elagabal (218–222) bis zu Philippus Arabs (244–249) und wurde überwiegend im Kastell II gefunden. Demgegenüber steht nur eine vereinzelte Prägung des Trajan, die aber aus einem ungewissen Befundkontext stammt.[17][18][19][20] Eine Firmalampe mit dem Stempel eines IANVARIVS wurde vom Ausgräber auf die Mitte des zweiten Jahrhunderts datiert. Es könnte sich dabei aber auch gut um ein lokales, provinzielles Imitat handeln, das eher auf den Beginn des 3. Jahrhunderts zu datieren wäre. Schließlich wurde im Schutt der Via sagularis noch eine Fibel aus dem dritten Viertel des 3. Jahrhunderts entdeckt.[4][5]

Fundverbleib und Denkmalschutz

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Die Aufbewahrung und Präsentation der Funde erfolgt im Institutul de Arheologie „Vasile Pârvan” (Archäologisches Institut „Vasile Pârvan“) in Bukarest.[21]

Die gesamten archäologischen Stätten stehen nach dem 2001 verabschiedeten Gesetz Nr. 422/2001 als historische Denkmäler unter Schutz gestellt. Das Gelände ist mit dem LMI-Code AG-I-s-A-13385 in der nationalen Liste der historischen Monumente (Lista Monumentelor Istorice) eingetragen.[22] Der entsprechende RAN-Code lautet 14478.01[23]. Zuständig ist das Ministerium für Kultur und nationales Erbe (Ministerul Culturii și Patrimoniului Național), insbesondere das Generaldirektorat für nationales Kulturerbe, die Abteilung für bildende Kunst sowie die Nationale Kommission für historische Denkmäler sowie weitere, dem Ministerium untergeordnete Institutionen. Ungenehmigte Ausgrabungen sowie die Ausfuhr von antiken Gegenständen sind in Rumänien verboten.

  • Ioana Bogdan Cataniciu: Nouvelles recherches sur le limes de Sur – Est de la Dacie. In: Akten des XI. Internationalen Limeskongresses, Székesfehérvár 1976, S. 337–338.
  • Ioana Bogdan Cataniciu: Castella de la Urluieni. In: Studii şi Cercetări de Istorie Veche și Arheologie 45, 4 (1994), S. 327–355.
  • Nicolae Gudea: Der Dakische Limes. Materialien zu seiner Geschichte. In: Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz. 44, 2 (1997), S. 75f. (Digitalisat).
  • Felix Marcu: The Internal Planning of Roman Forts of Dacia (= Bibliotheca Mvsei Napocensis XXX). Mega Publishing House, Cluj-Napoca 2009, ISBN 978-606-543-058-7, S. 240f.
  • Ovidiu Țentea, Florian Matei-Popescu, Vlad Călina und Alexandru Rațiu: Urlueni. In dies.: Frontiera romană din Dacia Inferior. O trecere în revistă și o actualizare. 2. Cercetări Arheologice 29.1 (2022), S. 216–218 (Digitalisat).
  • Ovidiu Țentea, Florian Matei-Popescu, Vlad Călina, Alexandru Rațiu: Urlueni. In: Limes – Frontierele Imperiului Roman în România, Nr. 11/2022, S. 22f. (Digitalisat).
  • Eugen S. Teodor: The Invisible Giant: Limes Transalutanus. An overview south of Argeş River. Editura Cetatea de Scaun, Târgoviște 2015, ISBN 978-606-537-298-6, S. 49–90.

Einzelnachweise

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  1. a b Strecke/Abschnitt/Kastellnummer (nach Nicolae Gudea, 1997).
  2. a b c d e Nicolae Gudea: Der Dakische Limes. Materialien zu seiner Geschichte. In: Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz. 44, 2 (1997), S. 75f. (Digitalisat).
  3. a b c d e Felix Marcu: The Internal Planning of Roman Forts of Dacia (= Bibliotheca Mvsei Napocensis XXX). Mega Publishing House, Cluj-Napoca 2009, ISBN 978-606-543-058-7, S. 240f.
  4. a b c d e f Ovidiu Țentea, Florian Matei-Popescu, Vlad Călina und Alexandru Rațiu: Urlueni. In: Dies.: Frontiera romană din Dacia Inferior. O trecere în revistă și o actualizare. 2. In: Cercetări Arheologice 29.1 (2022), S. 216–218 (Digitalisat).
  5. a b c d e f g Ovidiu Țentea, Florian Matei-Popescu, Vlad Călina, Alexandru Rațiu: Urlueni. In: Limes – Frontierele Imperiului Roman în România, Nr. 11/2022, S. 22f. (Digitalisat).
  6. a b c d e f g Kastelle von Urlueni auf ran.cimec.ro (rumänisch), abgerufen am 1. November 2024.
  7. Grigore Tocilescu: Fouilles et recherches archéologiques en Roumanie. Communications faites à l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres de Paris, 1892–1899. Ispasesco & Bratanesco, București 1900, S. 132.
  8. a b c d Ioana Bogdan Cataniciu: Castella de la Urluieni. In: SCIVA 45, 4 (1994), S. 327–355.
  9. Bericht 1995 von Ioana Bogdan Cataniciu.
  10. Bericht 1996 von Ioana Bogdan Cataniciu.
  11. Ioana Bogdan Cataniciu: Muntenia în sistemul defensiv al Imperiului Roman. Wallachia in the Defensive System of the Roman Empire 1st–3th centuries A.D. Muzeul Județean Teleorman (Hrsg.), Alexandria 1997, S. 96–104 (Digitalisat).
  12. Bericht 1998 von Ioana Bogdan Cataniciu.
  13. Bericht 1999 von Ioana Bogdan Cataniciu.
  14. Bericht 2001 von Ioana Bogdan Cataniciu.
  15. Kastelle von Urlueni auf ran.cimec.ro (rumänisch), abgerufen am 1. November 2024.
  16. Ioana Bogdan Cataniciu: Nouvelles recherches sur le limes de Sur – Est de la Dacie. In: Akten des XI. Internationalen Limeskongresses, Székesfehérvár 1976, S. 337–338.
  17. Ágnes Alföldy-Găzdac und Cristian Găzdac: The Coinage „Provincia Dacia” – a Coinage for One Province Only? (AD 246–257). In: Acta Musei Napocensis 39/40 (2002/03), S. 247–258.
  18. Cristian Găzdac: Monetary circulation and the abandonment of the auxiliary forts in Roman Dacia. In: Limes XVIII/2 (2002), S. 737–756.
  19. Cristian Găzdac und Ágnes Alföldy-Găzdac: The management of a monetary crisis. The ‘PMS COL VIM’and ‘PROVINCIA DACIA’ Coinages in the Roman Monetary Policy of the 3rd Century AD. In: Numismatische Zeitschrift (2008), S. 116–117.
  20. Cristian Găzdac: Monetary circulation in Dacia and the provinces from the Middle and Lower Danube from Trajan to Constantine I (AD 106-337) In: Ders. (Hrsg.): Coins from Roman Sites and Collections of Roman Coins from Romania, Volume VII. Mega Publishing House, Cluj-Napoca 2010, ISBN 978-606-543-040-2 (Digitalisat).
  21. Offizielle Webpräsenz des Institutul de Arheologie „Vasile Pârvan” (rumänisch), abgerufen am 1. November 2024.
  22. Liste der historischen Monumente auf den Internetseiten des Ministeriums für Kultur und nationales Erbe
  23. RAN 14478.01