Leo Feichtmeier

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Leo Feichtmeier (* 1933 in Amberg) ist ein römisch-katholischer Priester, Oberstudienrat a. D. und Umweltaktivist gegen die atomare Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf (WAA) in Bayern.

Leben und Wirken

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Mit zwölf Jahren, am Tag des Luftangriffs auf Amberg 1945, kam Feichtmeier ins Priesterseminar Regensburg. Auch zwei seiner Brüder wurden Priester, wobei die Mutter eher kirchenkritisch eingestellt war. Einen großen Teil seiner Priesterausbildung hatte Feichtmeier bei den Jesuiten absolviert, danach entschied er sich Diözesangeistlicher zu werden. Am 29. Juni 1964 wurde er im Regensburger Dom zum Priester geweiht und kam 1970 als Pfarrer und Religionslehrer nach Nittenau.

Feichtmeier hat sich als WAA-Pfarrer weit über die Stadt- und Landkreisgrenzen hinweg einen Namen gemacht und hält auch im Ruhestand mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg.[1]

Kirchenkritische Haltung

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Seine kritische Einstellung zur Kirche führt Feichtmeier auf seine Erziehung und Ausbildung bei den Jesuiten zurück. Er meint, die Kirche sei ein „Feudalsystem“, in der man sich fügt und vieles schluckt und man sollte sich „nicht von Rom und den Bischöfen herumkommandieren lassen“. Er fordert, dass die Kirche zum Beispiel anders mit dem Priestermangel umgehen müsste. Man sollte auf die Vorschläge maßgeblicher Theologen eingehen und bewährte verheiratete Männer weihen und auch Männer ohne Abitur zur Priesterweihe zulassen. Daneben sollte man jedem Priester die Entscheidung freistellen, ob er zölibatär leben will, denn der derzeitige Zustand sei unhaltbar.[2]

Feichmeier fordert „viel mehr Mitspracherecht der Basis“ in der Kirche, dazu müssten auch Frauen „aufgewertet“ werden und die Bischöfe sollten von der Basis gewählt werden. Auch die Gottesdienste müssten lebendiger werden und mehr für die Jugend bieten. „Wir sind eine langsam dahinsiechende Kirche mit vielen älteren Leuten.“ Die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare sieht er nicht als Problem und widerspricht dabei seinem Bischof Rudolf Voderholzer.[2]

Feichtmeier hatte seine Schwierigkeiten mit dem damaligen Bischof Müller, denn dieser wollte kritische Gruppierungen ausschalten. Er war zum Beispiel im Aktionskreis Regensburg und Wir sind Kirche und wurde dreimal zum Bischof zitiert.[3]

Widerstand gegen die WAA

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Franziskus-Marterl

Feichtmeier war besonders als Gegner und Demonstrant der Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf in den 1980er Jahren bekanntgeworden. Er war damals Religionslehrer am Gymnasium, Pfarrer in Nittenau und bei den allsonntäglichen Gottesdiensten am Franziskus-Marterl aktiv. So bekam er vom bayerischen Kultusministerium ein Disziplinarverfahren, weil er sich „agitatorisch“ gebärdet und so gegen das Mäßigungsgebot des Beamtengesetzes verstoßen habe.[4][5]

Auf einer ökumenischen Andacht auf dem Schwandorfer Marktplatz im Juni 1986 verlas Feichtmeier den ersten Hirtenbrief gegen die WAA im deutschsprachigen Raum vom Linzer Bischof Maximilian Aichern.[6] Der Regensburger Generalvikar Fritz Morgenschweis meinte, er dürfe sich nicht einmischen, „wenn es um unser Kraftwerk geht!“ Feichtmeier hat aber die Schöpfung in Gefahr gesehen. „Langsam“ hat er das Establishment aus Kirchenoberen und CSU in Frage gestellt und die Furcht vor den Mächtigen verloren.[7] Feichtmeier warnte: „Wenn die CSU meint, sie habe in Bayern die Kirche auf Lebenszeit für sich gepachtet, dann täuscht sie sich.“[8]

Für Feichtmeier war das Geschehen um die WAA-Wackersdorf „Demokratie von unten – im Grunde auch der Kampf um Demokratie. Viele Menschen haben sich hier sehr mündig gezeigt.“[2]

2021 wurde er mit der Verdienstmedaille des Landkreises Schwandorf ausgezeichnet. In der Begründung heißt es, Feichtmeier „ermutigte seit jeher seine Zuhörer und Schüler, sich seine eigene Meinung zu bilden. So stand er auch gegen [den] Widerstand der Obrigkeit als ‚WAA-Pfarrer‘ am Bauzaun und predigte für die Demonstranten.“[9]

Anlässlich Feichtmeiers 90. Geburtstags sagte Nittenaus Bürgermeister Benjamin Boml: „Gäbe es mehr Menschen wie Sie, hätten wir viele Probleme nicht, die wir in Deutschland haben“, und lobte Feichtmeier als achtsamen Demokraten und wachsamen Mahner vor den Schrecken der Hitler-Zeit.[10]

Dokumentationen

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  • Einweihung des Solarparks Fronberg durch Leo Feichtmeier und weiteren WAA-Gegnern 2018[12]
  • Interview mit Pfarrer Leo Feichtmeier, Mitglied des Arbeitskreises Theologie und Kernenergie in Regensburg, über die Erfahrungen mit der Amtskirche (auch gerade vor dem Hintergrund des einstigen konziliaren Aufbruchs) und der weltlichen Obrigkeit: Ein Traum von Kollegialität. In: Roman Arens, Beate Seitz, Joachim Wille: Wackersdorf. Der Atomstaat und die Bürger. Essen 1987, S. 98–103, ISBN 978-3884744246
  • Pfarrer Leo Feichtmeier - Arbeitskreis Theologie/Kernergie in: Radi Aktiv 5/1985, S. 34[15]

Einzelnachweise

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  1. WAA-Proteste machten ihn bekannt - Auch mit 90 predigt er noch fleißig – Leo Feichtmeier wurde vor 60 Jahren zum Priester geweiht in: Mittelbayerische Zeitung vom 28. Juni 2024
  2. a b c Ein kreativer und kritischer Ordensmann Interview in: Mittelbayerische Zeitung vom 1. September 2018
  3. Pfarrer widerspricht dem Bischof (Rudolf Voderholzer) - Leo Feichtmeier ist ein Original in Nittenau. Der 87-Jährige sieht die Segnung von homosexuellen Paaren nicht als Problem. in: Mittelbayerische Zeitung vom 24. März 2021
  4. Ihr schaut’s ja aus wie die Raubritter – Siegel-Redakteur Tom Schimmeck über Wackersdorf und den Atomstaat in der Oberpfalz. in: Der Spiegel, 11. Juli 1988.
  5. Theologe Leo Feichmeier bei Marterl-Andacht: „Zeichen des Protests“ – Der katholische Theologe Leo Feichtmeier gehört in den 1980er Jahren zu den Staatsfeinden. Drei Disziplinarverfahren strengte die Regierung gegen den Religionslehrer am Gymnasium Nittenau an. – (Onetz vom 30. April 2018)
  6. „Bauzaun beginnt an der Grenze zu Österreich“ – Demonstration und Andacht gegen WAA-Bau / Christa Meier wirft der CSU Völkerrechtsverletzung vor – (Mittelbayerische Zeitung vom 30. Juni 1986 auf Kultur gegen die WAA, S. 6)
  7. Auf einem fast vergessenen Schlachtfeld - Vor 20 Jahren kam es in Wackersdorf zu einer legendären Kraftprobe zwischen dem Staat und Bürgern, die eine Wiederaufbereitungsanlage verhindern wollten. in: taz vom 4. Februar 2006
  8. »Ausstieg ist nicht Christenpflicht« - Mit dem Beistand der Amtskirche will die CSU den Protest gegen die Atomfabrik Wackersdorf brechen in: Der Spiegel vom 17. August 1986
  9. Der Landkreis Schwandorf verleiht in einer Feierstunde Verdienstmedaillen in: Der Ostbayern Kurier vom 12. Juni 2021
  10. Als „WAA-Pfarrer“ ist Leo Feichtmeier aus Nittenau unvergessen – (Mittelbayerische Zeitung vom 31. Juli 2023)
  11. Atomstreit in Wackersdorf auf YouTube (Laufzeit: 44 Min).
  12. Einweihung des Solarpark Fronberg - Der Solarpark wurde jetzt feierlich von Leo Feichtmeier und weiteren WAA-Gegnern eingeweiht. auf Oberpfalz TV vom 23. Mai 2018
  13. Gedenktag WAA Wackersdorf, Am 3. Oktober 2018 trafen sich Zeitzeugen, BUND 2018 (ab 0:01:39) auf YouTube (Laufzeit: 4 Min).
  14. Gedenktag WAA Wackersdorf (Langversion) - Stationen eines Widerstands, BUND 2018 auf YouTube (Laufzeit: 12 Min).
  15. Pfarrer Leo Feichtmeier - Arbeitskreis Theologie/Kernergie Radi Aktiv 5/1985 auf Laka (Archiv)