Nationales Korps
Національний корпус / Nationales Korps | |
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Gründung | 14. Oktober 2016 |
Hauptsitz | Zoya Gaidai Straße, Kiew |
Ausrichtung | Nationalismus Ultranationalismus Rechtsextremismus EU-Skepsis Antisemitismus Ausländerfeindlichkeit Russophobie |
Werchowna Rada | 0/450 |
Regions | 23/158399 |
Mitgliederzahl | < 20.000 (2019)[1] |
Website | nationalcorps.org ( vom 1. Juli 2022 im Internet Archive) |
Das Nationale Korps (Національний корпус|Natsionalnyi korpus), auch bekannt als National Korps Partei, ist eine rechtsextreme politische Partei in der Ukraine, die 2016 von Asow-Brigade-Kommandant Andrij Bilezkyj gegründet und geleitet wurde.[2][3] Bilezkyj hatte zuvor die rechtsextremen Gruppen Patriot der Ukraine (2006) und die Sozial-Nationale Versammlung (2008) gegründet und geleitet.
Zur Parlamentswahl 2019 bildete das Nationale Korps mit der Regierungsinitiative von Dmytro Jarosch, dem Rechten Sektor und der Svoboda eine landesweite Liste.[4], die mit 2,15 % der Stimmen keinen Sitz in der Werchowna Rada erreichte.[5] Nach Beginn des Einmarsches Russlands in der Ukraine, beendete die Partei ihre politischen Aktivitäten.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ende 2015 wurden die Vorgängerorganisation Patriot der Ukraine (Патріот України) als politische Partei registriert, ohne politische Aktivitäten aufzunehmen.[6]
Am 14. Oktober 2016, nahmen 292 Delegierte aus der ganzen Ukraine am bombastisch inszenierten öffentlichen Gründungskongress des Nationalen Korps in Kiew teil.[2] Die Delegierten wählten den Gründer der Asow-Brigade und damaligen Werchowna-Rada-Abgeordneten Andrij Bilezkyj einstimmig zum Parteiführer,[2] Kommandant Nasarij Krawtschenko vom Asow-Hauptquartier als stellvertretenden Vorsitzenden und ernannte Mitglieder des Regierungsrats der Partei.[7] Der Gründungskongress genehmigte Änderungen an der Satzung und dem politischen Programm der Partei.[7] Die Parteiführung der neonazistisch Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ nahm mit einer Delegation teil.[8]
Der Kongress endete mit einem „Marsch der Nation“, den er gemeinsam mit dem Rechten Sektor organisierte. Etwa 5.000 Menschen nahmen an dem Fackelmarsch teil, der vom Denkmal Mutter Ukraine im Nationalen Museum der Geschichte der Ukraine im Zweiten Weltkrieg zur Kiewer Sophienkathedrale zog. Einige der Demonstranten trugen das gelb-blaue Symbol der Brigade Asow, welches die Wolfsangel enthält, ein Symbol mit Bezug zum Nationalsozialismus.[2] Der 14. Oktober wird als Tag der Verteidiger und Verteidigerinnen der Ukraine gefeiert. Erst 2015 wurde er zum öffentlichen Feiertag erklärt.[2][9]
Mitglieder beim Nationalen Korps waren vornehmlich Veteranen des Asow-Battaillons und Mitglieder des Asow-Zivilkorps, der zivile Arm des Asow-Bataillons, gebildet.[7]
Im März 2017 beteiligte das Nationale Korps sich gemeinsam mit Swoboda und Rechter Sektor an einem Bündniskongress im „Haus des Lehrers“ (Pädagogisches Museum Kiew), bei dem die Führer dieser drei Parteien in einer feierlichen Zeremonie ein „Nationales Manifest“ unterzeichneten. Darin forderten sie unter anderem die Schaffung eines antiliberalen und antirussischen mittelosteuropäischen Staatenblocks zwischen Ostsee und Schwarzem Meer („Intermarium“) sowie die Wiederaufrüstung der Ukraine zur Atommacht.[10]
2018 wurde Olena Semenjaka zur internationalen Sekretärin der Partei ernannt.[11]
Im November 2018 lehnte das Nationale Korps ab, Ruslan Koschulynskyj und seinen Wahlkampf für die Präsidentschaftswahl in der Ukraine 2019 zu unterstützen.[12]
Ende Januar 2019 schloss Biletsky jedoch seine Teilnahme an den Präsidentschaftswahlen aus und erklärte, dass er alle Anstrengungen unternehmen werde, „um unsere Zahl auf 50.000 Menschen zu erhöhen“ und versprach, einen erfolgreichen Wahlkampf für die ukrainischen Parlamentswahlen 2019 anzuführen.[3]
Laut Bellingcat genehmigte die ukrainische Regierung im Jahr 2019 über 8 Millionen Hrywnja für „national-patriotische Bildungsprojekte“ für ukrainische Jugendliche, wovon 30.000 US-Dollar „anscheinend“ mehreren neofaschistischen Gruppen, darunter das National Korps, zugeteilt wurden.[13]
Bei den Präsidentschaftswahl in der Ukraine 2019 beteiligte sich das Nationale Korps an einer gemeinsamen Parteiliste mit der Allukrainischen Vereinigung „Swoboda“, der „staatsmännischen Initiative“ von Dmytro Jarosch dem Rechten Sektor.[4] Allerdings erreichte die Koalition nur 2,15 % der Stimmen, verfehlte somit klar die 5%-Hürde und erhielt kein Mandat in der Werchowna Rada.[5] Darüber hinaus gelang es dem Nationalen Korps auch nicht, ein Direktmandat im Wahlkreis zu gewinnen.[5]
2019 kam es zu Konflikten mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wegen seines Plans der Steinmeier-Formel, Teilen der Ostukraine eine begrenzte Autonomie zu gewähren, wogegen das Nationale Korps Widerstand leistete.[1]
Bei den ukrainischen Kommunalwahlen 2020 gewann die Partei 23 Abgeordnete und somit 0,04 % aller verfügbaren Mandate.[14]
Um 2020 war das Nationale Korps in gewaltsame Auseinandersetzungen mit Anhängern pro-russischer Gruppen wie der Partei Schariy und Patrioten – Für das Leben verwickelt.[6][1]
Das Nationale Korps vernetzte sich weltweit mit rechtsextremen Aktivisten. Beispielsweise durch Kontakte mit der US-amerikanischen Rise Above Movement.[15] Ihre Sprecherin Olena Semenyaka hat bei dieser Vernetzung eine wichtige Rolle gespielt.[1][16][11][17][18]
2022 stellte das Nationale Korps nach Beginn des Einmarsch Russlands in der Ukraine seine politischen Tätigkeiten ein. Die meisten Aktivisten engagierten sich stattdessen für die bewaffnete Verteidigung ihres Landes.[19] Andrij Biletsky gründete hierzu den Freiwilligenverband „Dritte Separatsturm-Brigade“ der die gleichen Grundsätzen wie die Asow-Brigade habe: Ukraine-Zentriertheit, Traditionalismus, Hierarchie und Verantwortung. Am 9. März wurde die Abteilung zu den Asow-Spezialkräften innerhalb der ukrainischen Streitkräfte erweitert und im Januar 2023 zu einer Brigade der ukrainischen Streitkräfte ausgebaut.[20]
Politik und Ideologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Laut der von Freedome House unterstützten ukrainischen Organisation „Reporting Radicalism in Ukraine“ seien die Mitglieder des Nationalen Korps nicht homogen. Ihre Mitglieder stammten sowohl aus rechtsextremen Gruppen als auch aus Fußball-Hooligans, insbesondere von Dynamo Kiew. Die größte Gruppe ihrer Mitglieder seien junge Menschen, die durch den Russisch-Ukrainischen Krieg 2014 politisiert wurden und oft für die Teilnahme an Kundgebungen bezahlt werden. Die zweitgrößte Gruppe sind Asow-Veteranen.[6]
Ihre Mitglieder „gestalteten ihre Ideologie und ihr öffentliches Erscheinungsbild als eine weniger radikale Organisation als Andrij Biletskyi's frühere politische Projekte“, indem sie beispielsweise keine rassistische Sprache verwendeten, auf neonazistische Symbole verzichteten und stattdessen ukrainisch-nationalistische Bilder nutzten und sich an führende Vertreter der jüdischen Gemeinschaft wandten.[6][1] 2022 beschrieb einer ihrer Sprecher ihr Programm als ähnlich einer „europäischen rechtskonservativen Partei, aber sie sei definitiv nicht ultrarechts“.
Rechtsextremismus Experten bezeichnen wie Taras Kuzio von der Henry Jackson Society das Nationale Corps „am ehesten mit so etwas wie ... Neonazis“.[19] In einem Länderbericht bezeichnete das US-Außenministerium 2018 das Nationale Korps als eine der „nationalistischen Hassgruppen“ der Ukraine.[1][6]
Seit 2016 setzt sich das Nationale Korps für eine Ausweitung der Macht des Staatsoberhaupts ein, indem es dem Präsidenten der Ukraine die uneingeschränkte Befugnis einräumt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Ukraine sowie Ministerpräsident der Ukraine zu werden und unterstützt den Übergang zu einem Präsidialsystem.[21][7]
Seit 2016 befürwortet das Nationale Korps die Wiederherstellung des Status der Ukraine als Atommacht und unterstützt die Wiederverstaatlichung von Unternehmen, die nach der Ukrainische Unabhängigkeitserklärung 1991 im Besitz der Ukrainische SSR waren.[7] Die Partei will, dass die Ukraine ein neutrales Land wird.
Das Nationale Korps lehnt Russland und seine Außenpolitik entschieden ab und befürwortet nachdrücklich den Abbruch aller diplomatischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zu Russland.[7] Die Partei ist auch gegen den Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union und spricht sich lautstark gegen eine Annäherung an die NATO aus.[22]
Das Nationale Korps unterstützt Protektionismus, lehnt den Freihandel und die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) ab.[23]
Das Nationale Korps strebt die Schaffung eines Intermarium-Staatenbundes an, der die gesamte Ukraine, Belarus, Polen, Litauen, Lettland, Estland, die Tschechische Republik und die Slowakei umfassen würde.[22][7]
Die Partei befürwortet die Ausweitung des Waffenrechts sowie ein öffentliches Referendum über die Wiedereinführung der Todesstrafe für Hochverrat und die Veruntreuung staatlicher Gelder.[7]
Wahlergebnisse
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Werchowna Rada
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jahr | Anzahl Stimmen | % Stimmenanteil | Anzahl Sitze | Sitze Veränderung | Regierung |
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[24] | 315,530 | 2.15 #11 | 0 | keine |
Präsidentschaftswahl
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wahljahr | Kandidat | Stimmen 1. Wahlgang | % beim 1. Wahlgang Anteil | Stimmen 2. Wahlgang | % beim 2. Wahlgang |
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2019 | Andrij Bilezkyj | Beteiligung abgelehnt | — | — | — |
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f MMP: Azov Battalion. In: Stanford University CISAC: Mapping Militants Projects. 12. November 2014, abgerufen am 15. Juni 2023 (englisch).
- ↑ a b c d e Bermet Talant: Nationalist Azov Battalion starts political party In: Kyiv Post, 15. Oktober 2016 (englisch).
- ↑ a b Biletsky has no intention to participate in presidential elections, but will instead lead the National Corps to parliament, Interfax-Ukraine (26 January 2019)
- ↑ a b Yarosh, Tyagnibok and Biletsky have all formed a single list for the elections, Glavcom (9. Juni 2019, ukrainisch)
- ↑ a b c CEC counts 100 percent of vote in Ukraine’s parliamentary elections, Ukrinform (26. Juli 2019)
Results of the extraordinary elections of the People’s Deputies of Ukraine 2019, Ukrayinska Pravda (21. Juli 2019, russisch) - ↑ a b c d e National Corps - Political Party. In: Reporting Radicalism in Ukraine. 9. Februar 2021, abgerufen am 15. Juni 2023 (englisch).
- ↑ a b c d e f g h Volunteer battalion Azov members and former members create National Corps political party, 14. Oktober 2016. Abgerufen am 5. Dezember 2017 (englisch). (Ukrainian language version)
- ↑ Marsch der Nation in Kiew. 19. Oktober 2017, abgerufen am 5. Januar 2024.
- ↑ Verkhovna Rada initiates declaration of the Day of the Defender of Ukraine, which is celebrated on October 14, a day-off. Ministry of Defence, 5. März 2015, abgerufen am 14. Oktober 2015 (englisch).
- ↑ Gastbeitrag von Andreas Umland: Welche Rolle die extreme Rechte bei den Wahlen in der Ukraine spielt (10.4.2019)
- ↑ a b Olena Semenyaka, "The First Lady" of Ukrainian Nationalism. In: Illiberalism Studies Program. 5. September 2020, abgerufen am 5. Januar 2024 (englisch).
- ↑ No unity among Ukraine nationalists ahead of elections, UNIAN (20 November 2018)
- ↑ Ukrainian Far-Right Extremists Receive State Funds to Teach "Patriotism". 16. Juli 2019 (englisch): „For 2019, the government of Ukraine has earmarked eight million hryvnias (over $300,000 USD) for what it calls “national-patriotic education projects” aimed at Ukrainian youth, including children. Of these 845,000 hryvnias — over $30,000 — apparently go to programs that are run by a number of branches of Ukrainian far-right groups, including National Corps, the political wing of the Azov movement. National Corps has been implicated in numerous incidents against minorities, activists and police. This 845,000 hryvnias figure also includes state funding for “national-patriotic education projects” by organizations that are not only arguable fronts for another notorious far-right organization — C14 — but are also led by the accused murderers of Ukrainian reporter Oles Buzyna.“
- ↑ Zentrale Wahlkommission der Ukraine: Wahlen der Abgeordneten der Werchowna Rada der Autonomen Republik Krim, der Regional-, Bezirks-, Stadt-, Stadtbezirks-, Dorf- und Siedlungsräte, der Dorf-, Siedlungs- und Stadtbürgermeister. Abgerufen am 12. Januar 2021 (ukrainisch).
- ↑ Azov, Ukraine's Most Prominent Ultranationalist Group, Sets Its Sights On U.S., Europe, rferl.org
- ↑ Martin Semlitsch „Identitärer“ auf skandinavischen Neonazi-Konferenzen. In: Belltower.News. 2. April 2019, abgerufen am 5. Februar 2024.
- ↑ Rechtsextreme in der Ukraine Olena Semenyaka auf ideologischer Mission. In: Belltower.News. 15. Januar 2021, abgerufen am 5. Februar 2024.
- ↑ Die Verbindungen des europaweiten Neofaschismus-Netzwerkes – auch zu Le Pen. In: Volksverpetzer. 22. April 2022, abgerufen am 5. Januar 2024.
- ↑ a b 'Don't confuse patriotism and Nazism': Ukraine's Azov forces face scrutiny. In: Financial Times. 29. März 2022, abgerufen am 15. Juni 2023 (englisch).
- ↑ About the Third Separate Assault Brigade of the Armed Forces of Ukraine (3rd SABr). Abgerufen am 5. Februar 2024 (englisch).
- ↑ Білецький: "Азов" стане партією (deutsch: "Asow" wird eine Partei) In: Gazeta.ua, 28 May 2016 (ukrainisch).
- ↑ a b "Ми намагаємося прийти до влади через вибори, хоча маємо всякі можливості" — як "Азов" стає партією (deutsch: „Wir versuchen, durch Wahlen an die Macht zu kommen, obwohl wir alle Möglichkeiten haben“ – wie „Asow“ zur Partei wird) In: Hromadske.TV, 13 October 2016 (ukrainisch).
- ↑ програма політичної партії "національний корпус". 26. Oktober 2018, archiviert vom ; abgerufen am 19. Februar 2024 (englisch). - "5.1. Economic nationalism: 'The national economy must be subordinated to national interests. Ukrainian Centrism in the economy determines the full support of the Ukrainian producer, accelerated modernization of the national economy, state support of Ukrainian exports, and the implementation of the policy of economic protectionism.'"
- ↑ In Wahlgemeinschaft Allukrainische Vereinigung „Swoboda“, Rechter Sektor, Brigade Asow, Organisation ukrainischer Nationalisten, und Kongress Ukrainischer Nationalisten