Progressionsvorbehalt

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Progressionsvorbehalt ist ein Begriff aus dem Steuerrecht. Er bezeichnet den Vorgang, dass gewisse steuerfreie Einkünfte den Steuersatz erhöhen können, oder aber bestimmte negative Einkünfte, wie ausländische Verluste, den inländischen Steuersatz senken können (sog. Negativer Progressionsvorbehalt).

Es gibt den Progressionsvorbehalt im Einkommensteuerrecht von Deutschland, Österreich, der Schweiz und weiteren Staaten.

Der Progressionsvorbehalt rechtfertigt sich aus dem Prinzip der leistungsgerechten Besteuerung. Auch steuerfreie Einkünfte erhöhen die steuerliche Leistungsfähigkeit. Diese rechtfertigt nach aktueller Gesetzgebung und Rechtsprechung einen höheren Steuersatz.

Der wohl häufigste Fall steuerfreier Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, ist der Bezug von Arbeitslosengeld I.

Im ersten Schritt werden für das Einkommen einschließlich der steuerfreien Einkünfte die Einkommensteuer und der durchschnittliche Steuersatz ermittelt. Im zweiten Schritt wird der so ermittelte Steuersatz auf das Einkommen ohne die steuerfreien Einkünfte angewendet.

Zusätzliche Steuer durch
steuerfreie Einkünfte mit Progressionsvorbehalt (e)
im Veranlagungsjahr 2015
zu versteuerndes
Einkommen (E)
steuerfreie
Einkünfte (e)
zusätzliche
Steuer
in Prozent von e
000000 EUR bis
003475 EUR
04997 EUR 0000 EUR 0 %
steigend
008472 EUR 0596 EUR fast 12 %


013469 EUR 0658 EUR fast 14 %
fallend
022593 EUR bis
024553 EUR


595 EUR fast 12 %
steigend
047884 EUR 0722 EUR fast 15 %
052881 EUR 0713 EUR fast 15 %
fallend
245733 EUR 0164 EUR fast 04 %
250730 EUR 0307 EUR fast 07 %
fallend
999978 EUR bis
999999 EUR
0078 EUR fast 02 %
013469 EUR 39412 EUR 2615 EUR fast 07 %
052881 EUR 3584 EUR fast 10 %
fallend
206321 EUR 1346 EUR fast 06 %
245733 EUR 2215 EUR fast 06 %
fallend
998000 EUR bis
999999 EUR
0608 EUR fast 02 %

Steuerfreie Einkünfte mit Progressionsvorbehalt

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Nach deutschem Einkommensteuerrecht unterliegen dem Progressionsvorbehalt u. a. folgende steuerfreien Einkünfte/Einnahmen:[1]

Konkrete Berechnung

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Liegen neben dem zu versteuernden Einkommen zusätzlich noch dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte () vor, so wird zunächst eine fiktive tarifliche Einkommensteuer für ein Einkommen von ermittelt. Hieraus ergibt sich der "besondere Steuersatz"[3]

Das ist der Durchschnittssteuersatz bei einem zu versteuernden Einkommen von . Mit diesem wird nun die Steuer für das ursprünglich zu versteuernde Einkommen berechnet als

.

Bei der Hinzurechnung (von e) wird der Arbeitnehmerpauschbetrag berücksichtigt (von e abgezogen), soweit er nicht bereits bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (als Teil von E) abgezogen wurde.

Die fiktive und tatsächliche Einkommensteuer und wird jeweils auf ganze Euro abgerundet und der Steuersatz () auf vier Stellen nach dem Komma (wenn als Prozentwert angegeben) abgerundet.

Beispiel einer Berechnung

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Beispiel (für einen Alleinstehenden im Jahr 2018)
Steuer ohne steuerfreie
Einkünfte
Steuer mit steuerfreien
Einkünften
Steuer mit Progressions-
vorbehalt
Zu versteuerndes Einkommen (zvE1 = E) 50.000 € 50.000 € 50.000 €
Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen (e) 0 € 6.000 € 0 €
Maßgebliches zu versteuerndes Einkommen (zvE2 = E + e) 50.000 € 56.000 € 50.000 €
Abgerundet auf volle Euro 50.000 € 56.000 € 50.000 €
Darauf entfallende Steuer nach Grundtabelle 12.432 € 14.898 €
Durchschnittlicher Steuersatz in Prozent 24,864 % 26,60357 %
Abgeschnitten nach der vierten Stelle nach dem Komma 26,6035 %
Anzuwendender Steuersatz in Prozent 26,6035 % 26,6035 %
Steuer = anzuwendender Steuersatz x zvE1 12.432 € 13.302 €
Steuermehrbelastung: 870 €

Fazit: Die 6000 € steuerfreies Einkommen führen zu einer um 870 € höheren Einkommensteuer.

Mathematische Besonderheiten

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Die Formel für die Abrundung lautet:

Aufgrund dieser Rundungen weicht von um bis zu einem Euro ab. Dadurch kann es bei kleinem zu einer geringfügigen Senkung der Steuerlast kommen.

Die mehr zu bezahlende Steuer durch die Steuerprogression ist:

Seit 2002 wird in Deutschland die folgende Steuerfunktion verwendet

Unter Verwendung dieser ergibt sich:


Die sich ergebende Erhöhung der Steuer kann man nun ins Verhältnis setzen zu den steuerfreien Einkünften (e).

Hierdurch erhält man dann einen Durchschnittssteuersatz wie folgt:

Der tatsächliche Grenzsteuersatz für zusätzliches steuerfreies Einkommen ergibt sich demnach zu

[A 1]

Für die Zonen der Steuerfunktion, in denen ist, ist der Grenzsteuersatz fallend in : je größer das zu versteuernde Einkommen ist, desto weniger Steuer ist auf jeden weiteren Euro steuerfreien Einkommens mit Progressionsvorbehalt zu bezahlen. In den Zonen, in denen ist, ergeben sich gegenläufige Effekte, wodurch der Grenzsteuersatz genau ein lokales und zugleich globales Extremum für diese Parameter hat. Je nach Parametern liegen diese innerhalb/außerhalb der Zone. Die Details bei den aktuellen Parametern sind in der folgenden Tabelle dargestellt.

Die Vereinfachung lässt sich nicht anwenden, wenn die Berechnung der Steuer von e und der von e+E in verschiedenen Zonen der Steuerfunktion stattfindet.

Parameter im Jahr 2016
Bereich zvE
(Eckwerte)
Gesetzliche Festlegung[4] Grenzsteuersatz auf steuerfreies Einkommen
von
[€]
bis
[€]
a
[1/€]
b c
[€]
d
[€]
(b-ad)d - c
[€]
Zonenbeginn Verlauf Zonenende
0 8652 0 0 0 0 0 0 0 0
8653 13669 993,62  10−8 0,1400 0 08652 15427/33 14 % ansteigend bis auf 17,0018 %
13670 53665 225,4  10−8 0,2397 952,48 13669 2323,9793 17,0018 % fallend bis zum
Minimum von 13 % bei 29055 Euro
wieder ansteigend bis auf


15,6418 %
53666 254446 0 0,4200 −8394,14 0 8394,14 15,6418 % fallend bis auf 3,2989 %
254447 0 0,4500 −16027,52 0 16027,52 6,2989 % fallend bis auf fast 0 %
  1. Dies kann interpretiert werden als , also als Differenz zwischen Grenzsteuersatz und Durchschnittssteuersatz bei zu versteuerndem Einkommen E.

Österreich kennt den Progressionsvorbehalt grundsätzlich in zwei Ausprägungen:

1. Sieht das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen es vor, werden die ausländischen Einkünfte (umgerechnet auf österreichisches Steuerrecht) zunächst gedanklich mitversteuert und ein rechnerischer Durchschnittssatz ermittelt. Mit diesem Durchschnittssatz wird dann das in Österreich steuerbare Einkommen versteuert.

2. Bei gewissen Inlandssachverhalten, der wichtigste sind Zeiten der Arbeitslosigkeit, werden die Einkünfte der übrigen Zeit (in der keine steuerfreien Einkommensteile bezogen wurden) auf 365 Tage hochgerechnet und die Steuer von diesem fiktiven Einkommen berechnet. Auch hier wird ein Durchschnittssatz ermittelt (fiktive Steuer geteilt durch fiktives Einkommen), mit dem dann das steuerpflichtige Einkommen multipliziert wird. Gleichzeitig wird eine Kontrollrechnung vorgenommen, welche Steuer sich ergäbe, wenn die steuerfreien Einkommensteile steuerpflichtig wären. Das für den Steuerpflichtigen günstigere Ergebnis kommt zur Anwendung. Dies wird vor allem dann anwendbar sein, wenn die Lohnersatzleistungen in Relation zu den steuerpflichtigen Einkommensteilen sehr gering sind.

Einzelnachweise

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  1. gemäß § 32b EStG
  2. § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) ist zu beachten.
  3. Wortlaut aus § 32b EStG
  4. § 32a Absatz 1 EStG in der Fassung vom 1. Januar 2016