Reichstagswahl 1936

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Propagandaplakat zur Reichstagswahl 1936.

Die Reichstagswahl vom 29. März 1936 wurde vom NS-Regime angesetzt, um der nur wenige Wochen zuvor erfolgten Rheinlandbesetzung, die einen offenen Bruch mit dem Versailler Vertrag darstellte, den Anstrich von Legitimation zu verleihen. In der NS-Propaganda wurde die Wahl bisweilen als „Volksabstimmung“ dargestellt, mit dem das Volk seine Unterstützung für die Rheinlandbesetzung bekunde, tatsächlich wurde jedoch nur eine Reichstagswahl abgehalten. Die Stimmzettel waren betitelt mit „Reichstag für Frieden und Freiheit“. Wie auch bereits bei der vorangegangenen Wahl im November 1933 war nur eine Einheitsliste der NSDAP zugelassen. Es handelte sich somit um eine Scheinwahl. Die Reichstagswahl von 1936 ergab offiziell eine Zustimmung von 98,8 % für die NSDAP.

Die Saarländer waren nach der Saarabstimmung vom 13. Januar 1935 erstmals wieder seit 1919 zu einer gesamtdeutschen Wahl aufgerufen. Dagegen hatten Juden durch das Reichsbürgergesetz vom 15. September 1935 das Wahlrecht verloren. Erstmals durften sie, genauso wie sogenannte jüdische Mischlinge, nicht an einer Reichstagswahl teilnehmen.[1]

Stimmzettel zur Reichstagswahl aus dem Wahlkreis 19 Hessen-Nassau, mit den Kandidaten Jakob Sprenger und Karl Weinrich.

Außer der NSDAP waren keine weiteren Parteien zur Wahl zugelassen. Auf dem Stimmzettel waren sieben Kandidaten namentlich aufgeführt: Als einziger mit vollem Namen und größerer Schrift Adolf Hitler, danach folgten stets und nur mit Nachnamen Rudolf Heß, Wilhelm Frick, Hermann Göring und Joseph Goebbels. Es folgten zwei weitere ebenfalls nur mit Nachnamen genannte Personen, die für den jeweiligen Wahlkreis kandidierten. Wie bereits zu Zeiten der Weimarer Republik festgelegt, gab es für je 60.000 abgegebene Stimmen je einen Sitz, weswegen 741 der auf der Einheitsliste Nominierten in den Reichstag einzogen. 722 waren Mitglieder der NSDAP, 19 waren als Gäste bezeichnete Parteilose. Unter den Abgeordneten befanden sich keine Frauen.[2]

Offiziell lag die Wahlbeteiligung bei 99,01 %.[3] Leere Stimmzettel wurden als Zustimmung zur Liste der NSDAP gewertet. Lediglich Stimmzettel mit einer deutlichen Ablehnung des Wahlvorschlags wurden als ungültig gewertet. Leere Stimmumschläge wurden im amtlichen Endergebnis gesondert ausgewiesen und nicht zu den ungültigen Stimmen gerechnet.

Die Liste der NSDAP erreichte offiziell 98,8 % der abgegebenen Stimmen. Nur 1,2 % der abgegebenen Stimmen wurden z. B. wegen abweichender Markierungen auf dem Stimmzettel als ungültig gewertet.

Stimmverteilung Reichstagswahl 1936[4]
Nr. Stimmkreis
bzw. Stimmgruppe
Stimm­berechtigte
(a)
abgegebene Stimmen
(b)
Nein-Stimmen &
ungültige Stimmen
Ja-Stimmen
Anzahl Anzahl Anteil
(a)
Anzahl Anteil
(b)
Anzahl Anteil
(b)
Anteil
(a)
Deutsches Reich 45.453.691 45.001.489 99,01 % 540.211 1,20 % 44.461.278 98,80 % 97,82 %
1 Ostpreußen 1.455.835 1.442.717 99,10 % 3.621 0,25 % 1.439.096 99,75 % 98,85 %
2 Berlin West 1.543.965 1.512.583 97,97 % 23.555 1,56 % 1.489.028 98,44 % 96,44 %
3 Berlin Ost 1.690.311 1.663.171 98,39 % 28.915 1,74 % 1.634.256 98,26 % 96,68 %
4 Potsdam 1.060.346 1.054.221 99,42 % 8.689 0,82 % 1.045.532 99,18 % 98,60 %
5 Frankfurt (Oder) 1.114.850 1.108.830 99,46 % 6.275 0,57 % 1.102.555 99,43 % 98,90 %
6 Pommern 1.280.010 1.266.485 98,94 % 9.414 0,74 % 1.257.071 99,26 % 98,21 %
7 Breslau 1.297.380 1.277.334 98,45 % 23.068 1,81 % 1.254.266 98,19 % 96,68 %
8 Liegnitz 838.261 829.960 99,01 % 10.866 1,31 % 819.094 98,69 % 97,71 %
9 Oppeln 917.053 901.384 98,29 % 10.513 1,17 % 890.871 98,83 % 97,14 %
10 Magdeburg 1.186.271 1.177.112 99,23 % 13.160 1,12 % 1.163.952 98,88 % 98,12 %
11 Merseburg 1.014.703 1.005.391 99,08 % 13.219 1,31 % 992.172 98,69 % 97,78 %
12 Thüringen 1.602.688 1.595.149 99,53 % 15.680 0,98 % 1.579.469 99,02 % 98,55 %
13 Schleswig-Holstein 1.164.744 1.137.703 97,68 % 22.782 2,00 % 1.114.921 98,00 % 95,72 %
14 Weser-Ems 1.092.827 1.074.808 98,35 % 15.571 1,45 % 1.059.237 98,55 % 96,93 %
15 Osthannover 753.807 740.129 98,19 % 9.428 1,27 % 730.701 98,73 % 96,93 %
16 Südhannover-Braunschweig 1.436.640 1.421.750 98,96 % 11.245 0,79 % 1.410.505 99,21 % 98,18 %
17 Westfalen Nord 1.723.911 1.706.677 99,00 % 26.009 1,52 % 1.680.668 98,48 % 97,49 %
18 Westfalen Süd 1.772.491 1.750.080 98,74 % 19.549 1,12 % 1.730.531 98,88 % 97,63 %
19 Hessen-Nassau 1.755.533 1.747.278 99,53 % 17.020 0,97 % 1.730.258 99,03 % 98,56 %
20 Köln-Aachen 1.596.453 1.582.301 99,11 % 14.552 0,92 % 1.567.749 99,08 % 98,20 %
21 Koblenz-Trier 854.581 853.416 99,86 % 5.890 0,69 % 847.526 99,31 % 99,17 %
22 Düsseldorf Ost 1.555.535 1.543.402 99,22 % 7.620 0,49 % 1.535.782 99,51 % 98,73 %
23 Düsseldorf West 1.297.082 1.288.417 99,33 % 6.462 0,50 % 1.281.955 99,50 % 98,83 %
24 Oberbayern-Schwaben 1.858.060 1.846.776 99,39 % 17.421 0,94 % 1.829.355 99,06 % 98,46 %
25 Niederbayern 871.985 868.209 99,57 % 7.221 0,83 % 860.988 99,17 % 98,74 %
26 Franken 1.758.017 1.752.639 99,69 % 9.642 0,55 % 1.742.997 99,45 % 99,15 %
27 Rheinpfalz-Saar 1.175.246 1.173.752 99,87 % 1.412 0,12 % 1.172.340 99,88 % 99,75 %
28 Dresden-Bautzen 1.369.447 1.357.103 99,10 % 26.004 1,92 % 1.331.099 98,08 % 97,20 %
29 Leipzig 973.721 959.425 98,53 % 24.519 2,56 % 934.906 97,44 % 96,01 %
30 Chemnitz-Zwickau 1.353.645 1.336.452 98,73 % 28.688 2,15 % 1.307.764 97,85 % 96,61 %
31 Württemberg 1.908.658 1.900.451 99,57 % 16.346 0,86 % 1.884.105 99,14 % 98,71 %
32 Baden 1.627.064 1.608.030 98,83 % 27.519 1,71 % 1.580.511 98,29 % 97,14 %
33 Hessen 982.836 971.104 98,81 % 15.988 1,65 % 955.116 98,35 % 97,18 %
34 Hamburg 905.499 887.686 98,03 % 36.765 4,14 % 850.921 95,86 % 93,97 %
35 Mecklenburg 664.236 659.564 99,30 % 5.583 0,85 % 653.981 99,15 % 98,46 %

Deutung und Folgen

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Propagandaflugblatt, abgeworfen während der Deutschlandfahrt des Zeppelins „Hindenburg“.

Das beinahe einhellige Ergebnis, mit dem das Wahlvolk dem NS-Regime zustimmte, lässt sich zum Teil mit der Monopolstellung der NSDAP erklären, die seit dem Gesetz gegen die Neubildung von Parteien die einzige zugelassene Partei im Deutschen Reich war. Außerdem gab es wohl auch Wahlfälschungen. Nach dem Historiker Henning Köhler waren insbesondere die massenhafte Zustimmung zum Nationalsozialismus sowie der Führerkult, „die durchaus auch Züge religiöser Verehrung trugen“, sehr bedeutsam. Der geringe Unterschied zu der unter deutlich demokratischeren Bedingungen abgehaltenen Saarabstimmung im Januar 1935 deute jedoch darauf hin, dass das Wahlergebnis dennoch zu großen Teilen als „echt“ zu betrachten sei.[5] So hatten seinerzeit 90,73 % der Stimmberechtigten für einen Anschluss an den NS-Staat gestimmt.

Der Reichstag hatte zu diesem Zeitpunkt keine praktisch politische Bedeutung mehr und diente vor allem als Bühne für propagandistisch wichtige Anlässe. So tagte der 3. Reichstag in der Zeit des Nationalsozialismus insgesamt nur drei Mal. Bei seiner ersten Sitzung am 30. Januar 1937 beschloss er die Verlängerung des sogenannten „Ermächtigungsgesetzes“, am 20. Februar 1938 hielt Hitler im Reichstag eine Rede zum 5-jährigen Jubiläum der Machtergreifung und nur kurz darauf, am 18. März 1938 kam der Reichstag zusammen, um nach dem Anschluss Österreichs die Erklärung seiner Auflösung und Neuwahlen für den 10. April 1938 entgegenzunehmen.

Quellen:

  • E. Kienast (Hrsg.): Der Deutsche Reichstags 1936. III. Wahlperiode nach dem 30. Januar 1933. R. v. Deckers Verlag, Mai 1936, ZDB-ID 530505-6 (digitale-sammlungen.de).
Commons: Reichstagswahl 1936 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Frank Omland (Arbeitskreis zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein): Wahlen 1933 bis 1938. In: SH von A bis Z. Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, abgerufen am 13. Mai 2024.

Einzelnachweise

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  1. Hans-Joachim Heinz: Das Wahlvolk unterm Hakenkreuz (= Schriftenreihe zur Geschichte der Stadt Germersheim. Band 2). 2001, ISSN 1618-9663, S. 192–204.
  2. E. Kienast: Der Deutsche Reichstag, S. 78 ff.
  3. Marcel Stepanek: Wahlkampf im Zeichen der Diktatur, S. 123.
  4. E. Kienast: Der Deutsche Reichstags 1936 S. 76–77.
  5. Henning Köhler: Deutschland auf dem Weg zu sich selbst. Eine Jahrhundertgeschichte. Hohenheim-Verlag, Stuttgart 2002, S. 392.