Rodau (Groß-Bieberau)

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Rodau
Wappen von Rodau
Koordinaten: 49° 47′ N, 8° 48′ OKoordinaten: 49° 46′ 53″ N, 8° 47′ 41″ O
Höhe: 191 (191–202) m ü. NHN
Fläche: 13,22 km²[1]
Einwohner: 563 (31. Juli 2019)[2]
Bevölkerungsdichte: 43 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Rodau von Norden (2022)
Rodau von Norden (2022)
Der Ortskern des Groß-Bieberauer Ortsteils Rodau mit Handwerkerbaum

Rodau ist ein Stadtteil von Groß-Bieberau im südhessischen Landkreis Darmstadt-Dieburg.

Rodau ist von Wald umgeben und liegt im Granitgebiet des nördlichen Odenwaldes.

Ehemaliges Gemeindewappen
Der ehemalige Schrautenbach’sche Hof am südlichen Ortrand, Blick von Süden

Der Bereich war schon sehr früh besiedelt. Erstmals schriftlich erwähnt wurde das Dorf im Jahre 1392.[1]

Rodau lag im Gerichtsbezirk der Zent Oberramstadt. Die Zent war in sogenannte Reiswagen eingeteilt, denen jeweils ein Oberschultheiß vorstand, die dem Zentgrafen unterstellt waren. Dieser Bezirk hatte einen Frachtwagen (Reiswagen) einschließlich Zugtieren und Knechten für Feldzüge bereitzustellen. Rodau gehörte zum Großbieberauer Reiswagen, der von Waldhausen[3][4] bestand aus den Orten Niedernhausen, Billings, Meßbach und Nonrod sowie die Dörfer Rodau, Wersau und Steinau angehörten. Die gesamte Zent Oberramstadt war dem Amt Lichtenberg zugeteilt. Diese Einteilung bestand noch bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts.[5]

In historischen Dokumenten ist der Ort unter folgenden Ortsnamen belegt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1] Rodin (1392); Roden under Liechtenberg (1400); Rodau im Bachauwe (1454); Roda (1671); Rodau (1730).

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Rodau:

„Rodau (L. Bez. Reinheim) luth. Filialdorf; liegt 112  St. von Reinheim, und hat 46 Häuser und 343 Einw., die außer 5 Kath. und 2 Reform. lutherisch sind. Man findet 3 Mahlmühlen, mit welchen 3 Schneide- und 2 Oelmühlen verbunden sind. – Im Jahr 786 schenkte die Aebtissin Abba aus dem Kloster Rodau oder Rodaha (das bei dem jetzigen Rodau lag) ihr Kloster mit allem Zugehör in der Bellinger (Billingser) Mark an die Abtei Lorsch. Die Familie Stumpf von Aßbach besaß Rodau als ein Bickenbachisches Lehen von Erbach. Nachher kam der Ort an die Familie von Schrautenbach, die denselben 1672 an Hessen vertauschte.“[6]

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde am 31. Dezember 1971 die Gemeinde Rodau auf freiwilliger Basis nach Groß-Bieberau eingegliedert.[7] Für den Stadtteil Rodau wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet.[8]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

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Die Verwaltung des Ortes erfolgte schon zur Zeit der Grafen von Katzenelnbogen und nach deren Aussterben im Jahre 1479, in der Landgrafschaft Hessen-Marburg, dann der Landgrafschaft Hessen und schließlich der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt durch das Amt Lichtenberg.

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Rodau angehört(e):[1][9][10]

Rodau gehörte zum Zentgericht Umstadt und später zum Zentgericht Oberramstadt. In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Starkenburg (ab 1815 Provinz Starkenburg) wurde das Hofgericht Darmstadt eingerichtet. Es war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen. Damit war für Rodau das Amt Lichtenberg zuständig. Die Zentgerichte hatten damit ihre Funktion verloren.

Mit Bildung der Landgerichte im Großherzogtum Hessen war ab 1821 das Landgericht Lichtenberg das Gericht erster Instanz, zweite Instanz war das Hofgericht Darmstadt. Es folgten:[1]

Einwohnerentwicklung

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• 1629: 19 Hausgesesse[1]
• 1806: 222 Einwohner, 35 Häuser[12]
• 1829: 343 Einwohner, 46 Häuser[6]
• 1867: 303 Einwohner, 47 Häuser[14]
Rodau: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2019
Jahr  Einwohner
1791
  
179
1800
  
181
1806
  
222
1829
  
343
1834
  
370
1840
  
330
1846
  
350
1852
  
338
1858
  
314
1864
  
321
1871
  
291
1875
  
291
1885
  
302
1895
  
294
1905
  
312
1910
  
307
1925
  
271
1939
  
274
1946
  
414
1950
  
396
1956
  
380
1961
  
363
1967
  
382
1970
  
378
1980
  
?
1990
  
?
2003
  
514
2007
  
528
2011
  
561
2016
  
574
2019
  
563
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]; Stadt Groß-Bieberau 2003, 2016, 2019[2]; Zensus 2011[15]

Historische Religionszugehörigkeit

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• 1829: 336 lutheranische (= 97,96 %), 2 reformierte (= 0,58 %) und 5 katholische (= 1,46 %) Einwohner[6]
• 1961: 297 evangelische (= 81,82 %), 61 katholische Einwohner (= 16,80 %)[1]

Für Rodau besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Rodau) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[16] Der Ortsbeirat besteht aus fünf Mitgliedern. Ortsvorsteherin in der Wahlperiode 2016–2021 ist Manuela Pilling.[17]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

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Natur und Schutzgebiete

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In der Gemarkung von Rodau befindet sich oberhalb des Bierbachteichs am Hang des Berges Altscheuer das flächenhafte NaturdenkmalGranitfelsen-Felsenmeer Steingeröll“.[18]

Regelmäßige Veranstaltungen

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Persönlichkeiten

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Die Wurzel von Ästen und deren Zweige der Boßlerfamilie liegen von 1665 bis 1738 sowie danach im südhessischen Rodau.[20][21][22] Dort ist unter anderem eine Reihe der Ahnen des Neckarsteinacher Zweigs, der seit 1822 in Neckarsteinach ansässig ist, zu finden. Daneben gehört der Pariser Zweig der Familie um den Astronomen Jean Bosler zu den Nachkommen des Jägers Johann Jost Burkhart Boßler (1709–1791), fürstlicher Förster zu Rodau. Zu seiner Deszendenz zählen gleichfalls die beiden Gymnasialdirektoren Christian Ludwig Boßler und Ludwig August Boßler. Die Familie besetzte mit Johannes Boßler (1708–1780) von 1732 bis 1765 das Amt des Rodauer Schultheißen. Der boßlersche Grund- und Hofbesitz in Rodau umfasste 34 bis 43 Seiten im historischen Flurbuch.[21][23][24]

  • Diethard Köhler: Rodau im 18. Jahrhundert. In: 1200 Jahre Groß-Bieberau – Beiträge zu seiner Geschichte. Herausgegeben vom Magistrat der Stadt Groß-Bieberau, Groß-Bieberau 1987, (DNB 880093137), S. 311–328.
  • Diethard Köhler: Familien in Rodau, Asbach, Klein-Bieberau, Webern 1635–1750. Bd. II, Adreßbuch vorderer Odenwald 1635–1750, Ober-Ramstadt 1987, (DNB 880842164).
  • Suche nach Rodau. In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
Commons: Rodau (Groß-Bieberau) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

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Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Infolge der Rheinbundakte.
  3. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Lichtenberg) und Verwaltung.
  4. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Starkenburg aufgelöst.
  5. Infolge des Zweiten Weltkriegs.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h Rodau, Landkreis Darmstadt-Dieburg. Historisches Ortslexikon für Hessen (Stand: 8. Juni 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). Hessisches Institut für Landesgeschichte, abgerufen am 4. Juni 2018.
  2. a b Einwohnerzahlen. In: Webauftritt. Stadt Groß-Bieberau, abgerufen im Oktober 2019.
  3. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 123 (Online in der HathiTrust digital library).
  4. Wilhelm Müller: Hessisches Ortsnamensbuch: Starkenburg. Hrsg.: Historische Kommission für den Volksstaat Hessen. Band 1. Selbstverlag, Darmstadt 1937, OCLC 614375103, S. 727.
  5. Ferdinand Dieffenbach: Das Großherzogthum Hessen in Vergangenheit und Gegenwart. Literarische Anstalt, Darmstadt 1877, S. 254 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. a b c Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt Oktober 1829, OCLC 312528080, S. 203 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, OCLC 180532844, S. 230.
  8. Hauptsatzung. (PDF; 146 kB) §; 6. In: Webauftritt. Stadt Groß-Bieberau, abgerufen im Mai 2019.
  9. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  10. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, OCLC 894925483, S. 43 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. Winfried Noack: Landgraf Georg I. von Hessen und die Obergrafschaft Katzenelnbogen (1567–1596). Historischer Verein für Hessen, Darmstadt 1966, OCLC 251661225, S. 111.
  12. a b Verzeichnis der Ämter, Orte, Häuser, Einwohnerzahl. (1806)HStAD Bestand E 8 A Nr. 352/4. In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen), Stand: 6. Februar 1806.
  13. Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
  14. Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 74 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  15. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021;.
  16. Hauptsatzung. (PDF; 164 kB) §; 6. In: Webauftritt. Stadt Groß-Bieberau, abgerufen im Mai 2019.
  17. Ortsbeirat Rodau. In: Webauftritt. Stadt Groß-Bieberau, abgerufen im Oktober 2019.
  18. Horst Bathon, Georg Wittenberger: Die Naturdenkmale des Landkreises Darmstadt-Dieburg mit Biotop-Touren, 2. erweiterte und vollständig überarbeitete Auflage. Hrsg.: Kreisausschuss des Landkreises Darmstadt-Dieburg – Untere Naturschutzbehörde (= Schriftenreihe Landkreis Darmstadt-Dieburg). Darmstadt 2016, ISBN 978-3-00-050136-4, S. 57–58.
  19. Darmstädter Echo, Freitag, 5. Oktober 2018, S. 22.
  20. Ulrich Kirschnick: Die Bevölkerung der Zent Ober Ramstadt-Lichtenberg von 1659 bis 1695. Hrsg.: Hessische familienkundliche Vereinigung. Band 75 Forschungen zur hessischen Familien- und Heimatkunde. Darmstadt 1991, OCLC 31205965, S. 67–69.
  21. a b Diethard Köhler: Familien in Rodau, Asbach, Klein-Bieberau, Webern 1635–1750. Band II: Adreßbuch vorderer Odenwald 1635–1750. Ober-Ramstadt 1987, OCLC 74995814.
  22. Hermann von der Au: Zur Besiedelung des Pfarrdorfes Nieder-Modau nach dem Dreißigjährigen Kriege. In: Wilhelm Diehl (Hrsg.): Hessische Chronik – Monatsschrift für Familien- und Ortsgeschichte in Hessen und Hessen-Nassau. Sechzehnter Jahrgang. Verlag Wilhelm Diehl, 1929, ZDB-ID 400444-9, S. 63–64.
  23. Stadt Groß-Bieberau: Schultheißen und Bürgermeister. Abgerufen am 11. Januar 2019.
  24. Diethard Köhler: 1200 Jahre Groß-Bieberau – Beiträge zu seiner Geschichte. Hrsg.: Magistrat der Stadt Groß-Bieberau. Groß-Bieberau 1987, OCLC 74938227, Rodau im 18. Jahrhundert, S. 311–312, 323.