Speciosa
Die Speciosa (lateinisch speciosus ‚schön, wohlgestaltet, besonders‘) ist die Glocke 3 des Kölner Domgeläuts. Sie wurde 1449 von Johannes (Hoerken) de Vechel gegossen und ist im Glockenstuhl des Südturms aufgehängt.
Geschichte und Bedeutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Speciosa folgte der ein Jahr älteren Pretiosa in den noch unfertigen Südturm der Kathedrale. Auf die Pretiosa wird in der Inschrift der Speciosa gleich mehrfach hingewiesen („die Große und Klangreiche“, „die Schwester“, „die Gefährtin“, siehe Inschriftsübersetzung unten).
Die Speciosa fungiert als Bindeglied zwischen der größeren Pretiosa (g0) und der kleineren Dreikönigenglocke (h0). Jedoch steht nicht fest, ob die Speciosa tatsächlich 1449 das erste Mal gegossen worden war, da es fragwürdig erscheint, bei einer angestrebten melodischen Disposition (g–a–h) zuerst die beiden äußeren Glocken zu gießen und zuletzt die mittlere (Speciosa). Schließlich lässt sich der entsprechende Teil ihrer Inschrift „tonis melodiam reddendo“ als „den Tönen Wohlklang wiedergebe“ oder „den Tönen Wohlklang zurückgebe“ übersetzen. Letzteres spräche demnach für das Wiederherstellen des vorherigen (alten) Zustandes.
Daten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Musikalisches
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Alle Tonangaben in 16teln. V = Vertreter.
Nominal (Schlagton) |
Unterton | Prim-V | Terz | Quint-V | Abklingdauer (Unterton) |
Abkling- verlauf |
a0 −2 | A −7 | as0 +5 | c1 ±0 | es1 −3 | 109 Sekunden | steht |
Technisches
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Masse | unterer Durchmesser |
Schlagringstärke (durch Abnutzung) |
Rippenkonstruktion | Aufhängung |
---|---|---|---|---|
5600 kg | 2030 mm | 143 (140) mm | überschwer | Holzjoch |
Inschrift
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Speciosa ist auf den Namen der Gottesmutter geweiht, auf die ein Bronzerelief auf der Flanke hinweist. Sie trägt demnach auch den (inoffiziellen) Beinamen Marienglocke.
SUM ◊ GRANDIS ◊ SONOROSE ◊ SOROR ◊ TESTIS ◊ MICHI ◊ FACTOR ◊ * ◊ CUIUS ◊ HEROS ◊ FANI ◊ DECOR ◊ ET ◊ RESONANTIA ◊ TONI ◊ * ◊ * MOUIT ◊ QUOD ◊ FIERI ◊ DANT ◊ ME ◊ SUB ◊ HONORE ◊ PATRONI * ◊ * UT ◊ SOCIEM ◊ SOCIAM ◊ REDDENDO ◊ TONIS ◊ MELODIAM ◊ * ◊ PELLO ◊ NIMBOSA ◊ UOCOR ◊ IDCIRCO ◊ SPECIOSA ◊ * ◊ ANNIS ◊ GERMANE ◊ SEMEL ◊ I ◊ IUNCTUM ◊ MICHI ◊ PLANE * ◊ * IOHANNES ◊ DE ◊ VECHEL
Blüten (hier: *) und Rosetten (hier: ◊) dienen als Wort- und Silbentrennung.
Übersetzung: Ich bin, dafür sei der Schöpfer mir Zeuge, die Schwester der Großen und Klangreichen, deren Schmuck und Harmonie des Klanges die Herren der Kirche veranlasste, mich, Christus zur Ehre, gießen zu lassen, damit ich, der Gefährtin zugestellt, den Tönen Wohlklang wiedergebe. Deshalb werde ich die Schöne genannt, und vertreibe die stürmischen Wolken. Den Jahren der Schwester einmal eines hinzugefügt ist mein Alter.
Läuteordnung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Speciosa ist die Sonntagsglocke des Domes. Sie läutet zum Kapitelsamt an Sonntagen ab 09:42 Uhr, drei Minuten vor dem Einsetzen des Teilgeläuts, sowie zum Einläuten aller Sonntage am Sonnabend um 19:30 Uhr. Außerdem wird sie jeden Freitag außerhalb der Karwoche um 15 Uhr zur Todesstunde Jesu, eine Viertelstunde vor der Vesper an Hochfesten sowie zur hl. Wandlung im Kapitelsamt an diesen Tagen geläutet. Zum Kapitelsamt an Sonntagen und Festen wird die Speciosa zusammen mit den Glocken Dreikönigen, Ursula und Kapitel geläutet, zu den übrigen Messen an den höchsten Feiertagen (Weihnachten, Hl. Dreikönige, Ostern, Pfingsten) mit den Glocken Ursula und Kapitel. Das Sonntageinläuten am Vorabend variiert je nach Kirchenjahreszeit:
Sonntageinläuten (19.30 Uhr) | Glocken |
---|---|
Sonntage in der Adventszeit | Speciosa, Dreikönigen und Ursula (3, 4 und 5) |
Sonntage in der Weihnachtszeit | Speciosa, Dreikönigen, Ursula, Kapitel und Ave (3, 4, 5, 7 und 8) |
Sonntage in der Fastenzeit | Speciosa, Dreikönigen und Ursula (3, 4 und 5) |
Sonntage in der Osterzeit | Speciosa, Dreikönigen, Ursula, Kapitel und Ave (3, 4, 5, 7 und 8) |
Sonntage im Jahreskreis | Speciosa, Ursula, Kapitel und Ave (3, 5, 7 und 8)[1] |
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jakob Schaeben: Die Domglocken und ihr Läutewerk. In: Kölner Domblatt. Bd. 6/7, 1952, ISSN 0450-6413, S. 96–101.
- Martin Seidler: Die Kölner Domglocken. = The Bells of the Cologne Cathedral. 2. Auflage. Verlag Kölner Dom, Köln 2000, ISBN 3-922442-40-4 (Dokumentations-CD mit ausführlichem Beiheft).