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Volksabstimmung in Oberschlesien 1921

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In Oppeln warten Menschen auf die Veröffentlichung der Abstimmungsergebnisse.

Die Volksabstimmung in Oberschlesien (seltener auch: Plebiszit in Oberschlesien; auf Polnisch stets Plebiscyt na Górnym Śląsku) fand am 20. März 1921 in Folge des Versailler Vertrages statt. Sie hatte die Frage der territorialen Zugehörigkeit eines Teiles der preußischen Provinz Oberschlesien zum Gegenstand und führte letztlich zur Teilung Oberschlesiens und zur Abtretung von Ostoberschlesien an Polen. Die Abstimmung wurde von einer Interalliierten Kommission durchgeführt, die hierfür im Rahmen einer zeitlich befristeten Autonomie von Februar 1920 bis Juli 1922 die Regierungsgewalt im betroffenen Gebiet ausübte. Das Abstimmungsgebiet umfasste große Teile der Provinz Oberschlesien, jedoch ohne die westlichsten Kreise Grottkau, Neisse und Falkenberg, nur den östlichen Teil des Kreises Neustadt O.S., ohne das zum Landkreis Ratibor gehörende Hultschiner Ländchen und unter Einbeziehung eines Teils des niederschlesischen Kreises Namslau.

Die etwa 1,2 Millionen Stimmberechtigten wurden darüber befragt, ob Oberschlesien bei Deutschland verbleiben oder an das 1918 wiederbegründete Polen angegliedert werden sollte. Es beteiligten sich etwa 97 % der Stimmberechtigten, wobei sich über das gesamte Stimmgebiet hinweg etwa 60 % für einen Verbleib bei Deutschland und etwa 40 % für einen Beitritt zu Polen aussprachen, bei lokal jeweils sehr stark abweichenden Voten. Der Völkerbundrat nahm am 20. Oktober 1921 einen auf Basis der Gemeindeergebnisse ausgearbeiteten Vorschlag zur Teilung die Region entlang der sogenannten Sforza-Linie an. Der kleinere, stärker industrialisierte östliche Teil („Ostoberschlesien“) ging an Polen, während der größere, eher landwirtschaftlich geprägte westliche Gebietsteil bei Deutschland verblieb.

Die Abstimmung war begleitet von einer Vielzahl an gewaltsamen Übergriffen beider Seiten bis hin zu kurzen, bürgerkriegsähnlichen Episoden, bei denen nominell unabhängige militante Kräfte in militärischen Formationen aufeinandertrafen. In ihrer Rolle als zeitweilige Regierung des Gebiets waren auch die Truppen der Plebiszitkommission in diese Auseinandersetzungen verwickelt. Den Kämpfen fielen schätzungsweise einige tausend Menschen zum Opfer.

Diese, wie auch weitere aufgrund des Versailler Vertrags erfolgten Gebietsabtretungen, lehnte die deutschen Öffentlichkeit nahezu einhellig ab. Sie waren eine der wesentlichen Triebfedern für die Revisionspolitik in der Weimarer Republik.[1]

Sprachensituation in der Provinz Schlesien nach der preußischen Statistik 1905/06.

Schlesien hatte bis ins Spätmittelalter zu Polen gehört, zuletzt als Herzogtum Schlesien. Mit dem Vertrag von Trentschin gelangte es 1335 in den Herrschaftsbereich der Böhmischen Krone und lag fortan in den Grenzen des Heiligen Römischen Reichs, später des Deutschen Bundes. Nachdem seit dem 15. Jahrhundert das Haus Habsburg seine Macht in Schlesien ausgebreitet hatte, kam es zu Konflikten mit dem Haus Hohenzollern. Im Rahmen der Schlesischen Kriege (1740–1763) konnte Preußen den Großteil der Region gewinnen („Preußisch-Schlesien“). Es verwaltete ihn von 1815 bis 1919 als Provinz Schlesien. Der viel kleinere südöstliche Teil verblieb als Herzogtum Ober- und Niederschlesien bei Österreich („Österreichisch Schlesien“). Im Jahr 1918 lag die Region Schlesien im Deutschen Reich sowie in Österreich-Ungarn. Mit der Gründung der Tschechoslowakei fiel das vormalige „Österreichisch-Schlesien“ in das Gebiet des neuen Staates, der auch Anspruch auf das zu „Preußisch-Schlesien“ gehörende Hultschiner Ländchen erhob.

Aufgrund ihrer Lage und Geschichte war die Region seit dem Mittelalter stets mehrsprachig, wobei im westlichen Teil nahezu ausschließlich die deutsche Sprache überwog, während im Osten vielfach polnisch, und im Südosten auch lechisch, gesprochen wurde. Von allen drei „Hauptsprachen“ Schlesiens gab es zudem jeweils schlesische Dialekte (Schläsisch, ślōnskŏ gŏdka, Lachisch), die viele Ausdrücke aus den jeweils anderen Sprachen beinhalteten und damit den Charakter von Übergangsdialekten hatten. Für Dialektunkundige waren diese daher teils schwer verständlich. In Schlesien formte sich über die Jahrhunderte eine regionaltypische Mischung aus deutschen, polnischen, österreichischen und tschechischen kulturellen Einflüssen, was unter anderem auch in der Schlesischen Küche deutlich wird.

Mit dem Erstarken des Nationalismus ab dem 19. Jahrhundert stieg der Druck auf die Bewohner Schlesiens, sich als Mitglieder einer bestimmten Nation (sprich: eines Volks) zu definieren. Dieser „Bekenntnisdruck“ erreichte seinen Höhepunkt in der Zwischenkriegszeit, als viele europäische Staaten ihre (Rück-)Forderungen nach Staatsgebiet nicht zuletzt mit dessen Besiedlung durch eigene Landsleute rechtfertigten. Daneben gab und gibt es bis heute auch die Vorstellung, dass die Schlesier als Volk über eine eigenständige schlesische Identität verfügen. Dies führte nach 1918 in Preußen beziehungsweise in Polen zu Maßnahmen für mehr politische Autonomie.

Der Weg zur Volksabstimmung (1918 – 1920)

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Politischer Umbruch nach dem Ersten Weltkrieg

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Gebietsverluste Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg (in Gelb und Orange).

Der Erste Weltkrieg (1914–1918) führte zu großen politischen Umwälzungen und einer territorialen Umgestaltung Europas. Der Zusammenbruch des russischen Zarenreiches und Österreich-Ungarns hatte die Gründung einer Reihe von neuen Staaten in Mittel-, Ost- und Südosteuropa zur Folge. Für die Region Schlesien waren dabei die Wiedergründung Polens und die Entstehung der Tschechoslowakei bedeutsam.

Wenngleich das Deutsche Reich weiterbestand, sah es sich aufgrund der Niederlage im Krieg in verschiedenen Grenzregionen mit Forderungen der Siegermächte und ihrer Verbündeten nach Gebietsabtretungen konfrontiert. Im Osten war es ganz überwiegend die junge Polnische Republik, die bei den Friedensverhandlungen in Paris ihre Ansprüche auf bislang zu Deutschland gehörende Territorien zum großen Teil geltend machen konnte. So erhielt Polen ohne Volksabstimmung Großteile der Provinz Posen und zur Bildung des Polnischen Korridors die Provinz Westpreußen. Weitere Gebiete sollten Polen nach Volksabstimmungen am 11. Juli 1920 im Abstimmungsgebiet Marienwerder sowie ebenso im Abstimmungsgebiet Allenstein in der Provinz Ostpreußen zufallen, doch scheiterte dies an deren Ergebnissen.

Die den Friedensprozess maßgeblich als Rat der Vier bestimmenden Mächte, Frankreich, Großbritannien, die USA und Italien, verfolgten ebenfalls jeweils eigene politische Ziele. So versuchte der in Frankreich ab 1919 regierende mitte-rechte Bloc national eine Eindämmungspolitik durchzusetzen, die den Einfluss sowohl Deutschlands als auch Sowjetrusslands auf dem europäischen Kontinent politisch, militärisch und wirtschaftlich begrenzen sollte. Ein starkes und unabhängiges Polen war in dieser Politik ein zentraler Baustein. Die liberale Regierung von David Lloyd George in Großbritannien war vor allem daran interessiert, die durch den Krieg schwer angeschlagene weltwirtschaftliche Position wiederherzustellen. Das Verhältnis zu Frankreich war ambivalent, da Großbritannien einerseits auf eine gute Zusammenarbeit mit Frankreich zur Regelung der zahlreichen weltpolitischen Herausforderungen angewiesen war. Zugleich sollte der Einfluss Frankreichs auf dem europäischen Kontinent nicht zu stark werden.

Die US-amerikanische Regierung von Woodrow Wilson war vom Wunsch nach einer neuen weltpolitischen Ordnung angetrieben, in der Konflikte zwischen Staaten beispielsweise durch einen Völkerbund friedlich geregelt werden konnten. Dies drückte sich im sogenannten 14-Punkte-Programm aus. Wenngleich es bei den Friedensverhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg nicht vollständig übernommen wurde, sorgte nicht zuletzt das international enorm gewachsene politische Gewicht der USA zwangsläufig dafür, dass die Vorstellungen der US-Regierung die Debatten um die neue Friedensordnung maßgeblich mitprägten.[2] Die italienische Regierung wiederum nutzte ihre Position vor allem, um die ihr zugesicherten territorialen Zugeständnisse aus dem Londoner Vertrag durchzusetzen. Sie hatte insofern keine starke Haltung zum Streit um Schlesien.

Bei den Verhandlungen der Sieger zu den Pariser Vorortverträgen waren die Ideen des Nationalstaats und des Selbstbestimmungsrechts der Völker vielfach handlungsleitend. Beide gehen von der Idealvorstellung einer Einheit von Nation und Staatsgebiet aus. Vielvölkerstaaten, wie das Russische Zarenreich, Österreich-Ungarn, das Osmanische Reich und eben in seinen östlichen Reichsteilen auch das Deutsche Reich, wurden hingegen als problematisch und als Hindernis für das Selbstbestimmungsrecht der Völker betrachtet.[3] Darüber, wie dieses Selbstbestimmungsrecht zu verwirklichen sei, gab es jedoch verschiedene Ansichten. Als ein Mittel hierzu – zumindest für Europa – wurde die Durchführung von Plebisziten angesehen. Dessen ungeachtet, verfolgten die Siegermächte des Ersten Weltkriegs auch handfeste realpolitische Zielstellungen, die vielfach im Konflikt mit diesen Idealvorstellungen standen. Die Ereignisse rund um die Volksabstimmung in Oberschlesien sind eine direkte Folge dieses Widerspruchs von Ideal- und Realpolitik.

Schlesien als Gegenstand der Friedensverhandlungen

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Roman Dmowski, Leiter der polnischen Delegation bei den Friedensverhandlungen in Versailles.

Zu den nach 1918 umstrittenen Gebieten Deutschlands zählte auch der östliche Teil Schlesiens. So machte nach nationalstaatlicher Lesart die Mehrsprachigkeit und Diversität der Region ihre eindeutige Zuordnung zu Deutschland fraglich. Tatsächlich erhob die 1918 entstandene junge Polnische Republik bei den Friedensverhandlungen in Paris nachdrücklich Anspruch auf Gebiete, in denen jeweils ein bedeutsamer Teil der Bevölkerung polnischsprachig war. Insbesondere Frankreich hatte ein großes politisches Interesse an einem auch wirtschaftlich starken Polen, um die eigene Eindämmungspolitik gegenüber Deutschland und Sowjetrussland im östlichen Europa besser umsetzen zu können. Das bedeutende oberschlesische Industriegebiet war hierfür einer der Schlüsselfaktoren. Zugleich würde dessen Verlust Deutschland in noch größerem Maße von der Wirtschaft an Rhein und Ruhr abhängig machen, also einem Gebiet, das nah an Frankreich lag und auf das dieses durch die Rheinlandbesetzung bereits Zugriff hatte.

Der deutschen Reichsregierung war spätestens mit der Ausrufung der Zweiten Polnischen Republik am 11. November 1918 bewusst, dass Oberschlesien zu den deutschen Gebieten gehörte, die bei den bevorstehenden Friedensverhandlungen verloren gehen könnten. Sie versuchte daher bereits im Dezember 1918 über Harry Graf Kessler in direkte Verhandlungen mit der polnischen Regierung zu treten. Diese Versuche scheiterten jedoch bereits früh an der kategorischen Ablehnung jeglicher außerhalb der geplanten Friedensverhandlungen getroffenen Sondervereinbarungen durch die Siegermächte des Ersten Weltkriegs.[4]

Die Pariser Friedenskonferenz von 1919 hatte eine enorme Menge an offenen geostrategischen Herausforderungen zu entscheiden. Der Oberschlesien-Frage kam hierbei keine besondere Aufmerksamkeit zu und ihre Behandlung erfolgte ohne direkte Konsultation Deutschlands. So gelang es im März 1919 der polnischen Delegation unter der Leitung von Roman Dmowski mit Unterstützung der französischen Regierung, im Unterausschuss Kommission für Polnische Angelegenheiten, englisch Commission on Polish Affairs, französisch Commision des affaires polonaises, einen Beschluss zu erwirken, der die Übertragung von Teilen Schlesiens an Polen vorsah.[5]

Als dies mit dem Entwurf des Versailler Vertrags (Draft Treaty) am 7. Mai 1919 öffentlich wurde, kam es zu Protesten in Schlesien und Empörung in der deutschen Öffentlichkeit. Aber auch in links-liberalen Kreisen Großbritanniens wurde vor einer zu harten Behandlung Deutschlands gewarnt. Die deutsche Reichsregierung verfasste am 29. Mai 1919 ein ausführliches Memorandum, in welchem sie gegen die Entscheidung protestierte. Sie erklärte sich darin zwar zur Abtretung der Provinz Posen und Teilen Westpreußens an Polen bereit, in allen anderen Gebieten im Osten solle jedoch die Bevölkerung in Plebisziten über die Gebietszugehörigkeit entscheiden.[6] Weiterhin machte sie deutlich, dass Deutschland die auferlegten Reparationsverpflichtungen ohne das oberschlesische Industriegebiet kaum werde leisten können. Unter anderem dieses Argument bewog nun wiederum den britischen Premierminister Lloyd George, sich ebenfalls gegen eine direkte Abtretung Oberschlesiens an Polen auszusprechen. In mehreren Sitzungen des Rats der Vier setzte er im Juni 1919 im Grundsatz die deutsche Position durch, dass in Oberschlesien die Bevölkerung über die künftige territoriale Zugehörigkeit abstimmen sollte.[7]

Bei einer direkten Gebietsabtretung an Polen ohne vorherige Abstimmung blieb es in (Nieder-)Schlesien für das Reichthaler Ländchen, einem etwa 85 km² großen Gebiet im Kreis Namslau, nordöstlich von Breslau. Ebenso wurde das (ober-)schlesische Hultschiner Ländchen, ein etwa 286 km² großes Gebiet südlich von Ratibor, an die neu gegründete Tschechoslowakei zum Februar 1920 ohne Abstimmung abgetreten.

Oberschlesien im Versailler Vertrag

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Abschnitt des Versailler Vertrags zu den Grenzregelungen zwischen Deutschland und Polen.

Im nächsten Schritt trat eine eigene alliierte Kommission zusammen, die Bedingungen für die Abstimmung festlegen und einen entsprechenden Text für den Versailler Vertrag formulieren sollte. Der Konflikt zwischen Großbritannien und Frankreich setzte sich jedoch auch auf dieser Verhandlungsebene fort. Der britische (und auch deutsche) Wunsch, Oberschlesien als ein einziges Abstimmungsgebiet zu behandeln, wurde verworfen, es sollten vielmehr die Ergebnisse auf Gemeindeebene berücksichtigt werden. Allerdings wurde nicht festgelegt, wie mit widersprüchlichen Ergebnissen umzugehen sei. So kam es vor allem zu einem Formelkompromiss, der die wesentlichen Konflikte ungelöst ließ.

Aus den Verhandlungen ging der Artikel 88 des Versailler Vertrags hervor, zu dem auch eine sechs Paragraphen umfassenden Anlage gehörte.[8][9] Der Artikel legte in wörtlicher Beschreibung das Abstimmungsgebiet fest und bestimmte, dass dieses binnen zwei Wochen nach Inkrafttreten des Vertrags von den Deutschen Behörden zu räumen (§ 1 der Anlage) und an einen vierköpfigen internationalen Ausschuss (§ 2) zu übergeben sei. Der Ausschuss übernehme die Regierungsgewalt, sei jedoch nicht befugt, neue Gesetze oder Steuern zu erlassen, wohl aber die Änderung bestehender Gesetze und Steuern zu verhindern. Er entscheide mit einfacher Stimmenmehrheit und habe aus der örtlichen Bevölkerung technische Berater für seine Amtsgeschäfte heranzuziehen (§ 3).

Die Aufgabe des Ausschusses sei es, das Plebiszit über die territoriale Zugehörigkeit des Abstimmungsgebietes zu organisieren. Dies habe nicht früher als sechs und nicht später als achtzehn Monate nach seinem Arbeitsantritt zu geschehen (§ 4). Weiterhin wurde festgelegt, dass alle Personen stimmberechtigt seien, die bis zum 1. Januar des Jahres des Plebiszits das 20. Lebensjahr vollendet hätten, im Abstimmungsgebiet geboren seien oder seit einem vom Ausschuss noch festzulegenden Zeitpunkt dort ständig lebten oder vor diesem Zeitpunkt von den deutschen Behörden gegen ihren Willen ausgewiesen worden seien. Die Verurteilung wegen politischer Straftaten dürfe nicht zum Verlust des Stimmrechts führen. Die Ergebnisse der Abstimmung würden gemeindeweise erhoben.

Zuletzt wurde festgehalten, dass der Ausschuss nach Abschluss des Plebiszits den Siegermächten einen vollständigen Bericht der Abstimmungshandlung sowie einen Vorschlag zur Teilung des Gebiets übergebe (§ 5). Nach Festlegung der endgültigen Grenze hätten die deutschen und polnischen Behörden binnen Wochen die Kontrolle über die ihnen zugeschlagenen jeweiligen Gebiete wieder zu übernehmen und der Ausschuss beende seine Arbeit (§ 6). Alle Kosten für die Besatzungstruppen, die Arbeit der Kommission und die Durchführung des Plebiszits seien aus den Einnahmen des betroffenen Gebiets zu bestreiten.

Die Zeit bis zum Inkrafttreten des Versailler Vertrags

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Der Versailler Vertrag, und damit alle Vereinbarungen zum Plebiszit in Oberschlesien, wurde am 28. Juni 1919 unterzeichnet. Tatsächlich in Kraft trat er jedoch erst nach der Ratifizierung durch die vertragsunterzeichnenden Staaten am 10. Januar 1920. In diesen knapp sechs Monaten versuchten sowohl Deutschland als auch Polen mit verschiedenen Maßnahmen ihre Position in der Region Oberschlesien zu stärken.

Seit dem Aufstand in Posen (1918/1919) stand die Möglichkeit einer militärischen Klärung der territorialen Zugehörigkeit auch für Oberschlesien unzweifelhaft im Raum. Die SPD-geführte Reichsregierung wollte angesichts der chaotischen Zustände in der jungen deutschen Republik einen weiteren Krieg unbedingt vermeiden. Soweit sie irgend konnte, versuchte sie daher mögliche Gebietsabtretungen an Polen auf diplomatischem Weg einzuhegen. Die Zustimmung zur Abtretung eines Großteils von Posen an Polen und zur Herauslösung Danzigs als Freier Stadt gehören ebenso zu diesem politischen Kurs, wie der Einsatz bei den Friedensverhandlungen für die Abhaltung von Plebisziten in Oberschlesien, West- und Ostpreußen. Gleichwohl und unabhängig von der Frage der Grenzziehung zu Polen achtete die Reichsregierung darauf, über einsatzfähige militärische Kräfte zu verfügen, um im Bedarfsfall die Republik auch mit Waffengewalt gegen innere und äußere Feinde verteidigen zu können. Angesichts der zahlreichen Beschränkungen aus dem Waffenstillstandsvertrag von Compiègne war dies nicht leicht zu bewerkstelligen. So kam den in dieser Zeit zahlreich entstandenen Freikorps (der sogenannten „Schwarzen Reichswehr“) eine besondere Rolle zu. Obwohl diese grundsätzlich demokratiefeindlich eingestellt waren, setzte die Reichsregierung sie zum Schutz der territorialen Integrität Deutschlands, aber auch zur Niederschlagung bolschewistischer Kräfte ein. Die Sicherung Schlesiens oblag ab Ende November 1918 zunächst der von der Westfront heimkehrenden 117. Infanteriedivision, die im Zuge der Demobilisierung Ende Mai 1919 zur Kleinen Reichswehrbrigade Nr. 32 unter dem Kommando von Generalmajor Karl Hoefer umgebildet wurde. Hinzu kamen diverse Freikorps in und um Breslau (die 3. Marine-Brigade von Loewenfeld, die Marine-Brigade Ehrhardt, das Freikorps Berthold, das Freikorps Paulssen, das Freikorps Von Aulock, das Freikorps Kühme sowie das Oberschlesische Freiwilligenkorps).[10] Hoefer konnte so für die Verteidigung Schlesiens auf insgesamt etwa 15.000 mehr oder minder regulär bewaffnete Soldaten zurückgreifen.[11]

Tatsächlich gab es auf polnischer Seite noch zu Beginn der Pariser Friedensverhandlungen 1919 Überlegungen, den erfolgreichen Posener Aufstand in Oberschlesien nachzuahmen und das Gebiet gewaltsam anzugliedern. Es war nicht zuletzt der nationaldemokratische Wojciech Korfanty, der auf die militanten Kräfte einwirkte, jegliche gewaltsame Aktionen zu unterlassen. Einerseits stabilisierte sich das Deutsche Reich im ersten Halbjahr 1919 langsam und würde einem vergleichbaren Aufstand diesmal vermutlich erfolgreich begegnen können. Zum anderen befürchtete Korfanty, dass die bis zum Sommer 1919 aus polnischer Sicht sehr aussichtsreich verlaufenden diplomatischen Verhandlungen in Paris gestört werden könnten. Die Situation war für ihn insofern schwer zu kontrollieren, weil ihm der oberschlesische Ableger der Polnischen Militärorganisation (POW GŚl) nicht unmittelbar unterstand. Die Angehörigen des POW GŚl waren ganz überwiegend Oberschlesier und der Aufbau konspirativer und paramilitärischer Strukturen hatte bereits in der Kaiserzeit mit Organisationen wie dem Turnverein Sokół oder der Straż Obywatelska dla Górnego Śląska Bürgergarde für Oberschlesien begonnen.[12] In der Gründungsphase der POW GŚl scheint vor allem der Posener Oberste Volksrat einflussreich gewesen zu sein, der von der Nationaldemokratie dominiert wurde und der die Angliederung Oberschlesiens auf diplomatischen Weg bevorzugte. Gleichzeitig scheint der POW GŚl auch enge Kontakte nach Warschau zu Józef Piłsudski und seinen Anhängern, der ein politischer Gegner der Nationaldemokratie war, unterhalten zu haben.[13]

Im Mai 1919 verfügte der POW GŚl über etwa 14.000 Kämpfer, jedoch nur über etwa 3800 Gewehre und weitere etwa 2300 Schusswaffen.[14] Mehrfach drohten die lokalen Kader des POW GŚl mit der Aufnahme des bewaffneten Kampfes in Oberschlesien, so im April und dann erneut im Juni 1919, wobei Korfanty jedes Mal energisch intervenierte und rechtzeitig den Abbruch der Pläne erwirken konnte. Dies wiederholte sich im August 1919, wobei diesmal der Einspruch Korfantys nicht mehr an alle Zellen des POW GŚl rechtzeitig weitergegeben werden konnte. Das Ergebnis war ein lokal begrenzter Aufstand einiger Gruppen vom 16.–24. August 1919, der sogenannte Erste Aufstand in Oberschlesien. Kurzzeitig besetzten sie Teile des Industriegebiets sowie die Kreise Pleß und Rybnik. Unter Leitung des mit Sondervollmachten ausgestatteten Reichs- und Staatskommissars Otto Hörsing (SPD) wurde der Aufstand unter der militärischen Leitung von Karl Hoefer mit großer Brutalität von regulären deutschen Truppen zusammen mit rechtsgerichteten Freikorps niedergeschlagen.[15] Auf polnischer Seite wurden etwa 500 Personen in den Kämpfen getötet, auf deutscher Seite waren es vermutlich um die 100 Personen.[16] Die Kämpfer der POW GŚl mussten sich über die Grenze nach Polen ins Exil zurückziehen, viele ihrer geheimen Strukturen wurden in den folgenden Monaten von der deutschen Polizei und dem Militär zerschlagen.

Viele Oberschlesier waren entsetzt über das Ausmaß an Gewalt, das polnische und deutsche Nationalisten im Sommer 1919 über die Region brachten. Insbesondere die katholische Zentrumspartei, die in Schlesien stärkste Kraft war und sowohl über eine deutschsprachige als auch eine polnischsprachige Wählerbasis verfügte, setzte sich für die Wiederherstellung des Friedens ein. Ihr Ziel war zwar ein Verbleib Schlesiens im Deutschen Reich, sie wollte dafür aber Zugeständnisse erreichen.[17] So setzte sich ihr oberschlesischer Vorsitzender Carl Ulitzka in Verhandlungen mit der preußischen Regierung dafür ein, dass Schlesien nicht länger eine preußische Provinz bleiben sollte, sondern zu einem eigenständigen Land in der Weimarer Republik werde. Auf diese Weise, so die Hoffnung des Zentrums, könnte die Angst vieler polnischsprachiger Schlesier vor einer drohenden Germanisierung aufgefangen und ihre Stimme für einen Verbleib bei Deutschland gewonnen werden.

Der Freistaat Preußen griff im September 1919 diese Forderungen auf. Einerseits sagte er einen Volksentscheid über die Ausgliederung Schlesiens aus Preußen zu, der im September 1922 in den dann noch zu Deutschland gehörenden Teilen Schlesiens auch tatsächlich durchgeführt wurde. Als unmittelbare Maßnahme wurde die Provinz Schlesien, wie von Ulitzka vorgeschlagen, im November 1919 geteilt. Aus dem früheren Regierungsbezirk Oppeln, in dem ein Großteil der polnischsprachigen Schlesier lebte, entstand die neue Provinz Oberschlesien. Die beiden ganz überwiegend deutschsprachigen westlichen Regierungsbezirke Liegnitz und Breslau formten die neue Provinz Niederschlesien. Der Zentrumspolitiker Joseph Bitta, bislang Regierungspräsident im Kreis Oppeln, stieg zum neuen Oberpräsidenten der Provinz Oberschlesien auf.

Eine weitere Maßnahme bestand darin, dass die preußische und die Reichsregierung ab Herbst 1919 die Bekämpfung der pro-polnischen Kräfte deutlich reduzierte. Auch die Freikorps und vergleichbare paramilitärische Gruppen wurden durch die Androhung entsprechender finanzieller Sanktionen auf diese Linie gebracht. Dahinter stand klar das Kalkül, das zu viele Gewalttaten im Namen Deutschlands sowohl die Interalliierte Kommission, als auch die Bevölkerung des Abstimmungsgebiets gegen das Deutsche Reich aufbringen könnten, was letztlich nur der polnischen Seiten nutzen würde. Entsprechend verübte die pro-deutsche Seite zwischen Herbst 1919 und Mai 1921 insgesamt nur vergleichsweise wenige Morde und Gewalttaten, was jedoch nicht bedeutete, dass sie vollständig auf dieses Mittel der AUseinandersetung verzichtete.[18]

Die Vorbereitungen auf die Volksabstimmung (1920–1921)

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Die Interalliierte Regierungs- und Plebiszitskommission für Oberschlesien

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Landeshaus am Regierungsplatz in Oppeln, Sitz der Interalliierten Kommission.
General Henri Le Rond, der Vorsitzende der Interalliierten Kommission und Vertreter Frankreichs (vor 1922).
Colonel Harold Percival, der britische Vertreter in der Interalliierten Kommission (1920/1921).
General Alberto de Marinis, italienischer Vertreter in der Interalliierten Kommission (vor 1940).

Der im Versailler Vertrag genannte Ausschuss nahm am 11. Februar 1920 als Interalliierte Regierungs- und Plebiszitskommission für Oberschlesien seine Arbeit auf. Da die USA sich zwischenzeitlich vollständig aus der Regelung der europäischen Nachkriegs-Angelegenheiten zurückgezogen hatten, war die Kommission entgegen dem Vertragswortlaut nur mit drei anstatt vier Kommissaren besetzt. Frankreich entsandte den General Henri Le Rond, der bei den Friedensverhandlungen bereits die Kommission für polnische Angelegenheiten geleitet hatte. Der diplomatisch erfahrene, polyglotte und energische Le Rond bestimmte über weite Strecken das Handeln der Kommission. Le Rond neigte gemäß der Haltung seiner Regierung in aller Regel der polnischen Position zu. Großbritannien entsandte Colonel Harold Percival, der eher für die deutsche Position eintrat, jedoch nur wenig Erfahrung mit vergleichbaren Aufgaben hatte und von seiner Regierung kaum Unterstützung erhielt. Der dritte Kommissar war General Alberto De Marinis, der wie auch die italienische Regierung keine klare Haltung zur oberschlesischen Frage hatte. Durch seine eher ungeschickten Ausgleichsversuche verspielte er mit der Zeit das Vertrauen beider Seiten. Der Brite Harold Percival erlitt nach dem dritten Aufstand pro-polnischer Freischärler im Mai 1921 einen Nervenzusammenbruch und wurde von seiner Regierung durch den erfahrenen Verwaltungsfachmann Sir Harold Arthur Stuart ersetzt.[19]

Aufbau und verfügbare Mittel

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Die Kommission sollte für die Dauer der Vorbereitung und Durchführung des Plebiszits und dann bis zur endgültigen Entscheidung des Grenzverlaufs die faktische Regierungshoheit über das Abstimmungsgebiet ausüben. Zu Beginn hatte die Kommission nur 128 Mitarbeiter zur Verfügung und war damit deutlich unterbesetzt. Die Franzosen stellten davon 69 Mitarbeitende und übernahmen in der Regierung neben dem Vorsitz auch die zentral wichtigen Ressorts Inneres, Finanzen, Militär und Wirtschaft. Die Briten stellten 33 Mitarbeitende und übernahmen die Ressorts Verkehr und Ernährung. Italien entsandte 26 Mitarbeitende und übernahm das Ressort Justiz. Auch wenn sich die Zahl der Mitarbeitenden im Verlauf der Kommissionstätigkeit verdoppelte, blieb die Ausstattung für die immensen Aufgaben dennoch zu knapp. Von den oberschlesischen Kreisen wurden elf von Kreiskontrolleuren aus Frankreich und nur jeweils fünf durch welche aus Großbritannien und Italien beaufsichtigt.[20]

Laut dem Versailler Vertrag hatten die deutsche und die polnische Seite konstruktiv an der Umsetzung des Plebiszits mitzuwirken. In diesem Sinne ernannten beide Seiten sogenannte Abstimmungskommissare, die als Verbindungspersonen zur Alliierten Plebiszitkommission wirkten. Für Deutschland war dies Kurt Urbanek, der Bürgermeister von Roßberg, nachdem zuvor Carl Ulitzka von Le Rond abgelehnt worden war. Die polnische Seite benannte den Schlesier Wojciech Korfanty, der 1903 als erster Abgeordneter für die Polnische Nationaldemokratische Partei in den Deutschen Reichstag eingezogen war und der sich dort im Herbst 1918 in einer vielbeachteten Rede für einen Anschluss der polnischsprachigen Gebiete des Deutschen Reichs an das wiedergegründete Polen ausgesprochen hatte. Zugleich setzten Deutschland und Polen eigene Plebiszitkommissionen ein, mit denen sie ihre jeweiligen Bemühungen um einen Abstimmungssieg koordinierten.

Zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung konnte die Kommission zu Beginn auf ein Truppenkontingent von etwa 15.000 Mann zurückgreifen. Auch hier stellten die Franzosen mit 12.000 Mann unter dem Kommando von General Jules Gratier den Löwenanteil. Die restlichen Truppen wurden fast vollständig von Italien gestellt, während Großbritannien sich die meiste Zeit auf eher symbolische Kontingente beschränkte.[21] Erst gegen Jahresende 1920, und dann als deutliches Zeichen seines Missfallens angesichts der fortdauernden Verzögerung des Plebiszits durch die französische Seite, entsandte Großbritannien vier Bataillone in das Abstimmungsgebiet.

Neben den militärischen konnte die Interalliierte Kommission auch auf die Sicherheitspolizei („Sipo“) zurückgreifen. Diese mehrere tausend Mann starke Truppe war aus den früheren deutschen Grenzschutzeinheiten hervorgegangen und daher zunächst ganz überwiegend mit deutschem Personal ausgestattet. Eine der Vereinbarungen, die Kurt Urbanek und Wojciech Korfanty zur Beilegung des Zweiten Oberschlesischen Aufstands mit der Zustimmung der Interalliierten Kommission trafen, war die Auflösung der Sicherheitspolizei. Stattdessen wurde eine oberschlesische Polizei ins Leben gerufen, deren Personal zur Hälfte aus Polen bestand, wobei diese ganz überwiegend insgeheim auch Mitglieder der POW waren.[22]

Die Arbeit zur Vorbereitung des Plebiszits

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Bereits nach wenigen Monaten war die Interalliierte Kommission durch die grundlegend verschiedenen Positionen der französischen und britischen Regierung in der Oberschlesienfrage, die von Le Rond und Percival jeweils nachdrücklich vertreten wurden, innerlich zerrüttet. Zu den wesentlichen Streitfragen gehörte einerseits der Zeitpunkt des Plebiszits. Während die Briten eine zügige Abstimmung forderten, versuchte Le Rond den Termin so weit als möglich hinauszuzögern. Hintergrund hierfür war eine entsprechende Bitte der polnischen Regierung, die sich für eine spätere Abstimmung einen größeren Erfolg der eigenen Plebsizitkampagne und zugleich einen schwindenden Einfluss der von Deutschland beherrschten Verwaltungen ausrechnete.[23]

Einen weiteren Streitpunkt bildete der Umgang mit den sogenannten „Heimkehrern“ (in Polen ist für diese Gruppe der Begriff Emigranci ‚Emigranten‘ üblich). Gemeint ist die Gruppe der gebürtigen Oberschlesier, die jedoch vor der Abstimmung aus dem Gebiet weggezogen waren. Die polnische Delegation, maßgeblich angeregt von Wojciech Korfanty, hatte bei den Pariser Friedensverhandlungen selbst noch durchgesetzt, dass in den Abstimmungsgebieten (West- und Ostpreußens, Oberschlesien) alle dort geborenen Personen stimmberechtigt waren. Dahinter hatte die Erwartung gestanden, dass mehr polnisch- als deutschsprachige zu den Ausgewanderten gehörten, die entsprechend für Polen stimmen würden. Allerdings hatten die Plebiszite im Juli 1920 in West- und Ostpreußen gezeigt, dass ein Großteil dieser stimmberechtigten Auswanderer im restlichen Reichsgebiet lebte und für einen Verbleib bei Deutschland gestimmt hatte. Um dies für Oberschlesien zu verhüten, versuchte die polnische Seite über Le Rond ab November 1920 das Stimmrecht für gebürtige, nicht mehr im Abstimmungsgebiet lebende Oberschlesier zurücknehmen zu lassen.[24] Dies wiederum wurden vom Briten Percival, der hier im Wesentlichen die deutsche Position vertrat, mit Verweis auf den Wortlaut des Versailler Vertrags kategorisch abgelehnt. Nachdem deutlich wurde, dass die polnische Seite das Stimmrecht für Heimkehrer/Emigranten nicht würde wieder abschaffen können, versuchte die französische Delegation, für diese Gruppe entweder einen gesonderten Abstimmungstag oder die Abstimmung außerhalb Schlesiens durchzusetzen, stieß aber auch in dieser Frage auf Widerstand.

Versuche der britischen Regierung, den äußerst dominanten Le Rond abberufen zu lassen, scheiterten. Gegen Jahresende 1920 verlor die britische Regierung schließlich die Geduld. Am 30. Dezember 1920 beschloss sie demonstrativ die Entsendung von vier Bataillonen in das Abstimmungsgebiet für die baldige Durchführung des Plebiszits. Auch auf der Botschafterkonferenz am 9. Februar 1921 machte sie deutlich, dass sie keine weitere Verzögerung akzeptieren werde. Weitere zwei Wochen später, beim Treffen des Rats der Vier, am 21. Februar 1921, wurde schließlich der Tag der Volksabstimmung förmlich auf den 20. März 1921 festgelegt.[25]

Bis zum 28. Februar 1921 wurde dann noch das Regelwerk für das Plebiszit verbindlich festgelegt. Auch hierüber hatte es bis zuletzt Streit gegeben. So hatte die deutsche Seite bereits gegen den am 30. Dezember 1920 veröffentlichten Entwurf Einspruch eingelegt. So waren nur diejenigen zugezogenen Personen im Abstimmungsgebiet stimmberechtigt, die vor dem 1. Januar 1904 dort gemeldet waren. Diese Frist erschien den Deutschen deutlich zu lang, sie hätten den Stichtag gerne auf den 1. Januar 1918 festgelegt, wie dies auch im Versailler Vertrag als Möglichkeit vorgesehen war. Nachdem sich die polnische Seite jedoch in der Heimkehrer/Emigranten-Frage nicht hatte durchsetzen können, mussten in diesem Punkt die Deutschen eine Niederlage hinnehmen.[26]

Die polnische Plebiszitkampagne

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Das Hotel Lomnitz in Beuthen im Jahr 1920, zu dieser Zeit Sitz des Polnischen Plebiszitkommissariats.

Die polnische Republik engagierte sich in sehr hohem Maße in Oberschlesien, um beim Plebiszit ein Ergebnis in ihrem Sinne zu erringen. Teilweise baute sie hierfür auf bereits zuvor bestehende Organisationsstrukturen auf, wie dem Obersten Volksrat. Es wurden jedoch auch neue Einrichtungen ins Leben gerufen, die die Arbeit des im Februar 1920 eingerichteten Polnischen Plebiszitkommissariats in Oberschlesien vorbereiteten (so das ab Oktober 1919 tätige Generalny Sekretariat Plebiscytowy ‚Generalplebiszitsekretariat‘) oder aus Polen heraus koordinierend unterstützten, wie das am 29. Juni 1920 gegründete überparteiliche Centralny Komitet Plebyscitowy ‚Zentrales Plebiszitkomitee‘ und der daran beratend angeschlossene Plebiszitrat der polnischen Regierung. Auch das Büro des Generalkonsuls der Republik Polen in Oppeln arbeitete eng mit dem Plebiszitkommissariat zusammen. Eine gewisse Sonderrolle spielte der oberschlesische Ableger der Polnischen Militärorganisation (Polska Organizacja Wojskowa Górnego Śląska, POW GŚl) beziehungsweise seine Nachfolgeorganisationen, die zwar organisatorisch in das Plebiszitkommissariat eingebunden waren, faktisch jedoch unabhängig handeln konnte.[27]

Das polnische Plebiszitkommissariat in Oberschlesien

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Wojciech Korfanty, der polnische Plebiszitkommissar (vor 1921, nachkoloriert).

Das polnische Plebiszitkommissariat, zu dessen Vorsitzendem Korfanty am 20. Februar 1920 berufen worden war, hatte seinen Sitz im Beuthener Hotel Lomnitz. Als Stellvertreter standen ihm mit Konstanty Wolny (Christliche Volksunion), Józef Rymer (Nationale Arbeiterpartei) und Józef Biniszkiewicz (Polnische Sozialistische Partei Oberschlesiens) prominente Vertreter der wichtigsten polnischen Parteien Oberschlesiens zur Seite. Das polnische Plebiszitkommissariat beschäftigte bei Aufnahme seiner Tätigkeit im April 1920 allein im Hauptquartier 226 Personen, Anfang 1921 waren es bereits 1.000 Mitarbeitende. Darüber hinaus waren im ganzen Abstimmungsgebiet nach polnischer Schätzung etwa 2.300 weitere Menschen ausschließlich sowie weitere 1.000 Personen zeitweise für es tätig.[28] Angesichts dieser Dimensionen mietete das Plebiszitkommissariat bald zusätzlich das Hotel „Schlesischer Hof“ in Beuthen an.[29] Das Plebiszitkommissariat versuchte mit seiner auf insgesamt 16 Abteilungen aufgeteilten Tätigkeit alle Bereiche des politischen, wirtschaftlichen sowie gesellschaftlichen Lebens abzudecken. Unter der Leitung von Halina Stęślicka zielte eine Abteilung mit ihrer Kampagnenarbeit, in damals noch ungewöhnlicher Weise, ausschließlich auf Frauen und Frauenvereine. Fast alle Leitungspositionen wurden mit gebürtigen Oberschlesiern besetzt und auch die Mitarbeitenden wurden zu drei Vierteln aus der Region gewonnen.[30]

Vorrangig versuchte das Plebiszitkommissariat Propaganda zu produzieren und durch die Agitation in Vereinen und Betrieben möglichst viele Menschen von der Stimmabgabe für Polen zu überzeugen. Daneben unternahm es auch politische Maßnahmen, um zusätzliche Unterstützung für einen Anschluss Oberschlesiens an Polen zu erzeugen. So trieb es maßgeblich die Gründung der autonomen Woiwodschaft Schlesien voran und arbeitete deren Gründungsstatut mit aus.[31] Ihre wichtigste Arbeit im politischen Feld blieb jedoch die direkte Einflussnahme auf die Interalliierte Plebiszitkommission, um dort der polnischen Position so weit wie möglich Gehör zu verschaffen.[32]

Die Besonderheit des polnischen Plebiszitkommissariats war, dass es sich zuletzt auch um die Ausbildung künftiger Funktionsträger in einem polnischen Oberschlesien kümmerte. So wurde Personal ausgebildet, das die preußischen Verwaltungsbeamten ersetzen würde und den Betrieb der regionalen Industrie, der Eisenbahn, der Post, der Schulen und des Gesundheitswesens möglichst bruchfrei würde fortführen können. Diese Maßnahmen waren auch bedeutsam, weil es das Selbstbewusstsein der polnischen Oberschlesier stärken sollte, dass sie tatsächlich in der Lage sein würden, ihre Angelegenheiten ohne Preußen selbst zu regeln.[33]

Unterstützung aus Polen

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Die Arbeit des Kommissariats wurde von der polnischen Republik finanziell und materiell massiv unterstützt. So erhielt das Kommissariat für seine Tätigkeit über das das polnische Verteidigungsministerium monatlich fünf Millionen deutsche und vier Millionen polnische Mark[34], das teils auch in militärische Ausbildung investiert wurde.[35] Ergänzend kamen noch private Spenden hinzu. Weiterhin koordinierte das Zentrale Plebiszitkomittee die Entsendung von Aktivisten aus ganz Polen, wenngleich es letztlich ganz überwiegend Oberschlesier waren, die die Kampagnenarbeit vor Ort leisteten.

Zuletzt versuchte die Republik Polen durch gezieltes Lobbying in wirtschaftsnahen Kreisen Frankreichs und Italiens für ein polnisches Oberschlesien zu werben. Mit Frankreich wurde so auch tatsächlich ein Wirtschaftsabkommen rund um den Kohlebergbau erzielt, das am 1. März 1921 unterzeichnet wurde und zur Gründung der französisch-polnischen Bergwerksgesellschaft Skarboferm führte.[36]

Die deutsche Plebiszitkampagne

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Im Vergleich zu den straff organisierten, personell und finanziell gut ausgestatteten polnischen Aktivitäten im Abstimmungskampf waren die deutschen Bemühungen weit weniger stringent. Das lag einerseits an einer gewissen Neigung zur Überbürokratisierung, sodass auf deutscher Seite zu keinem Zeitpunkt eine Stelle tatsächlich die unbestrittene Leitung ausübte und vieles dadurch sehr unkoordiniert geriet. Zum anderen wurde der deutsche Abstimmungskampf durch einen grundlegenden politischen Richtungsstreit innerhalb der deutschen Regierungsinstitutionen gehemmt, den Guido Hitze wie folgt beschreibt: „Monarchismus, Zentralismus, Nationalismus und das starre Konzept einer aggressiven Germanisierung prallten auf die Vorstellungen von einem föderalen deutschen Staatsaufbau und darin einem über Verfassung, geschichtliche Tradition und soziale Bindungen integrierten, kulturell autonomen, demokratischen, sozial modernen und zugleich kirchlich-konfessionell geprägten sowie – und das war in den Augen der Gegner der gefährlichste Punkt – selbstverwalteten Oberschlesien.“[37]

Im Abstimmungskampf tätige Organisationen

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Hans Lukaschek, der Leiter des Schlesischen Ausschusses (1949).

Das Plebiszitkommissariat für Deutschland entstand im April 1920 mit Sitz im Kattowitzer Hotel „Goldener Stern“, mit Kurt Urbanek als deutschen Plebiszitkommissar. Bereits im Verlauf des Jahres 1919 war in Breslau der sogenannte „Schlesische Ausschuss“ gegründet worden. Die Initiative basierte auf einer Vereinbarung zwischen den fünf größten Parteien Schlesiens (SPD, Zentrum, DDP, DVP, DNVP) und den drei führenden Gewerkschaftsverbänden (Gewerkschaftsring, CGB, ADGB). Nach der Abberufung des protestantischen, national gesinnten Otto Hörsig (SPD), der die blutige Niederschlagung des ersten Schlesischen Aufstandes im Sommer 1919 geleitet hatte, übernahm der Bürgermeister von Rybnik, Hans Lukaschek, Ende 1919 die Leitung. Finanziert wurde der „Schlesische Ausschuss“ vom Deutschen Reich und durch Spenden, wobei die Reichszentrale für Heimatdienst für die Ausreichung der öffentlichen Mittel zuständig war.[38] Neben diesen beiden gemeinhin bekannten Einrichtungen unterhielt die preußische Regierung zudem die sogenannte „Organisation Spiecker“. Diese vom preußischen Innenministerium eigens eingerichtete Stelle – die förmliche Bezeichnung lautete „Oberschlesische Leitstelle des Staatskommissars für die Überwachung der öffentlichen Ordnung“ – unter der Leitung des leistungsfähigen Katholiken Dr. Carl Spiecker versorgte die deutsche Seite fortwährend mit Informationen über die Situation in Oberschlesien, schleuste Informanten in die polnischen Plebiszitkampagne ein und unternahm verdeckte Sabotageaktionen gegen diese. Offiziell war ihre Aufgabe die Bekämpfung des Bolschewismus, was von der Interalliierten Kommission akzeptiert wurde, die die Anwesenheit der „Organisation Spiecker“ im Abstimmungsgebiet stillschweigend duldete.[39]

Dr. Carl Spiecker, Staatskommissar für die Überwachung der öffentlichen Ordnung (1948).

Obwohl bereits drei Einrichtungen (deutscher Plebiszitkommissar, „Schlesischer Ausschuss“ und „Organisation Spiecker“) ausschließlich in der Plebiszitkampagne engagiert waren, ernannte die Reichsregierung zudem noch Hermann von Hatzfeldt zum Reichsbevollmächtigten bei der Interalliierten Kommission, der über ein eigenes Büro verfügte und den direkten Austausch zur Reichsregierung sicherstellen sollte. Ab Mai 1921 übernahm Hans Graf Praschma diese Funktion. Zuletzt richtete auch die Preußische Regierung eine „Zentralstelle für Oberschlesien“ ein, der zudem ein eigener „Oberschlesischer Beirat“ angegliedert war.[40]

Neben diesen ganzen mehr oder minder staatlichen Stellen engagierten sich auch private Vereinigungen, indem sie eigenständige Propaganda betrieben und Spenden sammelten. Hier sind einerseits die Vereinigten Verbände Heimattreuer Oberschlesier zu nennen, die eine dezidiert deutschnationale Position vertraten, und neben eigener Propaganda vor allem bei der Mobilisierung der verstreut im Reich lebenden Oberschlesier eine wichtige Rolle spielten. Die sozusagen entgegengesetzte Position vertrat der Bund der Oberschlesier. Er setzte sich lange für die Gründung eines unabhängigen schlesischen Freistaats ein, der weder zu Deutschland noch zu Polen gehören sollte. Mit dieser Position lag er sozusagen quer zu den beiden deutlich besser ausgestatteten staatlichen Plebiszitkampagnen und erfuhr von beiden Seiten bittere Anfeindungen. Erst kurz vor der Abstimmung gab der Bund seine neutrale Position auf und sprach sich für eine Stimmabgabe zugunsten Deutschlands aus.[41]

Interner Streit um die Ausrichtung

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Die deutsche Plebiszitkampagne litt von Beginn an unter internen Streitereien. Zwar erhielt der "Schlesische Ausschuss", der nach einer Vereinbarung aller an der Kampagne beteiligten Organisationen am 20. April 1920 in Berlin die zentrale Steuerung übernehmen sollte, einen monatlichen Zuschuss von 5 Millionen Mark sowie einen sogenannten Reservefonds von 10 Millionen Mark zugesichert.[42] jedoch wurde seine Arbeit durch fortwährende Streitigkeiten mit der Reichsstelle für Heimatdienst stark behindert. Diese vertrat, wenngleich nicht offen, eine deutschnationale Position und störte sich an der vom „Schlesischen Ausschuss“ betriebenen, eher auf Verständigung und Ausgleich zwischen den polnischen und deutschen Oberschlesiern ausgerichteten Plebiszitkampagne. Diese Auseinandersetzung zog sich vom Frühjahr bis in den Herbst 1920 hin.[43] Im Ergebnis gelang es der deutschen Seite zu keinem Zeitpunkt, eine abgestimmte und in sich schlüssige Plebiszitkampagne zu organisieren. Gleichwohl gab die Reichsregierung in den Jahren 1920–1922 weit über eine Milliarde Mark für den Abstimmungskampf aus. Hierzu kamen Spenden der Industrie in beträchtlicher Höhe und auch von Privatpersonen, sodass eine durchaus kapitalkräftige Propaganda betrieben werden konnte.[44]

Der friedliche Abstimmungskampf

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Ausgestellte Propagandamaterialien im Schlesischen Museum.

Die Beeinflussung der Bevölkerung im Abstimmungskampf im jeweils eigenen Sinne bildete die Haupttätigkeit der Plebiszitkampagnen. Hierzu bedienten sich beide Seiten jeder nur denkbaren Form von Beeinflussung. Den Großteil machte eine nahezu unüberschaubare Zahl von Druckerzeugnissen aus: Zeitungen, Zeitschriften, Plakate, Flugschriften, Proklamationen, Aufkleber aber auch extra angefertigte Notgeldscheine und Gedenkmünzen. Nur ein Teil davon ist erhalten geblieben, wobei die oftmals ikonischen Plakate, aber auch die die große Menge an Presseerzeugnissen noch am ehesten Eingang in Archive und Sammlungen gefunden haben. Insbesondere um die Presse lieferten sich beide Seiten einen mit viel Geld geführten Wettkampf beim Aufkauf von Zeitungen.[45] Die Art der Erzeugnisse deckte dabei so gut wie jedes Bildungsniveau ab, von Parolen an Häuserwänden über gezeichnete Karikaturen bis hin zu essayistischen Abhandlungen über die zu erwartenden Vorteile oder lauernden Gefahren einer „falschen“ Entscheidung.

Die deutsche Seite war hier klar im Vorteil, wurden in Oberschlesien im Jahr 1919 doch 66 deutsche und lediglich 12 polnische Zeitungen herausgegeben. Da ein Großteil der deutschen Bevölkerung der polnischen Sprache nicht mächtig war, gaben beide Seiten auch Erzeugnisse in der jeweils anderen Sprache beziehungsweise zweisprachig heraus.[46] Die Koordination der Pressekampagne übernahm überaus erfolgreich die „Organisation Spiecker“. Obwohl die deutsche Seite insgesamt durch die fehlende Abstimmung der eigenen Propaganda gehemmt war, gelang es ihr zumindest in diesem Feld, der straff durchorganisierten polnischen Plebiszitkampagne zu begegnen. Der überaus erfolgreichen polnischen Satirezeitung „Kocynder“ wurde der deutsche „Pieron“ entgegengesetzt. Beide Seiten konnten eine Vielzahl von Schriftstellern und bekannten Künstlern für die Produktion ihrer Propaganda gewinnen. So verfasste beispielsweise Gerhart Hauptmann zwei Appelle („An die Deutschen im Grenzland“ sowie „Für ein deutsches Oberschlesien“), und Heinrich Zille fertigte Illustrationen an. Auf der polnischen Seite wirkten unter anderem Jerzy Gelbard und Maja Berezowska mit. Daneben wurden auch einige Filme für den Abstimmungskampf produziert. Während fast alle Kinos in deutscher Hand waren, griff die polnische Seite auf sogenannte „Wanderkinos“ zurück, Busse mit eingebauten Projektoren, die in die Dörfer fuhren.[47]

Die polnische Propaganda thematisierte vielfach die durch den Versailler Vertrag Deutschland auferlegten Kriegsentschädigungen, die durch höhere Steuern beglichen werden sollten. Aber auch die allgemein unsichere politische Situation (Kapp-Putsch, Ruhraufstand, Rheinlandbesetzung) im Unterschied zu den ab Sommer 1920 erfolgreicher verlaufenden Kriegen der polnischen Republik (Polnisch-Sowjetischer Krieg und Polnisch-Litauischer Krieg). Den Wählern wurde ein Deutschlandbild vermittelt, das aufgrund der Reparationen in einer ausweglosen Sackgasse enden würde. Demgegenüber wurde das neuentstandene Polen propagiert, welches unbelastet einer aussichtsreichen Zukunft entgegenginge. Ein weiteres Argument war die Ankündigung einer Bodenreform, die nach einem potentiellen polnischen Abstimmungssieg durch die Enteignung deutscher Großgrundbesitzer erfolgen sollte, was besonders für zahlreiche Bauern verlockend war. Ferner wurde die Autonomie für Oberschlesien herausgestellt, die ein eigenes Parlament und mehr Selbstbestimmung für die Region vorsah.[48]

Während die polnische Seite hauptsächlich soziale Probleme herausstellte, lag die Intention der deutschen Propaganda vielfach auf der nationalen Komponente.[49] Die deutsche Presse betonte die verheerenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen. Es wurden bevorzugt negative Eigenschaften wie Arbeitsunfähigkeit oder Leichtsinnigkeit der Polen publiziert. Gerade auf deutscher Seite gingen jedoch zahlreiche Veröffentlichungen am Publikum vorbei. In hochdeutscher Sprache geschrieben, teils stilistisch anspruchsvoll gestaltet, verfehlten sie oft den oberschlesischen Alltag. Zudem hinterließen die sozialen Aspekte, welche vorwiegend von der polnischen Propaganda hervorgehoben wurden, einen nachhaltigeren Eindruck als die deutschnationalen Botschaften, die vor allem von den Vereinigten Verbänden Heimattreuer Oberschlesier aus dem Reich nach Oberschlesien getragen wurden.[50]

Neben Medien spielten für die Propaganda auch Aktivitäten eine wichtige Rolle. Gerade die polnische Plebiszitkampagne konnte hier auf viele gut geschulte Aktivisten zurückgreifen, die sich in den Vereinen und Unternehmen engagierten. Die Methoden der Beeinflussung reichten von Massenveranstaltungen mit Chören über Amateurtheateraufführungen, Vorträge bis hin zu Flüsterwitzen und gezielt gestreuten Gerüchten. Die Kampagnen bemühten sich dabei ganz besonders um die katholische Geistlichkeit, der im religiösen Oberschlesien eine besondere Bedeutung zukam. So wurden unter anderem Wallfahrten zum Kloster Sankt Annaberg organisiert. Wenngleich die katholische Kirche offiziell neutral blieb, konnte sie nicht verhindern, dass sich einige ihre Priester teils sehr deutlich im Abstimmungskampf positionierten. Einzelne Untersuchungen für die Diözese Breslau gehen davon aus, dass etwa 400 Priester der deutschen Seite zuneigten, während etwa 100 zu Polen hielten.[51]

Im Abstimmungskampf war die Grenze vom Werben zum Diffamieren und Nötigen durchaus fließend. Beide Seiten setzten Lügen und Falschbehauptungen zur Schädigung ihrer politischen Gegner in die Welt. Insbesondere der prominente polnische Plebiszitkommissar Wojciech Korfanty war Gegenstand einer ausführlichen deutschen Hasspropaganda. Als weitere von beiden Seiten eingesetzten Methoden im Abstimmungskampf nennt Sebastian Rosenbaum: „Stimmenkäufe (gegen Geld, Lebensmittel oder anderes), Drohungen mit der Entlassung von der Arbeit, Druck seitens des Klerus (mit dem Argument, eine Stimme für Polen/Deutschland sei eine Sünde), Nötigung zur Stimmabgabe unter Belagerung der Wahllokale durch Schläger am Tag der Volksabstimmung.“

Der immense Aufwand, den beide Seiten für den Abstimmungskampf führten, ist nicht zuletzt ein Hinweis darauf, dass das „nationale Selbstverständnis“ der Oberschlesier als Polen oder Deutsche weit weniger gefestigt war, als die Nationalisten beider Seiten öffentlich zugeben wollten. Denn letztlich ergab der ganze Propagandaaufwand nur dann Sinn, wenn man anheimstellte, dass ein bedeutsamer Anteil der Stimmberechtigten tatsächlich unentschieden war und eben durch Propaganda überzeugt werden konnte. So sind von vielen der damals maßgeblichen politischen Akteure beider Seiten vertrauliche Äußerungen überliefert, in denen sie den Ausgang der Abstimmung als offen beschrieben. Auch viele internationale Pressebeobachter beschrieben die oberschlesische Öffentlichkeit als unentschlossen und den Ausgang der Abstimmung als unvorhersagbar.[52]

Der gewalttätige Abstimmungskampf

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Ein deutscher Polizist und französische Soldaten der Interalliierten Kommission sichern eine Straße nahe Bogutschütz, polnisch Bogucice.
Polnische Aufständische in Stellung mit einem Maschinengewehr.

Der Kampf um Oberschlesien wurde von der deutschen und der polnischen Seite nicht nur mit friedlichen, sondern auch mit militärischen Mitteln ausgetragen. Der Einsatz von Gewalt zur Durchsetzung der eigenen Ansprüche auf Oberschlesien reagierte dabei oftmals auf die politisch-diplomatischen Entwicklungen. Einerseits wurde Gewalt zur direkten Unterstützung der Plebiszitkampagne angewandt. Entweder offen, um mit dem Mittel einer „bewaffneten Demonstration“ eigene Forderungen auch gegenüber der Interalliierten Plabiszitkommission durchzusetzen, teils aber auch verdeckt, um die andere Seite im Abstimmungskampf zu schädigen und zu behindern. Zugleich stand ganz grundsätzlich die gewaltsame Durchsetzung der eigenen Ansprüche auf Oberschlesien als Alternative zum Plebiszit im Raum. Auf beiden Seiten gab es durchgehend interne Auseinandersetzungen darüber, ob und wann dem diplomatischen oder dem militärischen Vorgehen der Vorzug zu geben sei. Insofern war die Anwendung von Gewalt nicht immer stringent in eine Gesamtstrategie eingebunden, sondern teilweise auch Ausdruck interner Streitigkeiten über die „richtigen“ Methoden zur Erlangung der Kontrolle Oberschlesiens.

Darüber hinaus ist argumentiert worden, dass die von beiden Seiten ausgeübte Gewalt als Reaktion auf die oftmals sehr fließenden nationalen Identitäten in Oberschlesien verstanden werden kann.[53] Der Katholizismus, die allgemeine wirtschaftliche Not und das Schlesiertum mit seinen lokalen Bräuchen und Dialekten (Schlä’sch und ślōnskŏ gŏdka) bestimmten den Alltag eines Großteils der Bevölkerung. Eine klare Einordnung von Menschen nach nationalen Kategorien „deutsch“ oder „polnisch“ war in aller Regel gar nicht möglich.[54] Zudem legt eine große Zahl von zeitgenössischen Berichten nahe, dass der Wechsel von einer Seite auf die andere, nicht selten aus wirtschaftlicher Not, keine Ausnahme war.[55] Vor diesem Hintergrund wurde Gewalt vor allem eingesetzt, um Personen und ihre Aktivitäten mittels einer Gewalttat überhaupt erst als „deutsch“ oder „polnisch“ zu markieren, also eine Fremd-Machung herzustellen, die es so im Alltag in aller Regel nicht gab. Auffallend an der Gewalt in Oberschlesien war zudem die vergleichsweise häufige nachträgliche Verstümmelung der Leichen von Gewaltopfern.[56] So wurden die Gesichter der Opfer vielfach durch Schläge mit Gewehrkolben oder dem Entfernen der Augen unkenntlich gemacht, diese also ihrer Individualität beraubt und dadurch auf die Zuschreibung des „Deutschen“ oder „Polen“ reduziert. Weiterhin wurden Opfer ihres sozialen Ansehens beraubt und symbolisch aus der Gemeinschaft entfernt, indem beispielsweise ihre Genitalien zerstört, sie vor der Ermordung vergewaltigt oder die Leichen entblößt zurückgelassen wurden. Auch das Ermorden der Opfer an entlegenen Orten (Wälder, Flüsse, Mulden), wo sie teils erst nach Tagen und Wochen der Zersetzung gefunden wurden, verweist auf den symbolischen Gehalt der ausgeübten Gewalt.

Im Februar 1920 übernahm die Interalliierte Kommission die Kontrolle über das Abstimmungsgebiet. Einerseits musste das Deutsche Reich dadurch alle seine militärischen Truppen abziehen, wobei diese in das nahe Breslau verlegt wurden und damit in unmittelbarer Nähe zum Abstimmungsgebiet blieben. Nur die etwa 4000 Mann starke paramilitärische deutsche Sicherheitspolizei verblieb im Abstimmungsgebiet. Sie unterstand formell dem Kommando der Interalliierten Plebiszitkommission, unterstützte aber faktisch die deutsche Seite. Anderseits verkündete die Kommission eine allgemeine Amnestie für politische Straftäter, wovon ganz überwiegend die polnischen Kämpfer profitierten. Dies ermöglichte es der POW GŚl sich in Oberschlesien wieder zu festigen. Im April 1920 war sie erneut bei knapp 8000 Mitgliedern und etwa 20.000 Unterstützern angelangt. Bereits in den Monaten zuvor hatte sie angefangen ihre Strukturen umzubauen und zu professionalisieren. Das Zentralkommando wurde durch militärisch ausgebildetes Personal aus Polen übernommen, das Józef Piłsudski nahestand. Auch wenn die POW GŚl formell durch eine Abteilung des Polnischen Plebiszitkommissariats beaufsichtigt wurde, schwand Wojciech Korfantys Einfluss dadurch weiter.[57] Beim Ausbruch des Zweiten Aufstands übte er kaum noch direkten Einfluss auf POW GŚl aus. Die von ihm mit der Interalliierten Plebiszitkommission sowie dem deutschen Plebsizitkommissar Kurt Urbanek getroffene Vereinbarung am 25. August 1920 zur Auflösung der POW GŚl hatte auch das Ziel, seine Kontrolle über die polnische Politik in Oberschlesien wieder herzustellen.[58]

Beim Auf- und Umbau der militanten Strukturen im Abstimmungsgebiet zeigt sich ein vergleichbares Bild wie bei der Plebiszitkampagne. Während die polnische Seite ihre Absichten mit großer Entschlossenheit und viel Einsatz vorantrieb, blieben die deutschen Maßnahmen uneinheitlich. Erst im August 1920 machte sich die deutsche Seite an den Aufbau einer sogenannten „Kampforganisation Oberschlesien“, wobei deren Aufbau und Tätigkeit bislang nur wenig erforscht ist. Ob es das Ziel war, eine schlagkräftige paramilitärische Truppe wie die polnische POW GŚl aufzubauen, oder es sich mehr um ein konspiratives Unterstützernetzwerk handelte, ist unklar. Gleiches gilt für den im Frühjahr 1920 gegründeten „Sportverein ‚Schwarzer Adler‘“, der vom Freikorpsoffizier Karl Bergerhoff ins Leben gerufen wurde und wohl vor allem die militanten Deutschen auf der lokalen Ebene organisierte. Bereits ab Februar 1920 hatte zudem Dr. Carl Spiecker von der „Leitstelle für die Überwachung der öffentlichen Ordnung“ die sogenannte Spezialpolizei des Oberschlesischen Selbstschutzes begründet, die nach ihrem Leiter Heinz Oskar Hauenstein auch als „Organisation Heinz“ bezeichnet wurde. Ebenfalls außerhalb des Abstimmungsgebiets stationiert, führte sie anfangs Aufklärungsmissionen durch, schmuggelte Waffen in das Gebiet und führte Gefangenenbefreiungen durch. Spätestens seit dem Zweiten Aufstand im August 1920 und bis zur Durchführung des Plebiszits im März 1921 wurde sie jedoch auch für Kampfeinsätze und gezielte Tötungen eingesetzt. Karl Bergerhoff führte dort einen der vier 25-köpfigen Stoßtrupps an. Heinz Hauenstein selbst gab bei einem Gerichtsprozess im Jahr 1928 zu Protokoll, dass die „Organisation Heinz“ in dieser Zeit etwa 200 gezielte Morde auf Anweisung von Dr. Carl Spiecker durchgeführt habe. Zeitgenössisch sprach man vom „Krieg im Dunkeln“.[59]

Nach der Auflösung der POW GŚl und der Sicherheitspolizei im August 1920 dienten einige der polnischen Kämpfer ganz offiziell als Mitglieder in der neugegründeten oberschlesischen Polizei. Alle weiteren wurden zunächst in ihre Nachfolgestruktur, die Centrala Wychowania Fizycznego ‚Zentrale für Leibesübungen‘ überführt. Dabei erfuhr die Organisation eine weitere Professionalisierung und wurde noch näher an die offiziellen militärischen Strukturen der Republik Polen angebunden. Am 19. Dezember 1920 erfolgte eine erneute Umbenennung zu Dowództwo Obrony Plebiscytu ‚Plebiszit-Verteidigungskommando‘ (DOP). Zur Jahreswende 1920/21 zählte die DOP fast 16.000 ausgebildete Kämpfer und konnte auf ebenso viele Unterstützer bauen. Zum 31. Dezember 1920 wurden ihre Kämpfer durch das Ministerium für Militärische Angelegenheiten den Freiwilligen der regulären polnischen Armee gleichgestellt.[60] Wie auch die deutsche „Organisation Heinz“ führten die polnischen Untergrundkräfte Terrorakte und gezielte Tötungen durch.

Zu diesem Zeitpunkt kann man die pro-polnischen militärischen Kräfte als reguläre Freiwilligenverbände der polnischen Armee betrachten. Sie waren strukturell entsprechend gegliedert, wurden ganz überwiegend von Offizieren der polnischen Armee geführt sowie maßgeblich vom polnischen Ministerium für Militärische Angelegenheiten finanziert und ausgestattet. Für den schrittweisen Umbau der POW GŚl vom halbautonomen bewaffneten Arm einer lokalen Unabhängigkeitsbewegung hin zu einem straff durchorganisierten militärischen Verband waren mehrere Gründe ausschlaggebend. Einerseits rangen Korfanty und der nationaldemokratische Posener Oberste Volksrat mit den Anhängern von Józef Piłsudski in einem innerpolnischen politischen Konflikt um die Kontrolle in Oberschlesien. Die Professionalisierung der POW GŚl und damit die engere Anbindung an die von Piłsudski kontrollierten Regierungsstrukturen stärkten dessen Zugriff. Zugleich gab es lagerübergreifend eine Unzufriedenheit mit der Eigenmächtigkeit, mit der lokale Kader der POW GŚl im Sommer 1919 agiert hatten. Sowohl Korfanty als auch Piłsudski waren nicht bereit, sich in der delikaten Oberschlesienfrage von diesen Kräften bestimmen zu lassen. Zuletzt war eine Professionalisierung, also der Umbau von einer POW GŚl zur DOP von einem rein militärischen Standpunkt zwingend nötig, um im Falle eines bewaffneten Konflikts mit paramilitärischen Kräften des Deutschen Reichs im Feld bestehen zu können.

Das Deutsche Reich verfügte zum Zeitpunkt des Plebiszits im Abstimmungsgebiet nicht über vergleichbare militante Strukturen. Neben der kommandoartig agierenden „Organisation Heinz“ bestanden lokale bewaffnete Gruppen, die zunächst die Kontrolle des eigenen Wohnortes zum Ziel hatten. Nicht zuletzt aufgrund der unzureichenden Forschungslage ist es kaum möglich, für die deutsche Seite sinnvolle Angaben zur Zahl der Kämpfer und ihrer Ausstattung mit Waffen zu machen. Bedeutsamer scheinen jedoch ohnehin die diversen Freikorps gewesen zu sein, die grenznah in Niederschlesien stationiert waren.

Die Mobilisierung der auswärtigen Oberschlesier

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In Deutschland genutztes Propagandaplakat für die sogenannten „Grenzspende“.

Eine Besonderheit des Plebiszits in Oberschlesien war der Umstand, dass alle gebürtigen Oberschlesier ab 20 Jahren, unabhängig von ihrem tatsächlichen Wohnort, stimmberechtigt waren. Die polnische Delegation bei den Versailler Friedensverhandlungen hatte diese – für direktdemokratische Abstimmungen eher unübliche – Regelung aufnehmen lassen in der Hoffnung, dass ein Großteil der überwiegend polnisch- und mährischsprachigen oberschlesischen Ausgewanderten sich nun für einen Anschluss an Polen aussprechen würden. Nachdem 1920 bei den Abstimmungen in Ost- und Westpreußen deutlich geworden war, dass diese Hoffnung sich voraussichtlich nicht bewahrheiten würde, versuchte das polnische Plebiszitkommissariat vergeblich auf einen Verzicht des Stimmrechts für auswärtig lebende Oberschlesier zu drängen, konnte sich hiermit jedoch nicht durchsetzen.

Seit dem 19. Jahrhundert spielte dauerhafte oder auch zeitweise Arbeitsmigration eine bedeutende Rolle für die Entwicklung der Sozialstruktur der Region. Neuere historische Untersuchungen schätzen, dass etwa 300.000 gebürtige Oberschlesier zum Zeitpunkt der Abstimmung dauerhaft im restlichen Reichsgebiet lebten. Auch unter den 2 Millionen in Oberschlesien lebenden Personen ging vermutlich ein vergleichbar großer Anteil einer zeitweisen Arbeitsmigration nach und kehrte beispielsweise nur in den kalten Wintermonaten in die Region zurück. So waren es einerseits erfahrene Bergmänner aus dem oberschlesischen Kohlerevier, die eine wichtige Rolle beim Aufbau der Kohleindustrie an Rhein und Ruhr spielten. Viele weitere Oberschlesier fanden insbesondere als Maurer Beschäftigung in den entstehenden Industriestädten an Rhein und Ruhr.[61] Ob und wie viele stimmberechtigte Oberschlesier außerhalb des Reichsgebiets lebten, ist schwer abzuschätzen, aber es wird sicherlich eine deutlich sehr viel kleinere Gruppe gewesen sein. Bei der Abstimmung beteiligten sich etwa 191.000 „Heimkehrer“, polnisch emigranci, was etwa 16 % der Stimmberechtigten ausmachte. Etwa 180.000 reisten ganz überwiegend aus dem Deutschen Reich, aber auch aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Österreich an, hingegen nur etwa 10.000 aus Polen.[62]

Beiden Seiten war bewusst, dass die auswärtigen Oberschlesier einen spürbaren Einfluss auf die Abstimmung nehmen konnten. Da der Großteil dieses Personenkreises jedoch im Deutschen Reich lebte, spielte die Mobilisierung dieser Abstimmenden vor allem für die deutsche Seite eine besondere Rolle. Allerdings war das Verhältnis der Reichsregierung beziehungsweise der preußischen Regierung zu den Oberschlesiern zwiespältig: Einerseits sollten sie zu einem Abstimmungssieg der deutschen Seite beitragen. Andererseits wurden insbesondere die polnischsprachigen Oberschlesier seit vielen Jahrzehnten diskriminiert und ein erheblicher Teil von ihnen sah sich in einer politischen Opposition zum vorherrschenden deutschen Nationalismus. So stimmte ein nennenswerter Anteil wahlberechtigter Oberschlesier während der Kaiserzeit für die sogenannte Polenpartei beziehungsweise in den Jahren 1919/1920 für die USPD und die KPD mit ihrem ausdrücklich antinationalistischem Programm[63].

Für die deutsche Seite bestand also die Schwierigkeit darin, vorrangig diejenigen Oberschlesier auf deutschem Staatsgebiet zu mobilisieren, die absehbar für Deutschland stimmen würden. Da die Reichsregierung die Abstimmung zudem nicht unmittelbar beeinflussen durfte, geschah die Mobilisierung der Oberschlesier durch nominell private Vereinigungen.[64] Einerseits war dies der Deutsche Schutzbund für die Grenz- und Auslandsdeutschen, der sich 1919 primär aus dem Grund der Mobilisierung für die Volksabstimmung in Oberschlesien gegründet hatte. Er vertrat eine völkisch-nationale Haltung und erreichte somit vorrangig Oberschlesier aus dem rechten politischen Spektrum, die sich als deutsch definierten. Daneben traten die Verbände der heimattreuen Oberschlesier auf den Plan. Diese vertraten ebenfalls eine klar pro-deutsche Haltung, betonten aber zugleich einen gewissen schlesischen Regionalpatriotismus, der für die anschlussfähiger war.

Zuletzt war die Zentralstelle für die Durchführung der Oberschlesischen Abstimmung tätig, die vorrangig mit ehemaligen Mitgliedern der Reichswehr besetzt war und sich vor allem um praktisch-logistische Fragen kümmerte. So koordinierte sie die Behördengänge für Abstimmungswillige, damit diese sich für das Plebiszit registrieren konnten. Sie kümmerte sich auch um den Transport nach Oberschlesien und dessen Finanzierung sowie um die Verpflegung und Unterbringung unterwegs und vor Ort. Mehr als 170.000 Stimmberechtigte reisten Mitte März so in rund 250 Sonderzügen nach Oberschlesien.[65] Neben erheblichen öffentlichen Mitteln wurde hierfür auch auf private Gelder, beispielsweise mit der sogenannten Grenzspende, zurückgegriffen.

Es ist anzunehmen, dass ein Gutteil der auswärtigen Abstimmenden tatsächlich für einen Verbleib Oberschlesiens bei Deutschland gestimmt hat. Zugleich zeigt die neuere geschichtliche Forschung, dass die Gründe für das jeweilige Abstimmungsverhalten weniger in einem vermeintlich eindeutigen Nationalgefühl zu suchen sind, als vielmehr in sehr konkreten sozial-ökonomischen Abwägungen, mit welchen persönlichen Vor- und Nachteilen die Abstimmenden für sich und ihre Familie rechneten. Das passt insofern auch zu den Propagandamitteln, die von beiden Seiten produziert wurden, in denen neben nationalistischen Appellen nicht zuletzt ganz konkrete ökonomische Versprechungen eine große Rolle spielen.

Die Volksabstimmung am 20. März 1921

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Bei der Abstimmung am 20. März 1921 gaben 1.190.425 Personen ihre Stimme ab, das waren 97,57 % der Stimmberechtigten. Diese außerordentliche hohe Teilnahmequote ist für Abstimmungen unter demokratischen Bedingungen ungewöhnlich. Gleichwohl lassen zeitgenössische Berichte keinen Zweifel daran, dass den Oberschlesiern die Bedeutung des Plebiszits für ihre Zukunft überaus bewusst war. Angesichts der fast anderthalbjährigen, sehr aufwändigen Propaganda, die beide Seiten betrieben hatten, ist dies nicht weiter überraschend. Zudem dürfte es einen erheblichen sozialen Druck in den jeweiligen Gemeinden gegeben haben, sich an der Abstimmung zu beteiligen.

Beide Seiten hatten sich auf den Tag der Abstimmung organisatorisch vorbereitet: Fast im ganzen Abstimmungsgebiet gab es Fahr- und Transportmöglichkeiten, um Stimmwillige zu den Stimmlokalen zu befördern. Die zeitgenössische Presse enthält Berichte darüber, dass gebrechliche und bettlägerige Personen von Freunden und Verwandten buchstäblich zur Abstimmung getragen wurden. Abstimmungsberechtigte, die in Tagesreiseentfernung zum Stimmgebiet lebten, kamen mit Sonderzügen, Bussen und Automobilen angereist. Alles zusammen muss es ein erhebliches Verkehrsaufkommen gegeben haben, das für die Zeitgenossen sicherlich ganz ausgewöhnlich war.[66]

Auch wenn die Abstimmung nicht gänzlich frei von Gewalt war, so verlief sie doch ganz überwiegend friedlich und geordnet. Die Truppen der Interalliierten Kommission, die für den Tag der Abstimmung noch aufgestockt worden waren, hatten hieran einen großen Anteil. Allerdings gibt es zahlreiche Berichte, dass beide Seiten noch am Abstimmungstag versuchten, Stimmberechtigte mit Geschenken zu bestechen.[67]

Die Organisation der Abstimmung

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Nachdem sich die deutsche Seite bei den Pariser Friedensverhandlungen mit der Forderung nach einem Plebiszit hatte durchsetzen können, gelang es der polnischen Seite als Reaktion hierauf, eine gemeindeweise Abstimmung durchzusetzen. Bei der späteren Einteilung der Gemeinden und der Stimmbezirke orientierte sich die Interalliierte Kommission an der preußischen Gemeindeordnung und der Volkszählung vom 1. Dezember 1910. Für die Abstimmung wurden Stimmbezirke gebildet, die sich an dieser Gemeindeeinteilung orientierten. So gab es insgesamt 1538 Gemeinden, aufgeteilt in drei Typen: 35 Städte, französisch villes, 1158 sogenannte Landgemeinden, französisch communes rurales und 345 Gutsbezirke, die als eigene Stimmbezirke galten (der deutsche Ausdruck wurde auch in den französischsprachigen Veröffentlichungen verwendet).[68] Gutsbezirke mit bis zu 101 Stimmberechtigten wurden dem Stimmbezirk der nächsten Nachbargemeinde zugeschlagen.[69]

In jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt gab es ein Kreisbüro der Interalliierten Plebiszitkommission. In allen Stimmbezirken (sprich: in jeder Gemeinde) mit mehr als 601 Stimmberechtigten gab es zudem ein Wahlbüro und einen Paritätischen Gemeindeausschuss. In größeren Gemeinden wurde zusätzlich für je 2400 Einwohner ein Unterausschuss eingerichtet. In Gemeinden mit nur zwei Stimmbezirken übernahm der Paritätische Gemeindeausschuss zugleich die Aufgabe des Wahlbüros. Jeder Gemeindeausschuss und jeder Unterausschuss hatte als Mitglieder vier Bewohner der Gemeinde, wobei zwei deutsch- und zwei polnischsprachig sein mussten, sowie weitere vier Stellvertretungen. Der Vorsitz wurde durch Los bestimmt, der stellvertretende Vorsitz wurde stets von der anderen Sprachgruppe gestellt. Jede Seite übernahm in je der Hälfte der Paritätischen Gemeindeausschüsse den Vorsitz. Der Vorsitzende des ersten Wahlbüros einer Gemeinde sollte von der gleichen Seite kommen wie der Vorsitzende des Paritätischen Ausschusses, danach wurde im Wechsel besetzt.[70]

Die Aufgabe der Paritätischen Gemeindeausschüsse bestand in der Erstellung der Stimmlisten sowie der Organisation der notwendigen Räumlichkeiten für die Abstimmung und der Wahlbüros. Die Wahlbüros kontrollierten die Paritätischen Ausschüsse, entschieden Streitigkeiten über die Durchführung und dienten als Verbindung zum Interalliierten Büro, das die Gesamtleitung der Abstimmung führte. In die Wahlbüros entsandten beide Seiten ebenfalls je einen Vertreter. Über die Besetzung der Wahlbüros und der Ausschüsse entschied die Interalliierte Kommission. Beide Seiten waren verpflichtet, ihr hierfür die doppelte Zahl an geeigneten Kandidaten zu nennen, sodass die Kommission auswählen konnte. Von der Mitwirkung in den Abstimmungsgremien ausgeschlossen waren aktive Beamte, die Mitglieder der Magistrate und Vorsitzende von Gemeinden, von der Regierungskommission anderweitig berufene Fachberater sowie Geistliche. Die Mitwirkung in den Gremien wurde vergütet. Verfehlungen in der Ausführung der Aufgaben konnten mit Geldstrafen von 50 bis 5000 Mark, in schweren Fällen auch mit einer Gefängnisstrafe von bis drei Jahren belegt werden.[71]

Alle Stimmunterlagen und alle offiziellen Erklärungen zum Stimmvorgang mussten in polnischer und deutscher Sprache gegeben werden. Die Stimmlokale öffneten um 8 Uhr und schlossen um 20 Uhr, wobei die Mitglieder des Wahlbüros und der Ausschüsse morgens gleich als erste abzustimmen hatten. Bei der Auszählung mussten der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende anwesend sein, die zuvor jeweils vier Personen als Helfer zu benennen hatten. Zunächst wurde die Zahl der Umschläge mit den Vermerken auf den Stimmlisten abgeglichen. Danach begann die Öffnung der Stimmumschläge und die eigentliche Auszählung. Stimmen wurden entweder als „für Polen“, „für Deutschland“ oder als „ungültig“ gewertet. Die vorläufigen Ergebnisse wurden an die Kreisbüros gemeldet, die diese wiederum an das Zentralbüro weitermeldeten.[72]

Stimmberechtigung

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Ankunft eines Sonderzuges in Prudnik für auswärts lebende Oberschlesier.

Bei der Volksabstimmung waren grundsätzlich alle Männer und Frauen stimmberechtigt, die am 1. Januar 1920 das 20. Lebensjahr erreicht hatten und im Abstimmungsgebiet gemeldet waren. Allerdings hatte die polnische Delegation bei den Friedensverhandlungen in Paris drei Änderungen zum Prinzip der Ansässigkeit durchgesetzt. So waren auf ausdrücklichen polnischen Wunsch auch Personen stimmberechtigt, die im Abstimmungsgebiet geboren wurden, jedoch dort nicht mehr lebten. Andersherum sollte für dort nicht geborene Personen ein Stichtag für das Stimmrecht festgelegt werden. Wer erst nach dem Stichtag in das Gebiet gezogen war, hatte somit kein Stimmrecht. Zuletzt sollten alle Personen, die in der Vergangenheit von den deutschen Behörden aus politischen Gründen aus dem Gebiet verwiesen wurden, das Stimmrecht erhalten. Dieser Logik folgend, wurden die Stimmberechtigten in vier Kategorien unterteilt: A) dort geboren und wohnhaft (die französischsprachige Interalliierte Kommission verwendete den Ausdruck: originaires domiciliés), B) dort geboren und nicht wohnhaft (französisch: originaires non-domiciliés), C) Zugezogene (französisch: domiciliés non-originaires), D) aus politischen Gründen Vertriebene.

Das Stimmrecht für die Personen der Kategorien B und C war im Jahr 1920 Gegenstand heftiger Diskussionen in der Interalliierten Kommission gewesen. Hinter der Kategorie B stand die Überzeugung der polnischen Seite, es gebe eine große polnische Diaspora, die der eigenen Sache zugeneigt sei und so mit einbezogen werden könnte. Jedoch wurde im Verlauf des Jahres 1920 immer deutlicher, dass ein Großteil der im Stimmgebiet geborenen, aber weggezogenen Personen in andere Teile des Deutschen Reichs gezogen waren und vermutlich für Deutschland stimmen würden. Alle Versuche der französisch-polnischen Seite, dieser Gruppe das Stimmrecht doch nicht zuteilwerden zu lassen, wurden von der britisch-deutschen Seite mit Verweis auf den Wortlaut des Versailler Vertrags abgeschmettert.[73] Um ihr Stimmrecht wahrnehmen zu können, mussten Personen dieser Gruppe einen Antrag bei der Interalliierten Kommission stellen und dabei ihren Geburtsort im Stimmgebiet nachweisen. Erfolgreiche Antragsteller erhielten einen Stimmpass, der zugleich als Passierschein in das Stimmgebiet diente. Im Deutschen hat sich für diese Gruppe der Ausdruck „Heimkehrer“ festgesetzt, im Polnischen wird stattdessen von „Emigranci“ ‚Emigranten‘ gesprochen, im Englischen ist der etwas nüchternere Ausdruck „outvoters“ ‚auswärtige Abstimmende‘ üblich. Die vermeintliche oder tatsächliche Bedeutung dieser Gruppe für den Ausgang der Abstimmung bildete bereits wenige Tage nach der Abstimmung und dann über viele Jahrzehnte einen zentralen Punkt in der Rückschau auf die Ereignisse.[74]

Bei der Kategorie C setzte sich wiederum die polnische Seite durch, indem ein weit in der Vergangenheit liegender Stichtag, nämlich der 1. Januar 1904, bestimmt wurde. In diesem Jahr hatte das Deutsche Reich die Einwanderung von Personen aus Österreich-Ungarn und Russland verboten. Die allgemeine Vermutung war, dass vor diesem Stichtag mehr polnischsprachige Menschen aus den ärmeren Nachbarländern in das oberschlesische Industriegebiet eingewandert waren, die nun für Polen stimmen würden. Durch diesen weit zurückliegenden Stichtag (die deutsche Seite hatte den 1. Januar 1919 vorgeschlagen, den spätestmöglichen Stichtag laut Versailler Vertrag), konnten viele im Stimmgebiet lebende Personen nicht teilnehmen. So gehörten sowohl der deutsche Plebiszitkommissar Hans Lukaschek (gebürtig in Breslau) als auch der Leiter des Schlesischen Ausschusses Kurt Urbanek (gebürtig in Neisse) zu den Zugezogenen, die zum Zeitpunkt der Abstimmung nicht bereits seit 17 Jahren im Stimmgebiet lebten.[75]

Die letzte Personengruppe der politisch Verfolgten, stellte sich als vollkommen unbedeutend heraus. Von den über 1,2 Millionen stimmberechtigten Personen gehörten nur sechs zur Kategorie D. Dementsprechend wurde diese Kategorie bei der Veröffentlichung der Ergebnisse gar nicht mehr aufgeführt.[76]

Die Kategorie A (geboren und wohnhaft) machte letztlich knapp 81 % der Stimmberechtigten aus, der Kategorie B (geboren und woanders wohnhaft) waren gut 15,7 % der Abstimmenden zugehörig, zur Kategorie C (zugezogen vor dem 1. Januar 1904) gehörten knapp 3,4 %. Bei der Zusammenfassung der Ergebnisse nach Kreisen und kreisfreien Städten wird jedoch deutlich, dass sich die jeweiligen Anteile an der Stimmbevölkerung stark unterscheiden. So machte die Kategorie C (Zugezogene) in manchen Kreisen weniger als 2 % der Stimmberechtigten aus, in der Stadt Oppeln stellte sie jedoch mehr als 10 %. Die Gruppe der auswärtigen Abstimmenden (Kategorie B) machte in einigen Kreisen und Städten ein Viertel und mehr aus, während ihr Anteil andernorts unter 10 % blieb. Insofern bietet sich kein einheitliches Bild, zumal über das tatsächliche Stimmverhalten der unterschiedlichen Gruppen nur Vermutungen angestellt werden können.[77]

Stimmberechtigung nach Gruppen[78]
Gebiet Stimm­berechtigte geboren &
wohnhaft
geboren &
nicht-wohnhaft
zu­gezogen
(vor 1.1.1904)
Anzahl Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil
Beuthen (Stadt)
Bytom (miasto)
42.990 34.796 80,94 % 5.464 12,71 % 2.730 6,35 %
Beuthen (Kreis)
Bytom (powiaty)
109.748 98.785 90,01 % 7.824 7,13 % 3.139 2,86 %
Gleiwitz (Stadt)
Gliewice (miasto)
41.949 32.381 77,19 % 6.009 14,32 % 3.559 8,48 %
Groß-Strehlitz
Strzelce Opolskie
46.641 38.361 82,25 % 7.512 16,11 % 768 1,65 %
Kattowitz (Stadt)
Katowice (miasto)
28.830 22.556 78,24 % 3.562 12,36 % 2.712 9,41 %
Kattowitz (Kreis)
Katowice (powiaty)
122.340 107.324 87,73 % 10.912 8,92 % 4.104 3,35 %
Königshütte
Chorzów
44.052 37.436 84,98 % 4.674 10,61 % 1.942 4,41 %
Cosel
Koźle
49.315 39.222 79,53 % 9.029 18,31 % 1.064 2,16 %
Kreuzburg
Kluczbork
40.602 23.471 57,81 % 15.495 38,16 % 1.636 4,03 %
Leobschütz
Głubczyce
66.697 42.686 64,00 % 22.090 33,12 % 1.921 2,88 %
Lublinitz
Lubliniec
29.721 24.749 83,27 % 4.551 15,31 % 421 1,42 %
Oppeln (Stadt)
Opole (miasto)
22.930 14.890 64,94 % 5.531 24,12 % 2.509 10,94 %
Oppeln (Kreis)
Opole (powiaty)
82.694 63.404 76,67 % 17.641 21,33 % 1.649 1,99 %
Pless
Pszczyna
73.743 65.987 89,48 % 6.502 8,82 % 1.254 1,70 %
Ratibor (Stadt)
Racibórz (miasto)
25.336 17.647 69,65 % 5.836 23,03 % 1.853 7,31 %
Ratibor (Kreis)
Racibórz (powiaty)
45.761 36.918 80,68 % 7.724 16,88 % 1.119 2,45 %
Rosenberg
Olesno
35.967 26.189 72,81 % 9.158 25,46 % 620 1,72 %
Rybnik 81.980 69.938 85,31 % 10.058 12,27 % 1.984 2,42 %
Tarnowitz
Tarnowskie Góry
45.561 40.123 88,06 % 4.362 9,57 % 1.076 2,36 %
Tost-Gleiwitz
Toszek-Gliewice
48.209 42.446 88,05 % 5.110 10,60 % 653 1,35 %
Hindenburg
Zabrze
90.788 79.985 88,10 % 7.988 8,80 % 2.815 3,10 %
Neustadt
Prudnik
38.556 26.118 67,74 % 11.404 29,58 % 1.034 2,68 %
Namslau
Namysłów
5.606 2.444 43,60 % 2.788 49,73 % 374 6,67 %
Abstimmungsgebiet 1.220.016 987.856 80,97 % 191.224 15,67 % 40.936 3,36 %
Kartographische Übersicht der Ergebnisse der Volksabstimmung in Oberschlesien 1921 sowie der Bevölkerungsdichte und Sprachensituation in Schlesien im Jahr 1905/06.

Über das gesamte Abstimmungsgebiet wurden 59,61 % der gültigen Stimmen für Deutschland und 40,39 % für Polen abgegeben. Es ist jedoch zu beachten, dass die Ergebnisse ausdrücklich gemeindeweise betrachtet wurden. In 845 Gemeinden votierte die Mehrheit für Deutschland, in 691 für Polen, in zwei Gemeinden gab es eine Stimmengleichheit.

Da in den Städten deutlich mehr deutschsprachige Oberschlesier lebten, überrascht es nicht, dass sich von den insgesamt 35 Städten in 32 die Mehrheit für Deutschland aussprach und nur in drei Städten für Polen. In den Landgemeinden (insgesamt 1156) war das Verhältnis nahezu ausgeglichen, mit 580 Landgemeinden mit Mehrheit für Deutschland und 576 mit Mehrheit für Polen. In den 345 Gutsbezirken, die ganz überwiegend im Besitz deutscher Großgrundbesitzer waren, sprach sich in etwa zwei Dritteln (233) die Mehrheit für Deutschland aus und in einem Drittel (112) für Polen.[79]

Zusammengetragen für die 23 von der Interalliierten Kommission festgelegten Stimmkreise ergab dies eine Mehrheit für Deutschland in 17 Kreisen und eine Mehrheit für Polen in sieben Kreisen.

Bei allen Ergebnissen ist unbedingt zu beachten, dass es enorme Unterschiede in den verschiedenen Stimmbezirken gab, sodass jedes denkbare Stimmverhältnis irgendwo anzutreffen war. Einzelne Bezirke gingen mit 100 % der Stimmen an eine Seite, in zwei Bezirken kam es hingegen zu einer Stimmengleichheit. Unter anderem diese extreme Uneinheitlichkeit der Ergebnisse führte zu den lang andauernden Auseinandersetzungen um die Teilung des Gebiets.

Stimmverteilung Volksabstimmung[80]
Gebiet Stimm­berechtigte
(a)
abgegebene
Stimmen (b)
ungültige
Stimmen
gültige Stimmen (c)
für Polen für Deutschland
Anzahl Anzahl Anteil
(an a)
Anzahl Anteil
(an b)
Anzahl Anteil
(an a)
Anteil
(an c)
Anzahl Anteil
(an a)
Anteil
(an c)
Beuthen (Stadt)
Bytom (miasto)
42.990 40.091 93,26 % 100 0,25 % 10.101 23,50 % 25,26 % 29.890 69,53 % 74,74 %
Beuthen (Kreis)
Bytom (powiaty)
109.748 107.123 97,61 % 425 0,40 % 63.021 57,42 % 59,06 % 43.677 39,80 % 40,94 %
Gleiwitz (Stadt)
Gliewice (miasto)
41.949 40.700 97,02 % 113 0,28 % 8.558 20,40 % 21,09 % 32.029 76,35 % 78,91 %
Groß-Strehlitz
Strzelce Opolskie
46.641 45.589 97,74 % 128 0,28 % 23.046 49,41 % 50,69 % 22.415 48,06 % 49,31 %
Kattowitz (Stadt)
Katowice (miasto)
28.830 26.715 92,66 % 41 0,15 % 3.900 13,53 % 14,62 % 22.774 78,99 % 85,38 %
Kattowitz (Kreis)
Katowice (powiaty)
122.340 119.448 97,64 % 437 0,37 % 66.119 54,05 % 55,56 % 52.892 43,23 % 44,44 %
Königshütte
Chorzów
44.052 42.758 97,06 % 130 0,30 % 10.764 24,43 % 25,25 % 31.864 72,33 % 74,75 %
Cosel
Koźle
49.315 48.634 98,62 % 134 0,28 % 12.223 24,79 % 25,20 % 36.277 73,56 % 74,80 %
Kreuzburg
Kluczbork
40.602 39.703 97,79 % 76 0,19 % 1.652 4,07 % 4,17 % 37.975 93,53 % 95,83 %
Leobschütz
Głubczyce
66.697 65.428 98,10 % 41 0,06 % 259 0,39 % 0,40 % 65.128 97,65 % 99,60 %
Lublinitz
Lubliniec
29.721 28.993 97,55 % 62 0,21 % 13.573 45,67 % 46,92 % 15.358 51,67 % 53,08 %
Oppeln (Stadt)
Opole (miasto)
22.930 21.984 95,87 % 70 0,32 % 1.098 4,79 % 5,01 % 20.816 90,78 % 94,99 %
Oppeln (Kreis)
Opole (powiaty)
82.694 81.108 98,08 % 212 0,26 % 24.726 29,90 % 30,57 % 56.170 67,93 % 69,43 %
Pless
Pszczyna
73.743 72.278 98,01 % 224 0,31 % 53.378 72,38 % 74,08 % 18.676 25,33 % 25,92 %
Ratibor (Stadt)
Racibórz (miasto)
25.336 24.675 97,39 % 157 0,64 % 2.227 8,79 % 9,08 % 22.291 87,98 % 90,92 %
Ratibor (Kreis)
Racibórz (powiaty)
45.761 45.053 98,45 % 186 0,41 % 18.518 40,47 % 41,27 % 26.349 57,58 % 58,73 %
Rosenberg
Olesno
35.967 35.108 97,61 % 101 0,29 % 11.150 31,00 % 31,85 % 23.857 66,33 % 68,15 %
Rybnik 81.980 80.438 98,12 % 172 0,21 % 52.347 63,85 % 65,22 % 27.919 34,06 % 34,78 %
Tarnowitz
Tarnowskie Góry
45.561 44.739 98,20 % 148 0,33 % 27.513 60,39 % 61,70 % 17.078 37,48 % 38,30 %
Tost-Gleiwitz
Toszek-Gliewice
48.209 47.435 98,39 % 139 0,29 % 27.198 56,42 % 57,51 % 20.098 41,69 % 42,49 %
Hindenburg
Zabrze
90.788 89.152 98,20 % 672 0,75 % 43.261 47,65 % 48,89 % 45.219 49,81 % 51,11 %
Neustadt
Prudnik
38.556 37.780 97,99 % 88 0,23 % 4.494 11,66 % 11,92 % 33.198 86,10 % 88,08 %
Namslau
Namysłów
5.606 5.493 97,98 % 12 0,22 % 133 2,37 % 2,43 % 5.348 95,40 % 97,57 %
Abstimmungsgebiet 1.220.016 1.190.425 97,57 % 3.868 0,32 % 479.259 39,28 % 40,39 % 707.298 57,97 % 59,61 %

Nach der Volksabstimmung bis zur Teilung (1921–1922)

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Die ersten Tage nach der Abstimmung

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Abstimmungsergebnis nach Kreisen/kreisfreien Städten:
gelbgrün = Stimmenmehrheit für Polen
orange = Stimmenmehrheit für Deutschland

In ihren offiziellen Verlautbarungen reklamierten beide Seiten den Sieg in der Abstimmung für sich. In Warschau wurde ein öffentlicher Gottesdienst für die Gefallenenen der nationalen Sache abgehalten, an dem hohe Regierungsvertreter und tausende Menschen teilnahmen. In vielen polnischen Städten gab es Demonstrationen und Paraden uniformierter Verbände, die den Sieg in Oberschlesien feierten. Ähnlich verhielt es sich in vielen Städten in Deutschland, die größte Demonstration für den Sieg fand in Breslau statt und hatte schätzungsweise 75.000 Teilnehmende. Auswärtige Oberschlesier, die zur Abstimmung in das Gebiet gereist waren, wurden bei ihrer Rückkehr von jubelnden Menschen begrüßt. In Berlin, am Schlesischen Bahnhof, nahm Reichskanzler Constantin Fehrenbach die „Heimkehrer“ in Empfang.[81]

In Oberschlesien selbst waren die ersten Tage nach der Abstimmung von einer gewissen Ernüchterung geprägt: Beide Seiten hatten einen überzeugenden Sieg erwartet und wurden enttäuscht. Der Historiker Guido Hitze beschrieb die Gefühle der deutschsprachigen Oberschlesier als Dreiklang von Freude über den Sieg, Erleichterung über das Ausbleiben eines polnischen Sieges und Enttäuschung über die (im Vergleich zu den Abstimmungen in West- und Ostpreußen) doch hohen polnischen Stimmenanteile. Bei vielen polnischsprachigen Oberschlesiern überwogen hingegen Gefühle der Frustration, angesichts des vielen Aufwands, der für den Abstimmungssieg betrieben worden war. Auf beiden Seiten gingen Gerüchte um, dass die andere Seite plane, gegen das Ergebnis mit Waffengewalt zu „putschen“.[82]

So kam es bereits am 21. März 1921 in einigen Städten wie Beuthen, Kreuzburg und Kattowitz zu Übergriffen gegen polnische Aktivisten. Auf dem Land waren hingegen eher die Sympathisanten der deutschen Sache Repressionen ausgesetzt. Im Kreis Tarnowitz flohen etwa 700 Menschen vor polnischen Gewaltandrohungen aus ihren Dörfern in die Kreisstadt. Bis zum 24. März flohen nach zeitgenössischen Zeitungsberichten bis zu 20.000 Menschen vor der Gewalt nach Kattowitz. Einer der schwersten Zwischenfälle ereignete sich in Karf, wo es zu einer stundenlangen Schießerei mit mindestens sechs Toten zwischen polnischen Sympathisanten und der Polizei kam. Die Interalliierte Kommission reagierte innerhalb weniger Tage und durchaus entschieden auf die zunehmende Gewalt. Sie verhängte den Belagerungszustand über die Kreise Kattowitz, Beuthen, Pless, Rybnik und Königshütte. Auch in der polnischen Presse wurde zunehmend dazu aufgerufen, antideutsche Reden zu unterlassen. Plebiszitkommissar Korfanty hatte bereits am 22. März 1921 appelliert: „Keinem Deutschen darf ein Haar gekrümmt werden.“ Bis zu den Osterfeiertagen am 27./28. März 1921 ebbte die Gewalt wieder ab und es kehrte zunächst eine gewisse Beruhigung ein.

Während es bei einigen Oberschlesiern die Auffassung gab, man müsse die Abstimmung mit Gewalt korrigieren, konzentrierten sich die beiden Plebiszitkommissare schnell auf die politische Deutung der Ergebnisse. Kurt Urbanek unterstrich in einer Proklamation am 22. März 1921 noch einmal die deutsche Position, dass Oberschlesien unteilbar sei und die Mehrheit für Deutschland gestimmt habe. Er rief Deutsche und Polen zum gemeinsamen Aufbau einer Republik Oberschlesien als freien Bundesstaat im Deutschen Reich auf. Am gleich Tag veröffentlichte auch Korfanty eine Proklamation, in der er eingestand, dass es nicht möglich gewesen sei, das gesamte Gebiet für Polen zu sichern – aber eben doch den wertvollsten Teil davon. Danach beschrieb er ein Gebiet, in dessen Grenzen 80 Prozent der Gemeinden für Polen gestimmt hätten und das nun zweifelsohne abzutreten sei. Er definierte damit das, was später als „Korfanty-Linie“ bezeichnet werden sollte, den ersten Vorschlag zur Teilung Oberschlesiens.[83]

Die Verhandlungen über eine Teilung Oberschlesiens

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Übersicht der Teilungspläne für Oberschlesien nach dem Plebiszit 1921.
Angehörige der polnischen POW GŚl präsentieren sich im Mai 1921 für ein Gruppenfoto.
Der italienische Außenminister Carlo Sforza im Jahr 1921.

Die deutsche Hoffnung, das Gebiet würde in Gänze beim Deutschen Reich belassen, wurden schon bald enttäuscht. In der Interalliierten Plebiszitkommission nahm der französische Kommissar General Le Rond den Vorschlag Korfantys nahezu unverändert auf und stellte ihn als später so sogenannte „Le-Rond-Linie“ vor. Dieser sah eine Trennung vor, bei der im Norden die Kreise Lublinitz und Groß-Strehlitz und im Süden alle Gebiete östlich der Oder an Polen abgetreten werden sollten. Das oberschlesische Industriegebiet wäre damit in Gänze an Polen gefallen, inklusive diverser Städte, die ganz überwiegend für Deutschland votiert hatten. Der britische Kommissar Oberst Percival und der italienische Kommissar General de Marinis lehnten diese sehr weitgehende Teilung jedoch ab und präsentierten ihrerseits einen Gegenvorschlag („Percival-de-Marinis-Linie“), der im Wesentlichen die Abtretung der beiden südöstlichsten Kreise Pless und Rybnik vorsah. In diesem Vorschlag ging nur ein kleiner Teil des Industriegebiets an Polen über. Da sich die Interalliierte Kommission auf keinen gemeinsamen Vorschlag einigen konnte, wurden Ende April 1921 beide Vorschläge an die Pariser Botschafterkonferenz übermittelt.[84]

In dieser Situation setzte sich auf polnischer Seite die Überzeugung durch, die eigene Verhandlungsposition nur durch eine weitere militärische Aktion verbessern zu können. Diesmal teilte Korfanty diese Einschätzung grundsätzlich, wobei er sich für eine „militärische Demonstration“ wie beim Zweiten Aufstand im April 1920 aussprach, während hingegen das Kommando des DOP für eine umfassende militärische Konfrontation wie beim Posener Aufstand eintrat. Das DOP verfügte zu diesem Zeitpunkt über schätzungsweise 40.000 Kämpfer und rechnete mit weiteren 20.000 Unterstützern. Um die Gefahr einer direkten militärischen Konfrontation zwischen Polen und Deutschland einzuhegen, wurde Korfanty am 26. April 1921 zum formellen Oberbefehlshaber ernannt. Bei einer Besprechung im Hotel Lomnitz am 29. April wurde beschlossen, dass in der oberschlesischen Industrie am 2. Mai ein Generalstreik stattfinden und am 3. Mai morgens um 3 Uhr der Kampf beginnen solle. Das Ziel war es, das in der sogenannten „Korfanty-Linie“ festgelegte Territorium zu besetzen und damit Fakten für die weiteren Verhandlungen zu schaffen.[85]

Die Reichsregierung reagierte unverzüglich auf den neuerlichen Aufstand. Da für die Dauer des Plebiszitregimes durch die Interalliierte Kommission keine regulären deutschen Truppen die Grenze überschreiten durften, wurden die zahlreichen um Breslau stationierten Freikorps hierfür eingesetzt. Ebenso wurden vor Ort weitere Freikorps wie beispielsweise die „Schwarze Schar“ gegründet, für die Karl Bergerhoff auf Freiwillige aus seinem „Sportverein ‚Schwarzer Adler‘“ zurückgriff. Beide Seiten hatten in den Monaten zuvor umfangreiche Waffenlager angelegt, sodass eine kurzfristige Ausrüstung der Kämpfenden möglich war. Während die französischen Plebiszittruppen sich ganz überwiegend nicht an den Kämpfen beteiligten, griffen insbesondere die italienischen Truppen aktiv in die Kampfhandlungen ein und erlitten dementsprechend auch Verluste. Die Briten, die zu diesem Zeitpunkt keine eigenen Truppen mehr im Plebiszitgebiet hatten, billigten stillschweigend den Einsatz der deutschen Freikorps.[86] Faktisch führten das Deutsche Reich und die Polnische Republik in diesen Wochen in Oberschlesien miteinander einen Stellvertreterkrieg.[87]

Die blutigen Kämpfe dauerten mehrere Wochen. Der britische Kommissar Harold Percival erlitt in dieser Zeit einen Nervenzusammenbruch und wurde von seinem Posten abberufen. Sein Nachfolger wurde Harold Arthur Stuart. Nach der Rückeroberung des strategisch und symbolisch wichtigen St. Annabergs durch deutsche Kämpfer zeichnete sich ein militärisches Patt ab. Erst in dieser Situation gelang es der Interalliierten Kommission am 5. Juli 1921 ein Waffenstillstandsabkommen zu verhandeln.

Eine politische Lösung des Konflikts war damit jedoch noch nicht erreicht. Die Briten signalisierten, dass sie weitergehende Gebietsabtretungen an Polen bereit wären mitzutragen. In dieser Situation formulierte der italienische Außenminister Carlo Sforza einen weiteren Vorschlag, der der französisch-polnischen Situation weit entgegegenkam. Aber auch diese sogenannte „Sforza-Linie“ fand keine Zustimmung.[88] Es folgten weitere Verhandlungen im Rat der Vier am 8./9. August 1921, die wiederum ohne Lösung endeten. Schließlich einigte man sich am 12. August 1921 die Angelegenheit an den Völkerbundrat zur Entscheidung zu übergeben. Dieser setzte wiederum eine Kommission ein, die mit Vertretern aus Japan, Brasilien, China, Spanien und Belgien besetzt war, wobei Japan den Vorsitz führte. Am Grünen Tisch wurde eine Teilung Oberschlesiens ausgearbeitet, die sich weitgehend am Kompromissvorschlag Carlo Sforzas orientierte. Der größte Teil des Industriegebiets rund um Kattowitz sollte an Polen abgetreten werden und nur der kleinere Teil bei Deutschland verbleiben. Dafür blieben jedoch auch die Landkreise Groß-Strehlitz, Tost-Gleiwitz, der westliche Teil des Kreises Lublinitz sowie die Stadt Beuthen entgegen dem Vorschlag von Korfanty bei Deutschland.[89] Die Botschafterkonferenz in Paris machte sich diesen Schiedsspruch zu eigen und beschloss am 20. Oktober 1921 eine entsprechende Teilung Oberschlesiens. In Deutschland führte die Teilung am 25. Oktober 1921 zum Rücktritt der Regierung von Joseph Wirth.

Der Vollzug der Teilung Oberschlesiens

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Teilung Oberschlesiens 1922:
gelbgrün = an Polen
orange = zurück an Deutschland
Zeremonie zur Übergabe der Regierungsmacht an die polnischen Behörden am 2. Juli 1922 in Rybnik.

Zur Umsetzung der Teilung handelten Deutschland und Polen das Deutsch-Polnische Abkommen über Oberschlesien aus. Dieses sah eine allgemeine Übergangsphase von 15 Jahren vor. In dieser Zeit sollten Deutsche, die die polnische Staatsbürgerschaft nicht annehmen wollten, weiterhin ein Bleiberecht im an Polen abgetretenen Gebiet behalten. Weiter sollten diverse deutsche Vereinigungen, geschlossene Vereinbarungen und von Deutschland erteilte Lizenzen ebenfalls für 15 Jahre weiter Gültigkeit haben. Daneben regelte das Abkommen den Grenzverkehr, sowohl für die Einheimischen, die nun auf der einen Seite der neuen Grenze lebten und auf der anderen arbeiteten, aber auch für den zahlreichen Eisenbahn- und Wirtschaftsverkehr im Industriegebiet. Das Deutsch-Polnische Abkommen über Oberschlesien trat am 15. Mai 1922 in Kraft und lief wie vereinbart am 15. Juli 1937 aus.

Die Interalliierte Regierungs- und Plebiszitskommission für Oberschlesien beendete ihre Tätigkeit am 10. Juli 1922. Die staatlichen Stellen Deutschlands und Polens übernahmen wie vereinbart in den folgenden Tagen die Kontrolle über die ihnen jeweils zugesprochenen Gebiete.

Die inneroberschlesische Grenzlinie war zwar entfernt von den ursprünglichen Vorstellungen Polens und Frankreichs, blieb jedoch ein Erfolg der französischen Politik für Osteuropa. Schlussendlich behielt das Deutsche Reich ein Gebiet mit einer Fläche von 7794 Quadratkilometern (71 Prozent des Abstimmungsgebiets) und einer Bevölkerung von 1.116.500 Personen (54 Prozent). Polen wurde der Rest mit einer Fläche von 3214 Quadratkilometern und 996.500 Einwohnern zugesprochen. Obwohl es damit einen kleineren und weniger bevölkerungsreichen Teil Oberschlesiens erhielt, fiel die Grenzziehung in wirtschaftlicher Hinsicht günstiger für Polen aus, das mehr als zwei Drittel aller Gruben und Industrieanlagen, insbesondere die Region Kattowitz (Katowice), sowie rund drei Viertel der Rohstoffvorkommen zugesprochen bekam. In diesem Gebiet hatten 55,8 % der Wähler für Polen gestimmt. Die deutsche Bevölkerung wurde in der polnischen Volkszählung von 1921 mit 292.980 beziffert.

Insgesamt dürften bei den militanten Auseinandersetzungen in Oberschlesien zwischen 1919 und 1922 mehrere tausend Menschen gewaltsam ums Leben gekommen sein. Etwa vier Fünftel der Opfer wurden während der drei Schlesischen Aufstände getötet, allein drei Fünftel während des Dritten Schlesischen Aufstands.[90] Entgegen der propagandistischen Erzählungen beider Seiten, machten Oberschlesier den Großteil der Opfer und Täter aus. Während auf polnischer Seite zuletzt in der militärischen Führungsebene zwar Personen die von außerhalb Oberschlesiens stammten überwogen, waren jedoch mindestens neun von zehn Mitgliedern der POW aus Oberschlesien. Dies wird auch gestützt durch die Befragung von polnischen Aufständischen, die 1921 in deutsche Gefangenschaft geraten waren: von 740 Gefangenen waren nur 18 keine Oberschlesier. Aufgrund des Rückgriffs auf Freikorps, mag dieser Anteil auf deutscher Seite etwas geringer gewesen sein, jedoch stellten auch hier Oberschlesier unzweifelhaft die Mehrheit der Bewaffneten.

Die Volksabstimmung in Oberschlesien in der Erinnerungskultur

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Die Ereignisse rund um die Volksabstimmung in Oberschlesien wurden in Deutschland und Polen sehr unterschiedlich in Erinnerung behalten. Gemeinsam ist ihnen eine nationalistische Interpretation der Vorgänge, die der jeweils anderen nationalistischen Lesart jegliche Berechtigung absprach. Erst seit dem Ende des Ost-West-Konflikts Anfang der 1990er Jahre ist eine schrittweise Annäherung zu beobachten.

Im Deutschland der Weimarer Republik wurde die Abtretung Ostoberschlesiens von weiten Teilen der Bevölkerung als großes Unrecht wahrgenommen und befeuerte den Revisionismus gegen den Versailler Vertrag.[91] Das unmittelbare Interesse der gesamtdeutschen Öffentlichkeit an Oberschlesien ebbte jedoch schon kurz nach der Abstimmung merklich ab. Vor allem im ehemaligen Abstimmungsgebiet selbst wurde eine oftmals völkisch-nationale Erinnerungskultur betrieben, an die sich eine Forderung nach der Rückkehr zum Status quo ante anschloss. In dieser Sichtweise gab es keinerlei Verständnis für die polnische Perspektive oder die etwa 40 % pro-polnischen Stimmen. Sie wurde zur beherrschenden Erzählung in den zahlreichen Heimatvereinen und sonstigen Vereinigungen der deutschsprachigen Oberschlesier.[92]

Auf der politischen Ebene verlor die Oberschlesien-Frage in Deutschland bald weitgehend an Bedeutung. So setzten sich diverse Reichsregierungen zwar für eine Revision des Versailler Vertrags ein, eine Rückkehr zum Grenzverlauf mit Polen vor 1922 spielte dabei jedoch keine besondere Rolle. Dies änderte sich zunächst auch nicht mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten, die zu Beginn ihrer Herrschaft eher den Ausgleich und die Verständigung mit Polen suchten. Nach der Besetzung des Gebiets in Folge des Überfalls auf Polen wurde jedoch der polnische Teil Oberschlesiens dem Gau Schlesien und damit dem Reichsgebiet zugeschlagen.

Infolge des Verlusts der deutschen Gebiete östlich von Oder und Neiße im Zuge des Zweiten Weltkriegs trat das deutsche Interesse für Oberschlesien ganz allgemein hinter das Schicksal der Vertriebenen aus Schlesien zurück. Soweit eine spezifische Erinnerungskultur an Oberschlesien und die Zeit des Plebiszits gepflegt wurde, fand dies in den Heimatvereinen der Oberschlesier statt. Dort verfestigte sich die bereits in den 1920er Jahren entwickelte Sichtweise eines ungerechtfertigten „Raubs“ des als deutsch gelesenen Ostoberschlesiens. Dieses starre Festhalten an einer völkisch-nationalen Lesart der Ereignisse hielt nicht Schritt mit der zunehmend differenzierteren gesamtgesellschaftlichen Auseinandersetzung in der Bundesrepublik Deutschland. Hinzu kam, dass die spezifischen Ereignisse rund um die Volksabstimmung Anfang der 1920er zunehmend als kuriose Episode wahrgenommen wurden. Die Volksabstimmung in Oberschlesien verschwand so weitgehend aus dem öffentlichen Bewusstsein und fand auch in im geschichtswissenschaftlichen Diskurs kaum Beachtung.[93] In der Deutschen Demokratischen Republik wurde dem Thema ebenfalls keine besondere Wichtigkeit für die historisch-dialektische Auseinandersetzung zugebilligt.

Während die Ereignisse um die oberschlesische Volksabstimmung in Deutschland schon im Verlauf der 1920er Jahre zunehmend aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwanden, blieben sie im polnischen Bewusstsein ungleich präsenter. In Polen wetteiferte das Gedenken an das Plebiszit jedoch von Beginn an mit jenem an die drei oberschlesischen Aufstände. Bereits in den 1920er Jahren bildeten sich in Polen zwei miteinander konkurrierende Erinnerungskulturen heraus: Die in der autonomen Woiwodschaft Schlesien regierende Nationaldemokratie und Wojciech Korfanty rückten den Blick auf das Plebiszit und stärker noch auf die Plebiszitkampagne in den Mittelpunkt. Sie inszenierte durch einen Feiertag am 3. Mai 1923 erstmals öffentliches Gedenken, bei dem vor allem die Ehrung besonders verdienter Aktivisten der Plebiszitkampagne im Vordergrund stand.[94] Dagegen formierte sich in Oberschlesien ein vor allem durch die Mitglieder der diversen militanten Organisationen getragenes Gedenken an die polnischen Opfer der Kämpfe, das den bewaffneten Kampf in den Vordergrund rückte.

Als ab 1926 die Sanacja, die autoritäre Herrschaft der Anhänger von Józef Piłsudski beziehungsweise ab 1936 Edward Rydz-Śmigły in Polen politisch bestimmend wurde, änderte sich auch das Gedenken entsprechend, der bewaffnete Kampf rückte ins Zentrum. Insbesondere der 10. Jahrestag im Jahr 1931 wurde mit etwa 60.000 Teilnehmenden bei der zentralen Gedenkfeier in Kattowitz groß begangen. Anstatt Korfanty war es nun Michał Grażyński, der ehemalige Befehlshaber der schlesischen Aufständischen und Piłsudski-Anhänger, der öffentlich geehrt wurde. Dieser verschobene Blick zurück, der sich vor allem auf die Schlesischen Aufstände richtete und das Plebiszit und die Plebiszitkampagne mehr und mehr zum Nebenschauplatz herabstufte, zeigte sich noch einmal verstärkt bei der nächsten großen Gedenkfeier im Jahr 1936.[95]

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg folgte man in Polen zunächst dieser Erinnerungslinie. Im Zuge der ab Sommer 1945 einsetzenden Vertreibung der Deutschen aus dem nach Westen verschobenem Staatsgebiet Polens wurden auch deutsche Denkmäler systematisch entfernt. Vor besonderer Bedeutung war hierbei die Sprengung der Reste des Denkmals für den deutschen Selbstschutz auf dem St. Annaberg am 1. Juli 1945. Die Entfernung dieses besonders symbolträchtigen Denkmals wurde zugleich genutzt, um der Öffentlichkeit erstmals die geplante Vertreibung der Deutschen aus Schlesien bekannt zu geben. Vor allem in den ersten Jahren nach dem Krieg, in denen die Sowjetunion noch um den sicheren Einfluss auf Polen rang, bemühte sich der Landesnationalrat um einen gewissen Schulterschluss mit den anderen politischen Kräften, darunter auch Vertreter der ehemaligen Sanacja. Entsprechend folgten die Gedenkfeiern im Jahr 1946 noch stark den Mustern aus den 1930er Jahren: Die Schlesischen Aufstände standen im Mittelpunkt und wichtige Führungspersonen aus den Reihen der Aufständischen wurden geehrt. Mit der Gründung der Volksrepublik Polen und der Konsolidierung des sowjetischen Einflusses änderte sich auch das Gedenken. Die Schlesischen Aufstände blieben weiterhin im Zentrum, wobei nun das Volk selbst als maßgebender Akteur ins Zentrum rückte. Das militärische Führungspersonal aus dem Piłsudski-Lager mit ihren anti-sowjetischen Kriegen im Osten, aber auch der bürgerliche Korfanty und seine Verbrüderung mit der westlichen Bourgeoisie, hätten jedoch einen vollständigen Erfolg der Aufständischen vereitelt.[96]

Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts ist eine allmähliche Wende in der Erinnerungskultur sowohl in Polen, als auch in Deutschland und auch in Schlesien selbst zu beobachten. Die sehr stark nationalistischen und den polnisch-deutschen Gegensatz betonende Betrachtungsweise wurde im Verlauf der 1990er Jahre zunehmend aufgeweicht. So wurden mehr und mehr Stimmen laut, die die Mehrsprachigkeit, die Prägung durch mehrere Kulturen und auch die regionale Eigenheit Oberschlesiens betonen, womit sich die Region einer einfachen Einordnung als „deutsch“ oder „polnisch“ entziehe. Immer mehr deutsche Vertriebenenverbände gaben die Forderung nach Rückgabe (Ober-)Schlesiens auf. Zugleich öffnete sich die Gesellschaft in Oberschlesien wieder stärker für die eigene deutsche Geschichte und Traditionen. In der regionalen Erinnerungskultur wird das Gemeinsame und Verbindende stärker betont, werden deutsche Hinterlassenschaften in die Denkmalpflege mit einbezogen und teilweise die deutsche Sprache als zweite Amtssprache wieder zugelassen. Auf politischer Ebene ist die Bewegung für die Autonomie Schlesiens seit den 1990er Jahren aktiv, die sich für einen Ausbau beziehungsweise eine Wiedereinführung einer Schlesischen Autonomie einsetzt.

  • Sabine Bamberger-Stemmann: Volksabstimmungen als Mittel zur Neuordnung des europäischen Staatensystems nach dem Ersten Weltkrieg. In: Bernhart Jähnig (Hrsg.): Die Volksabstimmung 1920. Voraussetzungen, Verlauf und Folgen (= Tagungsberichte der Historischen Kommission für ost- und westpreussische Landesforschung). Band 17. Marburg 2002, DNB 968738613, S. 181–203.
  • Grzegorz Bębnik: Polnische konspirative und paramilitärische Strukturen während des Abstimmungskampfes. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 324–345.
  • James Bjork: Die Flüchtigkeit der nationalen Haltungen am Vortag der Volksabstimmung. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 189–199.
  • Lutz Budrass: Der Abstimmungskampf im Rheinland und in Westfalen: Das Beispiel Bottrop. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 232–262.
  • Benjamin Conrad: Deutschland und die Volksabstimmung in Oberschlesien 1919–1921. Der Weg zum Volksentscheid, Emigrantenfrage, Wahlergebnisse. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 169–185.
  • Norbert Conrads: Schlesien. Hrsg.: Hartmut Boockmann (= Deutsche Geschichte im Osten Europas). Berlin 1994, DNB 941133427 (Reihe begründet von Werner Conze).
  • Marek Jurkowski, Beniamin Czapla: Am Tag des Plebiszits. Volksabstimmung vom 20. März 1921 in Oberschlesien im Licht der zeitgenössischen Presse. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 405–416.
  • Karsten Eichner: Die Zeche(n) zahlen. Großbritanniens und Frankreichs Engagement in Oberschlesien. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 99–110.
  • Maciej Fic: Die Republik Polen und die Volksabstimmung in Oberschlesien. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 151–169.
  • Jakub Grudniewski: Organisatorische Normen für die Durchführung des Plebiszits in Oberschlesien im Jahr 1921. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 391–404.
  • Guido Hitze: Die deutschen Strukturen im Rahmen des oberschlesischen Abstimmungskampfes. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 302–323.
  • Guido Hitze: Die deutsche Perspektive auf die Volksabstimmung in Oberschlesien. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 3–10.
  • Matthias Lempart: Das deutsche militärische und konspirative Engagement im Oberschlesienkonflikt 1918–1921 (vom Kriegsende bis Juli 1921). In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 346–363.
  • Jörn Leonhard: Selbstbestimmung als Ideal und Praxis nach 1918. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 83–97.
  • Bernard Linek: Politische Aspekte des polnischen kollektiven Gedächtnisses an die schlesischen Aufstände und das Plebiszit im 20. Jahrhundert. Genese – Entstehung – Dauer. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 41–62.
  • Andrzej Michalczyk: Die kultur der Migration in Oberschlesien und ihr Einfluss auf das Ergebnis der Volksabstimmung. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 263–281.
  • Sebastian Rosenbaum: „Głosuj za Polską“ – „Wählt deutsch“. Propagandakampagne zur Volksabstimmung. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 364–387.
  • Sebastian Rosenbaum: Reaktionen auf die Ergebnisse der oberschlesischen Volksabstimmung. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 423–442.
  • Miroslav Węcki: Das polnische Plebiszitkommissariat als Werkzeug im Abstimmungskampf. In: David Skrabania, Sebastian Rosenbaum (Hrsg.): Die Volksabstimmung in Oberschlesien 1921. Nationale Selbstbestimmung oder geopolitisches Machtspiel? (= Neue Studien zur Geschichte Polens und Osteuropas. Band 7). Paderborn 2023, DNB 1269613405, S. 285–301.
  • Timothy Keith Wilson: Frontiers of violence. Conflict and identity in Ulster and Upper Silesia, 1918 -1922. Oxford 2010, OCLC 845648119 (englisch).


Quellen:

  • Der Friedensvertrag von Versailles nebst Schlußprotokoll und Rheinlandstatut sowie Mantelnote und deutsche Ausführungsbestimmungen. Mit Inhaltsübersicht und Sachverzeichnis nebst einer Übersichtskarte über die heutigen politischen Grenzen Deutschlands. Hobbing, Berlin 1925, DNB 573913587 (uni-koeln.de).
  • Regulamin plebiscytu na Górnym Śląsku. Vorschriften für die Abstimmung in Oberschlesien. Opole 1921, DNB 368597512 (polnisch, deutsch, 15 S., polona.pl).
  • Biuro Sejmu Śląskiego (Hrsg.): Odpis urzędowego dziennika Komisji Międzysojuszniczej Rządzącej i Plebiscytowej na Górnym Śląsku w Opolu "Journal Officiel de Haute-Silesie" Nr 21 z dnia 7-go maja 1921 r., zawierającego wyniki plebiscytu na Górnym Śląsku. Katowice 1932, oai:www.sbc.org.pl:36999 (französisch, polnisch, org.pl – amtliche Endergebnisse nach Gemeinden).
Commons: Volksabstimmung in Oberschlesien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Jörn Leonhard: Selbstbestimmung als Ideal und Praxis nach 1918, S. 86.
  2. Sabine Bamberger-Stemmann: Volksabstimmungen als Mittel zur Neuordnung, S. 182–183.
  3. Jörn Leonhard: Selbstbestimmung als Ideal und Praxis nach 1918, S. 83–85 sowie 93–97.
  4. Sabine Bamberger-Stemmann: Volksabstimmungen als Mittel zur Neuordnung, S. 193–194.
  5. Karsten Eichner: Die Zeche(n) zahlen. Großbritanniens und Frankreichs Engagement in Oberschlesien, S. 99–101.
  6. Benjamin Conrad: Deutschland und die Volksabstimmung in Oberschlesien, S. 169–170.
  7. Jakub Grudniewski: Organisatorische Normen für die Durchführung des Plebiszits, S. 392–393.
  8. Siehe Der Friedensvertrag von Versailles nebst Schlußprotokoll und Rheinlandstatut sowie Mantelnote und deutsche Ausführungsbestimmungen, S. 62–66.
  9. Maciej Fic: Die Republik Polen und die Volksabstimmung in Oberschlesien, S. 153–154.
  10. T.K. Wilson: Frontiers of Violence, S. 102–103.
  11. Matthias Lempart: Deutsches militärisches und konspiratives Engagement, S. 347–348.
  12. Grzegorz Bębnik: Polnische Strukturen im Abstimmungskampf, S. 326–327.
  13. Grzegorz Bębnik: Polnische Strukturen im Abstimmungskampf, S. 325–328.
  14. Grzegorz Bębnik: Polnische Strukturen im Abstimmungskampf, S. 330.
  15. Benjamin Conrad: Deutschland und die Volksabstimmung in Oberschlesien, S. 171.
  16. Matthias Lempart: Deutsches militärisches und konspiratives Engagement, S. 349.
  17. Benjamin Conrad: Deutschland und die Volksabstimmung in Obberschlesien, S. 172.
  18. T. K. Wilson: Frontiers of Violence, S. 81–83.
  19. Karsten Eichner: Die Zeche(n) zahlen. Großbritanniens und Frankreichs Engagement in Oberschlesien, S. 104.
  20. Karsten Eichner: Die Zeche(n) zahlen. Großbritanniens und Frankreichs Engagement in Oberschlesien, S. 103.
  21. Karsten Eichner: Die Zeche(n) zahlen. Großbritanniens und Frankreichs Engagement in Oberschlesien, S. 103–104.
  22. Grzegorz Bębnik: Polnische Strukturen im Abstimmungskampf, S. 335.
  23. Jakub Grudniewski: Organisatorische Normen für die Durchführung des Plebiszits, S. 394.
  24. Jakub Grudniewski: Organisatorische Normen für die Durchführung des Plebiszits, S. 394–395.
  25. Jakub Grudniewski: Organisatorische Normen für die Durchführung des Plebiszits, S. 396–397.
  26. Jakub Grudniewski: Organisatorische Normen für die Durchführung des Plebiszits, S. 397.
  27. Miroslaw Węcki: Das polnische Plebiszitkommissariat im Abstimmungskampf, S. 290–294.
  28. Miroslaw Węcki: Das polnische Plebiszitkommissariat im Abstimmungskampf, S. 294.
  29. Guido Hitze: Deutsche Strukturen im oberschlesischen Abstimmungskampf, S. 308.
  30. Maciej Fic: Die Republik Polen und die Volksabstimmung in Oberschlesien, S. 161–162.
  31. Maciej Fic: Die Republik Polen und die Volksabstimmung in Oberschlesien, S. 157–158.
  32. Maciej Fic: Die Republik Polen und die Volksabstimmung in Oberschlesien, S. 156–157.
  33. Miroslaw Węcki: Das polnische Plebiszitkommissariat im Abstimmungskampf, S. 299–300.
  34. Guido Hitze: Deutsche Strukturen im oberschlesischen Abstimmungskampf, S. 315; Fußnote 38.
  35. Richard Paweliki: Oberschlesien. Das Land und seine Menschen. Hrsg.: Herbert Kirstein, Bund der Vertriebenen – Vereinigte Landsmannschaften und Landesverbände. 5. Auflage. Bund der Vertriebenen, Bonn 1998, DNB 1041227167.
  36. Maciej Fic: Die Republik Polen und die Volksabstimmung in Oberschlesien, S. 155–156.
  37. Guido Hitze: Deutsche Strukturen im oberschlesischen Abstimmungskampf, S. 323.
  38. Guido Hitze: Deutsche Strukturen im Oberschlesischen Abstimmungskampf, S. 308–310.
  39. Guido Hitze: Deutsche Strukturen im Oberschlesischen Abstimmungskampf, S. 311–312.
  40. Guido Hitze: Deutsche Strukturen im Oberschlesischen Abstimmungskampf, S. 312.
  41. Guido Hitze: Deutsche Strukturen im Oberschlesischen Abstimmungskampf, S. 320–321.
  42. Guido Hitze: Deutsche Strukturen im Oberschlesischen Abstimmungskampf, S. 313.
  43. Guido Hitze: Deutsche Strukturen im Oberschlesischen Abstimmungskampf, S. 315–319.
  44. Otto Ulitz: Oberschlesien. Aus seiner Geschichte (= Oberschlesische Schriftenreihe). Landsmannschaft der Oberschlesier e.V., Bundesverband, Bonn 1971, DNB 458459534.
  45. Sebastian Rosenbaum: „Wählt deutsch“. Porpagandakampagne zur Volksabstimmung, S. 370–377.
  46. Norbert Conrads: Schlesien.
  47. Sebastian Rosenbaum: „Wählt deutsch“. Porpagandakampagne zur Volksabstimmung, S. 376–377.
  48. Norbert Conrads: Schlesien.
  49. Norbert Conrads: Schlesien.
  50. Gemeinschaft für Deutsch-Polnische Verständigung (Hrsg.): Oberschlesien zwischen den Weltkriegen – Zum 75-jährigen Gedenken an die Volksabstimmung 1921 (= Via Silesia. Beiträge der Gemeinschaft für Deutsch-Polnische Verständigung – Jugendinitiative im Heimatwerk Schlesischer Katholiken – zur deutsch-polnischen Verständigung. Band 3). Münster 1996, DNB 018918034.
  51. Sebastian Rosenbaum: „Wählt deutsch“. Porpagandakampagne zur Volksabstimmung, S. 369.
  52. James Bjork: Flüchtigkeit nationaler Haltungen vor der Volksabstimmung, S. 189–199.
  53. T. K. Wilson: Frontiers of Violence, S. 158.
  54. T. K. Wilson: Frontiers of Violence, S. 154–155.
  55. T. K. Wilson: Frontiers of Violence, S. 145–146.
  56. T. K. Wilson: Frontiers of Violence, S. 155–157.
  57. Grzegorz Bębnik: Polnische Strukturen im Abstimmungskampf, S. 332–335.
  58. Grzegorz Bębnik: Polnische Strukturen im Abstimmungskampf, S. 335.
  59. Matthias Lempart: Deutsches militärisches und konspiratives Engagement, S. 350–354.
  60. Grzegorz Bębnik: Polnische Strukturen im Abstimmungskampf, S. 336–338.
  61. Lutz Budrass: Abstimmungskampf im Rheinland und Westfalen: Bottrop, S. 232–235.
  62. Andrzej Michalczyk: Migrationskultur in Oberschlesien und die Volksabstimmung, S. 263–264.
  63. Lutz Budrass: Abstimmungskampf im Rheinland und Westfalen: Bottrop, S. 236–257
  64. Lutz Budrass: Abstimmungskampf im Rheinland und in Westfalen: Bottrop, S. 257–262.
  65. Passierschein für die Volksabstimmung. In: Haus Schlesien. 15. März 2021, abgerufen am 10. Januar 2024 (deutsch).
  66. Marek Jurkowski, Beniamin Czapla: Verlauf der Volksabstimmung in der zeitgenössischen Presse, S. 406–407.
  67. Marek Jurkowski, Beniamin Czapla: Verlauf der Volksabstimmung in der zeitgenössischen Presse, S. 412.
  68. Benjamin Conrad: Deutschland und die Volksabstimmung in Oberschlesien, S. 185.
  69. Jakub Grudniewski: Organisatorische Normen für die Durchführung des Plebiszits, S. 398.
  70. Jakub Grudniewski: Organisatorische Normen für die Durchführung des Plebiszits, S. 399.
  71. Jakub Grudniewski: Organisatorische Normen für die Durchführung des Plebiszits, S. 400–401.
  72. Jakub Grudniewski: Organisatorische Normen für die Durchführung des Plebiszits, S. 402–403.
  73. Jakub Grudniewski: Organisatorische Normen für die Durchführung des Plebiszits, S. 394–395.
  74. Benjamin Conrad: Deutschland und die Volksabstimmung in Oberschlesien, S. 178–180.
  75. Benjamin Conrad: Deutschland und die Volksabstimmung in Oberschlesien, S. 174–175.
  76. Benjamin Conrad: Deutschland und die Volksabstimmung in Oberschlesien, S. 174.
  77. Benjamin Conrad: Deutschland und die Volksabstimmung in Oberschlesien, S. 180–183.
  78. Die Ergebnisse sind überwiegend entnommen aus Biuro Sejmu Śląskiego: Odpis urzędowego dziennika; die Daten für Neustadt O.S. und Namslau sind entnommen aus dem Webangebot Quo vadis Silesia.
  79. Benjamin Conrad: Deutschland und die Volksabstimmung in Oberschlesien, S. 185.
  80. Die Ergebnisse sind überwiegend entnommen aus Biuro Sejmu Śląskiego: Odpis urzędowego dziennika; die Daten für Neustadt O.S. und Namslau sind entnommen aus dem Webangebot Quo vadis Silesia.
  81. Sebastian Rosenbaum: Reaktionen auf die Ergebnisse der Volksabstimmung, S. 436–437.
  82. Sebastian Rosenbaum: Reaktionen auf die Ergebnisse der Volksabstimmung, S. 437–442.
  83. Sebastian Rosenbaum: Reaktionen auf die Ergebnisse der Volksabstimmung, S. 429–432.
  84. Karsten Eichner: Großbritanniens und Frankreichs Engagement in Oberschlesien, S. 106–107.
  85. Grzegorz Bębnik: Polnische Strukturen im Abstimmungskampf, S. 342–343.
  86. Karsten Eichner: Großbritanniens und Frankreichs Engagement in Oberschlesien, S. 107–108.
  87. Matthias Lempart: Deutsches militärisches und konspiratives Engagement, S. 362.
  88. Andreas Kieswetter (Hrsg.): Dokumente zur italienischen Politik. Königshausen und Neumann, Würzburg 2001, DNB 961994592, S. 41–90.
  89. Karsten Eichner: Großbritanniens und Frankreichs Engagement in Oberschlesien, S. 108–109.
  90. T. K. Wilson: Frontiers of Violence, S. 163–164.
  91. Sabine Bamberger-Stemmann: Volksabstimmungen als Mittel zur Neuordnung, S. 191–193.
  92. Guido Hitze: Deutsche Perspektiven auf die Volksabstimmung in Oberschlesien, S. 6–7.
  93. Guido Hitze: Deutsche Perspektiven auf die Volksabstimmung in Oberschlesien, S. 7–9.
  94. Bernard Linek: Die polnische Erinnerung an die Schlesischen Aufstände, S. 46–51.
  95. Bernard Linek: Polnische Erinnerung an die Schlesischen Aufstände, S. 58–60.
  96. Bernard Linek: Polnische Erinnerung an die Schlesischen Aufstände, S. 60–62.