Thidrekssaga

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Thidrekssaga, Blatt aus Handschrift Perg. fol. nr 4

Die Thidrekssaga ist eine umfangreiche Sagenkompilation des 13. Jahrhunderts in altnordischer Sprache; neben der älteren norwegischen Fassung (und mit ihr verwandten isländischen Fassungen) existiert auch eine knappere altschwedische aus dem 15. Jahrhundert (Didrikskrønike), von der zumeist angenommen wird, dass es sich um eine verkürzende und Widersprüche ausgleichende Übersetzung der uns erhaltenen norwegischen Handschrift handelt. Die Saga erzählt in Prosa (zu den Werken in Versform siehe Dietrichsepik) das Leben des Helden Þiðrekr af Bern, der im deutschen Sprachraum als Dietrich von Bern bekannt war.

Um diesen Thidrek gruppiert sich eine größere Zahl ursprünglich vermutlich in andere Kontexte gehörende Heldensagen, wie die von Siegfried, die Nibelungensage, die Sage von Wieland dem Schmied und die Wilzensage, deren Protagonisten mittels Gefolgschaft oder Verwandtschaft mit Thidrek verknüpft werden. Dadurch wird die Thidrekssaga zur frühesten Kompilation deutscher Heldensagen in Prosaform, weshalb sie in der germanistischen Forschung häufig benutzt wird.

Die Gestalt des Thidrek (Didrik, Dietrich) von Bern soll nach mehrheitlicher Forschungsauffassung an die Person des historischen Ostgotenkönigs Theoderich angelehnt sein. Allerdings hat ein erheblicher Teil der älteren deutschen Philologie dieser Annahme widersprochen und hält stattdessen eine ursprünglich rheinfränkische Sagengenese über den Merowingerkönig Theuderich I., der in heldenepischem Kontext mit dessen Sohn Theudebert I. auch als sagenoriginärer Protagonist des Wolfdietrich befürwortet wird, für wahrscheinlicher. Die wesentlichen literarischen Veränderungen des historischen ostgotischen und/oder rheinfränkischen Herrschertypus zur Sagenfigur des Thidrek waren bereits zur Zeit Karls des Großen erreicht, der eine angebliche Theoderich-Statue aus Ravenna nach Aachen überführen ließ.[1] Schon im Hildebrandslied (aufgezeichnet um 830–840; vermutlich älter) musste Dietrich zu einem „Hunnen“-Herrscher fliehen, und zwar vor Odoaker, der tatsächlich sein Zeitgenosse war; nicht, wie in jüngeren Sagenformen, vor Ermanarich, der tatsächlich ca. 150 Jahre vor Theoderich lebte.

Heinz Ritter-Schaumburg, der erstmals die altschwedische Fassung der Thidrekssaga ins Deutsche übersetzt hat, stellte im Gegensatz dazu die umstrittene These auf, dass sich die Thidrekssaga auf historische Ereignisse der Völkerwanderungszeit Niederdeutschlands beziehe und Dietrich von Bern nicht mit dem Ostgotenkönig Theoderich identisch sei.[2][3] Ritter-Schaumburgs Auslegung der Thidrekssaga wird jedoch von weiten Teilen der Forschung abgelehnt.[4]

Der Sagaschreiber gibt an, seine Erzählung sei „zusammengestellt nach der Erzählung deutscher Männer, teilweise nach ihren Liedern, womit man große Herren unterhalten soll“. Vorlage der Saga wären demnach Quellen aus dem niederdeutschen Raum (Sachsenland), teils in Prosa, teils in Versen. Am Schluss des Niflungenteiles werden außerdem Gewährsleute aus Bremen, Münster und Soest[5] erwähnt. Seit dem Hochmittelalter, mit dem Eindringen einer niederdeutsch geprägten Adels- und Kaufmannskultur in den Norden (vgl. Hanse), vergrößerte sich das skandinavische Interesse an Dietrich zunächst in Dänemark, Schweden und Norwegen.

Die Thidrekssaga ist in drei Pergament-Handschriften in altwestnordischer (altisländisch-altnorwegisch) Sprache und einer altschwedischen Fassung in zwei sehr ähnlichen Handschriften überliefert. Von zweien der altwestnordischen Pergament-Handschriften liegen heute jedoch nur noch Abschriften vor.

Die altnordischen Pergament-Handschriften

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Von den drei Pergament-Handschriften gingen zwei verloren. Wahrscheinlich wurden sie bei dem Kopenhagener Stadtbrand im Jahr 1728 vernichtet.

Johan Peringskiölds dreisprachige Textausgabe nach der Stockholmer Handschrift

Die dritte der Pergament-Handschriften ist somit die älteste und wird in der Königlichen Bibliothek in Stockholm aufbewahrt. Sie wird normalerweise „Membrane“ (Mb) genannt und dürfte um die Mitte des 13. Jahrhunderts in der norwegischen Hafenstadt Bergen aufgezeichnet worden sein.[6][7] Diese Version wird bei der Übersetzung ins Deutsche bevorzugt benutzt. Der Text ist allerdings nicht mehr vollständig, vor allem am Anfang und am Schluss gibt es Lakunen.[8] Diese Handschrift umfasst nur noch 129 sowie zwei unbeschriebene Blätter von ursprünglich 162 Blättern, die sich in 19 Lagen mit je 8 Blättern befanden. Der achten Lage wurden nachträglich 10 Blätter hinzugefügt.

Im 1308–1314 verfertigten Handschriftenverzeichnis des Bergener Bischofs Árni Sigurðarson ist eine Handschrift der Thidrekssaga vermerkt. Dahinter wird diese heute in Stockholm verwahrte Membrane vermutet. Wichtig ist auch die zeitliche Lokalisierung dieser Handschrift in der Hanse- und Königsstadt Bergen unter Håkon IV., da sie Rückschlüsse auf das Entstehungsmilieu der Thidrekssaga zulässt.

Die Stockholmer Membrane lässt die Hand von fünf verschiedenen Schreibern bzw. Redaktoren (Mb1 bis Mb5) erkennen. Mb1 und Mb2 waren Norweger, Mb4 und Mb5 Isländer; aus diesen Nationalitäten ist die Herkunft von Mb3 umstritten. Mb2 hat nachträglich Titel für Mb1 geschrieben sowie Mb3 für Mb4 und Mb5. Die Schreiber Mb2 und Mb3 waren „Hauptschreiber“ bzw. „Abschriftleiter“. Nach Carl Richard Ungers Gliederung der Stockholmer und altisländischen Handschriften umfasst die erste Redaktion die Kapitel Mb 1 bis Mb 196. Der dritte Redaktor redigierte seinen Vorgänger durch Einschiebung von 10 Blättern über die Erzählung von Sigurds Jugend (Mb 152–169, vgl. Bertelsen I,282–350). Außerdem strich Mb3 die beiden folgenden Abschnitte von Mb2 (Mb 170–171, B. I,351–352) und fügte ersatzweise seine Version über das Niflungengeschlecht ein (B. I,322–325), so dass zwei Redaktionen erhalten blieben. Vergleichbare Vorgehensweisen zeigen sich auch an den Wilzenberichten (Teil I: Mb 21–56); vgl. auch die Todeserzählungen über Osantrix in Teil II (Mb 134–145, hier Mb 144) mit der Version in III (Mb 291–315, hier Mb 292).

Diese Redaktoren lassen sich also daran erkennen, dass sie offenbar verschiedene Vorlagen benutzten. Aber auch ein und derselbe Redaktor bzw. Schreiber verwendete gelegentlich verschiedene, inhaltlich voneinander abweichende Vorlagen. Dadurch ist die Thidrekssaga besonders wertvoll für die Sagengenese, welche Rückschlüsse auf verschiedene Versionen der nach Altnorwegen gelangten Traditionen gestattet. Die bekanntesten erzählerischen Widersprüche innerhalb der Thidrekssaga sind insoweit zwei unterschiedliche Todesberichte über den Wilzenkönig Osantrix und die Niflungenherkunft – diese vom selben Schreiber (Mb3) zweimal unmittelbar hintereinander mit zum Teil unterschiedlichen Gestaltennamen (Mb3 liefert König Aldrian als Niflungenvater) und der Geschwisteranzahl (Mb2 nennt zusätzlich Guthorm bzw. Guttorm unter den jedoch von König Irung gezeugten Niflungenbrüdern).[9] Erzähllogische Dopplungen, soweit diese die Kapitelabfolge betreffen und im Gesamtzusammenhang allerdings weniger erheblich sind, begegnen beispielsweise in der Auslobung von Hildebrands Schwertführung (nach Mb 187 verspätet) und dem Erwerb von Thidreks Pferd Falke nach Mb 188, das jedoch nach Mb 100 längst im Besitz des Helden ist.[10] Vermutlich handelt sich in diesen Fällen nicht um irrtümliche Deplatzierungen, sondern um absichtliche Hinterlegungen unterschiedlicher Quellenfassungen.

Die Membrane (Mb) wurde bei Übersetzungen ins Deutsche meist bevorzugt, vor allem weil sie das älteste Textzeugnis der Thidrekssaga darstellt. Dabei enthalten die Abschriften A+E und B+D einige Abweichungen. Johan Peringskiöld, seinerzeit tätig als Sekretär, Antiquar und isländischer Übersetzer in Schwedens Reichsarchiv antikvitetsarkiv, hat in seiner Handschriftenausgabe von 1715 zwar die Anfangslakune von Mb mit den Berichten über Samsons Eroberungen, Thidreks und Hildebrands Geschlecht, Heimirs Einführung und die Hilde-Grim-Erzählung wohl mit einer altisländischen Handschrift gefüllt,[11] jedoch nicht Thidreks Drachenkampf, Heimirs Klosterepisode und die Erzählungen über dessen und Thidreks Ende als Ersatz für die Endlakune veröffentlicht. Diese Berichte sind jedoch in einer älter datierten altschwedischen Handschrift (s. u.) enthalten.

Die altisländischen Handschriften

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Von beiden verlorenen altnorwegischen Textzeugnissen existieren je zwei gute isländische Papierhandschriften aus dem 17. Jahrhundert in der Arnamagnäanischen Sammlung, die als A (AM 178, fol. = Sigle A) mit E sowie B (AM 177, fol. = Sigle B) mit D bezeichnet werden. Die Handschriften umfassen 109 (A) und 194 Blätter (B) und befanden sich im Besitz des isländischen Gelehrten Árni Magnússon, der zur Handschrift A den Vermerk notierte, dass diese Überlieferungen mit einem beigefügten Prolog aus Austfjarða (Ostfjorden) und dem Ort Bræðratunga stammen.

Zur Ausfüllung der Lakunen in der älteren altnorwegischen Membrane und zur Darstellung von Textabweichungen werden in der Handschriften-Ausgabe von Henrik Bertelsen diese beiden Handschriften verwendet. Besonders die Handschrift A fällt dadurch auf, dass sie mit anderen nordischen Überlieferungen wie der Vǫlsunga saga in vielem übereinstimmt. So nennt diese Handschrift Kriemhild unter dem Namen Gudrun, sie bezeichnet Brynhilðr als Buðlis Tochter und erzählt als einzige von deren frühem Tod nach Sigurðrs bzw. Siegfrieds Tod. Auch kennt sie den Namen von Siegfrieds Schwester Signy.[12]

Die altschwedische Fassung

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Neben den auf einer gemeinsamen Quellengrundlage beruhenden altwestnordischen Überlieferungen der Thidrekssaga gibt es noch eine altschwedische Fassung in zwei Handschriften (Sv A und Sv B) aus dem 15. Jahrhundert, die Didrikskrønike, Didriks-Krönikan (Dietrichschronik) oder Sagan om Didrik af Bern genannt wird. Die ältere Fassung Sv A umfasst 159 Blätter und wird um 1500 datiert unter der Signatur E 9013, vormals unter Skoklostersamlingen nr 115./116. Sie liefert zunächst (Blätter 1r–36r) den Ritterroman Hertig Fredrik af Normandie aus dem Zyklus der Eufemiavisorna. Die Überlieferung der Þiðriks saga af Bern (Blätter 37r – 159r) wurde von zwei Skriptoren geschrieben.[13] Die etwas jüngere fragmentarische Handschrift Sv B mit der Codexbezeichnung K 45, 4°, datiert noch in das erste Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts, überliefert mit besonders auffälligen Danismen nur bis Kap. 229, worin die Erzählungsabschnitte über Sigurds Jugend und seine Hochzeit mit Crimilla fehlen.

Diese Handschriften berichten insgesamt sachlicher und kürzer. Inhaltlich unterscheidet sich Sv A vor allem im Schlussteil von den isländischen Überlieferungen, indem sie eine sonst nirgends tradierte zweite Todeserzählung über ihren Titelhelden konstruiert: Didrik kämpft am Ende mit Wideke Welandsson, der die Söhne Attilas und Didriks Bruder getötet hatte, besiegt ihn; er stirbt aber, nach Versenkung seines Schwerts Mimungs (Mymmings) in einem Gewässer in Svava an seinen Wunden.

Der Literaturwissenschaftler und Publizist Heinz Ritter-Schaumburg übersetzte diese Handschriften erstmals ins Deutsche und belegte sie mit der Bezeichnung „Svava“. Dass es sich bei der schwedischen Fassung der Thidrekssaga um eine Übersetzung handelt, gibt sie selbst ganz am Schluss zu verstehen, mit den Worten:

Herrn Didriks Buch hat nun sein Enden, Gott möge seine Gnade senden Dem, der es tat auf Schwedisch wenden.

Vor allem deshalb wird die altschwedische Fassung im Allgemeinen für eine verkürzte Übersetzung der altwestnordischen Handschriften betrachtet. Dass die schwedische Überlieferung keine eklatanten Widersprüche oder Doppelungen enthält, wie Mb, führt man darauf zurück, dass deren Skriptoren bewusst versuchten, ein einheitliches und nicht in sich widersprüchliches Werk herzustellen.[14]

Ritter-Schaumburg bestreitet diese Abhängigkeit und hält die schwedische Fassung für die Übersetzung eines nicht mehr existierenden dänischen bzw. ursprünglich niederdeutschen Textes, wofür auch die verwendeten niederdeutschen Namen der Helden und zahlreiche Danismen sprächen. Er verweist auch auf das Verhältnis der beiden Handschriften Sv A und Sv B der schwedischen Fassung, die ihm zufolge eigenständige Übersetzungen ein und desselben Textes sein müssen. Dies wäre an den vielfach verwendeten gleichbedeutenden aber anders lautenden Worten erkennbar. Die ausländische Quelle müsse aber aufgrund der starken Verwandtschaft beider Handschriften dieselbe gewesen und könne somit nicht die Membrane sein.

Die Abweichungen zwischen Sv A und Sv B halten sich jedoch im Rahmen dessen, was spätmittelalterlichen Schreibern zuzutrauen ist. Die Annahme einer zweimaligen Übersetzung ist daher unnötig. Wo die schwedische Fassung Namen verwendet, die deutschen Sagenfassungen ähnlicher sehen als die entsprechenden Namen in den altwestnordischen Handschriften, handelt es sich um im Spätmittelalter sehr populäre deutsche Sagen; der Übersetzer kannte offensichtlich außer seiner Vorlage noch verschiedene Sagen in der damals in Deutschland aktuellen Form.

Die Textkritik an den schwedischen Handschriften beanstandet neben einigen Fehlübersetzungen auch Fehlinterpretationen, die Kay Busch wie folgt zusammenfasst:

Der Dreh- und Angelpunkt liegt hierbei in der Lokalisation von Vilkinaland, welches sich wohl ursprünglich auf slavischem Gebiet befand, in der altschwedischen Übertragung aber als alter Name für Schweden angesehen wurde. Der Inhalt der Saga hatte schon im 15. Jahrhundert eine hohe politische Bedeutung, was deutlich daran zu sehen ist, daß Textpassagen dieser Übersetzung Eingang in die Prosaiska krönika von König Karl Knutson fanden. Sehr wahrscheinlich ist diese frühe Übertragung auch von der regierenden Seite initiiert worden.[15]

Überblick über den Inhalt der Kapitel

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Im Folgenden die Inhaltsangabe der Membrane-Überlieferung, ersatzweise ergänzt mit den altisländischen Handschriften A und B nach Carl R. Unger (Mb), gefolgt von Band- und Seitenangaben nach Henrik Bertelsens Handschriftenausgabe von 1905–11.[16] Die Unterteilung in die Erzählsequenzen stammt von Susanne Kramarz-Bein (2002).

I. Erzählsequenz: Jugend und Erprobung

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Hier sind nur die altisländischen Handschriften A und B sowie die altschwedische Fassung Textzeugen. Der Anfang von Mb ist verloren.

  • Prolog der Thidrekssaga (ThS). Enthält eine sagengeschichtliche Einschätzung aus altnordischem Schrifttum über die Quellen und den Handlungsraum der Saga. Die Entstehungszeit dieses Prologs entspricht dem Datierungsbereich der beiden altisländischen AB-Handschriften.
  • Mb 1–14 (I,8–32) „Ritter Samson und seine Söhne“: Ritter Samson, ein beinahe riesengroßer, schwarzhaariger Krieger, verliebt sich in Hildisvid, die Tochter des Jarl Rodgeir von Salerni (meist mit Salerno gleichgesetzt handelt sich im Zusammenhang der Örtlichkeiten jedoch eher um einen salfränkischen Sitz im heutigen Belgien), und entführt sie mit ihrer Zustimmung. Zunächst lebt er mit ihr als Räuber in einem Wald; dort erschlägt er den Jarl sowie König Brunstein, die Hildisvid zurückholen wollen. Schließlich wird er von den Bürgern Salernis auf einem Thing zum Herzog gewählt und dann sogar zum König erhoben. Mit Hildisvid hat er zwei Söhne, Erminrik und Thetmar. Im Alter beginnt er noch einen Krieg gegen Jarl Elsung von Bern (gegenüber Bonn als das rheinische Verona meist mit Verona in Oberitalien gleichgesetzt). Er erschlägt Elsung eigenhändig und verheiratet dessen Tochter Odilia mit seinem jüngeren Sohn Thetmar, den er zum König von Bern macht. Mit seinem älteren Sohn, Erminrik, zieht er weiter nach Süden gegen „Rom“, stirbt aber auf dem Weg dorthin. Erminrik erobert den Großteil des Römergebietes „samt vielen Inseln des griechischen Meeres“. (Die auch eine nördlichere Berichtgeografie zulassende altschwedische Fassung nennt hier nur „Grekin“, das als Graacher Gebiet östlich von „Roma secunda“ bzw. Trier gedeutet werden kann.) Seinen dritten Sohn, Aki, den er mit einer Nebenfrau hatte, machte Samson zum Herzog von Fritila.
  • Mb 15–20 (I,32–43) „Jung Thidrek“: Erzählt von Hildebrand, König Thetmar und seinem Sohn Thidrek. Thidrek wächst zu einem Mann von gewaltiger Kraft und mit vielen guten Eigenschaften seines Großvaters Samson heran. Hildibrand (entspricht dem deutschen Hildebrand), Sohn des Herzogs von Venedi (oft mit Venedig gleichgesetzt), kommt nach Bern und wird von Thetmar zum Erzieher des jungen Thidrek bestellt. Thidrek fängt auf der Jagd den Zwerg Alfrik (die nordisierte Form des deutschen Namens Alberich), der ihm, um freigelassen zu werden, das von ihm selbst geschmiedete Schwert Nagelring ausliefert. Mit diesem großartigen Schwert kämpft Thidrek mit Hildebrands Hilfe gegen die zauberkundige Riesin Hild und ihren Mann Grim. Obwohl sich die Körperhälften der erschlagenen Hild durch Zauber wieder zusammenfügen können, gelingt es ihm, sie endgültig zu töten. Thidreks wertvollstes Beutestück ist der Hildigrim genannte Helm der beiden Ungeheuer. Durch diese und andere Großtaten wird Thidrek berühmt.
  • Heimir ist der Sohn des Studas, des Verwalters von Brynhilds Gestüt auf Burg Seegard im Reich der Sueben.[17] Vom Gestüt der Brynhild kommen die besten aller Heldenrosse. Heimir hieß ursprünglich nach seinem Vater Studas; da er jedoch so grimmig ist wie der Drache Heimir, der bösartigste aller Drachen, wird er später nach diesem benannt. Von seinem Vater Studas bekommt Heimir den Hengst Rispe. Heimir zieht zu Thidrek und fordert ihn zum Zweikampf auf; dem Sieger sollen die Waffen des Unterlegenen gehören. Thidrek siegt; Heimir lässt sich von ihm als Gefährten aufnehmen.

Hier beginnt der erhaltene Teil von Mb.

  • Mb 21–56 (I,44–63 & II,61–105) „Erste Redaktion der Wilzensaga“: Die Wilzen sind ein Volk, das von der ThS widersprüchlich lokalisiert wird: meist südlich der Ostsee, manchmal näher an Russland, manchmal westlicher; manchmal aber auch als „Groß-Schweden“ mit Teilen nördlich und südlich der Ostsee. Diese Saga ist in Mb in zwei Fassungen („Redaktionen“) aufgenommen, die inhaltlich keine großen Unterschiede aufweisen, sich aber stilistisch unterscheiden. Es sieht so aus, als hätten zwei Übersetzer denselben deutschen Text übersetzt, oder, wahrscheinlicher, eine ursprüngliche Übersetzung wäre sehr frei bearbeitet worden, und der Redaktor Mb3 hätte sich entschlossen, auch die zweite Version aufzunehmen; diese folgt in Mb erst viel später: zwischen den Geschichten von „Herburt und Hilde“ und Walther und Hildegund. Die isländischen Handschriften bieten nur die „Zweite Redaktion“ der Wilzensaga, und zwar weder dort, wo Mb die „Erste Redaktion“ noch dort, wo Mb die „Zweite Redaktion“ hat, sondern nach den Erzählungsabschnitten von Velent, Vidga, Ecke und Fasold.
  • Der Inhalt der „Ersten Redaktion der Wilzensaga“: Erster Bericht über die Kämpfe zwischen Wilzen und Russen. Der Wilzenkönig Vilcinus besiegt den Russenkönig Hertnit, zieht in dessen Hauptstadt Holmgard (Nowgorod) ein und macht Russland tributpflichtig. Auf der Rückfahrt über die Ostsee nach dem Russenkrieg wird sein Schiff von einer Meerfrau angehalten; er geht an Land, wo sie ihm als Frau begegnet und ein Kind empfängt. Die Meerfrau überbringt das Neugeborene in das Reich des Vilcinus, wo es unter dem Namen Vadi zu einem Riesen heranwächst. Vilcinus übergibt Vadi 12 Höfe in Schweden. Vilcinus hat auch einen menschlichen, aber grimmigen und habgierigen Sohn Nordian. Nach dem Tode des Wilzinus gelingt es Hertnit, Nordian zu unterwerfen; dieser, und später Nordians riesenhafte Söhne Aventrod, Etgeir, Aspilian und Viðolfr werden Hertnit zinspflichtig. König von Wilzenland wird einer der Söhne Hertnits, Osantrix, während Russland und Polen ein anderer Sohn Hertnits, Waldimar, erbt. Hertnit überlässt Nordian nur Seeland.
  • Osantrix schickt zwei seiner Neffen auf Werbungsfahrt zu König Melias von Hunaland, das heutige westfälische und niedersächsische Gebiete umfasst, um die Hand von dessen Tochter Oda. Der hochmütige Melias lässt jedoch die Werber ins Gefängnis werfen. Osantrix bedient sich auf dem Rachefeldzug einer List (er zieht inkognito an den Hof des Melias und gibt sich dort als Friedrich, König von Spanien, aus) und der Kraft der riesigen Söhne Nordians. Insbesondere Viðolfr Mittumstangi. (im König Rother, der das Vorbild für die Brautwerbung des Osantrix darstellt, heißt er Widolt mit der stangen) verbreitet solchen Schrecken, dass die anderen Riesen ihn an Eisenketten halten müssen, und er nur im ärgsten Kampfgetümmel losgelassen wird. Die Gefangenen werden befreit, die Königstochter wird entführt. Osantrix probiert ihr inkognito einen silbernen und dann einen goldenen Schuh an; die Schuhe passen. Dann gibt er sich zu erkennen. Die Schuhprobe ist hier unmotiviert; im König Rother hat sie Sinn. Osantrix heiratet Oda und zeugt mit ihr eine Tochter, Erka (diese wird später die Frau Attilas).
  • Mb 39–56 (I,56–73 & II,84–105) „Attilas Brautwerbung“: Der Friesenprinz Attila wird König von Hunaland, des Reiches der Hunir oder Hynir (nicht „Hunnen“; die Schreibung von Doppelbuchstaben wurde im Mittelalter allerdings sehr unregelmäßig gehandhabt), indem er sich durch List in den Besitz der Wilzenprinzessin Erka (der Tochter des Osantrix) bringt. Die Werbung Attilas um Erka ist der Werbung des Osantrix um Oda strukturell ähnlich; insbesondere können beide Bräute nur durch Listen erworben werden. Während Osantrix bei seiner Werbung um Oda selbst die entscheidende Rolle spielt, verdankt Attila das Gelingen der Werbung weitgehend dem zweiten von ihm ausgesandten Werber, Markgraf Roðolfr von Bakalar; dieser entspricht dem mittelhochdeutschen Rüedeger von Bechelaren (Pöchlarn in Niederösterreich).
  • Mb 57–78 (I,73–131) „Die Geschichte von Velent dem Schmied“: Vadi, der riesische Sohn des König Vilcinus hat mit einer Meerfrau vom Walde einen Sohn namens Velent, der bei Zwergen in der Balver Höhle in die Schmiedelehre geht. Nach Vadis Tod erschlägt er die Zwerge, kommt nach Jütland zu König Nidung als Hofschmied, schmiedet sein berühmtes Schwert Mimung. Nidung lässt ihm die Fußsehnen durchschneiden, damit er nicht fliehen kann. Velent rächt sich dafür, indem er die Königssöhne erschlägt und ihre Schädel zu Schädelbechern verarbeitet, aus denen Nidung trinkt, ohne es zu wissen, und indem er die Königstochter vergewaltigt. Velent flieht mit Hilfe eines aus Vogelflügeln konstruierten Flugapparates (wie der Daidalos der griechischen Sage). Auf Befehl Nidungs muss Velents Bruder Egil, der Meisterschütze, auf den Davonfliegenden schießen; es kommt zu Egils Meisterschuss. Egil hatte einst, um von Nidung aufgenommen zu werden, als Probe einen Apfel vom Haupt seines Sohnes schießen müssen, und dazu drei Pfeile zu sich gesteckt, obwohl ihm Nidung nur einen Schuss erlaubt hatte. Als Nidung nach dem Schuss fragte, weshalb, antwortete Egil freimütig, die beiden anderen Pfeile hätte er auf den König abgeschossen, falls er sein Kind getroffen hätte. Nun, bei der Flucht Velents, hat Egil die Gelegenheit, sich an Nidung zu rächen: Velent hatte mit Egil ausgemacht, er solle, im Falle Nidung ihm auf Velent zu schießen befehle, auf eine mit Blut gefüllte Blase, die Velent unter seiner Achsel befestigte, schießen, damit es so aussähe, als habe Egil seinen Auftrag erledigt. Egil trifft tatsächlich die Blase genau. Nidung glaubt, das Blut sei Velents, und erkennt daher nicht, dass Egil ihn betrog. Velent fliegt davon. Im Wegfliegen enthüllt Velent Nidung seine Rachetaten. Aus der Verbindung mit der Königstochter entspringt der Sohn Vidga, es kommt nach Nidungs Tod zur Versöhnung mit Nidungs Sohn.

Egils Meisterschuss ist direkt verwandt mit der Sage von Wilhelm Tell, die ihre Quelle in den Gesta Danorum des Saxo Grammaticus in der Erzählung vom Meisterschützen Toko hat: Toko wurde vom dänischen König Harald gezwungen, einen Apfel vom Kopf seines Sohnes zu schießen; die Erzählung Saxos von Toko spielt im 10. Jahrhundert und entstand vor 1216; die Erzählung der ThS um 1250; die Schlacht von Sempach, in der Wilhelm Tell mitgekämpft haben soll, war erst 1307. Der Schweizer Chronist Ägidius Tschudi, den Schiller als Quelle für seinen Wilhelm Tell benutzte, kannte die Fassung des Saxo Grammaticus und übertrug sie auf den erfundenen Schweizer Nationalhelden.

Durch die Figuren von Vidga (entspricht dem Witege oder Wittich genannten Helden der deutschen Sagen), Velent (Wieland der Schmied) und Attila ist die Wilzensaga mit Thidrek verknüpft.

  • Mb 79–95 (I,131–173) „Vidgas erste Ausfahrt“: Vidga zieht nach Bern, um sich in einem Zweikampf gegen Thidrek zu erproben, und begegnet unterwegs Gefährten Thidreks, darunter Hildibrand. Dieser vertauscht das wunderbare Schwert Mimung im Zweikampf Vidgas gegen Thidrek, um Thidreks Leben zu schonen. Nur dadurch kann Thidrek siegen. Hildibrand gibt aber Vidga Mimung zurück, als Thidrek ihn erschlagen will. König Thetmar trennt Vidga und Thidrek; Vidga wird Gefährte Thidreks.
  • Mb 96–107 (I,174–203) „Thidreks Kämpfe mit Ecke und Fasold“: Thidrek zieht aus, um Ruhm zu erwerben, erschlägt Ecke und gewinnt dessen Bruder Fasold als Gefährten.
  • Mb 108–131 (I,203–250) „Von Thetleif dem Dänen“: Heimir wird verbannt und schließt sich einer Räuberbande an. Thetleif Aschenpuster wird vorgestellt, dieser kämpft auf seinem Weg zu Thidrek gegen Ingram und Heimir, Heimir kehrt nach Bern zurück, Thetleif wird Thidreks Mann. Es kommt zum Kampf zwischen Waltari von Wasgenstein und Thetleif. Amlung wird Kämpe Thidreks. König Thetmar stirbt.
  • Mb 134–146 (I,253–273) „Der Wilzensaga zweiter Teil“: Vildiver kommt zu Thidrek, Herbrand wird Thidreks Bannerträger, Attila bittet Thidrek um Hilfe gegen Osantrix von Wilzenland, Vidga wird von den Wilzen gefangen genommen, Vildiver befreit mit Hilfe Isungs Vidga, Heimir entwendet Mimung dem ohnmächtigen Vidga, der später nach Bern zurückkehrt. Attila lobt Thidreks Gefährten.
  • Mb 147–151 (I,273–281) „Der Zug gegen Jarl Rimstein“: Auf Bitte seines Onkels Ermanrik, der als Kaiser in „Rom“ herrscht, zieht Thidrek gegen Jarl Rimstein und besiegt ihn; Heimir und Vidga streiten, die Stadt Gerimsheim (Germersheim) wird erobert.
  • Mb 152–168 (I,282–319) „Jung-Sigurd“: Sigmund, König von Tarlungaland, wirbt um Sisibe von Hispania. Sie wird verleumdet, ihn betrogen zu haben, und soll dafür im Wald ermordet werden. Die beiden gedungenen Mörder sind sich jedoch uneins; Sisibe entbindet im Wald und legt das Kind in ein gläsernes Metgefäß; die beiden Männer geraten in Kampf und stoßen dabei an das Gefäß, das in den Fluss rollt und meerwärts treibt. Sisibe stirbt vor Schmerz darüber. Das Glasgefäß zerschellt an einem Ufer; eine Hirschkuh säugt das Kind. Ein Schmied, Mimir, der im Wald Kohlen brennt, findet das Kind und zieht es auf. Er gibt ihm den Namen Siegfried (erst später erkennen die Schreiber, dass es sich beim Siegfried ihrer deutschen Quellen um dieselbe Sagenfigur handelt, die in Skandinavien Sigurð bzw. Sigurd genannt wird und gehen zu dieser nordischen Form über). Da dieser bald so stark wird, dass er die Schmiedeknechte verprügelt und den Amboss in den Boden schlägt, will Mimir ihn von seinem Bruder Regin, der als Drache im Wald lebt, umbringen lassen. Siegfried erschlägt den Drachen mit der Holzaxt und einem Baumstamm und kocht sich das Drachenfleisch. Mimir, voll Angst, schenkt ihm, um ihn gut zu stimmen, eine Rüstung und das Schwert Gram und verspricht ihm ein Ross von Brynhilds Gestüt; trotzdem erschlägt Siegfried/Sigurd Mimir. Sigurd kommt zu Brynhild, diese nennt ihm seine Herkunft, schenkt ihm ein Ross.
  • Mb 169–188 (I,319–350) „Die Heldenschau“: Oda, die Frau des Königs Aldrian, schläft im Garten ein, ein Albe wohnt ihr bei, so wird der Sohn Hǫgni/Hagen gezeugt. Anschließend schreibt derselbe Schreiber dieselbe Erzählung nochmals, aber der Gatte Odas heißt jetzt Irung; auch die Zahl der Geschwister ist unterschiedlich. Die Helden an Thidreks Hof (Hildibrand, Heimir, Vidga, Jarl Hornbogi, Aumlung, Sintram, Fasold, Vildiver und Herbrand) werden vorgestellt.
  • Mb 190–225 (I,354–II,37) „Thidreks Zug ins Bertangenland“: Thidrek zieht gegen König Isung im Bertangenland. Dort kämpft Sigurd für Isung gegen Thidrek, mittels eines trügerischen Eides kann Thidrek in höchster Not Mimung einsetzen und gewinnt. Sigurd erkennt zwar den Betrug, wird aber trotzdem freiwillig Thidreks Mann.

II. Erzählsequenz: Heiraten

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  • Mb 226–230 (II,37–43) „Sigurds und Gunnars Hochzeit“: erzählt, wie Sigurd Gunnars Schwester Grimhild zur Frau bekommt und auf seiner Hochzeit Gunnar überredet, um die schönste Frau der Welt, Brynhild, zu werben. Zu viert brechen Gunnar, Thidrek, Sigurd und Hogni zu Brynhild auf. Diese ist nun auf Sigurd böse, weil er ihre Verlobung brach (im Bericht der ThS über die erste Begegnung Sigurds mit Brynhild ist allerdings keine Verlobung erwähnt). Da Sigurd nun verheiratet ist, stimmt sie der Heirat mit Gunnar zu. Brynhild wird also bei der Werbung nicht belogen. Trotzdem ist sie nicht glücklich darüber, dass Gunnar ihr Gatte werden soll, und verweigert sich ihm in der Hochzeitsnacht. Als er sich ihr trotzdem nähert, bindet sie ihn und hängt ihn an einen Nagel an der Wand. So geht es in drei aufeinander folgenden Nächten. Da bittet Gunnar Sigurd, Brynhild das Magdtum zu nehmen. Sigurd gelobt Stillschweigen. Sigurd schleicht sich in der Finsternis in Gunnars Schlafzimmer tauscht mit ihm die Kleider, überwältigt und vergewaltigt Brynhild. Dann zieht er ihr jedoch einen Ring vom Finger, ohne dass sie es merkt. Da ihre übernatürlichen Kräfte an die Jungfräulichkeit gebunden waren, ist sie nun so schwach wie jede andere Frau und ist in Hinkunft Gunnar zu Willen. Sigurd verschwindet wieder im Schutz der Finsternis. Die beiden tauschen die Kleider zurück. Niemand merkt etwas. Man reist an Gunnars Hof zurück; Gunnar regiert nun das Niflungenland zusammen mit seinen Brüdern Gernoz und Hogni sowie mit Sigurd. Thidrek reist heim nach Bern.
  • Mb 231–240 (II,43–61) „Herbort und Hilde“: Herbort zieht als Brautwerber für Thidrek zu König Artus von Britannien um dessen Tochter Hild, entflieht aber mit der Prinzessin, wohnt ihr bei, erschlägt seine Verfolger, wird Herzog bei einem fremden König und erwirbt sich bei diesem großen Ruhm. Thidrek gewinnt Gudilinda, die Tochter des Königs Drusian, zur Frau. Seine Gefährten Fasold und Thetleif der Däne heiraten Schwestern Gudilindas.
  • Mb 241–244 (II,105–109) „Valtari und Hildigund“: Valtari (Walther) von Vaskastein (Wasgenstein), Neffe König Ermanriks, und Hildigund, Tochter des Herzogs Ilias von Griechenland, kommen zu König Attila von Susat als Geiseln. Sie fliehen gemeinsam, Valtari wird aller Verfolger Herr, auch Hognis, der ihn von hinten feig erschlagen will: Hildigund bemerkt ihn, warnt Valtari, der mit einem Wildschweinknochen, den er gerade abgenagt hat, Hogni ein Auge ausschlägt. Sie kommen zu König Ermanrik, der Attila durch große Geschenke freundlich stimmt.
  • Mb 245–275 (II,109–158) „Jarl Iron“: Jarl Iron ist Sohn von König Artus (Hs. A: Arkimannus) von Bertangenland. Irons Frau heißt Isolde (diese Isolde hat nichts mit den Isolden der Tristan-Sage zu tun). Irons Bruder ist Apollonius von Tyra. Iron ist jagdsüchtig, bei einer der Jagden wird er Gefangener des Königs Salomon von Frankreich. Isolde erreicht seine Freilassung, stirbt aber bald darauf. Iron zieht als Witwer und Gefolgsmann Attilas zu einem Fest Ermanriks nach Rom. Er kehrt auf dem Weg dorthin bei Herzog Aki ‚Örlungenschutz‘ ein. Akis Frau Bolfriana und Iron verlieben sich ineinander. Der Jarl steckt Bolfriana einen Zauberring an. Herzog Aki erschlägt Iron, stirbt aber wenig später. Die verwitwete Bolfriana heiratet Vidga Velentssohn. Sie wird Mutter der Aumlungen, die später Opfer des Ermanrik werden (Aumlungen: in der mittelhochdeutschen Sage Harlungen; historisch: die Amelungen sind die Vorfahren Theoderichs; im nördlichen Raumbild um Bern–Bonn erscheinen die Amelungen als Volk zwischen der Ahr, vgl. (H)ARLUNGEN im Bereich des römischen Kastells Brisiacum [Bad Breisig], und der Amel).

III. Erzählsequenz: Untergang und Tod

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  • Mb 276–283 (II,158–169) „Sifkas Rache“: König Ermanrik schändet in Abwesenheit seines bis dahin getreuen Ratgebers Sifka dessen Frau. Sifka veranlasst den König zuerst, seine Söhne zum Tode zu verurteilen oder in den Tod zu schicken. Danach führt er den Tod der Aumlungen-Neffen herbei. Das Vermögen Vidgas, ihres Stiefvaters, wird vernichtet. Auf Fürsprache Thidreks entschädigt Ermanrik Vidga.
  • Mb 284–290 (II,169–179) „Thidreks Flucht“: Sifka hetzt Ermanrik gegen Thidrek auf, Ermanrik zieht gegen Thidrek, Heimir verfeindet sich mit Ermanrik, Thidrek flieht erst zu Rodingeir (deutsch: Rüdiger), dann nach Susat zu Attila.
  • Mb 291–315 (II,179–218) „Der Wilzensaga dritter Teil“: schildert die Kriegsfahrten Thidreks gegen die Ostländer der Wilzen und Russen.
  • Mb 316–341 (II,218–258) „Thidreks Zug gegen Ermanrik“: Thidrek erhält von Attila nach Fürsprache der Königin Erka ein Heer. Sogar die Söhne Attilas werden ihm anvertraut. Es kommt zur Schlacht von Gronsport (altnord. auch Gransport) an der Mosel (in der Dietrichepik die Rabenschlacht; Raben ist der alte deutsche Name für Ravenna, wo Theoderich begraben liegt und die mittelhochdeutsche Heldenepik diese „Ravennaschlacht“ ansiedelt). In der Schlacht fällt Herzog Naudung; Attilas Söhne und Thidreks jüngerer Bruder Thether kommen durch Vidgas Mimung zu Tode, worauf dieser von Dietrich verfolgt, aber nicht erreicht wird. Thidrek kehrt glücklos zu Attila zurück. Wieder setzt sich Königin Erka bei Attila für Thidrek ein; er wird von der Schuld für den Tod der Attilasöhne freigesprochen. Königin Erka stirbt. Thidrek dient weiter bei Attila.
  • Mb 342–348 (II,258–268) Der nächste Teil der Nibelungensage: „Sigurds Tod“: Lange Zeit war seit den beiden Hochzeiten vergangen, und das Reich der Nibelungen, mit der Hauptstadt Werniza (nach der Meinung der meisten Forscher: Worms am Rhein) herrscht König Gunnar mit seinem Bruder Hogni und seinem Schwager Jung Sigurd. Das Reich floriert vor allem wegen der Stärke und Weisheit Sigurds. Eines Tages betritt Brynhild die Halle, in der schon Grimhild, Sigurds Frau, im Hochsitz sitzt, und verlangt von ihr, diesen zu verlassen, weil er ihr allein gebühre (ein Hochsitz bot zwei bis drei Personen Platz; der Streit geht also allein von Brynhild aus). Grimhild antwortet, das sei der Sitz ihrer Mutter. Da beschimpft Brynhild sie, dass Sigurd hinter einer Hirschkuh hergelaufen sei (eine Anspielung auf Sigurds Jugend im Wald), und daher seine Frau hinter Gunnars Frau zurücktreten müsse. Daraufhin wird sie von Grimhild bloßgestellt, die ihr vor den Anwesenden das Geheimnis von Brynhilds Entjungferung verrät und zum Beweis einen Ring vorzeigt, den Sigurd Brynhild abzog, als er sie überwand. Brynhild ist nicht einmal sonderlich überrascht: sie ahnte, was geschehen war, und fordert Sigurds Ermordung nach dem Streit mit Grimhild nicht, weil Sigurd Gunnar in diesem Punkt geholfen hatte, sondern weil er es Grimhild verraten und damit ihre Schande publik gemacht hatte. Sie klagt Gunnar, Hogni und Gernoz ihr Leid und fordert Sigurds Tod und reizt die Niflungen dadurch gegen ihn auf, dass sie darauf aufmerksam macht, dass Sigurd immer mächtiger wird und ihnen die Herrschaft entreißen könnte. Der Mord braucht keine Requisiten (wie im Nibelungenlied ein auf Siegfrieds Gewand genähtes Kreuzchen): es genügt, dass Hogni Sigurd einen Speer zwischen die Schulterblätter stößt, als der sich auf der zu diesem Zweck inszenierten Jagd auf den Boden legt, um aus einem Bach zu trinken. Die Leiche tragen sie heim und werfen sie Grimhild ins Bett. Sie behaupten, ein Eber hätte ihn auf der Jagd getötet. „Dieser Eber bist du gewesen“, sagt Grimhild Hogni auf den Kopf zu.
  • Mb 349–355 (II,268–275) „Hertnidis Kampf mit Isung“: Tod von Fasold und Thetleif – Valtari war schon vor Gronsport gefallen – Thidrek vereinsamt immer mehr.
  • Mb 356–394 (II,275–328) „Grimhilds Rache“: In diesem größten Kapitelbereich der ganzen Saga kommt es zu wesentlich geringeren Abweichungen vom Nibelungenlied als in früheren Abschnitten. Stellenweise merkt man deutlich die Benutzung einer gemeinsamen Vorlage, z. B. dass Oda (Nibelungenlied: Ute) ihren Söhnen vor der Abreise an den Hof Attilas einen warnenden Traum von toten Vögeln erzählt. Es gibt jedoch auch wesentliche Abweichungen beider Werke von ihrer vermuteten gemeinsamen Nebenquelle. So liegt der in Susater (= Soester) Hof Attilas im „Hunaland“ bzw. heutigen Westfalen, nicht in Ungarn wie im Nibelungenlied. Nach überwiegender Forschungsauffassung soll hier die ThS die Schauplätze nordwärts verlegt haben (siehe z. B. oben zur ‚Ravennaschlacht‘). Eine weitere offensichtliche Änderung der ThS ist, dass Gunnar von Osid, einem Neffen Attilas, gefangen genommen und dann, wie in anderen nordischen Versionen der Sage, von Attila in einen Schlangenturm geworfen wird. Der Gunther des Nibelungenliedes wird dagegen von Dietrich von Bern besiegt und an Kriemhild ausgeliefert. Sicherlich die ältere Version bewahrt die ThS dagegen darin, dass Thidrek Grimhild auf Befehl Attilas erschlägt, nicht Hildebrand im Alleingang, wie im Nibelungenlied. Grimhild handelt in der ThS objektiv teuflisch, auch in den Augen des Erzählers, sodass sogar ihr Gatte ihren Tod fordert, während das Nibelungenlied sie teilweise entschuldigt und Hildebrand nicht den Charakter eines „objektiven Rächers“ erhält. In der ThS tötet sie nicht Hagen, sondern ihren schwer verletzten Bruder Giselher, indem sie ihm ein brennendes Scheit in den Mund stößt. Attila (entspricht deutsch Etzel) ist goldgierig, wie auch in anderen skandinavischen Dichtungen. Hogni wurde von Thidrek schwer verwundet, lebt aber noch einen ganzen Tag lang, bis er stirbt. In dieser Nacht zeugt er noch einen Sohn und gibt der Frau den Schlüssel zum ‚Siegfriedskeller‘, den sie dem Kind geben soll, wenn es herangewachsen ist. Auch kennt die ThS keinen „Koch“ und daher auch nicht „Rumolds Rat“ des Nibelungenliedes.

An einigen Stellen benutzt die ThS (bzw. ihre Quelle) aber anscheinend nicht nur dieselbe Vorlage wie das Nibelungenlied, sondern kennt auch dieses selbst und benutzt es als „Nebenquelle“. Einige Formulierungen der ThS ähneln nämlich mehr der jüngeren Bearbeitung „C“ des Nibelungenliedes als dessen ursprünglicher Fassung.

  • Mb 395–402 (II,328–341) „Thidreks Heimkehr“: Berichtet wird der Abschied von Attila, die Klage über Rodingeirs Tod, das Treffen mit und der Sieg über Jarl Elsung „von Babilonia“. Thidrek erfährt, dass Ermanrik erkrankt ist.

Ab Mb 398 (Thidreks Aufenthalt in Bakalar) werden die auf *Aumlunga-, *Orlunga-/*Ørlunga- basierenden Schreibweisen, auch uneinheitlich in gleichen Kapiteln von Mb und den AB-Handschriften, konsequent aufgegeben. Beginnend mit Thidreks Zwischenaufenthalt bei Herzog Lodvijgur (Hlodver, Mb 403) werden stattdessen, auf eine gemeinsame Vorlage von offenbar einem Verfasser hindeutend, sowohl in der ältesten Stockholmer Handschrift als auch in den AB-Texten lediglich die Formen *Omlunga- und *Ømlunga- gesetzt.[18]

  • Mb 403–411 (II,343–355) „Thidreks und Hildibrands Empfang in Bern“: Hildebrand trifft seinen Sohn Alibrand. Nachdem der Vater den Sohn besiegt hat, geben sie sich zu erkennen, Alibrand übergibt Thidrek Bern. Ermanrik stirbt, Sifka will Herrscher werden. Thidrek zieht zur Schlacht gegen Sifka.
  • Mb 412–416 (II,355–359) „Thidreks Sieg“: Thidrek siegt in der Schlacht gegen Sifka, Thidrek besteigt den Thron zu „Romaburg“.[19] Hildebrand und die Königin Herrad sterben.
  • Mb 417–422 (II,359–368) „Thidreks Drachenkampf“: König Hernit findet im Kampf gegen einen Drachen den Tod. Seine Frau, wieder eine Isolde, wartet vergebens. Thidrek kann den Drachen besiegen, reitet in Hernits Rüstung nach dessen Burg und heiratet Isolde.
  • Mb 423–428 (II,369–375) „Attilas Tod“: Aldrian, Sohn Hagens, wächst an Attilas Hof auf. Seine Mutter informiert ihn über den Tod seines Vaters und übergibt ihm die Schlüssel zum ‚Siegfriedskeller‘. Aldrian rächt daraufhin den Tod Hognis an Attila, indem er den goldgierigen Attila in den Siegfriedskeller führt und von außen die Tür zuschlägt, sodass Attila bei den Schätzen verhungern muss. Nach Attilas Tod wird Thidrek auch König von Hunaland.
  • Mb 429–438 (II,375–394) „Heimirs und Thidreks Ende“: Bericht über dieser beiden letzten Helden Tod. Heimir wird zum Mönch in einem Kloster, das die altisländischen Handschriften als Wadhincusan überliefern. Er tötet als Klosterbruder Lodvigur einen Riesen, der das als westfälisches Kloster Wedinghausen interpretierte Prämonstratenser-Stift bedroht.[20][21][22][23][24][25] Davon erfährt Thidrek, holt den einzig noch lebenden der alten Gesellen zu sich und rächt ihn später, indem er einen anderen Riesen tötet, welcher Heimir erschlagen hat. Bald danach wird Thidrek von einem schwarzen Ross aus dem Bad entführt. Das Ross ist zwar der Teufel, doch gelingt es Thidrek noch, Gott und Maria anzurufen, daher kann seine Seele noch gerettet werden. Hier endet die altisländische Überlieferung.

Lokalisierungen von Dietrichs Bern („Dietrichsbern“)

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Dietrichs Bern als das rheinfränkische Verona

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Ein beträchtlicher Teil der älteren deutschen Philologie hat erhebliche Einwände gegen eine sagenhistorische Identifizierung des vor allem in der Thidrekssaga und im Nibelungenlied dargestellten Dietrich von Bern im Vergleich mit Theoderich dem Großen erhoben:

Franz Joseph Mone macht für das ursprüngliche, jedoch unzureichend tradierte niederdeutsche Sagenmilieu von Dietrich und den Nibelungen den Einfluss einer an Boden gewinnenden hochdeutschen Heldenepik für die geografisch-erzählerische Entstellung von Bern bzw. Bonn-Verona verantwortlich.[26][27] Nach seinen namentlichen Identifizierungen liegt Dietrichs Bern nur unweit vom Sitz der Nibelungen, die er mit dem Neffelbach und anderen mit dem Sagenstoff offenbar verwandten Ortsnamen in der Voreifel in Verbindung bringt (vgl. Heinz Ritter–Schaumburg).[28]

Laurenz Lersch folgt der grundsätzlichen Auffassung von F. J. Mone über den niederrheinischen Sitz von Dietrich. Lersch folgert, dass zwei verschiedene Sagen, die eine über den italienischen Theoderich, die andere über einen rheinfränkischen Dietrich in der prägenden Epoche des deutsch-italienischen Kaisertums und somit auch des mittelhochdeutschen Literaturmilieus miteinander verwoben wurden.[29] Lersch weist außerdem auf Münzfunde hin, aus deren Prägungen Bonn als das nördliche Verona hervorgeht, welches er im Bereich des Bonner Münsters gelten lassen will. Dazu bezieht er sich auf die legendenhafte Schrift Passio sanctorum Gereonis, Victoris, Cassi et Florentii Thebaeorum martyrum aus der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts, die den Bonner Raum bzw. die Hinrichtungsstelle der Märtyrer Cassius und Florentius als das rheinische Verona emporhebt. Er zitiert außerdem aus einer im 11. Jahrhundert ausgestellten erzbischöflichen Besitzurkunde, die sich auf eine enge Verbindung von Bonn-Verona mit Zülpich bezieht, das Gregor von Tours als einen Sitz des ersten merowingischen Dietrich (Theuderich I.) nahegelegt hat.[30] Anhand der ersten Strophe des Eckenliedes und den geografischen Angaben im Anhang des Heldenbuches erkennt Lersch den Raum zwischen Köln – Aachen und dem Mittelrhein als heimatlichen Überlieferungsbereich von Dietrichs Kampfgefährten Ecke, Fasolt, Helffrich (= Hjalprikr in der Thidrekssaga).[31]

Nach Lersch positioniert Karl Müllenhoff einen fränkischen Dietrich von Bern in den geografisch wie gestaltennamentlich orientierten Erzählungsbereich von Widukind von Corvey, den Quedlinburger Annalen und dem altenglischen Widsith. Müllenhoff erkennt in den Wolfdietrich–Überlieferungen, die er als Beleg für die literarische Anziehungskraft ostmerowingischer Geschichte impliziert, historische Anspielungen vielmehr auf fränkische als romanisch-ostgotische Verhältnisse. Er postuliert daher, dass die raum- und erzählungsgeschichtliche Konsistenz einer austrasischen Dietrichsage (somit über Theuderich I. bzw. auch dessen Sohn Theudebert I.) mit einer transferierenden südlichen Heldendichtung verschmolzen wurde.[32] Den grundsätzlichen Standpunkt von Lersch über die erzählerische Herkunft des Wolfdietrich bestätigte zuletzt Joachim Heinzle:

„Die Überlieferung von Wolfdietrich muß als eigenständige Sage gelten, deren Ursprünge nicht in der gotischen, sondern in der fränkischen Geschichte zu suchen sind.“[33]

Für August Raßmann, der nach Friedrich Heinrich von der Hagen eine weitere deutsche Übersetzung der Thidrekssaga vorlegte und dazu die Geografie von Dietrichs Sitz bedachte,

„ergibt sich aber aufs deutlichste, dass darunter nicht jenes Verona, sondern Bonn zu verstehen ist.“[34]

Nach Hermann Lorenz lassen die Einträge des Quedlinburger Annalisten über die geografischen, figürlichen und erzählungscharakteristischen Milieus zweier Theoderiche, des amalischen und des Hugo Theodericus (Theuderich I.) die Folgerung zu, dass fränkisch-sächsische Geschichte mit einer bereits sagenhaften ostgotischen Historiografie verwoben wurde;[35] vgl. u. a. Jordanes über „Ermanarich“, dessen Verhältnis zu einem in den Harz umgesiedelten „Odoaker“[36] und jenem „Attila“, der als Unterstützer von Theoderichs Wiedererlangung seines Reiches textinterpretatorisch offenbar auch über das Harzgebiet verfügen konnte. In dessen Region soll dieser seinem in die Verbannung geschickten Blutsverwandten Odoaker einen Sitz am Zusammenfluss von Elbe und Saale gegeben haben.[37] Der Annalist oder die Annalistin vermerkt den von Kindeshand herbeigeführten Tod von diesem Attila unter den Einträgen zum Jahr 531, darunter auch den Auftritt des fränkischen Theoderich (Theuderich I.) mit seinen zwölf edelsten Gefolgsmännern bei den Sachsen,[38] jedoch nirgends einen Anschlag auf diesen „Odoaker“.

Karl Simrock weist in seiner Rezension über Laurenz Lersch die Beschränkung des rheinischen Verona nur auf den Bereich des Bonner Münsters zurück, dem angeblichen Sterbeort der beiden Thebäischen Legionäre und Märtyrer Cassius und Florentius. Auf das Eckenlied eingehend sieht Simrock den auch von der Thidrekssaga erzählten Kampf zwischen Dietrich und Ecke (wie auch später mit Fasold) im niederdeutschen Bereich eines ursprünglich hier und nicht in Italien sitzenden Dietrich. Als Prototyp dieser Sagengestalt will Simrock ebenfalls den Frankenkönig Theuderich I. erkannt haben. Er folgert aus den raumzeitlichen Erzählungsstrukturen im Gestaltenkreis des Widsith sowie auch in grundsätzlicher Übereinstimmung mit Mone (s. o.), dass

„zwei Dietriche für die Heldensage zu viel waren, einer musste dem anderen weichen und so traf durch das Übergewicht, welches hochdeutsche Sprache und Literatur vollends unter den staufischen Kaisern erlangte, den fränkischen das Los mit seiner Sage in den mächtigen Sagenstrom des ostgotischen zu münden.“[39]

Karl Simrock und Hermann Lorenz stimmen Müllenhoffs Auffassung über Darstellungswert und Rezeptivität des fränkischen Hugdietrich bzw. des ersten merowingischen Theuderich für die gotische Dietrichsage zu.[40][41]

Demgegenüber bezieht sich Friedrich Heinrich von der Hagen in seiner Übersetzung der Thidrekssaga auf italienische Schauplätze und damit auch auf Verona an der Etsch als Thidreks Sitz.[42][43] Der diese Saga später übertragende Theologe August Raßmann bestätigt zwar, dass die hochdeutsche Heldenepik sich Dietrichs Residenz im italienischen Verona vorstellt, weist jedoch mit einigen geografisch-strategischen Abwägungen darauf hin, dass man für die Thidrekssaga vielmehr von Bonn als dessen Sitz ausgehen müsse.[44] Noch deutlicher als in der Übersetzung von F. H. von der Hagen treten in der Dissertation von Ferdinand Holthausen geostrategisch widersprüchliche Verhältnisse für die Saga–Schauplätze hervor. Holthausen stimmt im Rahmen des Saga–Prologs zwar einerseits den geografischen Lokalisationen von Gustav Storms Nye studier over Thidreks saga kritiklos zu, zeigt aber andererseits vor allem interpretierfähige Anhaltspunkte für einen historischen Nibelungenuntergang im westfälischen Soest auf (vgl. Heinz Ritter–Schaumburg).[45] Aus den rechtsverbindlichen Statuten des hochmittelalterlichen Soest zitiert Holthausen dessen reklamierte friesische und gallische Herkunft: Preterea iuris aduocati est. hereditatem accipere frisonum et gallorum.[46] Auf dieser Grundlage verbindet Holthausen die intertextuelle Herkunft des scheinbar anachronistischen „Attila“ mit erzählerischen Parallelen zu der chronistisch abgefassten Friesengeschichte von Suffridus Petrus (Sjoerd Pietersz), der, ebenso umstritten wie auch dessen literarischer Nachfolger Martinus Hamconius (Maarten Hamckema), von einer unter dem Friesenführer Odilbald erfolgten und auf das Jahr 344 datierten Einnahme von Soest berichtet.[47][48] Willi Eggers stimmt Holthausen allerdings nur dahingehend zu, dass die Ausführungen von Petrus (und Hamconius) mit nicht mehr als einer „Vorstufe der Soester Ortssage“ bzw. dessen „Gründungssage“ nach der Thidrekssaga vereinbar sind.[49] Diese wegen ihrer frühgeschichtlichen Darstellungen überwiegend apokryph bewerteten Friesenchroniken liefern neben Herrschernamen wie etwa Odilbold, Adelbold, Adelbricus, Adelen jedoch auch historisch verifizierbare Herrscher wie z. B. Adgillus bzw. Aldgisl.[50]

Das Bonner Stadtsiegel aus dem 13. Jahrhundert zeigt den Märtyrer Cassius in ritterlicher Rüstung unter einem Baldachin. Im Hintergrund das Bonner Münster, am unteren Siegelrand die mit Zinnen dargestellte Stadtmauer. Inschrift: VERONA NVNC OPIDI BVNNENSIS SIGILLV ANTIQUA

Über Thidreks familiären Sitz liegen textinhaltlich keine explizite Angaben darüber vor, ob das nach Altnorwegen gelangte Quellenmaterial sich auf Bonn als das niederrheinische Verona oder den gleichnamigen Ort an der Etsch bezieht. Auch unter der Annahme wörtlicher Quellenübersetzung bleibt für die nordischen Skriptoren der interpretatorische Spielraum für die Lokalisierung von Dietrichs Sitz somit unklar; zumal auch deswegen, weil die Datierung der ältesten Gleichsetzung von Verona mit Bonn auf einer für die Kölner Pantaleonkirche gestifteten Altartafel (zweite Hälfte des 10. Jahrhunderts) mit der niederrheinischen Ausgabe der Thebäerlegende auffällig korreliert. Die Gleichsetzung auf dieser Altartafel wird allerdings von Wilhelm Levison und Theodor Joseph Lacomblet kritisch gesehen. Sie verweisen dazu auf den geschichtlichen Zusammenhang, wonach der inschriftlich ausgelobte Erzbischof Bruno (ein Sohn von Kaiser Otto I.) einen Teil seiner Ausbildung in der Diözese des italienischen Verona erhalten und den dort wirkenden Bischof Rather später maßgeblich unterstützt hatte. Lacomblet möchte aufgrund dieser Beziehung die dadurch unterstellbare italienische Namenspatenschaft nicht ausschließen.[51] Levison sieht überdies keinen Anlass, diese Tafel überhaupt als Wertungsgrundlage heranzuziehen, da hier ebensogut das Verona an der Etsch gemeint sein kann.[52] Beide Auffassungen wurden von dem Bonner Historiker Josef Niessen, der demgegenüber das Gewicht von einerseits numismatischen und andererseits mehrmalig nachweisbaren urkundlichen Gleichsetzungen favorisiert, als nicht hinreichende Argumentation zurückgewiesen.[53] Die bekanntesten hochmittelalterlichen und insoweit als Rezeption aus dem 10. Jahrhundert anzunehmenden Gleichsetzungen finden sich im Bonner Stadtsiegel (13. Jahrhundert), in der Kölner Königschronik Chronica regia Coloniensis und in Gottfried Hagens Reimchronik der Stadt Köln von 1270, darin verschiedene Bezugnahmen auf Dietrich von Bern.

Falls die aus Niederdeutschland stammende Quelle für ihre Verschriftlichung am Bergenser Hof jedoch keine eindeutige geografische Angabe über Thidreks Bern lieferte, dann konnten deren Skriptoren über einen interpretatorischen Freiraum bis in ostgotische Bereiche verfügen oder diesen sonst mutmaßend ergänzen; so wie sich dies vor allem aus zwei Passagen schließen lässt: dem Schlusssatz von Mb 13 (Bertelsen I,30–31) und seiner einleitenden Wiederholung in Mb 276 (Bertelsen II,158) über das Reich von Erminrik, der mit solcher Auslobung jedoch weder ein Zeitgenosse des großen ostgotischen noch eines fränkischen Theoderich sein konnte.[54] Besonders diese beiden Passagen in den Handschriften, die darin ethnisch, aber nicht genealogisch verzeichneten Amaler, der getrennt verfasste Saga-Prolog als kommentierende Beilage wie auch ostgotisch-romanische Sagenmilieus erzeugende mittelhochdeutsche Dietrichepik führten den überwiegenden Teil der wissenschaftlichen Forschung zu der Folgerung, hinter der Gestalt des Thidrek nur den ostgotischen Theoderich festzuschreiben oder, mangels ihrer bislang jedoch nicht beweiskräftig dargestellten Gleichsetzung, zu vermuten. Nach den Auffassungen der älteren deutschen Philologie (siehe oben) und inhaltlich indizierbaren Darstellungen der Saga könnte aber durchaus – soweit die Texte beispielsweise das personifizierte Raumbild Erminriks projizieren – eine niederdeutsche Vorlage über eine rheinfränkische Dietrich-Historia (vgl. dazu Roswitha Wisniewski, William J. Pfaff u. a.) mit Zusätzen aus ostgotischem Überlieferungsmilieu, etwa auch durch Einfügung des väterlichen Namens des italienischen Theoderich, in Altnorwegen angereichert oder nach dortigem redaktionellen Ermessen emendiert worden sein.

Eine rheinfränkische Dietrich-Vita als Prosa-Werk in oder aus karolingischer Bibliografie lässt sich nicht belegen. Zu der von Karl dem Großen angeordneten Überführung von Theoderichs Reiterstatue aus Ravenna in die Aachener Kaiserpfalz liegen unterschiedliche Interpretationen zu sagengeschichtlichen Assoziationen vor. Wenngleich Walahfrid Strabo unter Karls Sohn Ludwig dem Frommen über diese Statue sein 23. und insoweit ausnehmend kritisches bis abfällig urteilendes Gedicht De imagine Tetrici bereits in namentlicher Übertragung auf einen germanisch-fränkischen Dietrich verfasste,[55] weist Felix Thürlemann darauf hin, dass vor allem Heinrich Fichtenau und Walter Schlesinger die These ausgestaltet haben, wonach das „architektonische Zitat“ für Karl weniger einen religiösen Stellenwert als vielmehr „eine Funktion im Rahmen des (politisch-)ideologischen Wettstreits zwischen dem fränkischen Aachen und dem italienischen Rom erfüllt habe. Aachen sollte sich auch äußerlich als Roma secunda präsentieren und damit sichtbar machen, daß die römische Herrschaft auf die Franken übergegangen war.“[56][57][58]

Kemp Malone sieht in der von Karl dem Großen vereinnahmten Theoderichstatue und dem zeitgleich (offenbar im frühen 9. Jahrhundert) errichteten Runenstein von Rök vielmehr die koinzidente Bezugnahme auf die heroisierte Gestalt eines fränkischen Theoderich (= Theuderich I.) für Dietrich von Bern in der altnordischen Heldendichtung und insoweit auch für die Thidrekssaga.[59] Malone bezieht sich auf die Inschrift

„raiþ Þiaurikr hin þurmuþi, stiliR flutna, strąntu
HraiþmaraR; sitiR nu karuR ą kuta sinum,
skialti ub fatlaþR, skati Marika.

Dietrich der Mutige, Herrscher über die See, (und) den Strand
vom Hraidmeer, sitzt nun gerüstet auf seinem Ross,
den Schild fest umgebunden, Fürst (Mann) der Marika.“

Nach der Auffassung von Malone, auch anhand einer alternativen Identifizierung der Mæringer,[60] soll die unter Theuderichs Sohn Theudebert I. geführte Vernichtung eines götländischen (und somit nicht „gotischen“) Seefeldzugs unter deren Anführer Hygelac (im ersten Viertel des 6. Jahrhunderts ) bei den Nordländern eine nachhaltige Reminiszenz erfahren haben. Zur altnordischen Vorstellung des Hreiðgotalands am HraiþmaraR zitiert William J. Pfaff den Redaktor der Hervara saga: Er þat sagt, at Reiðgotaland ok Húnaland sé nú þýðskaland kallat.[61] Vom Zeitpunkt der Erstellung der unmittelbar vorausgehenden Runenzüge Þat sakum ąnart, huaR fur niu altum ąn […] – „That I say second, who nine generations ago […]“ – geht Malone zur Identifizierung bzw. ungefähren Rückdatierung auf diese Schlacht von dieser Zeitspanne aus.[62]

Dietrichs Bern als ein italienischer Begriff

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Das Reiter- und Hirschrelief am Portal der Basilika San Zeno. Inschriftlich fehlt die Nennung Theoderichs, stattdessen wird der Reiter lediglich als regem stultum („törichter König“) bezeichnet.

Wie bereits im Saga–Prolog und auch wesentlich in der mehrheitlichen Forschungsauffassung zum Ausdruck kommt, soll die altnordische Textauffassung ein offenbar romanisches bzw. ostgotisches Milieu für die Titelgestalt der Thidrekssaga mit dessen angeblichem Sitz in Verona an der Etsch reflektieren.[63] Daneben berücksichtigt William J. Pfaff jedoch auch die Möglichkeit, dass in Vergessenheit geratene Traditionen über den Nibelungenuntergang bei jenem „Attila“, der mit der Todeserzählung „Aldrians Rache“ (Mb 423–428, Bertelsen II,369–375) bedacht wurde, ein nördliches Raummilieu überlieferten,[64] wonach later German poems even place Þíðrikr at Bonn because the town had been known as Verona Cisalpina in earlier times.[65][66] Mit Bertelsens Übertragungen der Erzählungsabschnitte nach II,43–46 (AB-Fassungen zu Mb 231–232) mit den Ortsbegriffen Weronni und Iverne bedenkt Pfaff des Weiteren, dass vor allem die erstgenannte Form, if not an error for Verona in Italy, may reflect a German localization of the story in Bonn (Verona Cisalpina).[67][68]

Aus den altisländischen Handschriften zu ergänzen ist ferner Thidreks Ende nach Mb 438 (Bertelsen II,392) in offensichtlicher Anspielung auf jene beiden Reliefs am Portal der Kirche San Zeno in Verona und die „Weltchronik“ des Otto von Freising (1143–1146, überarbeitet 1157). Er interpretiert diese Darstellungen mit einer volkstümlichen Überlieferung, nach der Theoderich auf einem Pferd reitend zur Hölle gefahren sein soll.[69] Ottos Zurückweisung von dessen zeitgenössischer Konstellation mit dem Greutungenkönig Ermanarich wie auch dem Hunnenführer Attila ließ bereits seinerzeit – so auch die vorausgegangene Kritik des Frutolf von Michelsberg anhand der Gotenchronik von Jordanes sowie der oder die Verfasser der wesentlich übernehmenden Kaiserchronik – Schlussfolgerungen auf unwahre ostgotische Dietrich-Traditionen zu.

Es bleibt unklar, ob sich diese Autoren auf das älteste Textzeugnis über „Dietrich von Bern“, das als Fragment vorliegende althochdeutsche Ältere Hildebrandlied beziehen konnten: Der besondere Wert dieses wohl um 830 im Kloster Fulda verfassten Werks zeigt sich für die Textforschung und Überlieferungsgenese vor allem in Dietrichs Erzfeind, der hier jedoch nicht mit dem Greutungenherrscher Ermanarich, sondern mit Theoderichs historischem Gegner Odoaker gleichgesetzt wird. Die Darstellung dieses Lieds widerspricht allerdings der realgeschichtlichen Tatsache, dass Theoderich von Odoaker niemals vertrieben, sondern – eklatant abweichend von der Saga – dieser schließlich von Theoderich eigenhändig ermordet wurde. Die erzählungschronologisch mit diesem Lied in enge Verbindung gebrachten wie offenbar zwei Traditionslinien amalgamierenden Quedlinburger Aufzeichnungen lassen zum figürlichen Beziehungskontext zwischen ihrem Attila, Theoderich und jenem Odoacrus allerdings nicht erkennen, dass der in Sachsen auftretende fränkische Theoderich (Theuderich I.) einst von einem gleichnamigen gallisch-sächsischen Heeresführer, wie Gregor von Tours einen solchen als Odovaker um 470 in Nordgallien erwähnt, wegen einer möglicherweise frankeninternen Auseinandersetzung bereits vertrieben worden war.[70]

Die weitere und forschungswissenschaftlich überwiegend an den Ostgotenkönig Theoderich den Großen orientierte Auslegung einer offenbar „mythischen Dietrich-Legende“ verlangt für dessen Gleichsetzung mit dem altnordischen Thidrek erhebliche Zugeständnisse sowohl an geopolitische als auch figurtypologische Deutungsspielräume, die zwar eher weniger zur mittelhochdeutschen Dietrichdichtung („Theoderich der Große = Dietrich von Bern“) als vielmehr zum Inhalt der Saga im Widerspruch stehen. So beispielsweise Thidreks Rückeroberungszug zur unteren Mosel (Musula) und die Schlacht an ihrer Mündungsstelle Gransport bzw. bei „Raben“[71]. In jedoch geringerer textinhaltlicher Übereinstimmung wird dieser Passus aber auch umgedeutet als die Kampfhandlung am „grandis portus“ von Ravenna – die historische Residenz also zugleich der Schlachtort „Raben“ des großen ostgotischen Theoderich. Daneben scheint auch höchst fraglich, ob der Saga dazu jener Witichis (von 536 bis 540 König der Ostgoten) als der von Thidrek verfolgte und später getötete Erzfeind (vgl. altschwedische Texte) abverlangt werden kann. Ein weiteres signifikantes Missverhältnis besteht für die interpretative Einbeziehung der ostgotischen Dynastie der Amaler, welche die Quelltexte lediglich als einen Volksstamm darstellen und sich somit auch nicht mit jener großväterlich „hispanisch“ verstandenen Herkunft von Thidrek vereinbaren lassen.

Zu Theoderichs Herkunft lässt sich eine namentliche Entsprechung mit dessen Vater „Theodemir“, allerdings nicht mit dessen Vater und sämtliche Vorväter, zwar in der Saga aufzeigen. Jedoch lassen sich in den frühfränkischen Königsfolgen nach den Angaben von Gregor von Tours und des pseudonymischen Fredegar ein Théodomer wie auch in der Saga ein früherer Þettmar ausmachen, vgl. Mb 9 (AB-Handschriften) bzw. Bertelsen I,23. Demnach bestehen sowohl zu dem ersten merowingischen Theoderich als auch zu Thidrek auf einer urgroßväterlichen Ebene vergleichbare Ahnenverhältnisse, gleichwohl mit verschiedenen genealogisch-namentlichen Zwischenbeziehungen.

Ein grundsätzliches Interpretationsproblem liegt in dem offensichtlich richtungsgebundenen Abhängigkeitsverhältnis zwischen zeitgenössisch lateinischer Chronistik über den ostgotischen Theoderich und dessen Transmission in die Heldenepik als den altnordisch dargestellten Thidrek. Die Einleitung dieses Prozedere sollte demnach einem Gelehrtenkreis vorbehalten gewesen sein, der die eklatanten Missverhältnisse in den Vitae des realgeschichtlichen und episierten Theoderich zu vermeiden wusste, denn

Heldenlieder, wie sie in oralen oder semioralen Gesellschaften der Bewahrung der Memoria großer Könige und Krieger dienen, sind prinzipiell durch Jordanes' ‹Getica› (wohl 550/551) auch für die Goten bezeugt, aber nicht für Theoderich.[72]

Hierzu merkt Elisabeth Lienert an, dass lediglich Ennodius im Jahr 507 über ihn einen jedoch lateinisch verfassten Panegyricus geschaffen hat.

Insoweit stellt auch Joachim Heinzle vor allem zu den gegensätzlichen Fluchtkonstellationen, den überaus markanten biografischen Stigmata von Dietrich–Thidrek und dem ostgotischen Theoderich, keineswegs unkritisch fest:

Rätselhaft bleibt indes die Hauptsache: wie es zur Verwandlung der historischen Eroberung Italiens durch Theoderich in die Vertreibung Dietrichs aus Italien kommen konnte.[73]

Nibelungen und Thidrekssaga

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Mehrere, durch andere Erzählungen unterbrochene Episoden der Thidrekssaga behandeln die Nibelungensage, wobei die Nibelungen hier durchweg Niflungen genannt werden. Wie Roswitha Wisniewski mit textsynoptischen Untersuchungen der Thidrekssaga und den Handschriften des Nibelungenliedes, darunter deren sog. „Klageschrift“ und ein postuliertes „Notepos“ aufgezeigt hat, bediente sich die Autorenschaft der Thidrekssaga zu Gestaltennamen und einer Reihe von szenischen Handlungsabläufen zwar dieser oberdeutschen Heldendichtung, folgte aber kerninhaltlich einem Vorlagenmaterial, das unter dem Begriff einer Zweiten Quelle, darin unter anderem jene Soester Darstellungen über die Niflungen, zusammengefasst werden kann.[74] Hierzu nicht widersprüchlich stellt Joachim Heinzle z. B. zu Thidreks, Herrads und Hildebrands Rückmarsch aus deren Exil nach Bern fest, dass sowohl die Thidrekssaga als auch die Nibelungenklage berichten, daß die drei in Bakalar/Bechelaren Station machten, und in beiden Erzählungen wird in auffälliger Weise Gewicht darauf gelegt, daß sie ein Packpferd mitnahmen. Es ist unwahrscheinlich, daß die Berichte völlig unabhängig voneinander sind, aber man kann nicht sagen, ob sie auf einer gemeinsamen Sagenbasis beruhen oder ob die „Thidrekssaga“ die „Nibelungenklage“ ausschreibt.[75]

Ein anderes Vergleichsbeispiel nennt Carl Richard Unger in seiner Untersuchung über die Vorlagenverhältnisse zwischen der Thidrekssaga, ihrer altschwedischen Überlieferung und dem Nibelungenlied. Er weist darauf hin, dass nach dem mittelhochdeutschen Reimepos zwar jenes schicksalsträchtige Lindenblatt für Siegfrieds einzig verwundbare Körperstelle sorgte, jedoch dieses bedeutende erzählerische Gestaltungselement in keiner Handschrift der Thidrekssaga gefunden werden kann.[76] Somit setzt die Annahme, dass ihre älteste Überlieferung anhand einer Großvorlage erst nach dem um 1200 geschriebenen Nibelungenlied verfasst wurde, eine offenbar wenig plausible Kürzung jenes signifikanten dramaturgischen Gestaltungsmittels im altwestnordischen bzw. Bergenser Skriptorium voraus.

Einige größere erzähllogische Unterschiede bestehen zwischen der Thidrekssaga und anderen nordischen Fassungen (Liederedda, Snorra-Edda, Vǫlsunga saga). Beispielsweise ist Brynhild, die im Nibelungenlied als amazonenhafte Königin aus dem fernen Island dargestellt wird, in der Thidrekssaga anfangs Herrin über einen Ort namens Seegard (Sægard) in Svava (womit nicht zwingend das heutige Schwaben gemeint sein muss – zu karolingischer Zeit existierte auch ein Svava-Gau in Ostsachsen). Dort hat sie ein berühmtes Gestüt, von dem die Streithengste der berühmtesten Helden kommen; auch das Ross Sigurds (das er von ihr erhält). Zudem wird sie von Sigurd (= Siegfried) entjungfert – im Nibelungenlied hilft Siegfried lediglich König Gunther, die widerspenstige Brünhild in der zweiten Brautnacht zu bezwingen, damit Gunther den Beischlaf mit ihr vollziehen kann. Ganz anders verläuft dies in der übrigen altnordischen Überlieferung: dort wirbt Sigurd in Gunnars (= Gunthers) Gestalt um Brynhild, weil dieser die Hindernisse (Flammenwall) auf dem Weg zu ihr nicht überwinden kann, legt aber in der darauffolgenden Nacht, die er als Hochzeitsnacht mit ihr verbringen muss, sein Schwert zwischen beide, um sie für den Freund jungfräulich zu bewahren.

In der Thidrekssaga fordert Brynhild Sigurds Tötung, weil Sigurd Grimhild das Geheimnis der Brautnacht verraten hatte. Dass sie mit Gunnar einen geringeren Helden als Sigurd heiraten musste, ist der Grund für ihre Verweigerung in der Hochzeitsnacht.

Unterschiede zur oberdeutschen Dietrichepik

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Im Unterschied zur mittelhochdeutschen Dietrichepik wird die Figur Dietrichs in der Thidrekssaga weniger positiv gezeichnet. Sein Zögern, z. B. mit Ecke zu kämpfen, scheint eher auf Angst denn – wie im oberdeutschen Eckenlied auf moralisch begründete Bedachtsamkeit gegründet. Siegfried besiegt er zwar – wie im Rosengarten zu Worms, doch nur mit einer List, die es ihm ermöglicht, Vidgas Mimung einzusetzen, einer List, die ihn unfair erscheinen lässt und Siegfried als einen Betrogenen. Demgegenüber ist die Figur des Vidga viel positiver gezeichnet als der in der mittelhochdeutschen Dichtung entsprechende Verräter Wittich. Es spricht auch nach Ansicht mancher nicht für Thidrek, dass er Heimir, der sich zeitweise einer Räuberbande anschließt, immer wieder unterstützt, und ihn wieder an den Hof aufnimmt, nachdem er als Räuberhauptmann von Thetlef dem Dänen (im Mittelhochdeutschen: Dietleip von Stîre [Steiermark]) besiegt wurde. Doch kann man darin auch einen Vorzug Thidreks sehen, der seine Gefolgsleute wieder aufnimmt, wenn sie reuig zurückkehren. Dietrich/Thidrek ist das Ideal eines Gefolgsherrn, der sich bedingungslos für seine Gefolgsleute einsetzt. Darauf beruht wesentlich seine Beliebtheit in mittelalterlicher Dichtung. Seine Tragik ist, dass die Rivalität unter den Helden letztlich die Oberhand gewinnt und seine Bemühungen, die Gruppe zusammenzuhalten, scheitern.

Das Motiv des teuflischen schwarzen Rosses, das Thidrek an seinem Ende aus dem Bad entführt, stammt nach Auffassung einiger Forscher aus der Abneigung der katholischen Kirche gegen den Arianer Theoderich. Es wurde in der deutschen Dietrichdichtung abgeändert, um den vorbildlichen Helden nicht in die Hölle fahren zu lassen; ähnlich in der Thidrekssaga: in der isländischen Version ruft Thidrek noch Gott und Maria an und kann daher gerettet werden; in der altschwedischen Fassung ist die Entführung durch ein schwarzes Ross nur eine List Didriks, um unerkannt Wideke ausforschen zu können.

Römerfestung in Thon-Samson am Südrand der Hesbaye (Haspengau). Der Name Samson erscheint auch in der merowingischen Herrschergenealogie.[77]

Wenngleich die Sage offenbar wesentlich weiter südlich beginnt – der Ahnherr Dietrichs, Samson, herrscht in Salerni (altschwedische Fassung: Salerna in Appolij), das meist mit Salerno und Apulien (oder, unwahrscheinlich, Salurn) gleichgesetzt wird, und gewinnt Bern erst später für sich – ist der geographische Schwerpunkt mit dem Aktionsraum Thidreks mit Susat (Soest) und den Wilzenkämpfen jedoch mehr in den Norden verlagert. Dadurch kommt es zu geographischen Unklarheiten, die allerdings mit dem bereits altphilologisch verorteten Bonn-Verona als das sagengeschichtliche Bern, der belgischen Hesbaye als Samsons Hispania und dem südniederländischen Hochmoorgebiet de Peel im vielmehr salischen Einzugsgebiet des 5. Jahrhunderts behoben werden können. Ein weiteres zusammenhängendes nördliches Raumbild zeigt sich z. B. in der Episode um den Jarl Iron, dessen Residenz Brandinaburg (Brandenburg?) heißt, der aber im benachbarten Valslongu-Wald der „westlich an Frankenland gelegen“ war, jagen kann. Jarl Irons Sitz müsste demnach mehr im Westen liegen. Die altschwedische Fassung nennt in diesem Zusammenhang allerdings nur Brandenburg.

Der wesentliche Unterschied liegt in der Form und deren literarische Gattung. Eine an der altnordischen Biographie Thidreks bzw. Dietrich von Berns ausgerichtete Prosaerzählung gibt es weder in einer oberdeutschen Überlieferung noch in einem niederdeutschen Großwerk, das jedoch Teile der Quelltextforschung als vermisste Übersetzungsvorlage der Thidrekssaga befürworten (siehe Klassifizierung der Thidrekssaga). Sie ist überlieferungscharakteristisch am ehesten mit der ebenfalls altnorwegischen Karlamagnús Saga (13. Jahrhundert), dem französischen Prosa-Lancelot (vermutlich kurz vor der Thidrekssaga, erstes Drittel des 13. Jahrhunderts) und Sir Thomas Malorys Artusroman Le Morte Darthur (1469–1470 entstanden, 1485 publiziert) zu vergleichen. Die rheinische Karlskompilation Karlmeinet (um 1320) ist ebenfalls später und von geringerer Qualität als die Thidrekssaga und zudem in Versform. Es ist ein Kennzeichen der Übersetzungen deutscher und französischer Werke ins Norwegische des 13. Jahrhunderts, dass die Versform der Vorlagen in Prosa umgewandelt wird.

Erzählungsteile der Thidrekssaga im Vergleich zur mittelhochdeutschen Dietrichepik

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Wie bereits Joachim Heinzle zu den vergleichbar bekanntesten Epen Dietrichs Flucht und Rabenschlacht anmerkt, hat sich die ältere Forschung bemüht, eine genaue Abfolge von Vorgänger-Dichtungen zu ermitteln. Dabei kam es zu wahren Exzessen einer zügellosen Rekonstruktionsphilologie.[78] Wegen unklarer Vorstufenlagen kann auch zu den übrigen Überlieferungen in der folgenden Übersicht kein unmittelbares Abhängigkeitsverhältnis zwischen den zeilenweise angeführten Erzählungen bzw. mittelhochdeutschen Epen konstituiert werden.

Thidrekssaga Kapitel Dietrichepik
Hilde-Grim-Episode Mb 16–17; B I,34–38 Eckenlied und Jüngerer Sigenot
Heimir und Thidrek Mb 19–20; B I,40–43 Alpharts Tod (Anklänge in Virginal)
Wilzenüberlieferung I
Widolf–Schuhprobe/Kniesetzung
Mb 27; B I,44–49 & II,62–70
Mb 36–37; B II,80–83
König Rother
Thidreks Kampf gegen Ecke,
Fasold
Mb 96–104; B I,174–196 Eckenlied
Thidrek u. Fasold mit Sintram Mb 105–107; B I,196–203 Virginal (Rentwins Befreiung Z. 117–176)
Thetleifs Zug zu Thidrek Mb 111–129; B I,209–249 Biterolf und Dietleib
Thidreks Zug zu König Isung,
Wettkämpfe
Mb 191–225; B I,356–II,37 Jüngerer Sigenot, Rosengarten, Virginal
Herburt und Hilde Mb 231–239; B II,43–60 Quellen des Tristan bzw. Tristan und Isolde,
vgl. Tristrams saga ok Ísondar
Waltari und Hilde Mb 241–244; B II,105–109 Waltharius
Entehrung von Sifkas Gattin Mb 276; B II,158–159 Heldenbuch[79]
Thidreks Vertreibung Mb 284–290; B II,169–179 Dietrichs Flucht (Anklänge in Alpharts Tod)
Gransport Mb 316–341; B II,218–258 Rabenschlacht, Dietrichs Flucht, Alpharts Tod
Hildebrand und Alebrand Mb 407–409; B II,348–352 Jüngeres Hildebrandslied
Hertnid von Bergara Mb 417–422; B II,359–368
Mb 419; B II,363–365
Ortnit
Wolfdietrich
  Anm.: B = Bertelsen  

Struktur der Saga und Rückschluss auf ihre Entstehungsgeschichte

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Es besteht Einigkeit darüber, dass die Thidrekssaga auf niederdeutsche Quellen zurückgeht.[80] Eine niederdeutsche Erzähltradition in Form einer entsprechenden Großvorlage wird für die Thidrekssaga allerdings vermisst. Daher hat ein Teil der germanistischen und nordistischen Textforschung die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass die Thidrekssaga keine Übersetzung eines niederdeutschen Textes darstellt, sondern am norwegischen Königshof in der Hansestadt Bergen aus niederdeutschen kleineren Formen (eher heldenbuchartigen schriftlichen Prosatexten als Liedern) entsprechend der entstandenen norwegischen Lebenszyklus-Saga-Tradition komponiert bzw. kompiliert wurde. Zwar werden im niederdeutschen Sprachraum des 13. Jahrhunderts bedeutende Prosawerke wie der Sachsenspiegel und die Sächsische Weltchronik geschaffen, doch gehören diese anderen Literaturgattungen an. Sie zeigen, dass die Prosa im niederdeutschen Sprachraum im Gegensatz zum mittelhochdeutschen Sprachraum als literaturwürdig gilt.

Da jedoch andererseits den verfügbaren Handschriften wie auch den im Vorlagenkontext zu beachtenden altschwedischen Überlieferungen abschriftliche Texteigenschaften nicht abgesprochen werden können, widerspricht ein anderer Teil der Quellenforschung einem im altwestnordischen Milieu weitgehend selbstständig kompilierten Werk aus zum Teil mündlich vorgetragenen, zum Teil auch schriftlich tradierten Heldenliedern. Insoweit postuliert die quellenkritische Forschung auch eine gemeinsame ältere und somit rekurrente Textfassung für alle vorliegenden Handschriften, siehe Klassifizierung der Thidrekssaga, die wegen eines beachtlichen Teils an inhaltlichen Darstellungen als Übersetzungsvorlage jedoch nicht mehr ohne Weiteres mit dem einheimischen Stand der altnordischen Philologie und Bibliografie vereinbart werden kann.

Inhaltliche Rückschlüsse auf deutsches Quellenmaterial

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Mit Hinweisen auf zum Teil ältere Forschungsbeiträge zeigt Friedrich Panzer zu der Eroberungsfigur Samson Parallelen aus italo-normannischer Geschichte des 11. Jahrhunderts auf.[81] Allerdings konzediert Hermann Schneider hierzu nur übereinstimmende Wesensmerkmale mit dem normannischen Herzog Robert Guiskard sowie einen rezeptiven Einfluss des italienischen Salerno. Schneider negiert jedoch textkritische Annahmen, die von einem auch französisches Kolorit enthaltenes Samson-Urlied in Niederdeutschland ausgehen[82][83][84] und plädiert vor dem Hintergrund des italienischen bzw. „amalisch“ unterstellten Sagamilieus von Thidrek für einen selbständig entwickelten Saga-Einführungsteil.[85]

Hermann Reichert argumentiert wesentlich gegen die Annahme einer fehlenden niederdeutschen Erzähltradition als Großwerk und Vorlage für die Thidrekssaga. Wie er in seinen textkritischen Untersuchungen zur Vorlagenfrage der Thidrekssaga aufzeigt, befinden sich bestimmte gemeinsame, offenbar nicht zufallbasierte und somit auffällig indizierbare Zusatzformulierungen zwar in den altisländischen und altschwedischen Texten, aber nicht in vergleichbarer Größenordnung in der wesentlich älteren Stockholmer Handschrift.[86] Er folgert daraus eine nicht mehr immediate orale Vorlagengebung, sondern vermisste Handschrift als unmittelbare Quelle aller verfügbaren, zumindest aber altnorwegischen und altschwedischen Überlieferungen. Diese Vorlage bzw. deren rekurrente Fassung (*Th) sieht Reichert als ein aus einzelnen Quellen bzw. Erzählungen bestehendes Großwerk niederdeutscher Herkunft, das, nach Einschätzung von Heinrich Beck unter anderem mit sächsisch-dänischen Thematisierungen an altnordischen Genrebeispielen „erzähltechnisch anknüpfend“, am Bergenser Königshof im Wesentlichen übersetzt worden sein soll.[87][88] Die Frage, ob dieses als umfassende Vorlage zu verstehende Werk eher in Niederdeutschland (bzw. Soest) oder Altnorwegen hergestellt wurde, verbindet also Reichert mit der zuletzt vertretenen Auffassung von Heinrich Beck, wonach niederdeutsche Quellen zweifellos so vermittelt worden sein sollen, dass einerseits eine deutsche Perspektive der Quellen vermutet, andererseits in der altnorwegischen Verschriftlichung bzw. „Schöpfung“ eine „zusätzliche Deutungsdimension“, textinterpretatorisch zum Beispiel auch die Lokalisierung von Thidreks Sitz, jedoch nicht ausgeschlossen werden kann.[89]

Die abschnittsweise unterschiedliche Sprachstilistik sowie einige widersprüchliche Darstellungen vor allem in der ältesten Handschrift zeigen die übersetzerische Tätigkeit von Redaktoren verschiedener nordischer Herkunft, die offensichtlich unterschiedliche Quellen aus dem handschriftlich wiederholt angemerkten deutschsprachigen Raum verwendeten und, wie die Stockholmer Handschrift mit ihren fünf Schreibern (Norweger und Isländer) erkennen lässt, von zwei Hauptschriftleitern (Mb2 und Mb3) redigiert wurden.[90] Die Textinterpolationen von Mb3 (siehe oben) betreffen insbesondere Sigurds Jugendgeschichte und Thidreks Gastmahl mit nachfolgender Heldeneinführung. Die auf die Gestaltennamen und Brüderanzahl der Niflungen bezogenen Eingriffe von Mb3 in dem gleichwohl niederschriftlich beigefügten Erzählungsteil von Mb2 erweisen den redaktionellen Zugriff auf zwei verschiedene Traditionen.[91] Ein weiteres signifikantes Beispiel für widersprüchliche Dopplungen betrifft die Todeserzählung über den Wilzenherrscher Osantrix, der nach Mb2 im zweiten, jedoch gemäß Mb3 im dritten Teil der Wilzenüberlieferung stirbt. Die altschwedische Fassung der Thidrekssaga enthält allerdings keine derartig widersprüchlichen Dopplungen.

Gegen die These einer selbständigen Entstehung in Norwegen sprechen jene inhaltliche Angaben, aus denen in der Thidrekssaga stellenweise die Spuren direkter Übernahmen aus schriftlichen deutschen Quellen erkennbar sind, etwa wenn die Saga an mehreren Stellen „Siegfried“ statt „Sigurd“ schreibt. In den Handschriften befinden sich jedoch nicht nur bestimmte Anthroponyme, sondern auch solche erzählerische Begriffsformen, die eine im Altwestnordischen originär vermutete Urheberschaft von teilweise weit auseinander liegenden, nicht oder kaum zusammenhängenden Berichten angreifbar machen. Hierzu zählen zum Beispiel Nennungen in altdeutscher Goldwährung in den Erzählungen über Vadi und seinen Sohn Velent (Mb 58–59; Bertelsen I,75–77; siehe auch Velents Runensolidus von Schweindorf), über Velents Sohn Vidga (Mb 81; Bertelsen I,136–138), über Thetleif (Mb 117, 125, 127; Bertelsen I,221–224, 239–242, 244–245) wie auch über Erkas Tod (Mb 340; Bertelsen II,254-257). Unter den szenischen Erzählformeln der Thidrekssaga hat Helmut Voigt den Schuhproben- und Kniesetzungsbrauch in der Brautwerbung des Osantrix um Oda (vgl. dazu König Rothers Brautwerbung um Konstantins Tochter) als deutsche und nicht altnordische Erstschöpfung erkannt. Er folgert insoweit zum Abfassungskontext:

Daß der Urheber der Kniesetzung der Prinzessin in der Vs. [= Wilzensage] deutsches Rechtsbrauchtum auf deutschem Boden kennenlernte, ist unter allen denkbaren Möglichkeiten die wahrscheinlichste und einfachste.[92]

Die mit niederdeutschem Quellenmaterial in Verbindung stehende Erzählungsintention der Wilzenberichte hat Willi Eggers thematisiert.[93] Eggers erkennt im ersten Teil der Wilzenüberlieferung (Mb 21–56), darin die Übernahme von Soest als Hauptstadt des Hunalands von einem friesischen „Attila“ und dessen Brautwerbung um Osantrix' Tochter Erka, eine Gelehrtenfassung aus dem Soester Milieu.[94] Auch durch die inhaltliche Einbeziehung des Lürwalds als Herkunftsgebiet von Vildivers Bärenkleid – das dominierende Erzählungsmittel im zweiten Teil (Mb 134–146) – und die schließlich von Soest ausgehenden Eroberungen wichtiger deutscher wie auch später hansischer Handelsplätze wie Smalenskia und Palteskia im dritten Teil (Mb 291–315) macht Eggers eine niederdeutsche Vorlage wesentlich wahrscheinlicher als eine von Bergenser Schreibern selbstständig verfasste Wilzensaga für die Vita Thidreks.

Die Heime-Ludwig-Erzählung als Anspielung auf einen niederdeutschen Vorlagenverfasser

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Vorlagenstemma der Thidrekssaga nach Roswitha Wisniewski (1961). Hsr.: Rache von Hǫgnis Sohn.

Roswitha Wisniewski erkennt in der Erzählung über Heimir im Kloster Wadhincúsan (Mb 429–435; Bertelsen II,375–387) eine in diesem Überlieferungsteil hinterlegte Urheberschaftsanspielung.[95] Den bereits von der älteren und neueren Textforschung lokalisierten und insoweit als literarische Assoziation zu sehenden Klostergang von Heimir in das westfälische Prämonstratenserkloster Wedinghausen ergänzt Wisniewski mit erzählerischen Darstellungen, die mit der seinerzeit besonderen Wedinghausener Topologie und deren Klosteranlage[96] übereinstimmen. Als markantes Beispiel nennt sie Heimirs Zweikampf mit König Nordians Sohn Asplian auf einer Insel bzw. den Klosterbereich umgebenden Ruhrschleife, die spätmittelalterliche Kartografie mit Flussinseln überliefert. Da Heimir sich jedoch inkognito unter dem Pseudonym Ludwig dem Abt vorgestellt hatte und nur unter diesem Namen der Klostergemeinschaft diente, verbindet Wisniewski dieses erzählerische Verhältnis mit jenem Ludovicus Scriptor, der in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts seinen literarischen Dienst im Kloster Wedinghausen verrichtete sowie später auch in Rumbeck bei Arnsberg wirkte. Diese Koinzidenz führt sie zu der Annahme, dass von ihm nicht nur die Klostererzählung für die Thidrekssaga, sondern auch – nach ihren textkritischen Erwägungen als wahrscheinlichste niederdeutsche Quelle – deren Großvorlage in Form einer lateinischen Chronik oder Historia verfasst wurde. Den Niflungenteil der Thidrekssaga betreffend geht sie davon aus, dass diese Vorlage als inhaltlich entscheidende Zweite Quelle in Altnorwegen mit anderem Quellenmaterial kompiliert wurde.[97] Sie nennt hierzu süddeutsche Heldenepik, insbesondere eine postulierte Vorstufenversion des Nibelungenlieds (Notepos bzw. Ältere Not), wodurch sich das vorliegende Gattungsgenre der Thidrekssaga weniger als Chronik, sondern eher als Historia klassifizieren ließe. Hilkert Weddige folgert aus Wisniewskis inhaltlicher Erschließung der Zweiten Quelle:

Gleichwohl ist es Roswitha Wisniewski zu einem guten Teil gelungen, die Kontaminationen in der Darstellung des Niflungenunterganges zu entwirren: Sie erschließt für die Saga im genauen Vergleich mit dem Nibelungenlied konkrete Züge eines »zweiten« Quellenbereichs neben der Älteren Not. In jenem scheinen niederdeutsche Dietrich-Dichtung und eine Historia Dietrichs von Bern, die womöglich im Kloster Wedinghausen aufgeschrieben und mit Soester und westfälischen Lokalisationen versetzt wurde, zusammenfließen. Die Methode, nach Dopplungen zu suchen, deren Ergiebigkeit Bumke für die Vorlagen-Rekonstruktion der Brünhildfabel demonstriert hat, wird hier allerdings gelegentlich überstrapaziert, weil jede Dopplung systematisch auf zwei Vorlagen, nämlich auf die Ältere Not und jene zweite Quelle zurückgeführt wird. Schließlich handelt es sich um ein gängiges Erzählprinzip mittelalterlicher Epik.[98]

Die frühest mögliche Entstehungszeit einer Wedinghausener Vorlage der Thidrekssaga entnimmt Wisniewski aus dem Dialog zwischen dem Abt und Heimir über den Verlust seines Schwerts Nagelring, da dessen Material für den (Wieder-)Aufbau des Kirchengebäudes vorgesehen worden war. Sich auf seine Zerstörung im Jahr 1210 beziehend folgert sie für die postulierte Wedinghausener Niederschrift eine Abfassung nach diesem Zeitpunkt.

In seiner Rezension von Wisniewskis Habilitationsarbeit thematisiert der Sprachwissenschaftler William J. Pfaff das Gattungsgenre der Thidrekssaga aus einem chronistischen Vorlagenmaterial sowie auch die Wahrscheinlichkeit eines westfälischen Transmissionswegs von lateinischem Quellenmaterial nach Altnorwegen.[99] Er verweist dazu auf identifizierbare Latinismen in den Handschriften, die, übrigens auch zur signifikanten altnordischen Genreproblematik der Thidrekssaga, eine lateinische Chronik als Vorlage größeren Umfangs in Bergen nahelegen:

I should agree that a Latin chronicle played a role in the transmission of much of the material in the Thidreks saga. In support of this thesis one might add that some names from sequences unrelated to the fall of the Nibelungs exhibit the peculiarities and variation which were attributed to faulty use of Latin orthographic symbols: for instance, Ruzcia-land and Villcina-land, although in the latter the variants with c, t, z and k are further confused by the possibility that two Slavic words, one with a t, one with a k phoneme, are involved. If these errors are traceable to the same Latin chronicle, a compilation embracing more than the fall of the Nibelungen was assembled in northern Germany in chronicle form.

Er beanstandet jedoch, dass die Skriptoren der AB-Handschriften das Wedinghausener Kloster im italienischen Langbarðaland überliefern. Als erwägenswerte, aber letztlich kaum überzeugende altfranzösische und südlichere Rezeptionsmotive hat Pfaff den textinhaltlich nicht greifbaren Moniage Ogier sowie die Heymo-Tradition vom Wiltener Prämonstratenserkloster bereits genannt.[100] Eine überzeugende Erklärung für Heimirs Wirken im italienischen Langbarðaland kann Pfaff jedoch nicht anbieten, weil nach seinen Quellenbewertungen der originäre Handlungsraum von Thidreks Gefolgsmann weder anhand von nordischen noch südlichen Traditionen zuverlässig erschlossen werden kann.[101] Da er irrtümliche Übersetzungen von weniger geläufigen geografischen Begriffen in der Thidrekssaga keineswegs ausschließt, gelangt er zu der generellen Folgerung, dass sicherlich viele geografische und sagengeschichtliche Fehler mit höherer Wahrscheinlichkeit in Bergen als in Westfalen gemacht wurden.[102]

Heimirs erzählerische Lokalisation im Wedinghausener Prämonstratenserkloster, soweit von Roswitha Wisniewski zu ihrer Überlieferungsthese vorgetragen, haben Horst P. Pütz und Susanne Kramarz-Bein mit dem Einwand zurückgewiesen, dass Heimir sich überlieferungsgemäß eine schwarze und nicht, wie bei den im 13. Jahrhundert in Altnorwegen jedoch kaum Fuß fassenden Prämonstratensern üblich, eine weiße Kutte anlegte.[103][104] Nichtsdestoweniger vertritt Kramarz-Bein die Auffassung, dass

die Identität von Wadincúsan mit dem westfälischen Wedinghausen kaum in Zweifel gezogen werden kann (…) Die Kritik richtet sich im Detail vielmehr gegen die von Roswitha Wisniewski vertretene Wedinghausen-Theorie (…), die überwiegend inhaltlich (Chronikcharakter des Heimir-Moniage, vermeintliche Verbindungen chronologischer und lokaltraditioneller Art) orientiert ist und zu der mit dem westfälischen Ortsnamen verknüpften weitreichenden Schlußfolgerung der Übersetzungstheorie einer niederdeutschen Gesamtvorlage gelangt.[105]

Hermann Reichert geht in seinem Aufsatz über Heime in Wilten und in der Thidrekssaga[106] nicht explizit auf die von Wisniewski angeregte Zulieferung von Wedinghausener Quellenmaterial für die altnordische Verschriftlichung der Thidrekssaga ein. In seiner Zurückweisung der räumlichen Kloster- und Ordenzuweisungen von Pütz stellt Reichert zur stoffgeschichtlichen Hinzufügung von Heimirs Habitfarbe klar, dass der Schritt in der Überlieferung, in dem die Erzählung im Kloster Wedinghausen lokalisiert wurde (…) weder in Wedinghausen noch durch eine mit Wedinghausener Verhältnissen vertraute Person geschehen ist.[107] Wie bereits Wisniewski zu ihrer Überlieferungsthese angemerkt hat, lässt auch Reichert eine altnorwegische Annahme und Hinzufügung von Heimirs Habitfarbe zu. Er folgert dementsprechend, wohl als die wahrscheinlichste von drei Möglichkeiten, dass jemand eine Erzählung von Heime, die bereits in Wedinghausen spielte und gar keine Kuttenfarbe enthielt, nach einem letztlich romanischen Werk über einen Helden, von dem Ähnliches mit Nennung der Farbe erzählt wurde, bearbeitet und ergänzt. Das kann auch in Norwegen geschehen sein.[108] Zu seiner vorausgesetzten romanischen Rezeption liefert auch Reichert keine belastbare bibliografische Perspektive.

Zum argumentativen Stellenwert von Heimirs Kuttenfarbe weist schließlich der Arnsberger Philologe Norbert Höing darauf hin, dass für die hochmittelalterlichen Prämonstratenserstifte in Westfalen ein weißer Habit keineswegs vorausgesetzt werden darf.[109] Die altschwedische Überlieferung von Heimirs Klosteraufenthalt geht nicht auf dessen Kuttenfarbe ein.

Textindizien für Entnahmen aus deutschen Chroniken

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Aus der lateinischen Chronistik hat Karl Droege durch textsynoptische Untersuchungen die von Rahewin fortgesetzte Stauferchronik und die in Norddeutschland geschriebene Chronicon Montis Sereni als Nebenquellen für motivisch-szenische wie auch Gestalten charakterisierende Darstellungen wahrscheinlich gemacht. Die Einleitung der Chronik vom Hallenser Augustiner-Chorherrenstift Lauterberg Mons Serenus verdeutlicht beispielhaft den literarischen Umgang mit historischer Faktizität und Rezeption eines mittelniederdeutschen Chronisten, der den Mangel an umfänglich brauchbaren Quellen zur beabsichtigten Gestaltung eines Großwerks in diese Worte gefasst hat:

Diesen Vorsatz konnte ich jedoch wegen der geringen Ausbeute an Geschehnissen, von denen ich Kenntnis erlangt hatte, nicht erfüllen. So hielt ich es denn für nicht nutzlos, weil mir eigener Stoff fehlte, fremden zu verborgen. Daher habe ich, um dem Mangel, von dem ich sprach, abzuhelfen, die Taten anderer sowie mit unserem Stift nicht verbundene Ereignisse – also solche, die der ursprünglichen Absicht nicht entsprachen, aber wert waren, im Gedächtnis bewahrt zu werden – in den Bericht von den Vorgängen bei uns eingefügt. Das habe ich sogar soweit getrieben, daß ich fast überall einzig um der Unterhaltung der Leser willen Fremdes mit Eigenem vermischte.[110]
Gesta Friderici I. Imperatoris und deren Quellen
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Im Textvergleich mit diesem von Otto von Freising begonnenen und von Rahewin fortgesetzten Werk über Friedrich Barbarossa erkennt Karl Droege in der Thidrekssaga auffällige Anspielungen sowie in Erzählformeln verarbeitete Parallelen.[111] Unter diesen von Droege als „Einfügungen“ bezeichneten Rezeptionen kommt dem klerikalen Einflussbereich des westfälischen 12. Jahrhunderts ein erhebliches quellenkritisches Gewicht zu:

Das Wedinghausener und Soester Milieu in der Kölner Erzdiözese
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Unter Hinweis auf Rahewins Gesta IV 10 führt Droege aus der Heime-Ludwig-Erzählung Kap. Mb 430 (Bertelsen II,377–378) gerade zum Verständnis der Ministerialenkreise an, wonach Aspilians Aufforderung zum Kampf um den Besitz des Klosters – und so nach diesem Landesrecht – ok þetta eru landz løg – als Verhöhnung des von Barbarossa mit der roncaglischen Lex Edictalis eingeführten Verbots von Zweikämpfen um Besitzansprüche gedeutet werden kann.

Das Soester Geistlichenmilieu aufgreifend bezieht sich Droege auf Otto L. Jiriczeks Bemerkung in Deutsche Heldensagen I (S. 155) über den ungewöhnlich seltenen wie offenbar unnordischen Namen des von Thidreks Großvater Samson bezwungenen Königs Brunstein (Mb 8f., Bertelsen I,21f.). Er erklärt dessen inspirative Namengebung vom gleichnamigen angesehenen Soester Ministerialengeschlecht, dessen Patron die Soester Brunsteinkapelle gedenkt und aus welchem ein ritterlicher Dienstmann seit 1166 neben anderen vornehmen Ministerialen fast immer im Gefolge Reinalds (Kölner Erzbischof und Erzkanzler unter Barbarossa) erscheint, der über Soest wie seine Vorgänger und namentlich seinen Nachfolger Philipp v. Heinsberg die geistliche und weltliche Herrschaft ausübte. Droege sieht diesen Reinald als den Namenspaten von Thidreks Dienstmann (Mb 90; Bertelsen I,161), Erminriks Edelmann und Ritter (Mb 284 [nur A/B]; Bertelsen II,170) und zuletzt Herzog bei Gransport (Mb 324f.; Bertelsen II,231f.). Ein weiterer Rainald amtierte als Statthalter unter Friedrich II. Das Heldenbuch kennt einen Reinold als Herzog von Mailand.

Auf das Umfeld der Kölner Erzdiözese könnte außerdem ein Passus über Thetleifs Zug zu Thidrek an jener Stelle von Mb 122 (Bertelsen I,233) hinweisen, wo nach der ältesten Handschrift der Dänenheld von einem unbekannten Weggefährten ortskundig beraten wird, welchen aber die jüngeren altisländischen Texte als Goszwin (Hs. A: Godzsvin) bezeichnen. Droege sieht in ihm entweder eine Anspielung auf das um die Jahrtausendwende an der oberen Eder sitzende Gosmaren-Geschlecht oder die namentliche Reminiszenz an Goswin II. von Heinsberg und Valkenburg, der als Vater von Philipp I. von Heinsberg und (als Nachfolger von Rainald von Dassel) als Kölner Erzbischof und Erzkanzler des Heiligen Römischen Reiches unter Barbarossa wirkte.

Die vom Kölner Erzbischof Friedrich I. zu Beginn des 12. Jahrhunderts am Mittelrhein und in unmittelbarer Umgebung vom Drachenfels erbaute Wolkenburg, welche schließlich auch im Jahr 1131 als dessen Sterbeort bekannt wurde, erkennt Droege als Rezeptionsmuster für die Erzählung vom Hinterhaltsmord an Erminriks Sohn Friðrekr (Mb 278; Bertelsen II,160–161).

Er zitiert den unmittelbar nachfolgenden Dialog zwischen Sifka und Erminrik (in der Vorplanung für die Beseitigung eines weiteren seiner Söhne) wie folgt:

c. 279: 'Ich vermute, Herr, dass du keine Schatzung von England wirst erhalten haben, und dafür sollst du fürwahr Schatzung haben, und das weiß ich, wenn dein Insiegel dahin kommt, dass der Angeln König es nicht abzuschlagen wagt, dir Schatzung zu entrichten.'

und folgert daraus dieses historische Motiv für den nach seiner Auffassung in einer rheinischen und westfälischen Heimat schreibenden Vorlagenverfasser:

Sollte bei dieser starken Betonung der sicher zu erwartenden Schatzung nicht eine geschichtliche Tatsache jener Zeit Anlass gegeben haben? Nach Rahewin III 7 (1157) schickte Heinrich II. von England an Friedrich I. ein von Ergebenheit überfließendes Schreiben und erklärte seine Unterwerfung. In den litterae mellito sermone plenae hieß es: regnum nostrum … vobis exponimus, ut vestrae committamus potestati, ut ad vestrum nutum omnia disponantur… Bei solcher Demütigung könnte man in der Tat den Gedanken hegen, man sollte auch Schatzung fordern.

Droege entnimmt diesem historischen Kontext wie auch gleichem Kapitel Rahewins eine weitere Erzählformel für Sigurds Beschreibung von Thidreks Zelt vor König Isungs Sitz (Mb 200, Bertelsen II,1):

Auch auf das Prachtzelt, das die Gesandten als Geschenk bringen, kann man eine Beziehung in der Ths. finden. Von ihm sagt Rahewin: papilionem unum quantitate maximum, qualitate bonissimum perspeximus, und in der Ths. heißt es: 'Ich sah ein Zelt, … und dieses Zelt ist auf andere Weise bereitet, als ich je zuvor gesehen' und nach der Beschreibung: 'Ich glaube, dass kein Mann ein prächtigeres Zelt wird gesehen haben', ähnlich den Worten bei Rahewin: nec materia nec opere putem superatum iri.

Des Weiteren betont Droege anhand von Rahewins Gesta III 28 den erstmals durch kaiserliche Bestimmungen von 1158 definierten Unterschied zwischen Streitross und Zelter, dessen hippologischer Niederschlag als turnreid oc gængara in Heimirs Vorstellung als Pferdezüchter und Dressurreiter vorgefunden werden kann (Mb 18, Bertelsen I,39). Weiter anzumerken ist jedoch auch die literarhistorisch bekannte Hervorhebung jenes Zelters der Enite in Hartmann von Aues Erec-Roman (um 1180/90).

Droege vergleicht die Beschreibung Sigurds bzw. Siegfrieds mit Rahewins Schilderung von Barbarossas Aussehen und Charakter:

So entspricht die eingehende Schilderung Siegfrieds Th. c. 185 der nicht minder ausführlichen des Kaisers bei Rahewin Gesta IV 86. Siegfrieds Leib ist ganz ebenmäßig, bei Friedrich ist die forma corporis decenter exacter, Siegfried hat braunes schönes Haar, das in großen Locken herabfällt, Friedrich flava caesaries paululum a vertice frontis crispata, Siegfrieds Nase ist hoch, bei Friedrich nasus venustus, Siegfrieds Augen sind scharf, Friedrich hat acuti et perspicares orbes oculorum, der Bart Siegfrieds ist dick und braun, Friedrichs barba subrufa, die Schultern stark, bei Friedrich umeri paulisper prominentes … 'Wohl verstand Siegfried den Bogen zu spannen und Hengste zu reiten' und Friedrich: ipsemet arcum tendit … in equis nulli secundus. Von Siegfried wird, für den starken Helden der Tat auffällig, erzählt: 'er war kühn im Reden und hielt gern Rat mit seinen Freunden, er war gewandt und ausführlich im Reden'; von Friedrich heißt es: consilio validissimus, in patria lingua admodum facundus, wie wir ja bei ihm und anderen Staatsmännern die mirabilis eloquentia erwarten. 'Das war Siegfrieds Lust, seinen Freunden Hilfe und Beistand zu leisten', und von Friedrich wird gerühmt: erga familiares in proferendo alloquio non minax nec in admittendo consilio spernax. Siegfried war bereit, Gut und Kleinode seinen Freunden zu schenken, Friedrich: elemosinas … ispe manu sua distribuit usw. Auffallend ist wieder der Schluss, dass 'Siegfrieds Name in allen Zungen geht von Norden bis an Griechenlands Meer', das weist vielmehr auf einen Herrscher hin, der wie Friedrich mit Griechen zu kämpfen hatte, wie auch von Friedrich am Schluss berichtet wird: Imperatorem Constantinopolitanum cum sese sicut antecessores sui Romanorum appellaret imperatorem, inflexit, ut se non Romae, sed Neoromae vocet imperatorem.

Als Indiz für einen fränkischen Ursprung und die niederdeutsche Quellenpriorität für die Thidrekssaga erkennt Droege die Angleichung von Sigurds Geburt wie auch dem Schicksal seiner Mutter aus der Legende über Genoveva von Brabant.

Chronicon Montis Sereni
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Über das Ende der historischen wie insbesondere heldenepisch vereinnahmten Gestalt des Greutungenkönigs Ermanarich, von mittelhochdeutscher Dichtung und der ihr folgenden Forschung auch als Odoaker uminterpretiert, liegen widersprüchliche Darstellungen vor. Als Widersacher von Dietrich bzw. Thidrek in der Thidrekssaga, jedoch nicht nach den Heldenliedern der Älteren Edda (vgl. Guðrúnarhvǫt und Hamðismál) und der Vǫlsunga saga, soll Erminrik nach einem misslungenen operativen Eingriff gestorben sein. Nach der Darstellung von Mb 401 (Bertelsen II,340–341) wurde ihm der Leib aufgeschnitten, um die Verfettung der Eingeweide zu heben. Walther Kienast und Karl Droege erkennen in dieser Beschreibung die unmittelbare Parallele nach einem Passus in der niederdeutschen Chronicon Montis Sereni.[112] Diese Chronik von Kloster Lauterberg, später Petersberg, beschreibt die Todesfolge von Dedos III., der zuletzt über die Lausitzer Ostmark (marchio Orientalis) verfügte, in diesen Worten:

Dedonem Orientalem marchionem secum voluit proficisci. Qui itineris illius asperitatem et aeris qualitatem corpori suo, quia crassus erat, contrariani sciens, pro tollenda intestinorum arvina medico adhibito, ventris incisione mortuus est.[113]

Der Passus in der Thidrekssaga nach der ältesten Handschrift lautet nach Bertelsen II,340–341:

Ec kann segia þer mikil tidindi af þinom faðorbrœðr ermenrik konungi. hann hefir nu nockora rið siukr vœrit af þui at hans kuiðr var slitnaðr oc ofan hafa sigit hans þarmar oc istra oc her hefir Sifka lagt til rad at skera skylldi til oc draga sua ut istru og seiger ath þa munde wera betur. Ok suo war gert og er nv halfu werr enn ædur. ok nv vitum wier æigi hvort kongur lifer edur aeigi.

Diese Rezeption lässt sich vor allem mit dem zeit- und ortsgeschichtlichen Zusammenhang erhärten, dass Dedos' Gemahlin die Schwester des Philipp von Heinsberg war,[114] der als Erzbischof von Köln zumeist in Soest weilte.[115] Aufgrund der Positionierung von diesem Passus in den Handschriften, den der Vorlagengeber offenbar bewusst zur Identifizierung einer raumzeitlichen Urheberschaft hinterlegt hat, geht Droege auch von dieser niederdeutschen Nebenquelle aus, der zum größten Teil die Historisierung des Stoffes zu verdanken ist.[116]

Mit Erminriks Tod durch Fettleibigkeit könnte der Verfasser dieser Episode jedoch auf den von Johannes von Antiochia überlieferten Ausspruch von Theoderich d. Gr. angespielt haben. Er soll nach eigenhändiger Erschlagung seines Erzfeindes Odoaker spöttisch ausgerufen haben, dass „nicht ein Knochen in diesem Schuft gewesen war“.[117]

Thetleifs Gastmahl
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Die Lauterberger Klosterchronik enthält einen auf das Jahr 1205 datierten Eintrag, der eine Rezeption für Thetleifs verschwenderisches Gastmahl (siehe Mb 125 bzw. Bertelsen I,239–242) wahrscheinlich macht. Im Fall der Lauterberger Aufzeichnung soll sich um das Amt des Propstes ein Tidericus beworben haben, dessen ausnehmende Charaktereigenschaft der Klosterschreiber unter anderen persönlichen Merkmalen wie folgt angibt:

Er gab für seinesgleichen zu unpassender Zeit Festessen und Gelage und trieb mit ihnen Scherz und Kurzweil – alles Dinge, durch die man so häufig Dummköpfe für sich einnimmt.[118]
Velents Anschlag auf König Nidungs Tafel
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Die altnordischen Handschriften berichten in Mb 72 (Bertelsen I,112–116) über den Versuch Velents, sich für die Verbannung aus Nidungs Reich durch einen traumatisierenden Giftanschlag auf die königliche Tafel, an dieser auf dessen Tochter, zu rächen. Der Lauterberger Chronist bietet dazu eine Parallele aus dem Jahr 1223, wonach dem Abt in vertrauter Gästerunde zwar ebenfalls ein sorgfältig zubereitetes und hier mit einem tödlichen Gift versetztes Essen vorgesetzt wurde, jedoch auch bei diesem Gastmahl dieser Speisezusatz dem Abt noch rechtzeitig offenbart wurde.[119]

Chronica regia Coloniensis
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Der gescheiterte Versuch Velents, sich an König Nidungs Tafel durch einen Giftanschlag auf dessen Tochter zu rächen, basiert auf der vorausgegangenen Erzählung über den königlichen Siegerstein. Nach der Darstellung in Mb 70–71 (Bertelsen I,106–112) hatte Velent dem König diesen Stein für dessen Feldzug zwar noch rechtzeitig nachgeliefert, war jedoch über diesen Sieg bringenden Talisman einer Intrige von Nidungs Truchsess zum Opfer gefallen. Bereits Jakob Grimm (Deutsche Mythologie, 1835, S. 631) wies darauf hin, dass außerdem ein derartiger „sigursteininn“ über die Tochter von dessen Besitzer Sigurdr grikr schließlich in die Hände von Thetleif gelangte (Mb 120, Bertelsen I,231).

Abgesehen vom Liber lapidum, eine Abhandlung über die verborgenen Kräfte edler Steine des Bischofs Marbod von Rennes († 1123) und der Alberti Magni Opera omnia (spätestens 1280), macht die Kölner Königschronik den Schreibern dieser Erzählungen mit jenem lapis victoriae ein inspiratives Angebot aus dem Jahr 1174, der als Grabbeigabe aus der angeblichen, jedoch fabulösen letzten Andernacher Ruhestätte von Kaiser Valentinian gehoben wurde.[120]

Die staufische Geschichtsschreibung nach Rahewins Tod bezieht sich insoweit auf diese von Heinz Ritter-Schaumburg verortete Stelle im Moselmündungsbereich, als sich hier – wie er übrigens selbst mit einem Zitat anführt – Philipp von Schwaben gegen den Welfen Otto IV. eine entscheidende Schlacht im Jahr 1198 lieferten.[121] Insoweit bleibt dahingestellt, ob der Vorlagengeber für die altwestnordischen Texte ein Rezeptionsangebot aus der Kölner Königschronik (Chronica regia Coloniensis) bzw. den Annales Colonienses maximi umsetzte[122] oder aus diesem strategisch wichtigen Bereich von einem möglicherweise historischen Ereignis über fränkisch-thüringisch-sächsische Auseinandersetzungen des 6. Jahrhunderts wusste.

Wie August Raßmann darauf hingewiesen hat,[123] datiert der Schreiber der Kölner Königschronik auf das Vorjahr 1197, als diese beiden Herrscher bereits um die Krone stritten, eine Erscheinung des Theoderich aus Verona (Kodex B) bzw. von Bern (Kodex A), der auf seinem schwarzen Pferd die Mosel überquerte und dem Reich schwere Zeiten prophezeite.[124]

Waldemar Haupt widerspricht auch anhand dieser Darstellung der grundsätzlichen Lokalisierung im italienischen Reich von Theoderich dem Großen.[125] Haupt verweist dazu auf die kontextuelle Unterscheidung in der Thidrekssaga zwischen dem Ravennater Sitz und dem Schlachtschauplatz, den er als synonymische Anleihe aus der Auseinandersetzung zwischen dem Salier Heinrich IV. und dem Gegenkönig Rudolf von Rheinfelden erkannt haben will.[126] Zu deren Schlacht bei Hohenmölsen nennt er das damalige Sumpfgebiet der Wüstung Grunau, die als Gruonouuva in einer Ottonischen Schenkung des 10. Jahrhunderts auftaucht und nachfolgend u. a. als Granove, Grana überliefert wurde.

Klassifizierung der Thidrekssaga

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Traditionen, die als Vorstufen der Epen Ortnit, Wolfdietrich, Eckenlied, Virginal, Rosengarten erscheinen, zählen zum Quellenmaterial der Thidrekssaga. Jedoch anders als die meisten Heldendichtungen liefert die Thidrekssaga historiografische Darstellungen über jene Topoi, die in Dietrichs Flucht, Rabenschlacht, Alpharts Tod, Hildebrandsliedern und anderen mittelhochdeutschen Epen wiederzufinden sind. Nach Roswitha Wisniewski ist demzufolge die Thidrekssaga jedoch auch bemüht, die für Chroniken typische sachliche und ursächliche Verknüpfung der Einzelereignisse und Einzelgeschehnisse mit oft wechselnden Hauptpersonen vorzunehmen, wenn auch die Thidrek-Handlung einen durchgehenden, immer wieder aufgenommenen Erzählzusammenhang darstellt. Einerseits, so Wisniewski, ist die Thidrekssaga eher als Mischung aus Chronik und Vita zu betrachten denn als Roman mit Haupt- und Nebenhandlungen, andererseits läßt sie auch deutlich jenen ganz anderen Biographie-Typus erkennen, der in vielen Heldensagen begegnet. Das Leben des Helden wird hier durch bestimmte Versatzstücke, wie außergewöhnliche Geburt, Verstoßen des Kindes, Erwerb von Waffen, Zauberhilfen und Helfern, durch Drachen- und Riesenkämpfe und gewaltsamen Tod typisiert.[127]

Reihenkampfmotiv aus dem Hundeshagener Kodex, Ms. germ. fol. 855, Blatt 10r

Die Vorlagen und Genese der Thidrekssaga gehen nach allgemeiner Ansicht auf niederdeutsche Quellen, entweder altniederdeutsche Lieder und/oder bereits schriftliche Überlieferungen zurück, die durch die hansischen Handelsbeziehungen zwischen dem norwegischen Bergen und Deutschland im Mittelalter nach Skandinavien gelangen konnten. Für die Transmission mittelhochdeutscher Dietrichdichtung in die altnorwegische Verschriftlichung muss allerdings von unklaren Vorstufen- und Vorlagenverhältnissen ausgegangen werden.[128] Zu dem erzählungsstrukturell dominierenden Heldenkreis von Thidrek nennen lediglich die im 10. Jahrhundert begonnenen Quedlinburger Annalen zum Jahr 531 einen sächsisch-thüringischen Zug des fränkischen Theoderich (Theuderich I.) mit seinen „zwölf edelsten Vertrauensleuten“. Dieses figürliche Herrschercharakteristikum ist in manifestiertem Erzählungskontext jedoch weder in italienischer Theoderich-Chronistik noch mittelhochdeutscher Dietrichepik zu finden. Der Rosengarten (Fassung A) erdichtet zwar für deren Reihenkämpfe eine gleiche Gegnerzahl aus vier Riesen, vier Königen und vier Helden auf burgundischer Seite, jedoch lässt sich zu solchem Überlieferungsgenre kein Vorlagenzusammenhang für die erheblich älteren Annalen aufzeigen.

Schriftliche, im niederdeutschen Raum vermutete Quellen der Thidrekssaga sind nicht erhalten. Deswegen wurde für die Thidrekssaga auch ein Quellenwert für die mündliche Sagenüberlieferung auf deutschem Boden im 12./13. Jahrhundert erwogen, etwa in Form des Heldenzeitliedes. Für die germanistische Forschung handelt es sich um ein eigenwilliges Zeugnis, das deutlich von der oberdeutschen mittelhochdeutschen Dietrichepik und dem Nibelungenlied abweicht. Auch die skandinavische Forschung versuchte, sie entweder als Riddarasaga (Rittersage) oder als Fornaldarsaga (Vorzeitsage) zu klassifizieren, obwohl sie keiner der beiden klassischen Genredefinitionen entspricht.

Seit langem ist in der Forschung auch strittig, ob es sich um eine Übersetzung oder um eine Kompilation handelt. Die Übersetzungsthese wird vor allem von deutschen, die Kompilationsthese vor allem von skandinavischen Forschern vertreten. Die Vertreter der Übersetzungshypothese gehen vom Vorhandensein einer vermissten niederdeutschen Gesamtvorlage aus, die in Norwegen nur übersetzt wurde. Bekannte Vertreter dieser Übersetzungsthese sind R. C. Boer[129], Dietrich (von) Kralik[130], Karl Droege[131], Heinrich Hempel[132], Roswitha Wisniewski (s. o.), Heinrich Matthias Heinrichs[133], William J. Pfaff (s. o.), Helmut Voigt (s. o.), Theodore M. Andersson[134], Hermann Reichert (s. o.), und Heinz Ritter-Schaumburg. Die Anhänger der Kompilationsthese halten über Hanseaten nach Norwegen gelangte mündliche oder teilweise auch schriftliche Quellen für die Grundlage, die erst in Norwegen selbst zum Gesamtwerk der Thidrekssaga geformt wurden. Dazwischen gibt es vermittelnde Positionen, die vermuten, ein großer Teil der Quellen seien verlorene schriftliche niederdeutsche Texte gewesen; die Endkompilation sei jedoch in Norwegen erfolgt.

Wie nicht nur Helmut Voigt (s. o.) zum Schuhprobenritual in den Wilzenberichten, sondern auch Karl Droege (s. o.) beispielhaft anhand von staufischen Quellen mit textsynoptischen Untersuchungen des gesamten Inhalts der Thidrekssaga aufgezeigt hat, lässt sich deren Erstverschriftlichung bzw. „Komposition“ vor dem Hintergrund eigener literarischer Ressourcen Altnorwegens eher weniger in dessen Zentrum Bergen als vielmehr mit einer mittelniederdeutschen Großvorlage wahrscheinlich machen. Umgekehrt haben die Befürworter einer von Bergenser Autorenschaft weitgehend selbstständig abgefassten Zusammenstellung aus einzelnen wie dort längst vorliegenden Traditionen nicht den Nachweis erbracht, dass die z. B. von Karl Droege, Helmut Voigt, Roswitha Wisniewski und anderen Autoren aufgezeigten Detailkenntnisse aus mittelnieder- und mittelhochdeutschem Schrifttum bereits dem eigenen altnordischen Kenntnisstand entsprechen konnten.[135] Die Folgerung auf ein verschollenes niederdeutsches Großwerk lässt sich somit bereits anhand der ersten Kapitel der Thidrekssaga, der Samson-Erzählung über Thidreks Herkunft mit der darin erzählerisch eingebetteten Königsgestalt Brunstein nachdrücklich erhärten, dessen Namengebung nach Jiriczek und Droege (siehe oben) nur aus einer Soester Gegenwartsrezeption eines scheinbar vorsätzlich hinterlegenden westfälischen Urhebers stammen kann. Auf ein und denselben Vorlagengeber weisen außerdem die letzten Überlieferungsteile sowohl von Mb als auch den AB-Handschriften hin: Ab Thidreks Aufenthalt bei Herzog Lodvijgur (Hlodver, Mb 403) werden die einst zum Besitz von Herzog Ake gerechneten und in gleichen Kapiteln auch uneinheitlich verwendeten Geonyme/Ethnonyme in den Varianten *Aumlunga-, Orlunga-/*Ørlunga- aufgegeben (vgl. oben Erzählsequenz: Untergang und Tod). Nachfolgend wird stattdessen nur noch die zuvor gelegentlich gesetzte Schreibweise *Omlunga- oder *Ømlunga- überliefert.

Die Erforschung der Struktur der Thidrekssaga zeigt, dass die Thidrekssaga im Gegensatz zu älteren Annahmen keine Kompilation im Sinne von einem kunstlosen ‚Sammelsurium‘ darstellt, sondern einen Strukturplan aufweist, der anderen Groß-Kompilationen aus der gleichen Zeit in Norwegen ähnelt, z. B. der Karlamagnús Saga. Der Anteil der sogenannten hansischen Literaturbeziehungen, konkret der hansischen deutschen Kaufleute in Bergen, wird heute weniger hoch eingeschätzt, da ein Kontor der Hanse erst 100 Jahre nach der vermutlichen Entstehung der Thidrekssaga um 1350 gegründet wurde. Auch die in Bergen gefundenen sich auf die Hanse beziehenden Texte beziehen sich eher auf den Rechtsbereich oder das alltägliche Leben, weniger auf Literatur. Die Initiierung und Verschriftlichung der Thidrekssaga entspricht den literarkulturellen Zielsetzungen von Håkon IV. Die Rezeption von kontinentaler höfischer Literatur um Thidrek/Dietrich/Theoderich, Karl und den sagenhaften Artus wird insoweit als Bestandteil von Håkons umfassendem Kulturprogramm gesehen, das auf eine innenpolitische Konsolidierung wie auch Norwegens Annäherung an die europäische Bibliografie und Philologie ausgerichtet war.

Thidrekssaga als historische Quelle

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Einer breiteren deutschen Öffentlichkeit ist die Thidrekssaga seit einigen Jahrzehnten ein Begriff geworden, weil der Literaturwissenschaftler und Publizist Heinz Ritter-Schaumburg sie zu Hauptzeugen für eine sagenhistorische Neuinterpretation des Nibelungenstoffs erhob. In einigen medienwirksamen Veröffentlichungen vertrat er die These, dass die Thidrekssaga nicht als später Ausläufer der ursprünglich südgermanischen Dietrichsepik, sondern als Bericht von historischen Ereignissen im rheinfränkischen und norddeutschen Raum des 5./6. Jahrhunderts n. Chr. zu gelten habe. Eine wichtige Grundlage für diese Neuinterpretation war eine andere Auslegung der Ortsnamen sowie die Annahme, dass nicht die altnorwegische Thidrek-Saga in der Membrane-Fassung, sondern der kürzere schwedische Sv-Text näher an den nicht erhaltenen Urtexten dieser Saga sei. Dies ließe sich unter anderem daran erkennen, dass die Personennamen in Sv in der niederdeutschen Fassung erhalten seien, in den altwestnordischen Überlieferungen dagegen übersetzt wurden; siehe auch Quellenlage. Daher habe die Thidrekssaga als historische Quelle für die germanische Frühgeschichte des Rhein-Weser-Raums einen hohen Wert.

Diese Auffassung über eine ursprüngliche Sagengenese in rheinfränkischen und niederdeutschen Bereichen aus dortigen historischen Zusammenhängen hat auch die ältere deutsche Forschung bereits vorformuliert (vgl. Abschnitt Dietrichs Bern als das rheinfränkische Verona). Zwar hat Ritter-Schaumburg unter Auslassung bereits dazu bestehender Veröffentlichungen vor allem Franz Josef Mones heimatliche Lokalisierung der Nibelungen an der Neffel und die ebenso frühe Identifizierung von Soest als deren finales Marschroutenziel unreferenziert übernommen,[136] jedoch mit eingehenden Textuntersuchungen weiter ausgebreitet. Die Folgerichtigkeit dieser überwiegend geografisch-topografischen Angaben steht demnach in einem signifikanten Gegensatz zu den genretypischen Raumvorstellungen von Heldendichtung wie das Nibelungenlied und die mittelhochdeutsche Dietrichepik. Entsprechend diesem allgemeinen literarcharakteristischen Zusammenhang (vgl. dazu Andreas Heusler und andere) hat Ritter-Schaumburg jedoch nicht nur auf eine vermisste Chronik als Hauptvorlage der altschwedischen Textzeugnisse und heldenepisch anreichernden altnordischen/altisländischen Handschriften geschlossen, sondern in diesen auch eine kerninhaltlich weitgehend authentische Geschichtsvermittlung erkannt. Die grundsätzliche Zulässigkeit des zumindest gattungsliterarischen Typus als die vorherrschende chronistische Quelle der Thidrekssaga hat Roswitha Wisniewski mit Hinweis auf die Untersuchungen von Karl Droege[137] bestätigt:

Für die Gestaltungsweise der Thidrekssaga sind Eigenheiten kennzeichnend, die aus Chroniken, Historien und Gesten bekannt sind (…) Die Bezeichnung »Dietrichschronik« für die schwedische Fassung dürfte nicht von ungefähr kommen. Im Gegensatz zu Heldenliedern und Heldenepen, die Sagen personalisieren und entpolitisieren, ist für Chroniken und verwandte Formen gerade die Politisierung typisch.[138]

Nach Wisniewski und Droege ist für Ritter-Schaumburgs Auffassung die Historizitätsfrage der Thidrekssaga, wodurch sagenonomastische und geonymische Identifikationen als indizierbare Gradmesser für eine historisch oder historiografisch belastbare Geschichtsschreibung letztendlich ohnehin einer Nachbewertung unterliegen, mit der Verträglichkeit mit Quellen über kreditierte und somit nicht poetologische Geschichtsdarstellung über das frühmerowingisch-ostfränkische und angrenzende nordosteuropäische 5. und 6. Jahrhundert verbunden.

Im Gegensatz zu Wisniewskis Rezensenten William J. Pfaff (s. o.) und Hilkert Weddige (in Kurzform, s. o.), die eine chronistische Quellenveranlagung der Thidrekssaga zur Kenntnis genommen und keineswegs negiert haben, verlegt sich Heinrich Beck in der Historizitätsdiskussion spekulativ auf einige von der Nibelungendichtung ausgehende Namen- und Routenidentifikationen (vgl. Heinrich Hempel, Karl Weller) sowie auch von mittelhochdeutscher Heldenepik konstruierte ostgotische Sagentradition, welche der Sagaverfasser im Interesse aktueller Stoffaneignung zu einer Botschaft subtilerer Art umgeschrieben haben soll.[139]

Geografische Rückschlüsse auf originäre Raumvorstellungen

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Die Problematik für Identifizierungen originärer Ortsnamen kann beispielhaft anhand einer Bezeugungsformulierung über ein „wahrhaftiges Ereignis“ an der Schlacht von Gransport (Gronsport) dargestellt werden. Bei dieser Schlacht an der Mosel (in der mittelhochdeutschen Dietrichepik die Rabenschlacht) fallen Attilas Söhne und Thidreks Bruder (erzählungschronologisch eher dessen Sohn) durch Vidgas Schwert Mimung. Raben ist der alte deutsche Name für Ravenna, wo Theoderich begraben liegt und die in Italien gedeutete Saga diese Ravennaschlacht ansiedelt. Nach dem historischen Ereignis belagerte Theoderich der Große im Bereich einer sumpfigen Lagune seinen Königssitz Ravenna, wohin sich Odoaker zurückgezogen hatte. Im Juli 491 scheiterte jedoch sein Ausbruchsversuch, den Theoderich zwar erfolgreich zurückschlagen, jedoch nicht die Stadt erobern konnte. Das in der Saga genannte, allerdings nicht mit der Belagerung von Thidreks einzigem Königssitz Verona (Bern) verbundene Gransport soll der grandis portus, der große Hafen von Ravenna sein. Tatsächlich gab es in dieser Zeit zwei Ravennater Häfen, den Handelshafen an der heutigen Basilika S. Maria (Porto Fuori) und den Kriegshafen an der Kirche S. Apollinare in Classe.[140] Nach der Moselkartografie verfolgt Thidrek Vidga jedoch „bis dorthin, wo die Mosel am Rauenthal[141] fließt“ und schießt ihm seinen Speer nach, bevor Vidga in den Fluten versinkt. Der Speer bleibt stecken, „und jeder, der dorthin kommt, kann ihn heute noch sehen“.

Zur Lokalisierung des Niflungensitzes in der Voreifel bestreitet Heinrich Beck die Übertragbarkeit der Schreibweisen Vernica, Verniza auf den Ort Virnich bei Zülpich, vgl. dazu auch die altisländischen Formen Vermintzu (z. B. Hs. A) und Wermintza (z. B. Hs. B) mit der unweit gelegenen Burg und Siedlung Virmenich bzw. Firmenich.[142] Allerdings hält der Altsprachler und Historiker Ernst F. Jung die auf den Zülpicher Vorort weisenden Originalformen nach der ältesten Handschrift für grundsätzlich zulässig.[143] Des Weiteren haben auch die Sprachwissenschaftler William J. Pfaff und Hans den Besten gegen die von Roswitha Wisniewski aufgezeigte Vereinbarkeit der altnordischen Schreibweisen mit Virnich keine Einwände erhoben.[144][145]

Einige Autoren sind der Meinung, ein großer Teil der Thidrekssaga (oder ihrer niederdeutschen Vorlagen) übertrage mechanisch südliche Sagenstoffe in nördlichere Gebiete Deutschlands oder auch Dänemark. Dabei bliebe die Umgebung unverändert. Die Historizitätsproblematik wiederum an der Gransport-Schlacht verdeutlichend sehen sie in „dorthin“ den Ort, an dem die Mosel ins Meer fließt. Sie mündet allerdings in den Rhein. Die (bairische) Rabenschlacht wäre hier offenbar primär; die Lokalisierung der Thidrekssaga sekundär. Daher, so diese Forscher, könnte die Thidrekssaga auch Donau und Rhein („rin und duna“) zusammenfließen lassen, wenn man die Nibelungensage nach Westfalen versetzte (wofür als ein Beweis jener Markgraf Rodingeir, mittelhochdeutsch Rüdiger von Bechelaren, zählen soll, der bei Pöchlarn schon ca. 40 Jahre vor dem Nibelungenlied, bei Metellus von Tegernsee, als Sagenfigur bezeugt ist). Allerdings gibt es hier keinen Widerspruch, wenn „duna“ als Dhünn interpretiert wird.[146] Die altschwedische Fassung der Thidrekssaga, die durchweg sachlicher und logischer berichtet und von Heinz Ritter-Schaumburg als die ursprünglichste Version der Saga angesehen wird, kennt diese Widersprüche nicht. Im Vergleich zu dem Beispiel Rabenschlacht bzw. Gransport jagt Wideke (Vidga) hier lediglich „am Fluß der Moselstrom heißt“ entlang, „sprengte in die Flut und sank gleich unter Wasser“.

Ritter vermutet die ihm zufolge historische Schlacht von Gransport an der Moselmündung, welche jedoch auch die altwestnordischen Handschriften zumindest als Verortungsalternative anbieten. Gerade die Herstellung stimmiger Versionen wird aber in der Forschung allgemein als Charakteristikum sekundärer Bearbeitungen angesehen. So nimmt man an, dass der Schreiber der altschwedischen Fassung den „Fehler vom Meer“ an der Moselmündung ausgebessert hat. Allerdings argumentiert Ritter genau andersherum, dass die altwestnordischen Versionen zum Teil Zusätze enthalten, die beim Gedanken an Theoderich den Großen entstanden wären. Demnach wäre die Mündung der Mosel ins Meer eine sekundäre Zufügung in die älteren Handschriften, die im Gedanken an die Küstenstadt Ravenna entstand. Primär war Ritter zufolge im rheinischen Einflussgebiet ein See, der einst im Bereich der Moselmündung gelegen habe, bis das Binger Loch gesprengt wurde.

Die Verortung der Schlacht an der Moselmündung hat insoweit erhebliche Rückwirkungen auch auf andere erzählungsgeografische Grundverhältnisse. Darunter fällt schließlich auch die für eine hochmittelalterliche Leserschaft zumutbare Lokalisierung von Verona als Thidreks Bern, der als ostgotischer Theoderich die Alpen überquert haben müsste, um an einem mittelrheinischen Schlachtort sein Reich zurückzuerobern.

Keine der Übersetzungen spiegelt die komplizierte Anordnung des Originaltextes mit seinen Widersprüchen und Doppelungen. Die Übersetzer versuchen leider, einen in unserem Sinn „einheitlichen Text“ herzustellen, der die Thidrekssaga ja nicht ist und nicht sein will. Die Übersetzung von Fine Erichsen wird fachwissenschaftlich bevorzugt.

  • Die Geschichte Thidreks von Bern. (Sammlung Thule Bd. 22). Übertragen von Fine Erichsen. Diederichs, Jena 1924.
  • Die Thidrekssaga oder Dietrich von Bern und die Niflungen. Übers. durch Friedrich Heinrich von der Hagen, Ausgabe von 1855 (siehe oben). Mit neuen geographischen Anm. vers. von Heinz Ritter-Schaumburg. 2 Bände. Der Leuchter, Reichl, St. Goar 1989.
  • Gunnar Olof Hyltén-Cavallius (Hrsg.): Sagan om Didrik af Bern. Stockholm 1850. Textausgabe der altschwedischen Handschriften.
  • Die Didriks-Chronik oder die Svava: das Leben König Didriks von Bern und die Niflungen. Erstmals vollst. aus der altschwed. Hs. der Thidrekssaga übers. und mit geographischen Anm. versehen von Heinz Ritter-Schaumburg. Der Leuchter, St. Goar 1989, ISBN 3-87667-102-7.
  • The Saga of Thidrek of Bern. Translated by Edward R. Haymes. Garland, New York 1988, ISBN 0-8240-8489-6.
  • Saga de Théodoric de Vérone (Þiðrikssaga af Bern) – Légendes heroiques d’Outre-Rhin. Introduction, traduction du norrois et notes par Claude Lecouteux. Honoré Champion, Paris 2001, ISBN 2-7453-0373-2.
  • Saga de Teodorico de Verona. Anónimo del siglo XIII. Introducción, notas y traducción del nórdico antiguo de Mariano González Campo. Prólogo de Luis Alberto de Cuenca. La Esfera de los Libros, Madrid 2010, ISBN 978-84-932103-6-6.
  • Ian Cumpstey: The Saga of Didrik of Bern. Northern Displayers, Skadi Press 2017. (Übersetzung der altschwedischen Überlieferung mit einer Übersetzung von Zwergkönig Laurin aus dem Dänischen nach Carl Joakim Brandt: Romantisle Digtningfra Middelalderen II. Copenhagen 1870.)

Sekundärliteratur

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  • Thidreks saga. In: Rudolf Simek, Hermann Pálsson: Lexikon der altnordischen Literatur (= Kröners Taschenausgabe. Band 490). Kröner, Stuttgart 1987, ISBN 3-520-49001-3, S. 346 f.
  • Rolf Badenhausen (Hrsg.), Karl Weinand: Bonn-Bern-Verona. Theoderich der Große und Dietrich von Bern in Sage und Geschichte. Reihe: Forschungen zur Thidrekssaga. Untersuchungen zur Völkerwanderungszeit im nördlichen Mitteleuropa (Hrsg. Dietrich-von-Bern-Forum). Band 10, Bonn 2024 (Inhalt, Vorwort, Einleitung).
  • Heinrich Beck: Zur Thidrekssaga-Diskussion. In: Zeitschrift für deutsche Philologie. 112, 1993, S. 441–448.
  • Hans-Jürgen Hube: Thidreks-Saga. Marix, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-86539-158-2.
  • Susanne Kramarz-Bein (Hrsg.): Hansische Literaturbeziehungen. Das Beispiel der Þhiðreks saga und verwandter Literatur. (= Reallexikon der Germanischen Altertumskunde – Ergänzungsbände 14). Walter de Gruyter, Berlin/New York 2012, ISBN 978-3-11-081488-0. (kostenpflichtig bei de Gruyter Online)
  • Susanne Kramarz-Bein: Die Þiðreks saga im Kontext der altnorwegischen Literatur. (Beiträge zur Nordischen Philologie 33). Francke, Tübingen/ Basel 2002, ISBN 3-7720-3096-3.
  • Susanne Kramarz-Bein: Þiðreks saga und Karlamagnús saga. In: Hansische Literaturbeziehungen: Das Beispiel der Þhiðreks saga und verwandter Literatur. De Gruyter, Berlin / New York 1996, S. 200–203.
  • Gerhart Lohse: Die Beziehungen zwischen der Thidrekssaga und den Handschriften des Nibelungenliedes. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache u. Literatur. 81, 1959, S. 295–347.
  • E. E. Metzner: Dietrich von Bern in Skandinavien. In: Lexikon des Mittelalters. Bd. 3 (1986), Sp. 1020–1021.
  • Hanswilhelm Haefs: Thidrekssaga und Nibelungenlied. Vergleichende Studien. Reihe: Forschungen zur Thidrekssaga. Untersuchungen zur Völkerwanderungszeit im nördlichen Mitteleuropa (Hrsg. Dietrich-von-Bern-Forum). Band 2, Bonn 2004 (Inhalt, Vorwort, Einleitung).
  • Hermann Reichert: Heldensage und Rekonstruktion. Untersuchungen zur Thidrekssaga. Wien 1992, ISBN 3-900538-34-4.
  • Hermann Reichert: Die Nibelungensage im mittelalterlichen Skandinavien. In: Joachim Heinzle, Klaus Klein, Ute Obhof (Hrsg.): Die Nibelungen. Sage – Epos – Mythos. Wiesbaden 2003, ISBN 3-89500-347-6.
  • H. Ritter-Schaumburg: Die Nibelungen zogen nordwärts. Reichl, 2003.
  • H. Rosenfeld: Dietrich von Bern. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Bd. V, Berlin / New York 1984, S. 425–430.
  • H. Rosenfeld: Dietrichdichtung. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Bd. V, Berlin / New York 1984, S. 430–442. (ein separater Artikel Thidreks saga ist im Druck).
  • Hermann Schneider: Germanische Heldensage. Band I (I. Buch), Berlin / New York 1928–1934 und 1962 (zu Dietrich/Thidrek bes. S. 214–331).

Literarische Bearbeitungen

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Commons: Thidrekssaga – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Agnellus von Ravenna: Liber pontificalis ecclesiae Ravennatis, 94. In: MGH SS rer. Lang. 1
  2. Heinz Ritter-Schaumburg: Die Nibelungen zogen nordwärts. Taschenbuchausgabe mit Register, 4. unveränderte Auflage. Reichl, St. Goar 2002, ISBN 3-87667-129-9.
  3. Derselbe: Dietrich von Bern – König zu Bonn. Herbig, München 1982, ISBN 3-7766-1227-4.
  4. Kritiken: Henry Kratz (1983): ‘Die Nibelungen zogen nordwärts‘ by Heinz Ritter-Schaumburg. The German Quarterly. 56 (4): S. 636–638.; Gernot Müller (1983): Allerneueste Nibelungische Ketzereien: Zu Heinz Ritter-Schaumburgs ‚Die Nibelungen zogen nordwärts, München 1981‘. Studia neophilologica. 57 (1): S. 105–116.; Werner Hoffmann (1993): Siegfried 1993. Bemerkungen und Überlegungen zur Forschungsliteratur zu Siegfried im Nibelungenlied aus den Jahren 1978 bis 1992. Mediaevistik. 6: S. 121–151. JSTOR 42583993. S. 125–128.
  5. Walter Böckmann: Der Nibelungen Tod in Soest. Econ, München 1991, ISBN 3-430-11378-4.
  6. Ein Digitalisat ist zugänglich unter https://digitalesamlinger.hum.ku.dk/Home/Samlingerne/36579
  7. Joachim Heinzle: Einführung in die mittelhochdeutsche Dietrichepik. Walter de Gruyter 1999, S. 38.
  8. Vgl. die Angaben in der Handschriftenausgabe von Henrik Bertelsen: Þidriks saga af Bern. Band I und II, Kopenhagen 1905–1911, Abschnitt Inledning I–VXII mit neuerer Bewertung. Nach der Zählung von Peter Andersen fehlen die Blätter aus diesen Lagen: 12–8, 22, 27, 73, 76, 111, 118, 132, 137, 171, 178, 181, 188, 192–7; siehe http://gottfried.unistra.fr/nibelungen/islandische-und-norrone-fassungen/thidrekssaga/, abgerufen am 8. Mai 2019.
  9. Derselbe II, XXXII (Inledning)
  10. Vgl. Susanne Kramarz-Bein: Die Þiðreks saga im Kontext der altnorwegischen Literatur. (Beiträge zur Nordischen Philologie 33). Francke, Tübingen/ Basel 2002. Seite 51.
  11. Kay Busch gibt hierzu ein von Jón Eggertson erstelltes Manuskript aus einer Vorüberlieferung der beiden altisländischen Handschriften AM 178, fol. und insbesondere AM 177, fol. in Verbindung mit der isländischen Handschrift Papp. fol. nr 100 an; siehe Grossmachtstatus und Sagainterpretation. Diss. Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 2002, S. 203–220, vgl. S. 207.
  12. Vgl. Henrik Bertelsen, II, 400f. (Register)
  13. Vgl. Gunnar Olof Hyltén-Cavallius' Transkription von 1850–1854 auf S. XLI ff. Siehe die [ https://books.google.de/books?id=QYAAAAAAcAAJ&hl=de&pg=PA307#v=onepage&q&f=false digitalisierte Ausgabe], abgerufen am 9. Mai 2019.
  14. Peter Andersen: Didrikskrönikan (zur Handschriftenlage und Editionsgeschichte). Gottfried-Portal, Universität Straßburg, 2014, abgerufen am 10. Januar 2023.
  15. Kay Busch: Grossmachtstatus und Sagainterpretation. Diss. Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg 2002. Siehe S. 203f. mit weiteren Hinweisen auf Hyltén-Cavallius' Handschriftenausgabe von 1850–1854, S. IXff., und Fornnorsk-isländsk litteratur i Sverige, S. 50f.
  16. Henrik Bertelsen (Hrsg.): Þiðriks saga af Bern, udgivet for Samfund til udgivelse af gammel nordisk litteratur. Band I und Band II
  17. Nach der ältesten Handschrift: j Suava þar er su borg er heiter Saegard þar ried fyrer hin rika og hin fagra og hin mikiláta Brynhilldur (vgl. Henrik Bertelsen: Þidriks saga af Bern. Band I und II, Kopenhagen 1905–1911, hier Bd. I, S. 38.)
  18. Siehe Bertelsen II,345,347,352–358,376.
  19. Vgl. Heinz Thomas: Studien zur Trierer Geschichtsschreibung des 11. Jahrhunderts, insbesondere zu den Gesta Treverorum. Rheinisches Archiv 68, Bonn 1968. Demnach soll Trier die mit dem Titel Roma secunda am meisten gewürdigte abendländische Stadt sein (S. 162) und dieser auf römischer Namengebung beruhen (S. 178).
  20. August Raßmann: Die deutsche Heldensage und ihre Heimat. Hannover 1858 (Bd. II). Siehe Vorwort S. XI.
  21. Ferdinand Holthausen: Studien zur Thidrekssaga (Diss.). Nachdruck: PBB, Bd. 9, Heft 3. Siehe S. 490–491.
  22. William J. Pfaff: The Geographical and Ethnic Names in the Þíðriks Saga. Mouton & Co, ’S-Gravenhage 1959. Siehe S. 57, 122, 205.
  23. Roswitha Wisniewski: Die Darstellung des Niflungenunterganges in der Thidrekssaga. Eine quellenkritische Untersuchung. (Habilitation) Tübingen 1961. Siehe S. 263ff.
  24. Norbert Höing: Klosterschreiber Ludovicus von Wedinghausen (1210/36) und die Thidrekssaga. In: Arnsbergs Alte Schriften, Strobel, Arnsberg 1988, S. 62–68.
  25. Hermann Reichert: Heime in Wilten und in der Thidrekssaga. In: Studien zum Altgermanischen. Festschrift für Heinrich Beck. Hrsg. Heiko Uecker (Ergänzungsband 11 zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde), Berlin 1994. S. 503–512.
  26. Franz Joseph Mone: Untersuchungen zur Geschichte der teutschen Heldensage. Quedlinburg/Leipzig 1836, S. 65f. Siehe S. 67.
  27. Derselbe: Anzeiger für Kunde der teutschen Vorzeit. Karlsruhe 1836. Siehe S. 418.
  28. Derselbe: Untersuchungen zur Geschichte der teutschen Heldensage. Quedlinburg/Leipzig 1836. Siehe S. 28f.
  29. Laurenz Lersch: I. Chorografie und Geschichte – Verona. In: Jahrbücher des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande. Bonn 1842, Bd. I, S. 1–34. S. 34.
  30. Derselbe S. 6 unter Bezugnahme auf Lacomblets Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins, Bd. I. Düsseldorf 1840. Vgl. Urkunde Nr. 179:
    atque thelonio civitatis verone libram. I. et de Zulpigo iterum de thelonio iterum libram. I. et ecclesiam unam Bardinbach [Bardenberg bei Aachen (!)] dictam non censualem libram dimidiam ad sustentandam fratrum inopiam […]
  31. Derselbe S. 24f.
  32. Karl Müllenhoff: Die austrasische Dietrichsage. In: ZfdA 6 (1848), S. 435–459.
  33. Joachim Heinzle: Einführung in die mittelhochdeutsche Dietrichepik. Walter de Gruyter 1999, S. 43.
  34. August Raßmann: Die deutsche Heldensage und ihre Heimat. 2. Band, Hannover 1858, Seite x.
  35. Hermann Lorenz: Das Zeugniss für die deutsche Heldensage in den Annalen von Quedlinburg. In: GERMANIA 31 (19, 1886), S. 137–150.
  36. Gregor von Tours berichtet im zweiten Buch (Kap. 18) seiner Frankengeschichte Decem libri historiarum über einen um die Jahre 463 und 464/65 in Gallien kämpfenden sächsischen Feldherrn Odovaker; vgl. Übers. Wilhelm Giesebrecht, sonst nach Gregor auch Adovacrius und zuletzt Odovacrius/Odovacarius. Nach den Quedlinburger Annalen ist „Odoaker“ auf Dietrichs Rückkehr bezogen, dessen Rolle in der Thidrekssaga von Erminriks Nachfolger Sifka verkörpert wird, vgl. Hinweis von Joachim Heinzle (1999) S. 19.
  37. Vgl. MGH SS 3 (Pertz), S. 31.
  38. MGH SS 3, S. 32.
  39. Karl Simrock: Bonna Verona. In: Bonn. Beiträge zu seiner Geschichte und seinen Denkmälern. Festschrift. Bonn 1868, Bd. III, S. 1–20. Siehe S. 13.
  40. Vgl. Simrock S. 18.
  41. Hermann Lorenz: Das Zeugniss für die deutsche Heldensage in den Annalen von Quedlinburg. In: GERMANIA 31 (19, 1886). S. 139.
  42. Friedrich Heinrich von der Hagen: Die Thidrekssaga oder Dietrich von Bern und die Niflungen. J. Max & Co. Breslau 1814.
  43. Vgl. Neuauflage Otto-Reichl-Verlag, St. Goar 1989 (mit Kommentar von Heinz Ritter–Schaumburg).
  44. August Raßmann: Die deutsche Heldensage und ihre Heimat. Zweiter Band. Die Sagen von den Wölsungen und Niflungen, den Wilcinen und König Thidrek von Bern in der Thidrekssaga. Carl Rümpler, Hannover 1858. Seite X.
  45. Ferdinand Holthausen: Studien zur Thidrekssaga In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. PBB, Band 9, Heft 3, 1884. S. 451–503.
  46. Johann S. Seibertz: Urkundenbuch zur Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogtums Westfalen. 1. Band, Arnsberg 1839. S. 50.
  47. Suffridus Petrus: De Frisiorum antiquitate et orgine libri tres. Köln 1590 und 1698.
  48. Martinus Hamconius: Frisia, seu, De viris rebusque Frisiae illustribus libri duo. Franekara 1620.
  49. Willi Eggers: Die niederdeutschen Grundlagen der Wilzensage in der Thidrekssaga, Diss. Hamburg 1936 (Nachdruck: Niederdeutsches Jahrbuch 62 (1936), S. 84f.)
  50. Herrius Halbertsma: Frieslands Oudheid. Rijksuniversiteit Groningen 1982. Zusammenfassung (engl.) S. 791–798. Nach Münzfunden in den Niederlanden und England wird ein friesischer Herrscher AUDWULF Anfang des 7. Jahrhunderts datiert, dessen Name als Kompositum aus Adel und Wolf angenommen wird; siehe auch Halbertsma (Neuausgabe 2000) S. 68 und
    Peter Pentz, Evert Kramer (Übers.): Könige der Nordsee, 250–850 n. Chr. Leeuwarden (Friesisches Museum) 2000.
  51. Th. J. Lacomblet: Die römische Basilica von Bonn. In: Archiv für die Geschichte des Niederrheins, II, S. 65f.
  52. Wilhelm Levison: BONN–VERONA. In: Rheinische Vierteljahresblätter I, S. 351–357.
  53. Josef Niessen: Geschichte der Stadt Bonn (I), Ferdinand Dümmlers Verlag, Düsseldorf 1956. S. 69f.
  54. Siehe als wahrscheinlichen Quellenpassus die Getica von Jordanes, der den Greutungenkönig Ermanarich mit Alexander dem Großen vergleicht und wie jener selbst „über ganz Germanien und alle Skiren herrschte“. Vgl. dazu auch die Quedlinburger Annalen: „Ermanricus super omnes Gothos regnavit“.
  55. Vgl. den um Relativierungen bemühten Beitrag von Kurt Smolak: Bescheidene Panegyrik und diskrete Werbung: Walahfrid Strabos Gedicht über das Standbild Theoderichs in Aachen. In: Franz-Reiner Erkens (Hrsg.): Karl der Große und das Erbe der Kulturen. Berlin 2001. S. 89–109.
  56. Felix Thürlemann: Die Bedeutung der Aachener Theoderich-Statue für Karl den Grossen (801) und bei Walahfrid Strabo (829). Materialien zu einer Semiotik visueller Objekte im frühen Mittelalter. In: Archiv für Kulturgeschichte 59 Heft 1 (1977), S. 25–65. S. 35. Siehe Online-Ausgabe https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/428/, abgerufen am 13. Mai 2019.
  57. Heinrich Fichtenau: Byzanz und die Pfalz zu Aachen. In: MIÖG 59 (1951), S. 1–54.
  58. Walter Schlesinger: Beobachtungen zur Geschichte und Gestalt der Aachener Pfalz in der Zeit Karl des Großen. In: Studien zur europäischen Vor- und Frühgeschichte – Herbert Jankuhn gewidmet. Neumünster 1968, S. 258–281.
  59. Kemp Malone: Studies in Heroic Legend and in Current Speech. Kopenhagen 1959. S. 116–123.
  60. Die Deutungen aus bzw. für Marika, vgl. Mæringa burg im altenglischen Deor, ergeben keine sichere ethnische Schlussfolgerung; vgl. in Geir T. Zoëgas altisländisch-englischem Wörterbuch: „mæringr (-s, -ar), m. a noble man“. Bezugnehmend auf Robert Eugen Zachrisson (Studia Neophilologica VI S. 30) deutet Malone Marika = Mearing als einen angrenzenden Bereich; vgl. Jan de Vries’ *mæri.
  61. William J. Pfaff: The Geographical and Ethnic Names in the Þíðriks Saga. Mouton & Co, ’S-Gravenhage 1959. Siehe S. 99, ferner S. 79 zu Gautland = Götaland in der Thidrekssaga.
  62. Kemp Malone: Studies in Heroic Legend and in Current Speech. Kopenhagen 1959. Siehe S. 116: The Theoderic of the Rök Inscription. Zur vorangehenden „Runenstrophe“ þat sakum ąnart, huaR fur niu altum ąn / urþi fiaru miR Hraiþkutum auk tumi iR ąn ub / sakaR liegen erheblich abweichende interpretative Übersetzungen vor. Die Übertragungen von Otto Höfler (Wien 1954) und Malone [in eckigen Klammern] lauten: „Das sage ich zum zweiten, wer vor neun (Menschenaltern) [Generationen] / bei den Hreidgoten (zur Welt kam / Mensch wurde) [anlegte] […]“
  63. William J. Pfaff: The Geographical and Ethnic Names in the Þíðriks Saga. Mouton & Co, ’S-Gravenhage 1959. S. 34 zu BERN.
  64. Vgl. Rolf Badenhausen (Hrsg.): Geographical and Ethnic Glossary: Þiðreks saga and Old Swedish Sagan om Didrik af Bern 'Didrikskrönikan (Angaben nach William J. Pfaff und Heinz Ritter-Schaumburg.)
  65. Pfaff S. 106 unter Húna-land.
  66. Hermann Schneider: Germanische Heldensage, I–III. Berlin 1928–1934 u. 1962. Siehe Band I (I. Buch), S. 434f.
  67. William J. Pfaff: The Geographical and Ethnic Names in the Þíðriks Saga. Mouton & Co, ’S-Gravenhage 1959. S. 109.
  68. Gudmund Schütte: Gotthiod und Utgard, II. Jena 1936. Siehe Seite 211f.
  69. Vgl. zu den Reliefdarstellungen Joachim Heinzle: Einführung in die mittelhochdeutsche Dietrichepik. Walter de Gruyter 1999, S. 9:
    Unklar ist auch, ob dämonische Züge, die Dietrich in manchen Überlieferungen trägt – er soll ein Sproß des Teufels sein und ist in der Lage, Feuer zu speien – in den Sagenkomplex Theoderichs/Dietrichs Ende gehören. Offenbleiben muß, ob die Überlieferungen von Theoderichs/Dietrichs Ende zur Verteufelung des Gotenkönigs allererst aus kirchlich-katholischer Sicht entwickelt wurden oder ob es sich um die gezielte Verkehrung einer älteren Theoderich-Apotheose ins Negative handelt.
  70. Die von Alexander Demandt vertretene und von Matthias Springer nicht ausgeschlossene Gleichsetzung dieses Odovaker/Adovacrius mit dem rex Italiae (vgl. Demandt : Die Spätantike. 2. Aufl. München 2007, S. 212 und Anmerkung 70; vgl. Springer: Die Sachsen. Stuttgart 2004, S. 52f.) wird forschungsmehrheitlich zurückgewiesen. Siehe dagegen Penny MacGeorge: Late Roman Warlords. Oxford 2002, S. 102 ff.; Stéphane Lebecq: The two faces of King Childeric: History, archaeology, historiography. In: Walter Pohl, Maximilian Diesenberger (Hrsg.): Integration und Herrschaft. Wien 2002, S. 119–132, hier S. 121; Guy Halsall: Barbarian Migrations and the Roman West. Cambridge 2007, S. 270f. Nach textkritischen Untersuchungen des Fredegar auch zuletzt von Ulrich Nonn (Die Franken. Stuttgart 2010, hier S. 103) mit Hinweis auf Herwig Wolfram, der eine gemeinsame Identität dieser beiden Gestalten für einen „prosopografischen Beziehungswahn“ hält (vgl. Artikel Odowakar in Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Band 21, hier S. 574).
  71. Vgl. Rauenthal und Hunnenkopf an der Moselmündung
  72. Elisabeth Lienert: Die ‹historische› Dietrichepik. Berlin / New York 2010. S. 27.
  73. Joachim Heinzle: Einführung in die mittelhochdeutsche Dietrichepik. Walter de Gruyter 1999, Seite 6.
  74. Roswitha Wisniewski: Die Darstellung des Niflungenunterganges in der Thidrekssaga. Eine quellenkritische Untersuchung. (Habilitation) Tübingen 1961. Siehe dazu die Rezension von William J. Pfaff (1961) und (kommentierend) Hilkert Weddige (1989).
  75. Joachim Heinzle: Einführung in die mittelhochdeutsche Dietrichepik. Walter de Gruyter 1999. S. 40.
  76. Carl R. Unger: Saga þiðriks konungs af Bern. Fortællling om Kong Thidrik af Bern og hans Kæmper, 1853; siehe Seite VI, Z. 32-37. Erst die später verfasste altschwedische Überlieferung gibt ein Ahornblatt (lønnalløf, Kap. 158) auf Sigorðs Schulter für dessen Verwundbarkeit an.
  77. Siehe Gregor von Tours: Historiarum libri decem. V,22.
  78. Joachim Heinzle: Einführung in die mittelhochdeutsche Dietrichepik. Walter de Gruyter 1999. S. 76.
  79. S. 79: HBFaks I, Blatt 4v.
  80. Süß, M. C. (2021). Der Markgraf Rüdiger von Bechelaren im Nibelungenlied und Rodingeir von von Bakkalar in der Thidrekssaga. Figurenporträt, Vergleich und Höfisierung. Studien zur deutschen Sprache und Literatur, (45), 29-49.
  81. Friedrich Panzer: Italische Normannen in deutscher Heldensage. Frankfurt 1925. Zu Samson S. 1–25.
  82. Richard Heinzel: Über die ostgotische Heldensage. Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., Wien 1889, S. 83.
  83. Otto L. Jiriczek: Deutsche Heldensagen I. Strassburg 1898, S. 150f.
  84. Waldemar Haupt: Zur Niederdeutschen Dietrichsage. Palaestra 129, Berlin 1914, S. 164f.
  85. Hermann Schneider: Germanische Heldensage. I. Band (I. Buch), Berlin / New York 1928–1934 und 1962, S. 284–286.
  86. Hermann Reichert: Heldensage und Rekonstruktion. Untersuchungen zur Thidrekssaga. Wien 1992.
  87. Derselbe S. 36.
  88. Vgl. Heinrich Beck: Die Thidrekssaga in heutiger Sicht. Vortragsdruck in: 2. Pöchlarner Heldenliedgespräch. Die historische Dietrichepik. Hrsg. von Klaus Zatloukal für Philologica Germanica 13, Wien 1992. S. 1–11.
  89. Heinrich Beck: Þiđreks saga als Gegenwartsdichtung? In: Hansische Literaturbeziehungen. Das Beispiel der Þiđreks saga und verwandter Literatur. Hrsg. von Susanne Kramarz-Bein, Berlin / New York 1996. S. 91–99. Siehe S. 92.
  90. Susanne Kramarz-Bein: Die Þiðreks saga im Kontext der altnorwegischen Literatur. (Beiträge zur Nordischen Philologie 33). Francke, Tübingen/ Basel 2002. Seite 17f.
  91. Dieselbe Seite 46f.
  92. Helmut Voigt: Zur Rechtssymbolik der Schuhprobe in der Þidriks saga (Viltina Þáttr). In: PBB 87 (1965), S. 93–149. Siehe S. 148.
  93. Willi Eggers: Die niederdeutschen Grundlagen der Wilzensage in der Thidrekssaga, Diss. Hamburg 1936 (Nachdruck: Niederdeutsches Jahrbuch 62 (1936), S. 70–125.)
  94. Derselbe S. 84–94.
  95. Roswitha Wisniewski: Die Darstellung des Niflungenunterganges in der Thidrekssaga. Eine quellenkritische Untersuchung. (Habilitation) Tübingen 1961. Siehe S. 261–266.
  96. Siehe Datei:Metzger Arnsberg.jpg
  97. Dieselbe S. 21–22.
  98. Hilkert Weddige: Heldensage und Stammessage. Niemeyer, Tübingen 1989. S. 112–113.
  99. William J. Pfaff: The Journal of English and Germanic Philology, 61, 1962. S. 948–952.
  100. Derselbe: The Geographical and Ethnic Names in the Þíðriks Saga. Mouton & Co, ’S-Gravenhage 1959. Siehe S. 205–207.
  101. Aus der Traditionsforschung hat allerdings Raymond W. Chambers auf die ptolemäische und insoweit bis in das Spätmittelalter gebräuchliche Geografie hingewiesen. Demnach befand sich der westfälische Klosterort Wedinghausen im Gebiet der Suevi Longobardi; vgl. Chambers: Widsith. A study in old English heroic legend. Cambridge 1912, hier Karte S. 259.
  102. Vgl. Pfaff Seite 952: Surely many of the errors in geography and legendary history are more likely to have been made in Bergen than in Westphalia.
  103. Horst Peter Pütz: Heimes Klosterepisode. Ein Beitrag zur Quellenfrage der Thidrekssaga. In: ZfdA 100, S. 178–195. Siehe S. 189–191.
  104. Susanne Kramarz-Bein: Die Þiðreks saga im Kontext der altnorwegischen Literatur. (Beiträge zur Nordischen Philologie 33). Francke, Tübingen/ Basel 2002. Siehe S. 99–101, 151–159.
  105. Dieselbe S. 158. Zitat unter Auslassung der Fußnoten.
  106. Hermann Reichert: Heime in Wilten und in der Thidrekssaga. In: Studien zum Altgermanischen. Festschrift für Heinrich Beck. Hrsg. Heiko Uecker (Ergänzungsband 11 zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde), Berlin 1994. S. 503–512.
  107. Derselbe S. 507.
  108. Derselbe S. 508.
  109. Norbert Höing: Klosterschreiber Ludovicus von Wedinghausen (1210/36) und die Thidrekssaga. In: Arnsbergs Alte Schriften, Strobel, Arnsberg 1988. S. 62–68.
  110. Wolfgang Kirsch (Hrsg. Übersetzung): Chronik vom Petersberg (Cronica Montis Sereni). Halle 1996. Zitat S. 11. Vgl. Originaltext nach MGH SS 23, S. 1393–12.
  111. Karl Droege: Zur Geschichte der Nibelungendichtung und der Thidrekssaga. In: ZfdA 58 (1921), S. 1–40. Nachfolgend zitiert aus S. 19–39.
  112. Walther Kienast: Erminreks Tod in der Thidrekssaga. In: Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Literatur 40–41 (1921) S. 97. Karl Droege: Zur Thidrekssaga. In: ZfdA 66 Heft 1 (1921) S. 33–46, hier S. 40.
  113. Zitat nach MGH SS 23, S. 163.
  114. Vgl. Herrschaft Heinsberg
  115. Karl Droege: Zur Thidrekssaga. In: ZfdA 66 Heft 1 (1921), Seite 40.
  116. Karl Droege: Zur Thidrekssaga. In: ZfdA 66 Heft 1 (1921), Seiten 37 u. 45. Man beachte zu diesem Erzählungsabschnitt in der Thidrekssaga auch den nachfolgenden Auftritt der von Roswitha Wisniewski beobachteten Gestalt Ludwig bzw. Lodvigur in Mb 405 (kontextuell Mb 403–411, Bertelsen II,346–354), ferner die Begegnung Thidreks mit jenem greive Loðvigr auf seinem Rückmarsch vom Osning nach Bern in Mb 107 (Bertelsen I,201).
  117. Johannes von Antiochia: Historia chronike. Vgl. Hans-Ulrich Wiemer: Theoderich der Große: König der Goten. München 2018; (u. a.) S. 15.
  118. Wolfgang Kirsch (Hrsg. Übersetzung): Chronik vom Petersberg (Cronica Montis Sereni). Halle 1996. Zitat S. 92.
  119. Siehe S. 169.
  120. Vgl. Annales Colonienses maximi (MGH SS 17), S. 787.
  121. Heinz Ritter-Schaumburg: Dietrich von Bern. München 1982. Siehe S. 226 und S. 300 Endnote 101.
  122. MGH SS 17, S. 807. Siehe Zeile 15f.
  123. August Raßmann: Die deutsche Heldensage und ihre Heimat. Zweiter Band. Die Sagen von den Wölsungen und Niflungen, den Wilcinen und König Thidrek von Bern in der Thidrekssaga. Carl Rümpler, Hannover 1858. S. 688.
  124. MGH SS 17, S. 804. Siehe Zeile 36f.
  125. Waldemar Haupt: Zur Niederdeutschen Dietrichsage. Palaestra 129, Berlin 1914, S. 184f.
  126. Vgl. Bruno von Merseburg: Brunonis liber de bello Saxonico, c. 122–124. In: MGH SS 5, S. 380. Siehe Zeile 24.
  127. Roswitha Wisniewski: Mittelhochdeutsche Dietrichdichtung. Metzler, Heidelberg 1986. S. 59–60.
  128. Vgl. Joachim Heinzle: Einführung in die mittelhochdeutsche Dietrichepik. Walter de Gruyter 1999. S. 76f.
  129. R. C. Boer: Die Sagen von Ermanarich und Dietrich von Bern. Halle a. d. S., 1910.
  130. Dietrich von Kralik: Deutsche Heldendichtung. In: Das Mittelalter in Einzeldarstellungen. Leipzig 1930. S. 168–193.
  131. Karl Droege: Zur Thidrekssaga. In: ZfdA 66, Heft 1 (1929) S. 33–46.
  132. Heinrich Hempel: Sächsische Nibelungendichtung und sächsischer Ursprung der Thidrikssaga. In: Edda, Skalden, Saga. Festschrift für Felix Genzmer. Hrsg. Hermann Schneider, Heidelberg 1952, S. 138–156. Siehe S. 140ff.
  133. Heinrich Matthias Heinrichs: Sivrit – Gernot – Kriemhilt. ZfdA 86 (1955/56), S. 279–290. Siehe S. 289.
  134. Theodore M. Andersson: An interpretation of þiðreks saga. In: Structure and Meaning in Old Norse Literature. Hrsg. John Lindow und weitere, Odense 1986, S. 347–377. Siehe S. 349ff.
  135. Vgl. (zum Teil zusammenfassend) Susanne Kramarz-Bein: Die Þiðreks saga im Kontext der altnorwegischen Literatur. (Beiträge zur Nordischen Philologie 33). Francke, Tübingen/Basel 2002.
    Es lässt sich keineswegs ausschließen, hier S. 17 vor allem mit Hinweis auf Dietrich Hofmann (1976) und nachfolgendem Kap. IV. 2.2, dass die auch im Saga-Prolog anzutreffenden Berufungen auf orale Quellen und Heldenlieder bereits zu einer importierten Großvorlage gehörten, vgl. z. B. in den Handschriften die Schluss- bzw. Bezeugungsformulierungen zum Niflungenuntergang in Soest und Thidreks Todeserzählung nach Kap. 438 (Bertelsen II,392–393: „en suo seigia þẏdwersker menn“), die auch als Hinzufügung von altwestnordischer Quelltextbearbeitung gedeutet werden kann.
  136. Dazu die Kritik von Heinrich Beck: Zur Thidrekssaga-Diskussion. In: ZfdPh. 112 (1993); siehe S. 442.
  137. Karl Droege: Zur Geschichte der Nibelungendichtung und der Thidrekssaga. In: ZfdA 58 (1921), S. 1–40. Siehe S. 19f.
  138. Roswitha Wisniewski: Mittelalterliche Dietrichdichtung. Metzler, Heidelberg 1986. S. 79.
  139. Heinrich Beck: Zur Thidrekssaga-Diskussion. In: ZfdPh. 112 (1993), S. 441–448. Siehe S. 445–446.
    Becks Rezension über Ritter-Schaumburg entbehrt zwar jeglicher Perspektive, die Thidrekssaga der z. T. lückenhaften Geschichtsschreibung über das nordeuropäische 5. und 6. Jahrhundert gegenüberzustellen, jedoch nicht einer sachthematisch unangebrachten Polemik gegen Ritter-Schaumburg wenn er z. B. schreibt: Mag die Annahme, die Ths. bezeuge einen von Dietrich von Bern = Theoderich dem Großen unabhängigen niederdeutschen Dietrich (ca. 470–534/36) von den Sagenforschern nicht geteilt werden, in einem Punkt hat der literarisch gebildete Heinz Ritter ein sicheres Gespür: Die Ths. erweckt für den naiven Leser den Eindruck eines geschichtlichen Berichts über historische Ereignisse im niederdeutschen Raum (und angrenzenden Gebieten).
  140. Vgl. z. B. Ludwig Schmidt: Die Ostgermanen. München 1962, S. 298.
  141. Siehe Datei:Tranchot–Mueffling Moselmuendung(1806).jpg
  142. Derselbe, S. 443–444.
  143. Ernst F. Jung: Der Nibelungen Zug durchs Bergische Land. Bergisch Gladbach, Heider 1986, ISBN 3-87314-165-5. Siehe Seite 36f.
  144. William J. Pfaff: The Journal of English and Germanic Philology, 61, 1962. S. 950.
  145. Hans den Besten: Bemerkungen zu einer Kritik. Johannes Jonata u. a. zu Ritter-Schaumburgs 'Die Nibelungen zogen nordwärts'. In: Amsterdamer Beiträge zur Älteren Germanistik, 33', 1991, S. 127.
  146. Heinz Ritter: War die Lippe die norddeutsche Duna? In: Zeitschrift des Vereins für die Geschichte Soests und der Boerde. 77/1963.