Venöse okklusive Leberkrankheit

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Klassifikation nach ICD-10
K76.5 Venöse okklusive Leberkrankheit [Stuart-Bras-Syndrom]
Exkl.: Budd-Chiari-Syndrom (I82.0)
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die Venöse okklusive Leberkrankheit ist eine Form der Veno-occlusive disease oder VOD in der Leber.[1] Sie ist die Folge eines (inkompletten) Verschlusses der kleinen Lebervenen. Sie zeigt sich ähnlich einem Leberversagen mit Aszites, Lebervergrößerung und Anstieg des Bilirubinspiegels im Blut.[2]

Synonyme sind: Stuart-Bras-Syndrom; englisch Hepatic sinusoidal obstruction syndrome; SOS

Die Erstbeschreibung stammt aus dem Jahre 1920 durch Frederick C. Willmot und George W. Robertson bei einer Greiskräuter-Vergiftung.[3] Die Namensbezeichnung bezieht sich auf die Hauptautoren einer Publikation aus dem Jahre 1954 durch Kenneth L. Stuart und Gerrit Bras.[4]

Vorkommen und Ursachen

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Die Häufigkeit wird mit 1–5 auf 10.000 angegeben.[2] Die Erkrankung tritt meist als Komplikation einer höher dosierten Zytostatikabehandlung auf.[5][2]

Ursächlich ist häufig das Medikament Actinomycin D. Andere mögliche Auslöser sind hochdosierte Bestrahlung der Leber, Lebertransplantation oder pflanzliche Alkaloide wie Pyrrolizidinalkaloide beispielsweise in kontaminierten Tees.[2]

Anscheinend führt eine Schädigung der Endothelzellen der Lebersinusoide zu nicht-thrombotischen Verschlüssen der Lebervenen durch Ödembildung.[2]

Ferner gibt es eine seltene Kombination mit Immunschwäche Lebervenen-Verschlusskrankheit – Immunschwäche (hepatic veno-occlusive disease with immunodeficiency).[6][7] Zugrunde liegen hier Mutationen im SP110-Gen auf Chromosom 2 an Genort q37.1.[8]

Die Häufigkeit wird angegeben mit 5 % bis zu 60 % bei Kindern nach einer Stammzelltransplantation.[2] Die Krankheit ist aber nicht auf diese Patientengruppe beschränkt, sondern kann auch unter der Behandlung von Tumoren wie Wilms-Tumor, Neuroblastom oder Rhabdomyosarkom auftreten.

Deutlich seltener ist ein VOD in der Lunge.[9] Sie kann auch im Zusammenhang mit dem Antisynthetase-Syndrom auftreten.[10]

Klinische Erscheinungen

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Typische Hinweise sind Gewichtszunahme, gespannter Bauchumfang mit Aszites, schmerzhafte Lebervergrößerung, Bilirubinanstieg und häufig auch Nierenversagen. Hinzu können Gerinnungsstörungen und hepatische Enzephalopathie kommen.[2]

Der Verdacht kann mittels Dopplersonographie der Pfortader erhärtet oder ausgeschlossen werden. Es kommen sowohl der Farbdoppler als auch ein gepulster Doppler zur Anwendung.[2][11]

Bei der VOD finden sich je nach Schweregrad der Erkrankung

  • eine Verminderung des normalerweise triphasischen Flusses der Lebervenen,
  • ein aufgehobener Vorwärtsfluss der Pfortader,
  • eine Flussumkehr mit hepatofugalem (aus der Leber heraus gerichtetem) Flussmuster.

Mit zunehmender Flussumkehr erhöht sich gleichzeitig der arterielle Einstrom in die Leber.[12][13]

Differentialdiagnostik

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Abzugrenzen sind akute oder chronische Leberkrankheiten anderer Ursache, eine Graft-versus-Host-Reaktion und schwere Infektionen.[2]

Abzugrenzen ist ferner das Budd-Chiari-Syndrom, das nicht die kleinen, sondern die großen Lebervenen betrifft und als Nebenwirkung des Medikamentes Tioguanin auftreten kann.

Behandlung und Prognose

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Eine direkte kausale Behandlung ist nicht bekannt, gerinnungshemmende Medikamente kommen regelmäßig zur Anwendung, bei rascher Diagnostik ist eine Befundbesserung möglich. Das Medikament Defibrotid kann hilfreich sein.[14]

Das Ausmaß und der Verlauf der Erkrankung sind individuell unterschiedlich. Schwere Verläufe können zum Multiorganversagen führen.[2]

Einzelnachweise

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  1. H.Wegner: Sinusoidal obstruction syndrome (veno-occlusive disease, VOD/SOS) der Leber nach Hämatopoetischer Stammzelltransplantation: Prospektive Evaluation relevanter Laborparameter zur Differentialdiagnose der VOD/SOS. Dissertation, 2009; ub.uni-muenchen.de (PDF; 268 kB)
  2. a b c d e f g h i j Eintrag zu Lebervenen-Verschlusskrankheit. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
  3. Frederick C. Willmot, George W. Robertson: Senecio Disease, Or Cirrhosis Of The Liver Due To Senecio Poisoning.. In: The Lancet, 196, 1920, S. 848, doi:10.1016/S0140-6736(01)00020-4.
  4. G. Bras, D. B. Jelliffe, K. L. Stuart: Veno-occlusive disease of liver with nonportal type of cirrhosis, occurring in Jamaica. In: A.M.A. archives of pathology, Band 57, Nummer 4, April 1954, S. 285–300, PMID 13147641.
  5. R. Negrin, P. Bonis Diagnosis of hepatic sinusoidal obstruction syndrome (veno-occlusive disease) following hematopoietic cell transplantation Uptodate (2013)
  6. Eintrag zu Lebervenen-Verschlusskrankheit - Immunschwäche. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
  7. T. Roscioli, J. B. Ziegler, M. Buckley et al.: Hepatic Veno-Occlusive Disease with Immunodeficiency. In: GeneReviews
  8. Hepatic venoocclusive disease with immunodeficiency. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  9. Hakim Azfar Ali, Pulmonary Veno-Occlusive Disease, Medscape
  10. D. Kay, F. Kadri, G. Fitzpatrick, H. Alnuaimat, R. Reddy, A. Ataya: Anti-synthetase syndrome-associated pulmonary veno-occlusive disease. In: Pulmonary circulation. Band 10, Nummer 3, 2020 Jul-Sep, S. 2045894020935289, doi:10.1177/2045894020935289, PMID 32655855, PMC 7331768 (freier Volltext).
  11. S. S. Chan, A. Colecchia, R. F. Duarte, F. Bonifazi, F. Ravaioli, J. H. Bourhis: Imaging in Hepatic Veno-Occlusive Disease/Sinusoidal Obstruction Syndrome. In: Biology of Blood and Marrow Transplantation. Band 26, Nummer 10, Oktober 2020, S. 1770–1779, doi:10.1016/j.bbmt.2020.06.016, PMID 32593647 (Review).
  12. M. M. Zieger, E. Koscielniak: Diagnosis and follow-up of veno-occlusive disease of the liver by use of Doppler ultrasound. A case report. In: Pediatric radiology. Band 23, Nummer 2, 1993, S. 137–139, ISSN 0301-0449. PMID 8390642.
  13. G. Rettenmeier, K. Seitz (Hrsg.): Sonographische Differentialdiagnostik. Band 1. VHC, ISBN 3-527-15461-2
  14. G. Bahoush, M. Vafapour: A case report of severe veno-occlusive disease following autologous stem cell transplantation successfully treated with Defibrotide. In: European journal of translational myology. Band 30, Nummer 3, September 2020, S. 9161, doi:10.4081/ejtm.2020.9161, PMID 33117507, PMC 7582397 (freier Volltext).