Die Verschiebungsmethode ist die Standardformulierung der Finite-Elemente-Methode (FEM), bei der die Verschiebungen der Körperpunkte die primären Unbekannten sind. In der Festkörpermechanik beinhalten die Verschiebungen die Wege, die die Körperpunkte mit der Zeit zurücklegen und damit die Translation, Rotation und möglicherweise Verformung eines Festkörpers. Die erste Anwendung der FEM war die lineare Behandlung von Festkörpern und Strukturen (bestehend aus Stäben, Balken oder Schalen) und davon ausgehend hat die FEM ihre Anstöße erhalten.
Eine der Verschiebungsmethode zugrunde liegende Gleichung ist das Prinzip von d’Alembert in der Lagrange’schen Fassung. Mit diesem Prinzip können sowohl lineare Probleme, wie die Frage nach Eigenschwingungen, als auch hoch nichtlineare Probleme, wie Crashtests, analysiert werden. Wegen ihrer Einsetzbarkeit in den meisten Problemstellungen werden in der Standardformulierung isoparametrische Elemente verwendet. Auch die Galerkin-Methode wird verwendet.
Die Verschiebungsmethode ist in allen gängigen Finite-Elemente-Programmen verfügbar, mit denen Probleme der Festkörpermechanik berechnet werden können, wobei sich die Programme in den verwendeten Dehnungsmaßen, implementierten Nichtlinearitäten, Materialmodellen, Zeitintegrationsverfahren und/oder numerischen Umsetzungen unterscheiden können.
Das Prinzip von d’Alembert in der Lagrange’schen Fassung ist eine zur Impulsbilanz äquivalente Aussage und lautet
Der erste Term ist die über das Volumen V des Körpers summierte virtuelle Arbeit der Impulsänderung an den virtuellen Verschiebungen Der Faktor ist die Dichte und die Beschleunigung des materiellen Punktes. Im zweiten Term wird die vom Spannungstensor am virtuellen Verzerrungstensor geleistete virtuelle Deformationsarbeit, die mit dem Frobenius-Skalarprodukt „:“ der Tensoren gebildet wird, über das Volumen V des Körpers summiert. Auf der rechten Seite steht die Arbeit der äußeren Kräfte (oberflächen- und volumenverteilt) an den virtuellen Verschiebungen. Die Menge enthält alle zulässigen virtuellen Verschiebungen, die verschwinden woimmer Verschiebungsrandbedingungen vorgegeben sind. Die Fläche ist derjenige Teil der Oberfläche des Körpers, auf der keine Verschiebungsrandbedingungen vorliegen.
Wenn die Gleichung oben tatsächlich für alle erlaubten virtuellen Verschiebungen erfüllt ist, dann sind die Verschiebungen sowie die daraus resultierenden Verzerrungen und Spannungen im Einklang mit der Impulsbilanz. Die vorausgesetzte Symmetrie des Spannungstensors bewirkt zusätzlich die Erfüllung der Drehimpulsbilanz.
Überführung des Prinzips in eine Matrizengleichung
Der interessierende Körper wird vorbereitend in Teilkörper, die Finiten-Elemente, unterteilt, siehe Bild. Damit die Elemente den Körper lückenlos und überschneidungsfrei aufbauen, müssen benachbarte Elemente kompatibel sein. Auf den Begrenzungsflächen oder auch im Inneren der Elemente liegen Knoten genannte Punkte, denen globale Koordinaten zur geometrischen Beschreibung des Körpers und Verschiebungen als Knotenvariable zur Beschreibung der Bewegung zugeteilt werden.
Anhand eines Elementes wird die Überführung der Tensorgleichung des Prinzips in eine Matrizengleichung vollzogen:
Die Elementverschiebungen werden mit einem rein zeitabhängigen Lösungsvektor der Länge m mit Knotenverschiebungen und einer rein ortsabhängigen 3×m Formfunktionsmatrix N dargestellt:
Damit lauten die Elementbeschleunigungen Die Formfunktionen sind die Ansatzfunktionen für die Lösung und durch die Beschränkung auf eine endliche Anzahl von ihnen ergibt sich der – in Abwesenheit einer analytischen Lösung unvermeidliche – Diskretisierungsfehler.
In der Galerkin-Methode werden die virtuellen Verschiebungen genauso behandelt wie die Punktverschiebungen:
Der Spannungstensor wird mittels Voigt’scher Notation als Spaltenvektor geschrieben:
In gleicher Weise werden die virtuellen Verzerrungen in einen Vektor eingetragen:
Der Faktor zwei an der vierten bis sechsten Position stellt sicher, dass das Skalarprodukt mit dem Matrixprodukt übereinstimmt Außerdem entspricht die doppelte Schubverzerrung der Gleitung γ, so dass die Komponenten eine anschauliche Interpretation besitzen.
Die differentiellen virtuellen Verzerrungen sind linear in den virtuellen Knotenverschiebungen:
Die Menge enthält alle zulässigen virtuellen Verschiebungsvektoren der Dimension m×1. Die Knotenvariablen können aus den Integralen herausgezogen werden, weil die Ortsabhängigkeit allein bei den Formfunktionen liegt. So entsteht die Prinzipgleichung:
(PvdA)
Die m×m Matrix M ist die konstante Massenmatrix, der m×1 Vektor enthält Knotenreaktionen aufgrund von Elementspannungen und ist der gleich große Knotenkraftvektor, der die von außen angreifenden Kräfte repräsentiert.
Diese Gleichung wurde für ein Finites-Element aufgestellt, was statthaft ist, weil das Prinzip für jeden Körper und jeden seiner Teilkörper gilt. Beim Übergang vom Finiten-Element zum ganzen Körper werden die Elementmatrizen in einem Assemblierungsschritt in globalen Matrizen aufsummiert. Das globale System unterliegt auch der Prinzipgleichung (PvdA), nur die Matrizen und Vektoren sind größer.
Die Menge enthält alle zulässigen virtuellen Verschiebungsvektoren der Dimension m×1. Zulässig ist ein virtueller Verschiebungsvektor, wenn seine Komponenten verschwinden, wo im Lösungsvektor Randbedingungen vorgegeben sind. Die Komponenten des Lösungsvektors, die an Verschiebungsrandbedingungen gebunden sind, werden an das Ende des Lösungsvektors verlegt:
Der Vektor enthält die gesuchten unbekannten Knotenverschiebungen und sind in Randbedingungen vorgegeben. Im Vektor der äußeren Kräfte besteht der untere Teil aus Nullen, weil an Orten, wo Verschiebungsrandbedingungen vorliegen, keine Kräfte vorgegeben werden können. Die Massenmatrix wird ebenfalls partitioniert:
Damit entsteht aus der Gleichung (PvdA):
wenn mu die Dimension des Vektors ist. Die obige Gleichung erzwingt das Verschwinden der Summe in den runden Klammern mit dem Resultat:
Sobald die Verschiebungen vollständig ermittelt wurden, ist es üblich – falls gewünscht – aus der herausgefallenen unteren Gleichungszeile die Reaktionen an den Lagerungen zu berechnen, beispielsweise:
Der Einfachheit halber werden im Folgenden nur statische Festlager betrachtet, in denen die Verschiebungen und Beschleunigungen null sind. Dann treten diese Verschiebungen und Beschleunigungen im Gleichungssystem nicht auf und auf eine Partitionierung in unbekannte und bekannte Anteile kann verzichtet werden. Der Vektor mit den Unbekannten habe nach wie vor die Dimension m. Dann folgt aus der Gleichung (PvdA) unmittelbar die Bewegungsgleichung:
(*)
Des Weiteren soll im Folgenden jede Abhängigkeit von den Geschwindigkeiten, wie sie bei viskosen Materialien oder geschwindigkeitsabhängigen Kräften vorliegt, der Einfachheit halber vernachlässigbar sein.
In der Matrizengleichung (*) kommen die Knotenbeschleunigungen vor, aber in der Verschiebungsmethode sind die Verschiebungen die primären Unbekannten. Hier soll geklärt werden, wie aus den Verschiebungen standardmäßig die Beschleunigungen ermittelt werden.
Die Beschleunigungen sind die zweite Ableitung der Verschiebungen nach der Zeit und daher sind die Beschleunigungen und Verschiebungen nicht voneinander unabhängig, vielmehr kann die eine aus der anderen über Zeitintegration oder -ableitung berechnet werden. Üblicherweise werden für die Zeitintegration Einschrittverfahren eingesetzt, in denen die Verschiebungen und Beschleunigungen zur Zeit aus zur Zeit bekannten Werten berechnet werden. Weit verbreitet sind vor allem zwei Zeitintegrationsverfahren:
Im Newmark-beta-Verfahren sollen hier die Verschiebungen als primäre Unbekannte benutzt werden, die gemäß
(NbV)
Beschleunigungen bewirken. Der Parameter kommt aus dem Integrationsalgorithmus und der Vektor ist zur Zeit bekannt.[1] In der expliziten Zeitintegration ist
(EZI)
Der Skalar ist auch ein Parameter des Integrationsalgorithmus und der Vektor ist zur Zeit bekannt.[2]
Diese Ergebnisse werden bei der Lösung der Matrizengleichungen benötigt.
Im linearen Fall hängen die Spannungen linear von den Knotenverschiebungen (aber nach Voraussetzung nicht von den Geschwindigkeiten) ab:
Der Vektor enthält Eigenspannungen und die Stoffmatrix ist bei Linearität von den Verzerrungen und damit von den Knotenverschiebungen unabhängig. Die Verzerrungen sind ebenfalls linear in den Verschiebungen was auch für die virtuellen Verzerrungen gilt. Damit berechnen sich die Reaktionen zu
Die lineare Steifigkeitsmatrix KL ist von den Verschiebungen unabhängig. Einsetzen in die Bewegungsgleichung (*) liefert zu einer Zeit tn+1 die Bestimmungsgleichung für die Knotenverschiebungen:
Diese lineare Gleichung mit von den Verzerrungen unabhängiger Massenmatrix und Steifigkeitsmatrix kann in den Modalraum übertragen werden, mit einem Resultat wie im Bild.
In dem im Newmark-beta-Verfahren die Beschleunigungen mit den Verschiebungen gemäß [1] ausgedrückt werden, kann in jedem Zeitschritt die Verschiebung berechnet werden:
Ist nur die Gleichgewichtslage mit gesucht, ergeben sich die Verschiebungen aus
Auch wenn im linearen Fall eine lineare Abhängigkeit der äußeren Kräfte von den Knotenverschiebungen einfach zu berücksichtigen wäre, wird hiervon normalerweise kein Gebrauch gemacht.
Die Knotenreaktion in der Bewegungsgleichung (*) hängt im nichtlinearen Fall nichtlinear von den Knotenverschiebungen ab. Ursachen der Nichtlinearität können sein:
Die Animation zeigt eine geometrisch nichtlineare, implizite Analyse eines beulenden, elastoplastischen Trägers.
Um die Knotenverschiebungen zu bestimmen, wird standardmäßig das Newton-Verfahren eingesetzt, das eine Linearisierung der Gleichung vorsieht. Linearisierung der Reaktionen liefert im Punkt [3]
Die mit dem Superskript gekennzeichneten Größen können von den Verschiebungen abhängen. Die B-Matrix tut das nur im geometrisch nichtlinearen Fall und nur in diesem Fall muss also die geometrische Steifigkeitsmatrix aufgestellt werden.
Bei verschiebungsabhängigen äußeren Kräften wird auch der Knotenkraftvektor linearisiert[3]
was auf eine m×m Matrix Fi führt. In dynamischen Systemen bewirkt das Verschiebungsinkrement auch ein Beschleunigungsinkrement: [1] Einsetzen dieser Resultate in die Bewegungsgleichung (*) liefert mit der Abkürzung
(I)
Ist nur die Gleichgewichtslage mit gesucht, reduziert sich das auf
(II)
Die Knotenverschiebungen zu einem Zeitpunkt werden aus den zur Zeit bekannten Knotenverschiebungen und -beschleunigungen anhand des folgenden Schemas berechnet. Das Schema kann auch im statischen Fall angewendet werden. Dort verschwinden zwar die Beschleunigungen und die Zeit hat lediglich eine ordnende Funktion für die aufeinander folgenden Gleichgewichtslagen. Auf das Schema hat das aber keinen Einfluss.
Die gesuchte Lösung wird mit den bekannten Verschiebungen im letzten Inkrement (oder dem Nullvektor) und der Iterationszähler mit i=0 initialisiert. In dynamischen Systemen wird die Massenmatrix bereitgestellt. Im Allgemeinen (hier nicht) werden die Randbedingungen in den Lösungsvektor eingetragen und in einen bekannten und einen unbekannten Teil partitioniert.
Die Matrix und das Residuum werden mit der vorliegenden Näherungslösung aufgestellt.
Mit Gleichungen (I) oder (II) wird das Inkrement berechnet.
Fallen geeignete Normen der Vektoren und unter eine vorgegebene Schranke, wird die Näherungslösung akzeptiert und in den Lösungsvektor übertragen und – falls gewünscht – die Beschleunigungen berechnet[1]. Den Elementen wird Gelegenheit gegeben ihre inneren Variablen zu aktualisieren (siehe #Tangentenoperator C). Der Zähler wird inkrementiert und in Schritt 1 fortgefahren oder die Analyse beendet.
Falls die Normen der Vektoren oder jedoch inakzeptabel sind, wird die Näherungslösung mittels aktualisiert, der Zähler inkrementiert und im Schritt 2 fortgefahren.
Im Fall der expliziten Zeitintegration ist die Bewegungsgleichung (*) bereits die Bestimmungsgleichung für die einzige Unbekannte denn die Vektoren und werden aus zur Zeit bekannten Größen berechnet:
Aus den Beschleunigungen werden die Geschwindigkeiten und Verschiebungen für die Berechnung der Reaktionskräfte für das nächste Inkrement ermittelt, siehe explizite Zeitintegration im Vergleich zum Newmark-beta-Verfahren. Eine weitere Vereinfachung wird durch Diagonalisierung der Massenmatrix erreicht ( engl. „lumped mass matrix“ ), so dass
besonders schnell ausgewertet werden kann. Das ist auch nötig, denn dieses Verfahren ist nur unterhalb einer kritischen Zeitschrittweite stabil, die sich gemäß der Courant-Friedrichs-Lewy-Bedingung danach bemisst, wie lange ein Signal braucht, um von einem Knoten zum nächsten zu gelangen. Ist der minimale Knotenabstand berechnet sich bei Stahlbauteilen mit einem Elastizitätsmodul (Megapascal) und einer Dichte:
worin die Wellenausbreitungsgeschwindigkeit in Stahl ist. Bei diesen in der Praxis üblichen Werten liegt die kritische Zeitschrittweite also im Bereich von Mikrosekunden. Für Zehntelsekunden andauernde Bewegungen sind daher oftmals zehntausende Zeitschritte zu berechnen. Vorteilhaft ist, dass Nichtlinearitäten ohne Linearisierung berücksichtigt werden können, weshalb dieses Verfahren bei nichtlinearen, dynamischen und kurzzeitigen Vorgängen wie Crashtestsimulationen eingesetzt wird, siehe Bild. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Aufwand für die Berechnung der Beschleunigungen nur linear mit der Dimension des Lösungsvektors steigt, so dass sich dieses Verfahren auch für sehr große Probleme unter quasi statischen Bedingungen anbietet.
Die Integrale, die im Prinzip von d’Alembert in der Lagrangeschen Fassung vorkommen, können im allgemeinen Anwendungsfall nicht exakt integriert werden. Stattdessen werden die Volumenintegrale mit numerischen Integrationsverfahren wie der Gauß-Quadratur berechnet, bei der das Integral als Summe gewichteter Integranden an Integrationspunkten angenähert wird.
In diesem Abschnitt werden die oben auftretenden Matrizen, die an jedem Integrationspunkt aufzubauen sind, angegeben.
Jedes Element modelliert ein von den Knoten aufgespanntes dreidimensionales Volumen des Körpers. Das Bild zeigt als Illustration ein acht knotiges Hexaeder-Element als Teilkörper eines Zahnrades. Die Koordinaten der Punkte im Element werden mit Formfunktionen in Abhängigkeit von lokalen Koordinaten
zwischen den k Knoten des Elementes interpoliert:
Der 3k × 1 Vektor enthält alle Komponenten der Knotenkoordinaten
und die 3 × 3k Matrix
die Formfunktionen Das Argument der Formfunktionen wurde hier der Übersichtlichkeit halber weggelassen und das soll auch im Folgenden geschehen.
Die Ableitung der Formfunktionen nach den globalen Koordinaten wird mit der Jacobi-Matrix berechnet:
Ein Index nach einem Komma bedeutet hier wie im Folgenden eine Ableitung nach der Variablen Die Matrix ist die transponiert inverse Jacobimatrix. Weil die Invertierung der Jacobimatrix bei der Koordinatentransformation immer gelingt und die Ableitung nach den lokalen Koordinaten analytisch machbar ist, ergeben sich aus der rechten Gleichung die gesuchten Ableitungen nach den globalen Koordinaten. Mit der Determinante der Jacobimatrix werden die für die Integration benötigten vektoriellen Oberflächenelemente und Volumenformen umgerechnet:
Hier wurde beispielhaft eine durch die Koordinaten X und Y beschreibbare Fläche angenommen.
Die Spannungen werden wie die Dehnungen in einen Vektor eingetragen
Auf Elementebene muss eine Materialroutine diese Spannungen aus Spannungen im letzten Zeitschritt einem Verzerrungsinkrement und eventuell weiteren inneren Variablen des Materialmodells berechnen:
Bei linearer Elastizität sind die Spannungen linear in den Verzerrungen Die 6×6 Matrix ist dann die von den Verzerrungen unabhängige Elastizitätsmatrix. Für die Anwendung des Newton-Verfahrens bei der Berechnung von Problemen mit nichtlinearem Materialverhalten muss die Ableitung der Spannungen nach den Verzerrungen bereitgestellt werden, was auf den konsistenten Tangentenoperator führt, der ebenfalls eine 6×6 Matrix ist. Bei linearer Elastizität ist Der Tangentenoperator ergibt sich aus der Ableitung der Spannungen nach den Verzerrungen an der Stelle der aktuellen Spannungen (und inneren Variablen, deren aktueller Wert bei der Berechnung der Spannungen anfällt):
Dann kann
geschrieben werden. Die Konsistenz bezieht sich darauf, dass der Tangentenoperator aus der Ableitung der Materialroutine und nicht im analytischen Materialmodell berechnet wird, das durch numerisch umgesetzt wird.
Die Längung eines einseitig eingespannten Zugstabes mit linear abnehmender Querschnittsfläche unter Einzelkraft am Ende, wie im Bild, soll berechnet werden. Dazu wird ein in x-Richtung liegendes, eindimensionales, zweiknotiges Stabelement konstruiert. Die x-Koordinate der Punkte im Stab, die Formfunktionsmatrix und Knotenkoordinaten bilden den Zusammenhang
mit Die Jacobi-Matrix degeneriert zu einer Zahl:
Mit ihrer Inversen berechnet sich die Ableitung der Formfunktionsmatrix:
Die Verschiebungen, die Formfunktionsmatrix und Knotenverschiebungen bilden den Zusammenhang
Im geometrisch linearen Bereich lauten die Dehnungen und die Verzerrungsverschiebungsmatrix
Von den Dehnungen gibt es hier nur eine konstante Komponente in Stabrichtung und gleiches gilt für die Spannungen:
worin von der Elastizitätsmatrix CL auch nur eine Komponente C benötigt wird. Die Querschnittsfläche wird mit zwei Parametern a und b beschrieben: A=a-bX. Damit wird das Volumenelement
Jetzt können die Reaktionen berechnet werden:
Das Integral berechnet sich zu
wenn Am die Querschnittsfläche des Stabes in der Mitte des Elementes ist. Damit steht die Steifigkeitsmatrix fest:
Die äußere Kraft berechnet sich aus einer konstanten Spannung σ am Ende des Stabes bei
Zwei Stabelemente halber Länge können zu einem Finite-Elemente-Modell des Stabes zusammengebaut werden. Das zweite Element ergibt sich analog zu den obigen Ausführungen mit den Knotenkoordinaten X2 und X3 und den Knotenverschiebungen U2 und U3, siehe Bild. Die Freiheitsgrade am Knoten 2 teilen sich beide Elemente. Assemblierung beider Elementbeiträge ergibt:
Die hochgestellten Indizes geben die Elementnummer an, also keine Potenzierung. Die Elementparameter ergeben sich aus den Knotenkoordinaten und den Definitionen für Am und L. Indem U1 gleich Null gesetzt wird und eine Kraft F am dritten Knoten angreift berechnen sich die Verschiebungen des zweiten und dritten Knotens aus der Matrizengleichung
Mit den Parametern in der Tabelle unten berechnet sich U2=0,032 und U3=0,109. In analoger Weise können prinzipiell beliebig viele Stabelemente kombiniert werden.
Für das Problem gibt es auch eine analytische Lösung. Die Dehnung im Stab ergibt sich – genauso wie im Element – aus ε=u,X und die Spannungen sind dazu proportional: σ=C ε=C u,X. Die Längskraft im Stab ist konstant gleich der Zugkraft, verteilt sich aber auf eine abnehmende Querschnittsfläche: F=(a-bX) σ=C(a-bX) u,X. Diese Differentialgleichung kann mit der Randbedingung u(0)=0 eindeutig gelöst werden:
Im Bild rechts ist diese analytische Lösung für die Verschiebung am Ende des Stabes bei X=L mit der FEM-Lösung unter Verwendung der in der Tabelle benutzten Parameter und variabler Elementezahl aufgetragen.
Die Konvergenz der FEM-Lösung gegen einen Grenzwert bei zunehmender Netzverfeinerung hat hier einen typischen Verlauf. Er resultiert daraus, dass das Stabelement eine über die Länge konstante Dehnung und Spannung aufweist, die Spannung im Stab aber aufgrund der abnehmenden Querschnittsfläche kontinuierlich zunimmt. Die Annäherung dieses glatten, monoton steigenden Verlaufs durch eine Treppenfunktion im FE-Modell ist immer genauer, je kleiner die Treppenstufen und damit je kleiner die Elemente sind.
Klaus-Jürgen Bathe: Finite-Elemente-Methoden: Matrizen und lineare Algebra, die Methode der finiten Elemente, Lösung von Gleichgewichtsbedingungen und Prinzipgleichungen. Springer, 1986, ISBN 3-540-15602-X.
Peter Wriggers: Nichtlineare Finite-Element-Methoden. Springer, 2001, ISBN 3-540-67747-X.
O. C. Zienkiewicz, R.L. Taylor, D.D. Fox: The Finite Element Method for Solid and Structural Mechanics. Elsevier, 2013, ISBN 978-1-85617-634-7.