Viljandi
Viljandi | |||
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Staat: | Estland | ||
Kreis: | Viljandi | ||
Gegründet: | 1283 | ||
Koordinaten: | 58° 22′ N, 25° 36′ O | ||
Höhe: | 83 m | ||
Fläche: | 14,62 km² | ||
Einwohner: | 17.244 (2022) | ||
Bevölkerungsdichte: | 1.179 Einwohner je km² | ||
Zeitzone: | EET (UTC+2) | ||
Telefonvorwahl: | (+372) 043 | ||
Bürgermeister: | Ando Kiviberg | ||
Postanschrift: | Linnu 2 71020 Viljandi | ||
Website: | |||
Viljandi (deutsch: Fellin) ist eine Hansestadt in Estland und die Hauptstadt des Kreises Viljandi im Süden des Landes. Mit knapp 17.300 Einwohnern[1] ist sie die sechstgrößte Stadt Estlands.
Die Entfernungen zu anderen Städten Estlands betragen: Tallinn 161 km (NW), Tartu 81 km (O), Pärnu 97 km (W).
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die ältesten Siedlungsfunde am Viljandi-See gehen bis ins fünfte Jahrtausend vor Christus zurück. Spätestens in der Wikingerzeit war von den Esten eine Burg errichtet worden. Die erste schriftliche Erwähnung erfolgte 1154 durch den Geographen Al-Idrisi.
Im 12. Jahrhundert setzte die erste dauerhafte Besiedlung rund um die Festung Viljandi ein, welche auch wirtschaftliches Zentrum des späteren Sakala-Distriktes wurde.
Nach dem Freiheitskampf im frühen 13. Jahrhundert wurde Viljandi durch den deutschen Schwertbrüderorden erobert. 1224 begann an Stelle der hölzernen Befestigung der Bau einer mächtigen Ordensburg, die als zeitweise größte des Baltikums galt. Sie wurde in den folgenden 200 Jahren immer weiter ausgebaut und modernisiert.
Im Jahre 1283 bekam Fellin die Stadtrechte vom Ordensmeister Wilhelm von Endorpe (Wilhelm oder Willikin von Endorpe gefallen am 26. März 1287 bei Riga im Kampf gegen die Semgallen) verliehen. Anfang des 14. Jahrhunderts wurde Fellin Mitglied der Hanse und somit ein wichtiger Punkt auf der Handelsroute von und nach Russland. 1346 wird die Stadt als Hansestadt in Dokumenten der Hanse erwähnt.
Während des Livländischen Krieges wurden Stadt und Ordensburg bei der Belagerung durch die Russen teilweise zerstört. Im Polnisch-Russischen Krieg, Anfang des 17. Jahrhunderts, folgte dann die weitestgehende Zerstörung der Anlage. Von der damaligen Pracht zeugen heute nur noch die am See gelegenen Schlossberge mit teilweise unversehrt gebliebenen Mauern.
Unter der schwedischen Herrschaft im 17. Jahrhundert wurde Fellin das Stadtrecht entzogen. Dieser Zustand hielt bis 1783 an, als durch eine Reform Katharina der Zweiten Fellin zur Hauptstadt des Kreises Fellin im Gouvernement Livland wurde. Mit dem wachsenden ökonomischen und politischen Einfluss stieg auch die Bevölkerung Viljandis wieder an. Bis heute ist Viljandi als Kreishauptstadt und mit diversen kulturellen Veranstaltungen ein bedeutendes Zentrum im Süden Estlands.
Politik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Stadtverwaltung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Stadtverordnetenversammlung Viljandis besteht nach den Wahlen vom 15. Oktober 2017 aus 27 Mitgliedern.[2] Sie verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Parteien und Gruppierungen (Spalte +/−: Differenz zur vorigen Wahl im Oktober 2013):
Partei | Mandate | +/− |
---|---|---|
Sozialdemokratische Partei | 9 | + 1 |
Estnische Reformpartei | 8 | ± 0 |
Pro-Patria- und Res-Publica-Union | 6 | − 2 |
Zentrumspartei | 2 | − 1 |
Konservative Partei | 2 | + 2 |
Pro-Patria- und Res-Publica-Union, die Estnische Reformpartei und die Zentrumspartei bilden in der Periode 2017–2021 eine Koalition.[3]
Städtepartnerschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Viljandi pflegt Städtepartnerschaften mit
- Valmiera in Lettland, seit 1960
- Porvoo in Finnland, seit 1961
- Ahrensburg in Schleswig-Holstein, Deutschland, seit 1989
- Härnösand in Schweden, seit 1990
- Eslöv in Schweden, seit 1991
- Frostburg in Maryland, USA, seit 2000
- Kretinga in Litauen, seit 2008
- Ternopil in der Ukraine
- Cumberland in Maryland, USA, seit 2013
Wirtschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Viljandi ist in der Region neben Pärnu und Tartu ein wichtiger Wirtschaftsstandort. Folgende Unternehmen sind in Viljandi ansässig:
- AS Hansa Candle
- AS Vennad-Dahl
- AS VEOLIA KESKKONNATEENUSED
- Benexon OÜ
- BHC AS
- CLEVERON OÜ
- DELUX OÜ
- Dold Puidutööstus AS
- Eesti Energia
- Eesti Gaas
- ESPAK AS
- Esro AS
- Farm Plant Eesti AS
- Foreco Homes AS
- Galvi-Linda AS
- Kinema OÜ
- Kolmeks AS
- Leho Kaubandus OÜ
- Lehola OÜ
- Nett AS
- Pärlin AS
- Pleksor OÜ
- Rovex AS
- Sveba-Dahlen Baltic AS
- Sovek AS
- Tere AS Viljandi
- TRAFOX EESTI OÜ
- Trame AS
- OÜ PRINT BEST PRINTING HOUSE
- Viljandi Metall AS
- Viljandi Naftabaas OÜ
- Viljandi Aken ja Uks AS
- WÜRTH AS
Kultur, Bildung, Sport
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Viljandi ist Veranstaltungsort des international bekannten, jährlichen „Viljandi Folk Music Festivals“.
Das Theater Ugala in Viljandi besteht seit 1920. Des Weiteren gibt es noch ein Puppentheater für Kinder, ein Kino, eine Bowling-Bahn, eine Sportschule mit Ruderclub, eine Musikschule und eine Hobbyschule für Freizeitaktivitäten.
Die Universität Tartu unterhält in Viljandi mit der Viljandi-Kulturakademie der Universität Tartu eine Höhere Bildungseinrichtung, die private Estonian Entrepreneurship University of Applied Sciences eine Niederlassung.[4]
Der Verein Tulevik Viljandi spielt aktuell in der Esiliiga, der zweithöchsten estnischen Fußballliga, war aber auch einige Jahre lang erstklassig. Der Verein trägt seine Heimspiele im Viljandi Linnastaadion aus.
Verkehr
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es gibt eine Bahnverbindung von Viljandi nach Tallinn. Ansonsten kann man vom Busbahnhof (Viljandi Bussijaam) aus sämtliche Städte und Orte in Estland erreichen. Von dort aus fahren mehrmals täglich ca. 50 Buslinien ab. Innerhalb der Stadt Viljandi und ihrer Vororte gibt es zudem ein Busnetz mit 8 Linien.
Söhne und Töchter der Stadt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Franz Burchard Dörbeck (1799–1835), deutschbaltischer Karikaturist und Maler
- Bernhard Heinrich Michelson (1812–1887), russischer Agronom und Hochschullehrer
- Leopold von Pezold (1832–1907), Journalist, Lehrer und Autor
- Johann Mathias von Holst (1839–1905), deutschbaltischer Architekt
- Gangolf von Kieseritzky (1847–1904), deutschbaltischer Archäologe
- Hans Schmidt (1854–1923), deutscher Musiker (Komponist und Klavier) und Dichter
- Elisabeth Schiemann (1881–1972), deutsche Genetikerin und Kulturpflanzenforscherin
- August Osvald Westrèn-Doll (1882–1961), deutsch-baltischer lutherischer Theologe und Pfarrer
- Georg Otto Lellep (1884–1975), Erfinder und Metallurg
- Joakim Puhk (1888–1942), Unternehmer und Sportfunktionär
- Ljubow Alexandrowna Golantschikowa (1888–1959), Testpilotin
- August Alle (1890–1952), Schriftsteller
- Harri Paris (1891–1941), Schauspieler
- Evi Liivak (1924–1996), Violinistin
- Uno Naissoo (1928–1980), Komponist und Musikpädagoge
- Henn-Kaarel Hellat (1932–2017), Schriftsteller
- Endel Mallene (1933–2002), Übersetzer und Literaturkritiker
- Steen Olaf Welding (1936–2019), Philosoph
- Jaak Kangilaski (1939–2022), Kunsthistoriker
- Raivo Mändmaa (* 1950), Architekt
- Sirje Tamul (* 1951), Historikerin
- Mart Laar (* 1960), Politiker und Historiker
- Helmen Kütt (* 1961), Politikerin
- Helir-Valdor Seeder (* 1964), Politiker
- Jaan Tätte (* 1964), Dramatiker, Schauspieler und Sänger
- Kaido Kreen (* 1965), Beachvolleyballspieler
- Meelis Atonen (* 1966), Politiker
- Urmas Kirs (* 1966), Fußballspieler
- Annely Peebo (* 1971), Opernsängerin (Mezzosopran)
- Riina Solman (* 1972), Politikerin
- Kristi Viiding (* 1972), Altphilologin und Übersetzerin
- Argo Arbeiter (* 1973), Fußballspieler
- Mati Pari (* 1974), Fußballspieler
- Madis Timpson (* 1974), Politiker
- Epp Petrone (* 1974), Journalistin, Verlegerin und Schriftstellerin
- Rauno Sirk (* 1975), Luftwaffenoffizier
- Aare Pilv (* 1976), Literaturwissenschaftler und Schriftsteller
- Sander Post (* 1984), Fußballspieler
- Ragnar Klavan (* 1985), Fußballspieler
- Triinu Kivilaan (* 1989), ehemalige Bassistin der Band Vanilla Ninja, jetzt Solokünstlerin
- Stefan Airapetjan (* 1997), Sänger armenischer Herkunft
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- O. Bendi, A. Kiisla, L. Märss, U.Roosimaa, K. Vilpart: Viljandi. Eesti Riiklik Kirjastus, Tallinn 1964.
- Erik Thomson: Fellin * Viljandi wie es war: Einhundert Ansichten. Herstellung: Edmund Hahn, Lüneburg 1986.
- Aare Olander: Viljandi kadunud vaatet. Tänapäev, 2015, ISBN 978-9949-27-829-9.
- Heiki Raudla: Viljandi lod ja legendid. Viljandi 2015, ISBN 978-9949-38-817-2.
- Toomas Karjahärm, Kirjastus Argo: Vana Viljandi ehitised ja inimesed. Argo, 2006, ISBN 978-9949-415-62-5.
- Eha Roosalu: Viljandi. OÜ Prind Best, 2013, ISBN 978-9949-33-072-0.
- Elmo Riig, Ragnar Kond: Viljandi town of creation. OÜ Meediatee, 2009, ISBN 978-9949-18-467-5.
- Elmo Riig, Ragnar Kond: Viljandisse to Viljandi. OÜ Meediatee, 2015, ISBN 978-9949-38-446-4.
- Martin Zeiller: Vellin. In: Matthäus Merian (Hrsg.): Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae (= Topographia Germaniae. Band 13). 1. Auflage. Matthaeus Merians Erben, Frankfurt am Main 1652, S. 28 (Volltext [Wikisource]).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Viljandi. hanse.org (teilweise englisch).
- Viljandi in Text und Bild. estlandia.de (deutsch)
- 360° Luftbild von Viljandi
- Video mit Luftbildaufnahmen von Viljandi 2015. youtube
- 3D-Karte von Viljandi. f4map.com
- Video von Viljandi im Winter 2017. youtube
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ RV0240: Population By Sex, Age And Place Of Residence After The 2017 Administrative Reform, 1 January. Abgerufen am 20. August 2022.
- ↑ Website der Stadt abgerufen am 5. Juli 2018
- ↑ Koalitsioonileping. (PDF) Website der Stadt.
- ↑ eek.ee ( vom 21. August 2012 im Internet Archive)