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Einführung
[Quelltext bearbeiten]In diesem Teil lernst Du Basistechniken, wie Du Vorgänge und menschliche Tätigkeiten filmst und daraus einen sinnvollen Beitrag schneidest. Als zweite wichtige dokumentarische Methode geht es darum, wie man Interviews dreht - sowohl inhaltlich (Fragetechnik, Gesprächsführung etc.) als auch technisch (Bild einrichten, sauberer Ton etc.). Diese Techniken sind am ehesten mit denen des Dokumentarfilms und des (TV-)Journalismus vergleichbar.
Gestaltungsebenen im Film
[Quelltext bearbeiten]Film wird oft auf das Bild/die Bilder reduziert, doch genau betrachtet verfügt Film (im dokumentarisch-journalistischen Sinn) über fünf Gestaltungsebenen, die alle Informationen und Emotionen transportieren.
- Bild - i.d.R. mindestens 24 Bilder pro Sekunden, da ab dieser Bildwiederholungsrate das menschliche Auge nicht mehr zwischen Einzelbildern unterscheiden kann und die in Einzelbildern aufgenommene Bewegung als flüssig wahrnimmt. Kann aber auch (animierte) Standbilder meinen.
- (atmosphärischer) Ton - die Geräuschkulisse, die natürlicherweise die gefilmte Situation begleitet. So wie wir Menschen nicht nur sehen, sondern zugleich auch immer hören (es sei denn, wir halten uns die Ohren zu), empfinden wir Bilder ohne Ton als unwirklich und unvollständig.
- O(=On)-Ton - gesprochenes Wort, dessen Quelle im Bild zu sehen ist, z.B. ein Interviewpartner
- Off-Ton - gesprochenes Wort, dessen Quelle im Bild NICHT zu sehen ist, z.B. ein Text, der von einem Sprecher zu den Bildern eingesprochen wird
- Musik - v.a. solche, deren Quelle NICHT im Bild zu sehen ist (im Gegensatz z.B. zu einem Konzertfilm). Musik im Dokumentarfilm sollte sehr vorsichtig eingesetzt werden, ist jedoch gerade als Transporteur für Emotionen sehr wichtig.
Storytelling
[Quelltext bearbeiten]In diesem Teil der Lehr- und Lernmaterialien geht es nicht um fiktive Charaktere und ausgedachte Geschichten. Das heißt aber nicht, dass man die Kamera einfach nur „draufhält“. Auf diese Weise kann ein Film nämlich nur sehr wenige Aspekte eines Themas (oder Person, Bauwerk etc.) erklären und das nur auf eine vergleichsweise langweilige Art und Weise. Gerade abstrakte und bildarme Themen bedürfen einer Geschichte, um sie erfassen zu können.
Exkurs
Man sollte sich von einem vermeintlichen Widerspruch verabschieden: Während dokumentarisch-journalistischen Filmen gemeinhin ein hoher Informationsgehalt und eine objektive Position zugeschrieben wird, haftet Geschichten (sei es in Literatur oder Film) oft der Ruf an, eher unterhalten als informieren zu wollen - und das aus einer subjektiven Position heraus. Während Information/Objektivität als hochwertig, qualitätsvoll und wichtig gelten, werden Unterhaltung/Subjektivität gerne gegenteilige Assoziationen entgegengebracht. Untersuchungen aus Kommunikationswissenschaft und kognitiver Forschung zeigen indes, dass Informationen von Menschen am besten aufgenommen und erinnert werden können, wenn sie nicht in Reinform (z.B. Börsentabelle) präsentiert, sondern mit Emotionen gekoppelt werden. Genau dieses Potenzial haben Geschichten, die auf Grund ihrer Protagonisten und Dramaturgie den Leser/Zuhörer/Zuschauer fesseln. Deswegen sind Geschichten in menschlichen Gesellschaften seit Jahrtausenden als Vehikel zur Weitergabe von Informationen etabliert. Auch Dokumentarfilmer sollten daher um Geschichten und ihre Mechanismen wissen und sich diese zu Nutze machen. Kurz gesagt: Filme transportieren IMMER Information UND Emotion - und wer möchte, dass seine/ihre Filme gesehen und als nützlich empfunden werden, sollte dies bedenken.
Geschichten zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht „einfach anfangen“, vor sich hin plätschern und irgendwann „vorbei sind“. Sie verfügen über einen bestimmten Anfang, einen Verlauf (siehe hierfür auch Dramaturgie) und ein geplantes Ende. Filmische Geschichten sind daher „gestaltete Zeit“. Am Ende sollte der Zuschauer die Informationen erfasst haben, die der Filmemacher zu einem bestimmten Thema transportieren wollte und er soll ein Gefühl entwickelt haben (der Person, der Sache oder dem Thema gegenüber).
Die Heldenreise
[Quelltext bearbeiten]Viele Filmhandlungen, Spiel- und Dokumentarfilme gleichermaßen, lassen sich auf die so genannte Heldenreise zurückführen. Diese zeichnet aus, dass ein Protagonist im Verlauf der Erzählung vor eine Herausforderung gestellt wird, sich an dieser abarbeitet und dadurch eine Veränderung duchlebt, die ihn am Ende der Handlung anders dastehen lässt als zu Beginn. Ob der Protagonist die Herausforderung meistert oder nicht, ist weit weniger entscheidend als die Veränderung, die die Hauptperson durchlebt. Für Deine Zwecke heißt das, dass Du im Zusammenhang mit Deinem favorisierten Thema nach möglichen Protagonisten und Herausforderungen suchen musst, um es „erzählbar“ zu machen. Ein Überblick über die einzelnen Elemente eines dokumentarischen Filmes:
Ein Protagonist …
… kann menschlich (Mann, Frau, Kind etc.), tierisch (WM-Orakelkrake Paul etc.) oder gegenständlich/abstrakt sein (z.B. die Kreidefelsen von Rügen, „die FDP“).
… verfügt über bestimmte Eigenschaften (alt, jung, Vorhersagekräfte, beeindruckend, vom Untergang bedroht etc.).
… will etwas, oder allgemeiner: Er verfügt über eine (oder mehrere) Handlungsmotive (etwas verändern/erlangen, den Spielausgang richtig tippen, den Wandererhorden/der Bodenerosion trotzen, sich neu erfinden etc.)
In besonders reiner Form werden Protagonisten oft in Filmen für Kinder eingeführt, z.B. in der Sendung mit der Maus.
Ein denkbares Beispiel:
Wir sehen einen Jungen in einer Küche, wie er Backutensilien aus einem Schrank auf die Arbeitsfläche räumt. Dazu hören wir den Off-Text:
„Das ist Stefan. Stefan backt gerne Kuchen mit seiner Mutter. Doch heute möchte er etwas anderes backen: ein Brot.“
In diesen wenigen Sekunden sind alle für den Film übers „Brotbacken“ relevanten Protagonisteninformationen benannt: Du hast einen menschlichen Protagonisten vor Dir (Junge) mit bestimmten Eigenschaften (Name: Stefan, backbegeistert: Kuchen) und einer bestimmten Motivation (etwas anderes als sonst machen, nämlich: Brot backen). WICHTIG: Du musst die Eigenschaften und Motivationen herausarbeiten, die für dein Thema relevant sind. Ob Stefan in zwei Monaten Geburtstag hat, vor einer Woche das Seepferdchen gemacht hat oder gern in die Schule geht, ist an dieser Stelle unerheblich und muss daher nicht kommuniziert werden.
Es ist wichtig, dass Du die Beziehungen zwischen Motivation, Eigenschaften und Herausforderung erkennst und herausarbeitest. Die konkrete Herausforderung für Stefan im Beispiel oben besteht darin, „ein Brot zu backen“. Das passt zu seiner Eigenschaft (er backt gerne), kontrastiert aber insofern, dass Stefan etwas zum ersten Mal macht, weil er bislang nur Kuchen gebacken hat. Das macht das Brotbacken hier auch erst zur Herausforderung: Für den 52-jährigen Bäckermeister Klaus Schmidt ist Brotbacken keine Herausforderung, sondern über Jahrzehnte eingeübte Routine. Routinevorgänge sind indes selten spannend. Dieser Unterschied zwischen Eigenschaft und Herausforderung wird auch „Fallhöhe“ genannt. Je größer die Fallhöhe, desto spannender die Geschichte.
Rote Fäden
[Quelltext bearbeiten]Rote Fäden (siehe Legende vom Labyrinth des Minotaurus/Ariadnefaden) strukturieren Geschichten und vermitteln dem Zuschauer das Gefühl, etwas vollständig miterlebt und verstanden zu haben. Wenn der Film über Stefans Brotbacken enden würde, nachdem er die Form in den Ofen geschoben hat, wären die Zuschauer irritiert und frustriert. Man will wissen, ob das Brot fertig, sprich: am Ende aus dem Ofen genommen, probiert und (hoffentlich) für gelungen befunden wird. Erst dann ist auch die Veränderung von Stefan abgeschlossen: Er ist nun nicht mehr nur Kuchenbäcker, sondern kann auch Brot backen. Und erst nach Überwinden einer Herausforderung, kann der Zuschauer dem Protagonisten und dem aufwändigen Vorgang gegenüber z.B. Respekt empfinden (Emotion). Zudem hat er am Einzelfall ALLE wichtigen Schritte miterlebt, die zum Brotbacken dazu gehören (Information).
Rote Fäden als Strukturelemente von Filmen können aber nicht nur Herstellungsprozesse sein, sondern auch:
- Zeitverläufe (z.B. ein Tag im Leben eines Autobahnpolizisten, das Dorf im Wandel der Jahreszeiten)
- Raumverläufe (ein Rundgang durchs Museum, die „Route 66“)
, um nur die wichtigsten zu nennen.
In ihrem Zeitverlauf folgen viele Heldenreisen dem klassischen, fünf- (oder dreiaktigen) Regeldrama: Nach einer Exposition, in der die Zuschauer den/die Protagonisten samt Eigenschaften/Motiven und Herausforderung kennenlernen, entwickelt sich die konkrete Auseinandersetzung mit der Herausforderung („Spannungsbogen“). Diese verläuft zumeist an Hand von mehreren Unter-Herausforderungen, so dass sich spannende und entspannende Phasen (retardierende Momente) abwechseln. In klassischen dramaturgischen Strukturen lösen sich am Ende die Spannungen, die sich aus dem Verhältnis von Protagonist(en) zu(r) Herausforderung(en) ergeben, so dass der Zuschauer beruhigt aus der Geschichte entlassen wird.
Produktion
[Quelltext bearbeiten]Produktionsplanung
[Quelltext bearbeiten]Irgendwann in dem Prozess, wenn Du Ideen entwickelst, wie eine Geschichte zu einem Thema aussehen könnte, solltest Du anfangen, dir Notizen zu machen. Ein aufwändig gezeichnetes Storyboard ist bei dokumentarischen Stoffen meistens zu viel des Guten. Wenn es dir jedoch hilft, deine Idee zu entwickeln: Go for it! Ansonsten ist eine Sequenzübersicht sehr hilfreich. Diese listet in Tabellenform die Abschnitte der Filmhandlung hintereinander auf. Sie sollte über mindestens drei Spalten verfügen: In der ersten Spalte führst Du auf, was in dem jeweiligen Abschnitt passiert (Inhalt), in der zweiten, was zu sehen ist (Bild) und in der dritten, was zu hören ist (Ton).
Scheue dich nicht, unfertige und nicht perfekte Abläufe aufzuschreiben! Erst dann kannst Du konstruktiv damit arbeiten. Oftmals wirst Du so erst logische Fehler und Lücken entdecken, die dir sonst nie aufgefallen wären. Du wirst oft mit Menschen (z.B. Interviewpartnern) über Aussage und Ablauf deines Films sprechen. Dann erleichtert es ein aufgeschriebenes Skript anderen, sich eine Vorstellung von dem Film zu verschaffen.
Von dem Filmablauf (nenne es Storyboard, Sequenzablauf oder Skript - ganz, wie Du willst) hängen auch alle weiteren produktionsrelevanten Fragen ab:
- Wie oft drehst Du?
- Mit wem drehst Du?
- Welche Szenen drehst Du?
- Welche Fragen stellst Du wem?
- Wo drehst Du?
- Welches Equipment benötigst Du dafür?
…
Diese Fragen lösen stets eine Reihe von Folgefragen und Aufgaben aus, um nur einige zu nennen:
- Interviewfragen absprechen
- Drehgenehmigungen einholen (um dir die Zustimmung von Protagonisten und Interviewpartnern schriftlich geben zu lassen, kannst Du das rechts stehende Dokument verwenden)
- ggf. Requisiten besorgen
- Equipment beschaffen (kaufen, leihen)
- Batterien laden
…
Verliere dich nicht in Kleinigkeiten und versuche nicht, Drehs mit echten Menschen an echten Schauplätzen zu detailliert vorauszuplanen. Vieles hängt vom Moment ab. Mit der Zeit wirst Du das notwendige Selbstvertrauen lernen, spontan auf Gegebenheiten zu reagieren. Generell aber gilt: Je besser die Planung, desto weniger Stress beim Dreh!
Kamera-Set-Up
[Quelltext bearbeiten]Unterschiedliche Kameras gibt es wie Sand am Meer - und alle haben ihre eigenen Stärken und Schwächen und noch viel mehr Schalter, Knöpfe und Rädchen. An dieser Stelle einen wie auch immer gearteten Überblick geben zu wollen, ist unmöglich. Stattdessen sollst Du einen Überblick erhalten, auf welche grundlegenden Mechanismen und Einstellungsmöglichkeiten Kameras aufbauen und die sich ab einem gewissen Level bei so gut wie allen Typen wiederfinden. Zu schauen, wie sich das genau an deiner eigenen Kamera umsetzen lässt, ist deine Aufgabe.
Generell gilt: Arbeite mit dem Equipment, das Du zur Verfügung hast und mit dem Du dich wohl fühlst!
Überfordere dich nicht, indem Du für einen Dreh eine dir unbekannte Kamera nutzt. Es wird dich unnötig stressen und zu unbefriedigenden Ergebnissen führen. Wenn Du das Gefühl hast, etwas ausprobieren zu wollen, leih dir eine Kamera, die dich reizt und probier sie in aller Ruhe ein paar Tage aus. Nutze sie erst im Anschluss für einen Dreh, bei dem es „darauf ankommt“.
Außerdem gilt: Die teuerste Kamera mit den meisten Einstellungsmöglichkeiten ist nicht immer die beste!
Ein führender Tech-Bloger antwortete im Herbst 2014 auf die Frage, welche Entwicklung im Smartphone-Bereich in den vergangenen Jahren ihn am meisten beeindruckt habe: „die Kameras“. Zurecht - viele Handy-Cams verfügen über eine hervorragende Auflösung, gute Stabilisierung und clevere Automatiken. Ihre Schwächen sind oftmals die Lichtstärke und - quasi immer - die Ton-Aufnahme.
Alle Digitalkameras (egal, ob Foto- oder Filmkameras) haben gemeinsam, dass sie Lichtsignale aufzeichnen, die durch eine Optik auf einen lichtempfindlichen CHIP fallen. Merke: ohne Licht kein Film!
Deswegen greifen Kameras auf folgende Einstellungsmöglichkeiten zurück, die allesamt mit Licht zu tun haben:
- Blende
- ND-Filter
- Weißabgleich
Darüber hinaus ist wichtig:
- Schärfe
Bei vielen Kameras (z.B. in Smartphones) hat man wenige bis keine Möglichkeit, diese Parameter mit der Hand zu kontrollieren. Viele Kameras haben einen Modus, in dem sich Automatiken um alles (oder um einzelne Einstellungsmöglichkeiten) kümmern. Das führt jedoch oft zu ungeplanten Ergebnissen (unscharfe Objekte, falsche Farben, „Pumpen“ der Blendenautomatik etc.) Deshalb lohnt es sich, einmal „unter die Haube zu schauen“, um die Einstellungsmöglichkeiten zu verstehen. Und auch wenn Du die Kamera nicht im komplett manuellen Modus nutzen willst oder kannst, so kann Dir zumindest der halbautomatische Modus das Leben enorm erleichtern, ohne die unerwünschten Nebeneffekte zu haben.
Blende
[Quelltext bearbeiten](ausführlicher Artikel hier)
Sie kontrolliert, wie viel Licht auf den Aufnahmechip der Kamera fällt. Die Blende ist vergleichbar mit der Iris des menschlichen Auges. Wenn wir in die Sonne schauen, zieht sich die Iris zusammen, damit wenig Licht auf die Netzhaut fällt (und manchmal kneifen wir sogar noch die Augenlider zusammen). Ist es dunkel, weitet sich die Iris, um möglichst viel Restlicht einfangen zu können. So funktioniert auch die Blende. Wie weit diese geschlossen ist, gibt der Blendenwert an. Je höher der Wert, desto stärker ist die Blende geschlossen. Je niedriger, desto stärker ist sie geöffnet. Bei manchen Kameras bedeutet „OPEN“, dass das Licht ungehindert auf den Chip fällt.
ND-Filter
[Quelltext bearbeiten](ausführlicher Artikel hier)
Der „Neutral Density“-Filter ist wie eine „Sonnenbrille“ für die Kamera und eine weitere Möglichkeit, die Menge des einfallenden Lichtes zu regulieren. Da Kamera-Chips inzwischen lichtstark genug sind, um auch das Drehen in schlecht beleuchteten Innenräumen zu ermöglichen, sind sie bei Tageslicht-Situationen schnell überfordert und die Bilder dann hoffnungslos überbelichtet. Um dann nicht immer hart an der Grenze zur geschlossenen Blende drehen zu müssen, kannst Du mit dem ND-Filter die Menge des einfallenden Lichtes generell reduzieren.
Faustregel:
Solange drinnen: kein ND-Filter
Sobald draußen (bewölkt): mindestens 1/4
Sobald die Sonne zu sehen ist: auf 1/16
Sobald wolkenloser Himmel: auf 1/64
Weißabgleich
[Quelltext bearbeiten](ausführlicher Artikel hier)
Kameras ähneln zwar in vielen Details dem menschlichen Auge, funktionieren aber doch anders. Kameras bilden unterschiedliche Lichtsituationen (der wichtigste Unterschied: Kunstlicht vs. natürliches Licht) unterschiedlich ab, wohingegen das Auge sich automatisch anpasst. Unterschiedliche Grade von Farbtemperatur sorgen dafür, dass ohne Nachregulierung eine Kamera eine von Kunstlicht beschienene weiße Fläche als zu rot bzw. eine von natürlichem Licht beschienene als zu blau darstellt.
Bei der Beurteilung der Lichtsituation ist nicht entscheidend, ob Du dich drinnen oder draußen befindest. Du musst Dir einen Überblick verschaffen, welche Lichtquelle die dominierende ist. Viele Kameras verfügen über Presets für natürliches Licht und Kunstlicht. Schwierig sind „Mischlicht-Situationen“ (z.B. am Fenster eines beleuchteten Raumes) oder ungewöhnliche Lichtquellen wie beispielsweise Leuchtstoffröhren, da diese wiederum über abweichenede Farbtemperaturen verfügen. Dafür bieten viele Kameras einen „manuellen Weißabgleich“ an.
Du solltest Mischlicht-Situationen vermeiden bzw. einen Wechsel (z.B. Du verfolgst mit der Kamera einen Mann, der von draußen in ein Haus geht) in zwei Einstellungen drehen.
Schärfe
[Quelltext bearbeiten]Mit dem Schärferad (oder Objektivring oder Display-Schieber oder oder oder) kontrollierst Du, welche Objekte vor der Kamera scharf erscheinen. I.d.R. sollten das die sein, die für Deinen Film wichtig sind. Je nach Kamera-Typ und Zoom-Faktor kann der Schärfebereich sehr klein oder auch sehr groß sein. Prinzipiell solltest Du so wenig wie möglich zoomen, dann bist Du im Weitwinkel-Bereich, der über eine größere Schärfetoleranz verfügt. Auch übertragen sich Wackler an der Kamera (gerade, wenn Du „aus der Hand“ drehst), viel stärker auf das Bild, wenn Du stark gezoomt hast. Wenn Du ein Objekt in Großaufnahme zeigen möchtest: Geh nah ran! Das geht natürlich nur bis zu einem bestimmten Annäherungsgrad. Bei Makro-Aufnahmen wirst Du die Schärfe manuell nachregeln müssen.
Ton
[Quelltext bearbeiten]Wie bereits oben gesagt: Ohne Ton keine Emotion und ohne Ton kein Film! Ton im Film ist jedoch eine Wissenschaft für sich und die Vielzahl der Möglichkeiten sowie Typen- und Anschlussvarianten noch unüberschaubarer. Deswegen im Folgenden einige Ratschläge:
Ton IMMER mitdrehen!
Selbst wenn Du in einem Kloster oder einer Bibliothek drehst: Nur weil es leise ist, heißt das nicht, dass Du keinen Ton aufzeichnen musst. Die jeweilige Ton-Kulisse („Atmo“) charakterisiert einen Raum und so paradox es klingt: Wir glauben erst, dass wir in einem Kloster oder einer Bibliothek, wenn wir hören, dass wir eben nur sehr wenig hören. Ergo: Ohne Atmo ist ein Raum tot.
Versuch so nah wie möglich an die wichtige Ton-Quelle heranzukommen!
Das ist besonders wichtig, wenn Du Interviews drehst. Hier fungiert der O-Ton als wichtigste Informationsebene. Greif gern auf ein Anstecker-Mikrophon zurück, das Du deinem Gesprächspartner ans Rever heftest. Das menschliche Ohr sucht automatisch nach der Quelle, die sich am deutlichsten von der Umgebung abhebt.
Nutze externe Mikrophone, wenn Du kannst!
Interne Mikrophone sind oftmals von schlechter Qualität.
Höre beim Drehen mit!
Schließe (wenn möglich) einen Kopfhörer an die Kamera an, um mitzubekommen, wann Du den Ton zu laut oder zu leise gepegelt hast oder wann es z.B. einen Ton-Knackser gegeben hat.
Der „Five-(5)-Shot“
[Quelltext bearbeiten]Im folgenden wirst Du eine grundlegende dokumentarische Dreh-Methode kennenlernen, die das Handwerkszeug für alle Arten von Filmen darstellt.
Der Five-Shot ist aus vielen Gründen nützlich, Die zwei wichtigsten sind:
1. Er erlaubt dir, Menschen und ihre Handlungen so zu filmen, dass die wichtigsten Zuschauerfragen filmisch beantwortet werden: Wer macht hier was und wo?
2. Material, das in 5-Shot-Manier gedreht ist, lässt sich immer schneiden.
Du wirst bei der Planung und beim Dreh immer wieder vor der Entscheidung stehen, welche Situationen für dein Thema relevant und charakteristisch sind. Aus filmdramaturgischen Erfordernissen, wie Du sie oben kennengelernt hast, ergibt sich zwangsläufig: Die Protagonisten in deinem Film sind nicht einfach „irgendwie da“, sondern Du willst herausarbeiten, was sie tun, auf Grund welcher Qualifikationen/Eigenschaften und mit welchen Zielen. Der 5-Shot hilft dir dabei.
Einstellungsgrößen im Film
[Quelltext bearbeiten](ausführlicher Artikel hier)
Wichtig, um den 5-Shot zu beherrschen, ist das Verständnis von Einstellungsgrößen und dass Du mit ihrer Hilfe die Aufmerksamkeit des Zuschauer auf unterschiedliche Dinge lenken kannst. Im Verlauf der Filmgeschichte ist ein Kategorisierungssystem gewachsen, um genau diese Frage zu beantworten: Wie nah ist die Kamera an einem Objekt dran?
Von nach dran bis weit entfernt lauten die Einstellungsgrößen - beispielhaft bezogen auf das Objekt Mensch:
Gesetzt den Fall, Du brauchst für deinen Film eine Sequenz, wie dein Protagonist am Bildschirm arbeitet.
Die erste Frage, die sich uns als Zuschauer stellt, ist:
Was passiert hier?
Diese Frage beantwortest Du mit einer Großaufnahme der Handlung.
Die zweite Frage, die sich uns als Zuschauer stellt, ist:
Wer ist das?
Diese Frage beantwortest Du mit einer Großaufnahme der handelnden Person.
Eine weitere wichtige Frage ist:
Wo findet das Ganze statt?
Diese Frage beantwortest Du, indem Du ein paar Schritte zurück gehst, und eine (Halb-)Totale der Handlung drehst.
Um Handlung und Person zu verbinden, drehst Du im Anschluss eine Over-Shoulder-Einstellung.
Die fünfte Einstellung ist optional, aber umso schöner, wenn sie dir gelingt: Der Wow-Shot. Hier filmst Du die Handlung aus einer ungewöhnlichen Perspektive, mit einem besonderen Objekt im Vordergrund oder etwas anderem. Die Einstellung heißt so, weil der Zuschauer beim Ansehen spontan "Wow" rufen (oder zumindest denken) soll. Vergiss nicht: Film ist ein visuelles Medium und der Zuschauer goutiert (oft unbewusst), wenn etwas schön aussieht.
Wichtige Ergänzungen zum 5-Shot:
- Der Five-Shot kann erstmal nicht beantworten, warum jemand etwas tut. Diese Informationen müssen über andere Informationsebenen im Film transportiert werden, z.B. im Off-Text.
- Zu Beginn besteht der Five-Shot aus stehenden Einstellungen. Später kannst Du auch mit Schwenks, Gängen etc. experimentieren.
- Der 5-Shot eignet sich besonders für fortlaufende Tätigkeiten. Wenn Du filmst, wie jemand einen Brief aufreißt oder hinfällt, ist es sinnlos, diesen kurzen Moment in mehreren Einstellungen als 5-Shot zu drehen.
Wenn Du eine Situation/Tätigkeit in Five-Shot-Manier drehen möchtest, gehe folgendermaßen vor:
- Verschaffe Dir einen Überblick, was passiert. Drehe nicht einfach drauf los!
- Halte die Kamera in der Hand, damit Du flexibel die Einstellungsgrößen verändern kannst. Vom Stativ drehen bedeutet mehr Umbauzeit, die Du wahrscheinlich nicht hast!
- Drehe weitwinklig, zoome NICHT! Je stärker zu gezoomt hast (je länger die Brennweite ist), desto wackliger wird das Bild und desto schwerer fällt es, die Schärfe zu treffen!
- Halte die Kamera ruhig und dreh gerade Bilder. Orientiere Dich an horizontalen und vertikalen Linien/Objekten im Bild dar und dreh keine verkanteten/schrägen Bilder!
- Lass die Kamera durchlaufen, auch während Du Einstellungsgröße und Position wechselst!
- Halte jede Einstellung MINDESTENS fünf (besser zehn) Sekunden und zähle innerlich mit!
- Vermeide Schwenks, Reißzooms und sonstige abrupten Bewegungen der Kamera!
Ein mögliches Ergebnis sieht so aus: Beispielvideo 5-Shot
„Guerilla Filmmaking“
[Quelltext bearbeiten]Es gibt viele Möglichkeiten, wie Du aus deinem Equipment bessere Ergebnisse herausholen kannst, ohne gleich viel Geld in Hand nehmen zu müssen. Sei dazu neugierig und experimentierfreudig. Recherchiere im Internet, schau dir Tutorial-Videos an, befrage Experten! Eine kleine Übersicht gibt es hier. Vieles mag dir wie Improvisation vorkommen, aber das ist beim Film - auf jeder Niveaustufe, auch bei professionellen Produktionen - der Fall!
Als Verbesserungspotenziale lassen sich drei Groß-Bereiche benennen:
Weniger Wackeln
[Quelltext bearbeiten]Weniger Gewicht ist bei Kameras nicht immer von Vorteil, da es dazu verleitet, die Kamera unkontrolliert viel zu bewegen. Ein Stativ (für Interviews) und/oder ein so genanntes „Rig“ (für dokumentarisches Drehen im 5-Shot-Stil) können da Abhilfe schaffen, weil sie die Kamera stabilisieren. Gerade für kleine, nicht für den Dauer-Betrieb ausgelegte Kameras (z.B. in Smartphones) bieten sich Griffe an. Oftmals haben die den Vorteil, dass Du an ihnen auch externe Mikrophone befestigen kannst. Prinzipiell: Alles, was Dich deine Kamera ruhiger halten lässt, ist gut und sinnvoll.
Bessere Bildqualität
[Quelltext bearbeiten]Wenn Du z.B. mit einer DSLR-Kamera drehst, kannst Du andere Objektive ausprobieren, um neue Perspektiven realisieren zu können. Du kannst auch andere Kameratypen leihen und ausprobieren, ob sie dir zusagen und den gewünschten Verbesserungseffekt bringen. Für Dein Smartphone können z.B. Aufsteck-Objektive neue interessante Perspektiven bieten.
Vieles lässt sich aber auch verbessern, ganz ohne, dass Du Geld für neues Equipment ausgeben musst:
- Sei kreativ in der Bildgestaltung.
- Arbeite kreativ mit Licht, sei es drinnen oder draußen. Nutze z.B. Reflektoren (draußen) und künstliche Lichtquellen (drinnen).
- Beachte bei der Bildkomposition die Regeln des Goldenen Schnittes und versuche, Deine Bilder in der Tiefe zu staffeln.
Bessere Tonqualität
[Quelltext bearbeiten]Um den Ton verbessern zu können, solltest Du dir immer wieder vergegenwärtigen, welch wichtige Rolle der Ton im Film spielt. Es ist hilfreich, mit externen Mikrophonen zu arbeiten, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Selbst für Smartphones gibt es für kleines Geld externe Lösungen, die den internen Aufnahmemöglichkeiten überlegen sind. Zum einen solltest Du darauf achten, einen qualitätsvollen Atmo-Ton aufzuzeichnen. Für Interviews kannst Du mit Anstecker-Mikrophonen arbeiten, um für eine bessere Sprachqualität zu sorgen. Diese schließt Du entweder direkt an die Kamera an oder Du arbeitest mit einem separaten Aufnahmegerät. Dann musst Du allerdings den Ton nachträglich mit dem Bild synchronisieren. Einige Schnittprogramme (z.B. Final Cut Pro) bieten geeignete Software-Lösungen dafür. Sonst musst Du nach Aufnahmestart eine Handklappe schlagen, indem Du einmal klatschst, so dass die Hände im Bild zu sehen sind. Auf diese Weise hast Du einen Schnittpunkt (Klatschen im Bild UND auf der Tonspur), mit dessen Hilfe Du Ton- und Bildspur händisch synchronisieren kannst.
Unterschätze nicht den Effekt, den Verbesserungen auf die Zuschauer haben. Wenn dein Film professionell, qualitätsvoll und visuell ansprechend ist, werden ihn mehr Menschen gucken und ihm eher Glauben schenken. Vergiss nicht, dass die Prozesse, nach denen Zuschauer solche Werturteile fällen, oft unbewusst ablaufen.
Experten-Interviews führen
[Quelltext bearbeiten]-
Interview Aufbau (Hinteransicht)
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Interview Aufbau (Vorderansicht)
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Interview Aufbau (Seitenansicht)
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Interview Aufbau auf DSLR LCD
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Lavalier Mikrofon Nahaufnahme
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Funkempfänger Nahaufnahme
Immer wieder wirst Du für deinen Film Menschen befragen wollen, deren einzelne Antworten entweder deinen Film bereichern oder „allein“ als Statements stehen sollen. Das Thema Interview hat eine technische und eine inhaltliche Seite. Bevor es an die technischen Aspekte geht, einige Vorbemerkungen:
- Du wirst oft vor die Frage gestellt sein, ob Du einen oder mehrere Gesprächspartner gleichzeitig interviewst. Der Rat: In Ausnahmesituationen kann ein Zweier- oder Gruppeninterview Sinn machen. Ansonsten interviewe Gesprächspartner nacheinander. Es ist um einiges einfacher: Du kannst ihnen nacheinander den Anstecker ans Revers heften, es wird nicht immer der eine (der nicht dran ist) irritiert in die Gegend schauen und der Befragte fühlt sich i.d.R. auch wohler.
- Such Dir einen Ort, wo ihr euch in Ruhe unterhalten könnt. Es wird die Tonqualität verbessern und für die Gesprächsatmosphäre ist es auch von Vorteil, wenn ihr nicht gestört werdet.
- Beachte den Lichteinfall. Achte darauf, dass das Licht nicht von hinten oder von der Seite kommt, da es dir sonst a) sehr schwer gemacht wird, das Gesicht deines Gesprächspartners richtig zu belichten und b) er oder sie starke Schatten im Gesicht haben wird und eine Gesichtshälfte im Dunkel liegt.
Sobald entschieden ist, wer wo und wie beleuchtet interviewt werden soll, gilt es, das Bild (und deinen Gesprächspartner darin) einzurichten. Grundsätzlich solltest Du folgendes beachten bzw. entscheiden:
- Der Interviewte soll nicht in die Kamera schauen! Das bricht mit dem Filmstil und würde zu einer irritierenden direkten Ansprache des Publikums führen.
- - Vermeide flache Bilder und platziere deinen Gesprächspartner nicht direkt vor einer Wand. Das wirft unschöne Schatten und sieht nicht gut aus.
- Wenn Du einen geeigneten „tiefen“ Hintergrund hast, hast Du die Möglichkeit, Deinen Gesprächspartner entweder LINKS
- Auf die Vertikalachse bezogen, kannst Du die Kamera so ausrichten, dass sie den Interview-Partner entweder neutral einfängt (Kamera auf Augenhöhe)
- Auch hier gelten die Regeln des goldenen Schnittes - sowohl, wenn Du das Bild eher nah einrichtest oder eher weit
Bildkomposition
[Quelltext bearbeiten]Auch bei der Bildeinrichtung gibt es kein Richtig und kein Falsch - sehr wohl aber einige Gesetzmäßigkeiten. Ansonsten sei dir bewusst, dass z.B. eine Untersicht einen Gesprächspartner erhabener da stehen lässt/Respekt transportiert und eine sehr weite Einstellung ihn oder sie „allein auf weiter Flur“ dastehen lässt. Gerade im Wikipedia-Kontext wird die neutrale Einrichtung (Kamera auf Augenhöhe, Bild nicht zu weit) am geeignetsten sein. Und:
Lass Dem Interview-Partner genug „Headroom“ und schneide in weiten Einstellungen die Stirn nicht an.
Nachdem Du deinen Interview-Partner platziert hast, musst Du dich platzieren:
- Rücke so nah wie möglich an die Kamera heran, damit der Interviewte nicht im Seiten-Profil zu sehen ist (trotzdem: Er darf nicht IN die Kamera gucken - bitte ihn am besten vorab freundlich darum!!).
- Setz dich so, dass Du das Display zwischendurch kontrollieren kannst - gerade bei engen Bildausschnitten.
- Höre - wenn möglich - unbedingt de Ton mit.
- Halte Augenkontakt mit deinem Gesprächspartner und erkläre im Vorfeld, dass Du manchmal wegschauen wirst, um z.B. das Display zu kontrollieren. Sonst wird sie oder er irritiert sein.
- Du kannst gerne nicken, um Gesprächspartnern das Feedback zu geben, das wir aus normalen Unterhaltungen gewohnt sind - aber vermeide jedes Geräusch!
Gesprächsführung
[Quelltext bearbeiten]In Bezug auf die Gesprächsführung/Frageformulierung gibt es folgende Dinge zu beachten:
- Stelle keine geschlossenen Fragen - also solche , die Antworten mit „Ja“ (oder „Nein“) provozieren. Fragen, die mit „Warum … “ oder „Wie …“ beginnen, sind sinnvoller, weil sie i.d.R. zu Antworten in ganzen Sätzen führen.
- Lass Deinen Interviewpartner nicht einfach drauflos reden im Sinne von „Jetzt erzählen Sie mal …“
- Achte bei den Antworten auf Verhaspler, Wiederholungen und Formulierungen wie „wie ich eben schon sagte“. Solche Antworten sind unbrauchbar, wenn sie später einzeln stehen sollen.
- Der Interviewte soll nicht Dich persönlich ansprechen ("... wie ich Ihnen schon sagte ..." / "... stell dir mal vor, wie ...").
- Kontrolliere die Qualität der Antworten. Du benötigst solche, in denen der Interviewte eine Sinneinheit schlüssig und nicht zu knapp, aber auch nicht zu ausufernd erklärt.
- Achte auf ganze Sätze!
- Eine Aufnahmesituation vor laufender Kamera ist ungewohnt - für jeden. Hab einige Fragen in petto, die Du zum „Warmwerden“ verwenden kannst, um Deinen Gesprächspartner an die Situation zu gewöhnen und um Vertrauen aufzubauen.
- Starte NIEMALS mit Deiner wichtigsten Frage in ein Interview.
- Stelle wichtige Fragen so lange, bis Du mit der Antwort zufrieden bist.
Schnitt
[Quelltext bearbeiten]Rohschnitt
[Quelltext bearbeiten]Sichten und Auswählen
[Quelltext bearbeiten]Zunächst gilt es, das importierte Material zu sichten und anschließend eine Auswahl der besten Stellen auf der Timeline zusammenzustellen. Zum Sichten des Materials wählst du den gewünschten Clip im Quellenbereich aus und kannst ihn nun im Clip-Monitor anschauen. Im unteren Teil des Clip-Monitors befinden sich die Buttons zur Steuerung des Clips (Vorlauf / Rücklauf / Play) sowie zum Setzen von In- und Out-Punkten. Alternativ zu den Buttons kannst Du folgende Tastenkürzel benutzen (die übrigens in jeder gängigen Schnittsoftware funktionieren): Rücklauf „J“ – Play „K“ – Vorlauf „L“ – In-Punkt „I“ – Out-Punkt „O“ (durch das wiederholte Drücken von „J“ und „L“ wird die Geschwindigkeit der Wiedergabe verdoppelt, vervierfacht etc.)
Durchsuche nun das Material nach Stellen, die sich für deinen Film eignen. Sobald in einem Clip eine gute Stelle beginnt, markierst Du den Anfang mit einem In-Punkt. Das Ende eines guten Abschnitts wird mit einem Out-Punkt markiert. Anschließend kannst Du mit einem Druck auf die Taste „V“ den Clip auf der Timeline einfügen – alternativ kannst Du den markierten Ausschnitt per Drag-and-Drop (einfach in den Clip-Monitor klicken und gedrückt halten) auf die Timeline bewegen.
Arbeite dich nach diesem Muster durch das gesamte Material und suche alle für den Film relevanten Passagen, um sie in der gewünschte Reihenfolge auf der Timeline zu platzieren.
Die Timeline
[Quelltext bearbeiten]Die Timeline in Kdenlive besteht aus Video- und Audio-Spuren. Durch einen Rechtsklick im linken Bereich der Spuren kannst Du weitere Spuren hinzufügen oder überflüssige Spuren löschen. Zieht man einen Clip auf die Timeline sieht man direkt ein Vorschaubild am Anfang und Ende des Clips sowie die Wellenkurven der Audiodateien. Standardmäßig werden Videos mit Audio in einer Spur zusammengefasst angezeigt, können aber auch unabhängig voneinander bewegt werden.
Wenn Clips per Drag-and-Drop auf die Timeline gezogen werden, kann man diese komplett frei dorthin bewegen, wo man das Material haben möchte. Nutzt man die V-Taste, um einen Clip auf der Timeline einzufügen, muss man vorher die Spur auswählen (Klick auf das Label der Spur). Zudem musst Du das Ziel-Tool (ein weißes Rechteck) im oberen Bereich der Timeline an die gewünschte Stelle bewegen.
Für den Schnitt auf der Timeline gibt es in Kdenlive drei Werkzeuge: das Auswahlwerkzeug, das Schneidewerkzeug (x) und das Abstandwerkzeug.
Mit dem Auswahlwerkzeug kannst Du per Klick die Clips auswählen, per Drag-and-Drop Clips bewegen, Clip-Enden und -Anfänge verlängern und kürzen und sogar erweiterte Funktionen wie Übergänge und Blenden erstellen.
Mit dem Schneidewerkzeug kannst Du per Klick einen Clip zerschneiden. Alternativ kann man auch an der aktuellen Abspielposition den ausgewählten Clip mit der Tastenkombination Shift+R zerschneiden.
Das Abstandwerkzeug wählt bei einem Klick alle rechts von der Maus befindlichen Clips auf der Timeline und ist so eine gute Möglichkeit, um schnell Lücken zu schließen. Alternativ kannst Du auch in eine Lücke auf der Timeline rechtsklicken und „Abstand entfernen“ auswählen.
Es folgt Screencast zu Rohschnitt
Feinschnitt
[Quelltext bearbeiten]Sobald auf der Timeline eine funktionierende Story entstanden ist, folgt im nächsten Schritt der Feinschnitt. Hier werden die Übergänge zwischen den Clips so korrigiert, dass es für den Betrachter angenehm ist und er nicht aus der Handlung des Films gerissen wird. Hierbei ist auch auf eine Abwechslung der Einstellungsgrößen zu achten, es empfiehlt sich aus einer Totale in ein Close-Up zu schneiden, statt direkt dahinter eine weitere Totale zu reihen. Siehe hierzu auch die Erklärungen zu Drehmethode 5–Shot.
Blenden
[Quelltext bearbeiten]An manchen Übergängen und Schnitten empfiehlt es sich eine Blende einzusetzen. Hierzu müssen die Clips auf zwei verschiedenen Videospuren übereinander liegen (anders als in Final Cut oder Premiere, wo die Blenden zwischen zwei Clips auf der selben Videospur eingefügt werden).
Um eine Blende hinzuzufügen, beweg den Mauszeiger in die linke untere Ecke des oberen Videoclips in der Timeline. Dort wird nun ein grünes Dreieck angezeigt. Nach einem Klick auf dieses erstellt Kdenlive automatisch einen Effekt zwischen den beiden Videospuren. Dieser lässt sich wie andere Clips auf der Timeline kürzen, schneiden und verschieben. Der Effekt wird dargestellt als gelbes Kästchen zwischen zwei Spuren. Kdenlive erstellt zunächst als Standardeffekt den Übergang Auflösen – dies ist eine weiche Blende. Bei dieser wird der untere Clip langsam ausgeblendet, während der obere Clip langsam eingeblendet wird. Klickt man auf einen Übergang oder Effekt, erhältst Du in der oberen Mitte des Kdenlive-Fensters weitere Optionen angezeigt (Register "Übergang" bei Übergängen, Register "Effektmagazin" bei Effekten).
Bei dem Übergang Auflösen gibt es als einzige Option Umkehren, die Du per Checkbox aktivieren kannst.
In dem Auswahlmenü findest Du neben weiteren Übergängen (z.B. Slide, Wipe) auch viele Compositing-Einstellungen – hierüber lässt sich regeln, wie sich der obere Clip mit dem unteren mischt (ähnlich den Ebenenmodi aus und Gimp) - siehe die Adobe-Hilfeseite dazu hier.
L-Cut
[Quelltext bearbeiten]Manchmal empfiehlt es sich, Ton und Bild nicht an derselben Stelle mit einem Schnitt zu verbinden, sondern zum Beispiel den Ton eines Interviews schon früher über der vorhergehenden Szene beginnen zu lassen. Diese Technik nennt man L-Cut lässt sich in Kdenlive einfach umsetzen.
Da in Kdenlive ein Videoclip und die dazugehörige Audiospur als eine Einheit auf der Videospur angezeigt werden, musst Du diese für den L-Cut diese zunächst in Video- und Audioclip splitten. Dazu rufst Du per Rechtsklick auf den Videoclip das Kontextmenü auf und wählst Audio trennen aus – nun legt Kdenlive die Audioinhalte des Clips auf eine separate Audiospur. Damit Video und Audio aber weiterhin synchron bleiben, macht Kdenlive aus den beiden Clips automatisch eine Gruppe. Um einen L-Cut zu erstellen, musst Du kurzzeitig diese Gruppierung aufheben. Dazu klickst Du ebenfalls wieder per Rechtsklick auf einen der beiden Clips und wählst im Kontextmenü Gruppierung auflösen.
Nun kannst Du die Videospur unabhängig von der Audiospur kürzen oder verlängern. Ein L-Cut lässt sich somit ohne Probleme umsetzen.
Alternativ kannst Du auch mit zwei Videospuren die Kombiclips (Videoclip mit eingebettetem Audio) überlappen lassen. Zur Übersicht im Projekt empfiehlt sich aber ein wirklicher L-Cut.
Audioschnitt
[Quelltext bearbeiten]Erst wenn Du den Bildschnitt abgeschlossen hast (und damit das so genannte Picture Lock), solltest Du mit der Feinarbeit an den Audiospuren beginnen. Sonst wirst Du oft viele Schritte doppelt machen müssen, wenn sich beispielsweise nach einem Schnitt zu Anfang des Films alle Keyframes in den Audiotracks verschoben haben.
Auf- und Abblenden
[Quelltext bearbeiten]Um den Audioschnitt für den Zuhörer angenehmer zu machen empfiehlt es sich, die Audioclips mit Auf- und Abblenden zu versehen. Somit wird der Ton erst langsam lauter und ist nicht von jetzt auf gleich bei voller Lautstärke präsent.
Eine Auf- oder Abblende lässt sich in Kdenlive ohne Effekte realisieren, hierzu bewegt man einfach den Mauszeiger in die obere linke (zur Aufblende) oder rechte (zur Abblende) Ecke des Audioclips. Sobald dort ein grüner Punkt erscheint, kannst Du nun per Drag-and-Drop diesen zur Mitte des Clips ziehen und so eine Blende erstellen (zu Erkennen ist die Dauer der Blende an einem roten Dreieck).
Es empfiehlt sich, Audioclips leicht überlappend auf- und abzublenden (nennt man auch "ineinander verblenden"), um zu vermeiden, dass ein komplettes Tonloch mit Stille entsteht.
Lautstärke
[Quelltext bearbeiten]Zur Regulierung der Lautstärke muss man in Kdenlive auf den entsprechenden Audioclip einen Effekt anwenden. Diesen findest Du in der Effektliste unter Audioverbesserungen und nennt sich Lautstärke (Keyframe-fähig). Ist ein Clip in der Timeline ausgewählt, kannst Du den Effekt einfach per Doppelklick hinzufügen oder per Drag-and-Drop auf einen Clip ziehen.
Ist der Effekt auf einem Clip angewandt worden, findest Du einen Eintrag mit Einstellungen zu dem Effekt in dem Reiter „Effektmagazin“. Für den Lautstärke-Effekt gibt es dort zunächst einfach nur Verstärkung, was standardmäßig auf 100% steht (somit also 100% der Original-Lautstärke). In dem Clip selbst siehst Du auf der Timeline eine dünne weiße Linie, welche das aktuelle Lautstärkelevel darstellt.
Da der Effekt Keyframe-fähig ist, lassen sich auf dieser weißen Linie per Doppelklick einzelne Keyframes setzen. Mit diesen hast Du die Möglichkeit, an einzelnen Stellen im Audioclip den Ton lauter oder leiser werden zu lassen. Sobald der erste Keyframe erstellt wurde, zeigt Kdenlive eine Tabelle mit allen Keyframes innerhalb des Clips an (Es gibt automatisch einen Start- und Endpunkt-Keyframe).
Falls Du zum Beispiel an einer Stelle die Hintergrundmusik eines Videos leiser machen möchtest, um den Ton eines Interviews besser verstehen zu können, bietet sich eine sogenannte Ton-Wanne an. Diese besteht aus vier Keyframes und sieht folgendermaßen aus:
Es folgt Screencast zum Effekt Lautstärke.
Pegel
[Quelltext bearbeiten]Beim Regulieren der Lautstärke eines Videos ist die Verlockung groß, einfach mal die Computerlautstärke höher oder niedriger zu drehen, um das Video in angenehmer Lautstärke zu hören. Damit das Video aber auf allen Geräten mit korrekter Lautstärke wiedergegeben werden kann, solltest Du bestimmte Richtwerte einhalten. Dies sind Orientierungshilfen aus dem Fernsehbereich. Sie geben an, wie laut Dialog, Musik und Hintergrundgeräusche in einem Film idealerweise sein sollten.
Zur Kontrolle des Pegels kannst Du dir in Kdenlive unter Ansicht das Monitorfenster Audiosignal einblenden lassen. Sobald man die Timeline oder einen Clip abspielt, wird hier nun angezeigt wie laut die jeweilige Stelle gerade ist.
Für einen optimalen Lautstärkepegel deines Films solltest Du dich an folgenden Werten orientieren:
Sprache -6 bis -9db, Hintergrundmusik und atmosphärische Geräusche -18db.
Bauchbinden und Titel
[Quelltext bearbeiten]Für die Einblendung von Namen der Interviewten / Informationen zur Firma, Ort o.Ä bieten sich so genannte Bauchbinden (Lower-Thirds) an. Diese können eine reine Texteinblendung mit oder ohne Hintergrund sein – teilweise werden hier aber auch komplexe Animationen eingesetzt. In Kdenlive kannst Du simple Text- und Grafikeinblendungen ohne Probleme direkt in der Software erstellen – diese lassen sich auch in kleinem Maße animieren (z.B. einblenden, einfliegen, zoomen oder drehen). Die Animation erstellt man mit Effekten und Keyframes (ähnlich den Lautstärke-Keyframes).
Um einen Titel zu erstellen, egal ob für Abspann, Intro oder Bauchbinde, gibt es in Kdenlive den Titel-Clip Editor. Um diesen zu öffnen, musst Du auf den Pfeil neben der „Datei hinzufügen“ Schaltfläche klicken und dort „Titel hinzufügen“ auswählen.
In dem Titel-Clip Editor kannst Du Textboxen erstellen und Schriftart/Farbe/Größe bestimmen. Außerdem lassen sich Rechtecke erstellen oder Grafiken platzieren. Der fertige Titel wird anschließend als Clip in deiner Quellenliste angezeigt und kann wie die anderen Clips auf die Timeline gezogen werden. Ein Titel-Clip erhält beim Hinzufügen automatisch einen Effekt, um auf der darunterliegenden Videospur angezeigt werden zu können.
Es folgt Screencast zum Title Editor