Hadermühle (Nürnberg)
Hadermühle (früher auch Gleißmühle genannt) ist eine Wüstung im Statistischen Bezirk 02 der kreisfreien Stadt Nürnberg.
Geographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der ehemalige Weiler lag auf freier Flur auf einer Höhe von 300 m ü. NHN nördlich und südlich des linken Pegnitzarms. 0,3 km westlich befand sich die Nürnberger Altstadt, 0,3 km östlich lag der Flaschenhof. Heute erinnert die Straßenbezeichnung Hadermühle an den Ort.[1]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Mühle war ursprünglich ein burgräfliches Lehen und wurde zur Glasherstellung und als Schleifwerk genutzt und deswegen Gleißmühle genannt. 1374 wurde sie zusammen mit drei weiteren Mühlen an Leupold Schürstab als Leibgeding verkauft. 1390 erwarb sie Ulman Stromer und baute sie zur Papiermühle um. Das Obereigentum behielt der Burggraf, bis er es 1427 der Reichsstadt Nürnberg verkaufte.[2] In der Hadermühle ließ nach 1391 Ulman Stromer das erste Papier nördlich der Alpen produzieren. Ulman stellte einen Papierermeister namens Jörg Tirmann oder Tyrman ein,[3] den er einen Eid ablegen ließ, ihm und seinen Erben die Treue zu halten.[4]
Die Gleismühl bestand aus zwei mit Wasserkraft angetriebenen Werkseinheiten. Die kleinere Mühle wies zwei Wasserräder auf, die größere verfügte über drei. Insgesamt wurden 18 Stampfen angetrieben.[5]
Das Betriebsgeheimnis der Papierherstellung wurde streng gehütet und macht die Existenz eines befestigten Herrensitzes zu ihrem Schutz schon zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich. Nach Ulmans Tod durch die Pest 1407 übernahm seine Witwe Agnes die Mühle und leitete sie sehr kompetent bis zur Volljährigkeit ihres Sohnes Georg im Jahr 1413.[3] Im Herbst 1414 führte Ulmans Sohn Georg Stromer König Sigismund durch die Papiermühle, als dieser für seinen Wirtschaftskrieg gegen Venedig nach alternativen Einkaufsquellen für das im Nachrichtenwesen der Zeit schon unentbehrlich gewordene Papier suchte.[6] Als der Rat nach 1463 die Mühle von den Stromerschen Erben einzog, stellte er die Papierherstellung ein, rüstete Teile der Mühle zu einem Zain- und Kupferhammer um, verpachtete andere Teile der Mühlenanlage an Klingenschmiede, Harnischmacher und Rotgerber und betrieb daneben ein Sägewerk. Mühle und Herrenhaus brannten 1479 ab.
Die bekannte Darstellung aus der Schedelschen Weltchronik von 1493, die ihrerseits wohl auf einer Zeichnung Michael Wolgemuts beruht, zeigt die 1479 neu errichtete Mühlenanlage vor dem Wöhrder Tor samt niedrigen Wirtschaftsbauten und dem Herrenhaus direkt an der Pegnitz. Der Herrensitz bei der Hadermühle (nicht diese selbst) wurde 1562 von den Schlüsselfeldern erworben, die ihn ihrem 1543 erworbenen Flaschenhof, damals einem Bauernhof, angliederten. In der Folge teilte der Sitz dessen Schicksal; vermutlich ist er beim Brand der Hadermühle 1767 untergegangen und nicht wieder aufgebaut worden.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gab es in Hadermühle 8 Anwesen (1 Mühle, 1 Lohmühle, 1 Sägmühle, 1 Eisenhammer, 1 Kupferhammer, 3 Häuser). Das Hochgericht übte die Reichsstadt Nürnberg aus, was aber vom brandenburg-ansbachischen Oberamt Burgthann bestritten wurde. Alleiniger Grundherr war das Zinsmeisteramt der Reichsstadt Nürnberg.[7]
Von 1797 bis 1808 unterstand der Ort dem Justiz- und Kammeramt Wöhrd-Gostenhof. Im Rahmen des Gemeindeedikts wurde Hadermühle dem 1808 gebildeten Steuerdistrikt Gleißhammer und der im selben Jahr gegründeten Ruralgemeinde Gleißhammer zugeordnet. 1825 wurde Hadermühle nach Nürnberg eingemeindet.[8]
Während des Zweiten Weltkriegs wurde Hadermühle komplett zerstört.[2] Auf der Wöhrder Wiese erinnert ein Denkmal in Form metallischer Papierstapel und einer Inschrift am ehemaligen Standort der Hadermühle an die Errichtung der ersten deutschen Papiermühle und ihren Initiator, den Nürnberger Ratsherrn Ulman Stromer.
Einwohnerentwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jahr | 1818 | 1824 | 1840 |
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Einwohner | 76 | 143 | 59 |
Häuser[9] | 7 | 11 | 7 |
Quelle | [10] | [8] | [11] |
Religion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Ort war seit der Reformation evangelisch-lutherisch geprägt und ursprünglich nach St. Lorenz (Nürnberg) gepfarrt, später nach St. Peter (Nürnberg).
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Johann Kaspar Bundschuh: Hadermühl. In: Geographisches Statistisch-Topographisches Lexikon von Franken. Band 2: El–H. Verlag der Stettinischen Buchhandlung, Ulm 1800, DNB 790364298, OCLC 833753081, Sp. 458 (Digitalisat).
- Michael Diefenbacher: Hadermühle. In: Michael Diefenbacher, Rudolf Endres (Hrsg.): Stadtlexikon Nürnberg. 2., verbesserte Auflage. W. Tümmels Verlag, Nürnberg 2000, ISBN 3-921590-69-8, S. 393 (online).
- Hanns Hubert Hofmann: Nürnberg-Fürth (= Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken. I, 4). Kommission für Bayerische Landesgeschichte, München 1954, DNB 452071224, S. 150 (Digitalisat). Ebd. S. 238–239 (Digitalisat).
- Daniela Schmidl: Papier im deutschsprachigen Europa: Vorindustrielle Papierherstellung imdeutschen Sprachgebiet, Diplomarbeit, Eisenstadt 2006 Digitalisat
Fußnoten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Hadermühle im BayernAtlas (Bayerische Uraufnahme). Entfernungsangaben jeweils Luftlinie.
- ↑ a b M. Diefenbacher: Hadermühle, S. 393.
- ↑ a b Daniela Schmidl, S. 35
- ↑ Ulman Stromer: Püchel von meim geslecht und von abentewr, In: Karl Hegel (Hrsg.): Die Chroniken der deutschen Städte Band 1, Leipzig 1862. S. 78 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- ↑ Ulman Stromer: Püchel von meim geslecht und von abentewr, In: |Karl Hegel (Hrsg.): Die Chroniken der deutschen Städte Band 1, Leipzig 1862. S. 79 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- ↑ Herrensitze.com: Hadermühle (Giersch/Schlunk/von Haller)
- ↑ H. H. Hofmann: Nürnberg-Fürth, S. 150.
- ↑ a b H. H. Hofmann: Nürnberg-Fürth, S. 238f.
- ↑ Es werden nur bewohnte Häuser angegeben. 1818 und 1824 werden diese als Feuerstellen bezeichnet, 1840 als Häuser.
- ↑ Alphabetisches Verzeichniß aller im Rezatkreise nach seiner durch die neueste Organisation erfolgten Constituirung enthaltenen Ortschaften: mit Angabe a. der Steuer-Distrikte, b. Gerichts-Bezirke, c. Rentämter, in welchen sie liegen, dann mehrerer anderer statistischen Notizen. Ansbach 1818, OCLC 1071656043, S. 35 (Digitalisat).
- ↑ Eduard Vetter (Hrsg.): Statistisches Hand- und Adreßbuch von Mittelfranken im Königreich Bayern. Selbstverlag, Ansbach 1846, OCLC 635011891, S. 16 (Digitalisat).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Gleißmühle (später Hadermühle) bei nürnberginfos.de
Koordinaten: 49° 26′ 58,8″ N, 11° 5′ 16,6″ O