Juschny (Kaliningrad)
Siedlung
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Juschny (russisch Южный, deutsch Jesau, Marienhöh und Katharinenhof) ist ein Ort im Nordosten des russischen Rajons Bagrationowsk innerhalb der Oblast Kaliningrad und gehört zur kommunalen Selbstverwaltungseinheit Stadtkreis Bagrationowsk. Die ehemalige Ortsstelle Marienhöh wurde allerdings, vermutlich im Zusammenhang mit dem Ausbau des dortigen Luftwaffenstützpunktes, zur Wüstung.
Geographische Lage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Juschny liegt südöstlich von Kaliningrad (Königsberg) und nördlich von Bagrationowsk (Preußisch Eylau) an der russischen Fernstraße 27A-017 (ex A 195) (ehemalige deutsche Reichsstraße 128) am Ostufer des Frisching (russisch: Prochladnaja). Die nächste Bahnstation ist der Bahnhof Wladimirowo (Tharau) an der Bahnstrecke Kaliningrad–Bagrationowsk, der sich allerdings in Niwenskoje befindet.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bis 1945
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jesau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ortsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Ort Jesau wurde erstmals 1287 erwähnt.[2] Alte Schreibweisen waren Jesaw und Gesaw. Die Kirche war Mittelpunkt eines Kirchspiels für mehrere benachbarte Orte. 1533 wurde der erste evangelische Pfarrer genannt. Die Kirche brannte 1701 nach einem Blitzschlag aus und wurde 1726 neu gebaut.[3]
Jesau war von 1874 bis 1930 Amtsdorf im Landkreis Preußisch Eylau im Regierungsbezirk Königsberg der preußischen Provinz Ostpreußen. Im Gutsbezirk Jesau lebten im Jahre 1910 209 Menschen[4]. Im Jahre 1928 wurden die Gutsbezirke Arweiden, Bögen und Marienhöh nach Jesau, jetzt zur Landgemeinde umgewandelt, eingegliedert. Die Einwohnerzahl stieg folglich bis 1933 auf 433 und betrug 1939 bereits 1.980.[5]
In den Jahren 1935/36 war ein Fliegerhorst bei Jesau gebaut worden, der zum Standort einer Luftwaffengarnison gemacht wurde. Hier war unter anderem der Stab, die I. und III. Gruppe des Kampfgeschwaders 28 beheimatet. Die I./KG 28 wurde hier Anfang 1940 umbenannt in III./Kampfgeschwader 26. Bei Beginn des Überfalls auf Polen flog die I./Lehrgeschwader 1 von hier aus ihre Angriffe. Im Juni 1941, zu Beginn des Deutsch-Sowjetischen Krieges, lag die I./Kampfgeschwader 77 hier.
In Jesau bestand in den Jahren 1944 und 1945 auch ein Außenarbeitslager für Frauen des KZ Stutthof (polnisch Sztutowo), das Ende Januar 1945 geschlossen wurde mit der Evakuierung nach Palmnicken (heute russisch: Jantarny) und im Massaker von Palmnicken grausam endete.
Der Zweite Weltkrieg endete für die Einwohner von Jesau mit Flucht und Vertreibung, im Ort überdauerten nur weniger als sechs Häuser. Von der Kirche steht nur noch ein Mauerfragment[6].
Amtsbezirk Jesau (1874–1930)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 7. Mai 1874 wurde der Amtsbezirk[7] Jesau errichtet, der aus drei Landgemeinden und vier Gutsbezirken bestand:
Name (bis 1947/1950) | Russischer Name | Bemerkungen |
Landgemeinden: | ||
Lichtenfelde | Swobodnoje | |
Thomsdorf | Solnetschnoje | |
Wittenberg | Niwenskoje | |
Gutsbezirke: | ||
Arweiden | Lineinoje | 1928 in die Landgemeinde Jesau eingegliedert |
Carwinden, ab 1906: Groß Karwinden |
1928 in die Landgemeinde Lawdt eingegliedert | |
Jesau | Juschny | 1928 in eine Landgemeinde umgewandelt |
Lichtenfelde | Swobodnoje | 1928 in die Landgemeinde Lichtenfelde eingegliedert |
Bald nach Errichtung des Amtsbezirks Jesau kam der Gutsbezirk Katharinenhof hinzu, und 1876 wurden die Gutsbezirke Marienhöh (kam 1928 zur Landgemeinde Jesau) und Friederikenthal (wurde 1928 in die Landgemeinde Wittenberg integriert) in den Amtsbezirk einbezogen.
Der Amtsbezirk Jesau wurde am 28. Mai 1930 in „Amtsbezirk Wittenberg“ umbenannt. Zu ihm gehörten bis 1945 noch die vier Gemeinden Jesau, Lichtenfelde, Thomsdorf und Wittenberg.
Marienhöh
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das kleine Gutsdorf mit dem früheren Namen Marienhöh.[8] wurde um 1840 gegründet. Es gehörte zum Amtsbezirk Jesau[9] im Landkreis Preußisch Eylau im Regierungsbezirk Königsberg der preußischen Provinz Ostpreußen. In Marienhöh lebten 1910 48 Einwohner[10]
Am 30. September 1928 gab Marienhöh seine Eigenständigkeit auf und schloss sich mit den Gutsbezirken Arweiden (heute russisch: Lineinoje), Bögen (heute russisch auch: Lineinoje) und Jesau zur neuen Landgemeinde Jesau zusammen.
Katharinenhof (Jamskoje)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einen Kilometer nordöstlich von Juschny/Jesau liegt das ehemals Katharinenhof[11] genannte Gutsdorf. Es kam 1874 zum Amtsbezirk Jesau[7] im Landkreis Preußisch Eylau im Regierungsbezirk Königsberg der preußischen Provinz Ostpreußen. Im Jahre 1910 lebten hier 47 Einwohner.[4]
Im Jahre 1928 verlor Katharinenhof seine Eigenständigkeit und wurde nach Lichtenfelde (heute nicht mehr existent) eingemeindet. Seit 1930 schließlich kam der Ort in den Amtsbezirk Wittenberg.
Als 1945 das nördliche Ostpreußen zur Sowjetunion kam, galt dies auch für Katharinenhof. Im Jahr 1950 wurde Katharinenhof in Jamskoje umbenannt.[12] Gleichzeitig wurde der Ort in den Dorfsowjet Niwenski selski Sowet im Rajon Kaliningrad eingeordnet.
Seit 1945
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jesau und das zwei Kilometer nördlich gelegene Marienhöh kamen im Jahr 1945 mit dem nördlichen Ostpreußen zur Sowjetunion und wurden im Jahr 1950 gemeinsam in Juschny umbenannt.[12] Gleichzeitig wurde Juschny in den Dorfsowjet Niwenski selski Sowet im Rajon Kaliningrad eingeordnet. Im Jahr 1952 wurde dort auf dem als Aerodrom „Niwenskoje“ (Аэродром „Нивенское“) bekannten Luftwaffenstützpunkt das 689. Jagdfliegerregiment stationiert. Im Jahr 1959 gelangte der Ort in den Rajon Bagrationowsk. Vor 1975 wurde Jamskoje an Juschny angeschlossen.[13] Im 1978 wurde zusätzlich das 288. Hubschrauberregiment stationiert.
Im Jahr 2004 wurde der Militärstützpunkt geschlossen, nachdem die Regimenter nach Tschkalowsk abgezogen waren. Von 2008 bis 2016 gehörte Juschny zur Landgemeinde Niwenskoje selskoje posselenije und seither zum Stadtkreis Bagrationowsk.
Religion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Christentum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Evangelische Kirche
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Jesau bestand seit 1509 eine Kirchengemeinde, die sich wenige Jahre später zur lutherischen Konfession bekannte. Seit 1533 gab es einen eigenen Ortspfarrer in Jesau.
Von der ehemaligen deutschen evangelischen Kirche von 1726 sind noch Reste der Wände erhalten.[14][15] Die nächste evangelische Kirchengemeinde befindet sich heute in Gwardejskoje (Mühlhausen) und gehört zur Propstei Kaliningrad der Evangelisch-Lutherische Kirche Europäisches Russland.[16]
Römisch-katholische Kirche
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bis 1945 war Jesau der Pfarrkirche in Bartenstein (heute polnisch Bartoczyce) zugeordnet. Die Bartensteiner Pfarrei gehörte zum damaligen Bistum Ermland.
Heute gibt es im 20 Kilometer entfernt liegenden Kaliningrad (Königsberg) zwei nächstgelegene Pfarreien.
Russisch-Orthodoxe Kirche
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Juschny gehört heute zur Diözese Kaliningrad im Patriarchat von Moskau. Das nächste Gotteshaus steht in Bagrationowsk (Preußisch Eylau), der die Gefängniskirche in Slawjanowka (Romitten) angegliedert ist.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Таблица 1.10 «Численность населения городских округов, муниципальных районов, муниципальных округов, городских и сельских поселений, городских населенных пунктов, сельских населенных пунктов» Программы итогов Всероссийской переписи населения 2020 года, утвержденной приказом Росстата от 28 декабря 2021г. № 963, с данными о численности постоянного населения каждого населенного пункта Калининградской области. (Tabelle 1.10 „Bevölkerungsanzahl der Stadtkreise, munizipalen Rajons, Munizipalkreise, städtischen und ländlichen Siedlungen [insgesamt], städtischen Orte, ländlichen Orte“ der Ergebnisse der Allrussischen Volkszählung von 2020 [vollzogen am 1. Oktober 2021], genehmigt durch die Verordnung von Rosstat vom 28. Dezember 2021, Nr. 963, mit Angaben zur Zahl der Wohnbevölkerung jedes Ortes der Oblast Kaliningrad.)
- ↑ Ortsinformationen-Bildarchiv Ostpreußen: Jesau
- ↑ Juschny Jesau beim Informationszentrum Ostpreussen
- ↑ a b Uli Schubert, Gemeindeverzeichnis, Landkreis Preußisch Eylau
- ↑ Michael Rademacher: Landkreis Preußisch Eylau (russ. Bagrationowsk). Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Kirkha Yesau. März 2013, abgerufen am 2. November 2022 (russisch).
- ↑ a b Rolf Jehke, Amtsbezirk Jesau/Wittenberg
- ↑ Ortsinformationen Bildarchiv Ostpreußen: Marienhöh
- ↑ Rolf Jehke, Amtsbezirk Jesau/Wittenberg
- ↑ Uli Schubert, Gemeindeverzeichnis, Landkreis Preußisch Eylau
- ↑ Ortsinformationen-Bildarchiv Ostpreußen: Katharinenhof
- ↑ a b Durch den Указ Президиума Верховного Совета РСФСР от 5 июля 1950 г., №745/3, «О переименовании населённых пунктов Калининградской области» (Verordnung 745/3 des Präsidiums des Obersten Rats der RSFSR „Über die Umbenennung der Orte der Oblast Kaliningrad“ vom 5. Juli 1950)
- ↑ Gemäß der Административно-территориальное деление Калининградской области 1975 (Die administrativ-territoriale Einteilung der Oblast Kaliningrad 1975, herausgegeben vom Sowjet der Oblast Kaliningrad) auf http://www.soldat.ru/ (rar-Datei)
- ↑ Historische Ansichten
- ↑ Ansicht 2009
- ↑ Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad ( vom 29. August 2011 im Internet Archive)