Landgericht Zwingenberg

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Das Jagdschloss Zwingenberg, Gebäude des ehemaligen Landgerichts

Das Landgericht Zwingenberg war von 1821 bis 1879 ein Landgericht des Großherzogtums Hessen in der Provinz Starkenburg mit Sitz in Zwingenberg.

Ab 1821 trennte das Großherzogtum Hessen auch auf unterer Ebene Rechtsprechung und Verwaltung. Für die Verwaltung wurden Landratsbezirke geschaffen, die erstinstanzliche Rechtsprechung Landgerichten übertragen.

Der Landratsbezirk Bensheim erhielt die Zuständigkeit für die Verwaltung der gleichzeitig aufgelösten Ämter Bensheim und Seeheim sowie Teilen der ehemaligen Ämter Zwingenberg, Gernsheim und Pfungstadt. Das Landgericht Zwingenberg übernahm im gleichen Bereich die zuvor durch die Ämter wahrgenommenen Aufgaben der Rechtsprechung.[1]

Der Gerichtsbezirk umfasste:

Gemeinde Herkunft Zugang Abgang Nach
Alsbach Amt Zwingenberg 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Auerbach Amt Zwingenberg 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Balkhausen Amt Seeheim 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Beedenkirchen Landgericht Lichtenberg 1824 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Bensheim Amt Bensheim 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Bickenbach Amt Seeheim 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Eberstadt Amt Pfungstadt 1821 1853 Landgericht Darmstadt
Eich Amt Pfungstadt 1821 1839 Landgericht Gernsheim
Elmshausen Landgericht Fürth 1839 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Eschollbrücken Amt Pfungstadt 1821 1839 Landgericht Gernsheim
Fehlheim Amt Bensheim 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Gadernheim Landgericht Fürth 1839 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Gernsheim Amt Gernsheim 1821 1839 Landgericht Gernsheim
Gronau Landgericht Fürth 1839 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Hähnlein Amt Zwingenberg 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Hahn Amt Pfungstadt 1821 1839 Landgericht Gernsheim
Hohenstein Landgericht Fürth 1839 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Hochstädten Amt Zwingenberg 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Jugenheim Amt Seeheim 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Klein-Rohrheim Amt Gernsheim 1821 1839 Landgericht Gernsheim
Langwaden Amt Zwingenberg 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Lautern Landgericht Fürth 1839 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Malchen Amt Seeheim 1821 1879 Amtsgericht Darmstadt II
Nieder-Beerbach Amt Pfungstadt 1821 1853 Landgericht Darmstadt
Ober-Beerbach Amt Seeheim 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Pfungstadt Amt Pfungstadt 1821 1853 Landgericht Darmstadt
Raidelbach Landgericht Fürth 1839 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Reichenbach Landgericht Fürth 1839 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Rodau Amt Gernsheim 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Schmal-Beerbach Amt Seeheim 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Schwanheim Amt Zwingenberg 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Schönberg Landgericht Fürth 1839 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Seeheim Amt Seeheim 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Staffel Amt Seeheim 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Stettbach Amt Seeheim 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Wilmshausen Landgericht Fürth 1839 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Wurzelbach Landgericht Lichtenberg 1824 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Zell Landgericht Fürth 1839 1879 Amtsgericht Zwingenberg
Zwingenberg Amt Zwingenberg 1821 1879 Amtsgericht Zwingenberg

Weitere Entwicklung

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1824 wurden Beedenkirchen und Wurzelbach vom Landgericht Lichtenberg abgetrennt und dem Landgericht Zwingenberg zugeteilt.[2]

Zum 16. Dezember 1839 wurde das Landgericht Gernsheim gegründet und von Zwingenberg eine Reihe von Orten an dessen Gerichtsbezirk abgegeben.[3] Zugleich wurde die örtliche Zuständigkeit für eine Reihe von Orten des sehr großen Bezirks des Landgerichts Fürth vom Landgericht Zwingenberg übernommen[4] (siehe: Übersicht).

Durch mehrere Verwaltungsreformen, 1832, 1848 und zuletzt 1852 hatten sich nicht nur die Bezeichnungen der Verwaltungsbezirke, sondern auch deren Grenzen geändert. Um das wieder anzugleichen, revidierte das Großherzogtum 1853 in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen umfassend die Zuständigkeitsbereiche der Gerichte. Die Folge waren auch Änderungen für den Sprengel des Landgerichts Zwingenberg[5] (siehe Übersicht).

Mit dem Gerichtsverfassungsgesetz von 1877 wurden Organisation und Bezeichnungen der Gerichte reichsweit vereinheitlicht. Zum 1. Oktober 1879 hob das Großherzogtum Hessen deshalb die Landgerichte auf. Funktional ersetzt wurden sie durch Amtsgerichte.[6] So ersetzte das Amtsgericht Zwingenberg das Landgericht Zwingenberg. „Landgerichte“ nannten sich nun die den Amtsgerichten direkt übergeordneten Obergerichte. Das Amtsgericht Zwingenberg wurde dem Bezirk des Landgerichts Darmstadt zugeordnet.[7]

Gerichtsgebäude

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Als Gerichtsgebäude diente das ehemalige Jagdschloss Philipps des Großmütigen, das 1561–1563 im Stil der Renaissance errichtet wurde (heute: Am Obertor 1, Zwingenberg). Zuvor war es schon seit 1803 Sitz des Amtes gewesen. Von 1821 bis 1900 war hier auch das vorher in Seeheim angesiedelte Rentamt untergebracht. Das ehemalige Amtsgebäude ist ein zweigeschossiger Bruchsteinbau mit Satteldach und nach Süden zeigendem Schweifgiebel. Die Putzfassade ist durch rechteckige Fenster mit hölzernen Klappläden gegliedert. Am Südgiebel befinden sich horizontale Gesimse, seitlich davon kleine Obelisk-Aufsätze. Das Dach trägt kleine Gaupen mit spitzen Helmen. An der Westseite steht ein Treppenturm mit rundbogigem Kellerportal, die Hauseingänge an der Obergasse sind mit zweiflügeligen Türen und Oberlichtern ausgestattet. Der Gerichtssaal ist durch einen niedrigen Eingangsflügel mit dem Hauptgebäude verbunden. Dieser Bauteil ist eingeschossig mit großen gekoppelten Fenstern, ebenfalls verputzt und mit obeliskenbekrönten Schweifgiebeln geschmückt. Der hofartige Winkel zwischen Haupt- und Nebengebäude wird durch einen Eisenzaun zwischen hohen Sandsteinpfosten zur Straße abgegrenzt. Vor dem Treppenturm erstreckt sich die Remise, ein langgestreckter, eingeschossiger, unverputzter Bruchsteinbau mit Satteldach und sandsteingerahmten Tür- und Fensteröffnungen. Davor, im Hof, steht ein Sandsteinbrunnen mit hohem, vierseitigem Stock, Abschlussplatte und rundem Wasserbecken. Das ehemals herrschaftliche Anwesen und spätere Verwaltungsgebäude ist von besonderer orts- und regionalgeschichtlicher Bedeutung, darüber hinaus auch von kunsthistorischem und baukünstlerischem Wert. Es ist ein Kulturdenkmal und steht aufgrund des Hessischen Denkmalschutzgesetzes unter Denkmalschutz.[8] Heute dient es überwiegend Wohnzwecken.

  • Paul Schnitzer: Die Landrichter von 1821 bis 1879 im Gebiet des heutigen Kreises Bergstraße. In: Geschichtsblätter Kreis Bergstraße 10. Laurissa, Lorsch 1977, S. 200–225.

Einzelnachweise

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  1. Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr. 33, S. 403 ff. (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
  2. Zutheilung der Gemeinden Beedenkirchen und Wurzelbach zu dem Landrathsbezirke Bensheim und dem Landgerichte Zwingenberg betreffend vom 11. Oktober 1824. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 57 vom 30. Oktober 1824, S. 633f.
  3. Bekanntmachung, die Errichtung eines Landgerichts zu Gernsheim betreffend vom 16. November 1839. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 33 vom 25. November 1839, S. 375f.
  4. Bekanntmachung, die Trennung der Orte des ehemaligen Amtes Schönberg, mit Ausnahme des Kirchspiels Rimbach, von dem Landgerichte Fürth und deren Zutheilung zu dem Landgerichte Zwingenberg betreffend vom 16. November 1839. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 33 vom 25. November 1839, S. 377.
  5. Bekanntmachung betreffend
    1) die Aufhebung der Landgerichte Großkarben und Rödelheim, und die Errichtung neuer Landgerichte zu Darmstadt, Waldmichelbach, Vilbel und Altenstadt, ferner die Verlegung des Landgerichtssitzes von Altenschlirf nach Herbstein;
    2) die künftige Zusammensetzung der Stadt- und Landgerichts-Bezirke in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen
    vom 15. April 1853. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 19 vom 26. April 1853, S. 221–230 (225).
  6. §§ 1, 3 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197f.
  7. §§ 2, 3 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197f.
  8. Bergstraße, Zwingenberg, Obertor 1, Ehem. Amtsgericht, Flur: 1, Flurstück: 101/1 (Memento des Originals vom 15. November 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/denkxweb.denkmalpflege-hessen.de.
  9. Schnitzer, S. 216.
  10. Schnitzer, S. 216.
  11. Schnitzer, S. 218. Die Angaben dazu, dass er nach der Ermordung von Christian Prinz 1848 dessen Vorsitz in der Regierungskommission des Regierungsbezirks Heppenheim übernommen habe, können nicht zutreffen: Die Tat ereignete sich erst 1849.
  12. Schnitzer, S. 206, 218.
  13. Schnitzer, S. 213f, 219.

Koordinaten: 49° 43′ 19,7″ N, 8° 36′ 50,8″ O