Niederzell (Schlüchtern)

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Niederzell
Koordinaten: 50° 20′ N, 9° 30′ OKoordinaten: 50° 19′ 49″ N, 9° 30′ 9″ O
Höhe: 191 (190–257) m ü. NHN
Fläche: 5,35 km²[1]
Einwohner: 1345 (31. Dez. 2023)[2]
Bevölkerungsdichte: 251 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Juli 1974
Postleitzahl: 36381
Vorwahl: 06661

Niederzell ist ein Stadtteil von Schlüchtern im osthessischen Main-Kinzig-Kreis.

Geografische Lage

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Niederzell liegt auf einer Höhe von 190–257 m über NN im Nordosten des Main-Kinzig-Kreises etwa 3 km südlich vom Hauptort Schlüchtern entfernt. Am Ortsrand treffen sich die Landesstraßen L3372 und L3180.

Niederzell grenzt im Nordwesten an den Hauptort Schlüchtern, im Südwesten an den Ort Hohenzell, im Süden an den Ort Bellings und im Westen an Steinau.

Historische Namensformen

In erhaltenen Urkunden wurde Niederzell unter den folgenden Namen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1] Celle (1331) und Niedercelle (1356).

Das Dorf gehörte zum Amt Schlüchtern, einem Lehen des Bischofs von Würzburg. Zunächst im Besitz derer von Grumbach erbten das Dorf 1243 die Herren von Trimberg. 1377 erhielten es die Herren von Hanau (ab 1429: Grafschaft Hanau) im Tausch gegen die Burg Bütthard.[3] Bei der Hanauer Landesteilung von 1456 kam Niederzell zur Grafschaft Hanau-Münzenberg.

Die Eigenschaft als Würzburger Lehen führte nach der Reformation zu Spannungen zwischen der nun zunächst lutherischen, ab 1597 reformierten Grafschaft Hanau-Münzenberg und dem weiter römisch-katholischen Bistum Würzburg. Ein langjähriger Prozess vor dem Reichskammergericht dauerte von 1571 bis 1624 und endete mit einem Restitutionsmandat über das Amt Schlüchtern zugunsten Würzburgs. 1628–1631 war es deshalb von Würzburg besetzt, im Zuge des Dreißigjährigen Krieges 1631 bis 1637 wieder von Hanau und ab 1637 erneut von Würzburg. 1656 kam es zu einem Vergleich zwischen Hanau und Würzburg, wobei Hanau das Amt Schlüchtern – und damit auch Niederzell – erhielt und dem Bistum dafür Orb überließ.[4]

Mit dem Tod des letzten Hanauer Grafen, Johann Reinhard III., fiel Niederzell 1736 mit der ganzen Grafschaft Hanau-Münzenberg an die Landgrafschaft Hessen-Kassel, aus der 1803 das Kurfürstentum Hessen wurde.

Während der napoleonischen Zeit stand Niederzell ab 1806 unter französischer Militärverwaltung, gehörte 1807–1810 zum Fürstentum Hanau und dann von 1810 bis 1813 zum Großherzogtum Frankfurt, Departement Hanau. Anschließend fiel es wieder an das Kurfürstentum Hessen zurück. Nach der Verwaltungsreform des Kurfürstentums Hessen von 1821, im Rahmen derer Kurhessen in vier Provinzen und 22 Kreise eingeteilt wurde, gehörte Niederzell zum Landkreis Schlüchtern. 1866 wurde das Kurfürstentum nach dem Preußisch-Österreichischen Krieg von Preußen annektiert und ist nach dem Zweiten Weltkrieg Bestandteil des Bundeslandes Hessen geworden. Niederzell wechselte entsprechend die Verwaltungen, denen es zugehörte.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die Gemeinde Niederzell zum 1. Juli 1974 kraft Landesgesetz als Stadtteil nach Schlüchtern eingemeindet.[5][6] Für Niederzell wurde, wie für die anderen eingemeindeten, ehemals eigenständigen Gemeinden von Schlüchtern, ein Ortsbezirk eingerichtet.[7] Ebenfalls mit Hessischen Gebietsreform wurde der Landkreis Schlüchtern 1974 aufgelöst und Niederzell liegt seit dem im Main-Kinzig-Kreis.

Verwaltungsgeschichte im Überblick

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Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Niederzell angehört(e):[1][8]

Einwohnerstruktur 2011

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Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Niederzell 1324 Einwohner. Darunter waren 369 (2,7 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 219 Einwohner unter 18 Jahren, 573 zwischen 18 und 49, 291 zwischen 50 und 64 und 234 Einwohner waren älter.[11] Die Einwohner lebten in 570 Haushalten. Davon waren 168 Singlehaushalte, 177 Paare ohne Kinder und 168 Paare mit Kindern, sowie 42 Alleinerziehende und 18 Wohngemeinschaften. In 93 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 399 Haushaltungen lebten keine Senioren.[11]

Einwohnerentwicklung

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Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1538: 27 Steuernde
• 1633: 36 Haushaltungen, 1 Gefreiter
• 1753: 37 Familien mit 223 Personen
• 1812: 47 Feuerstellen, 386 Seelen
Niederzell: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2020
Jahr  Einwohner
1834
  
395
1840
  
403
1846
  
384
1852
  
415
1858
  
365
1864
  
363
1871
  
343
1875
  
345
1885
  
370
1895
  
325
1905
  
329
1910
  
366
1925
  
376
1939
  
328
1946
  
539
1950
  
529
1956
  
432
1961
  
423
1967
  
487
1970
  
527
2005
  
1.361
2010
  
1.295
2015
  
1.236
2020
  
1.297
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; 2005[12]; 2010[13] 2015:[14] 2020[15]; Zensus 2011[11]

Historische Religionszugehörigkeit

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• 1885: 357 evangelische (= 96,49 %), 13 katholische (= 3,51 %) Einwohner[1]
• 1961: 389 evangelische (= 91,96 %), 31 katholische (= 7,33 %) Einwohner[1]

Für Niederzell besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Niederzell) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[7] Der Ortsbeirat besteht aus sieben Mitgliedern. Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 47,57 %. Alle Kandidaten gehören der Liste „Gemeinsam für Niederzell“ an.[16] Der Ortsbeirat wählte Petra Lotz zur Ortsvorsteherin.[17]

  • Heinrich Reimer: Historisches Ortslexikon für Kurhessen (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck. Bd. 14, ISSN 0342-2291). Elwert, Marburg 1926, S. 534.
  • Literatur über Schlüchtern-Niederzell nach GND In: Hessische Bibliographie

Anmerkungen und Einzelnachweise

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Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Durch den Reichsdeputationshauptschluss.
  3. Infolge der Napoleonischen Kriege.
  4. Infolge der Beschlüsse des Wiener Kongresses.
  5. Trennung von Justiz (Justizamt Steinau (Assistenzamt Schlüchtern)) und Verwaltung.
  6. Infolge des Deutschen Krieges.
  7. Infolge des Zweiten Weltkriegs.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Niederzell, Main-Kinzig-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 25. Mai 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Statistische Daten. In: Webauftritt. Stadt Schlüchtern, abgerufen im Juli 2024.
  3. Uta Löwenstein: Grafschaft Hanau. In: Ritter, Grafen und Fürsten – weltliche Herrschaften im hessischen Raum ca. 900–1806 = Handbuch der hessischen Geschichte 3 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 63. Marburg 2014. ISBN 978-3-942225-17-5, S. 196–230 (208).
  4. Dersch Wilhelm: Hessisches Klosterbuch. Quellenkunde zur Geschichte der im Regierungsbezirk Cassel, der Provinz Oberhessen und dem Fürstentum Waldeck gegründeten Stifter, Klöster und Niederlassungen von geistlichen Genossenschaften. Marburg 1915. S. 108f.
  5. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Gelnhausen, Hanau und Schlüchtern und der Stadt Hanau sowie die Rückkreisung der Städte Fulda, Hanau und Marburg (Lahn) betreffende Fragen (GVBl. 330–26) vom 12. März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 9, S. 149, § 14 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,0 MB]).
  6. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 377 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder).
  7. a b Hauptsatzung. (PDF; 49 kB) § 6. In: Webauftritt. stadt Schlüchtern, abgerufen im Juni 2024.
  8. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  9. Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 208 f. (online bei Google Books).
  10. Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 76.
  11. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 30 und 84, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. Oktober 2020;.
  12. Einwohnerzahlen 2005 der Ortsteile. (PDF; 83 kB) In: Internetauftritt. Stadt Schlüchtern, archiviert vom Original; abgerufen im Mai 2018.
  13. Einwohnerzahlen 2010 der Ortsteile. (PDF; 83 kB) In: Webauftritt. Stadt Schlüchtern, archiviert vom Original; abgerufen im Mai 2018.
  14. Einwohnerzahlen 2015 der Ortsteile. (PDF; 83 kB) In: Webauftritt. Stadt Schlüchtern, archiviert vom Original; abgerufen im Mai 2018.
  15. Einwohnerzahlen 2020 der Ortsteile. (PDF; 83 kB) In: Webauftritt. Stadt Schlüchtern, abgerufen im August 2024.
  16. Ortsbeiratswahl Niederzell. In: Votemanager. Stadt Schlüchtern, abgerufen im August 2024.
  17. Ortsbeirat Niederzell. In: Webauftritt. Stadt Schlüchtern, abgerufen im Juli 2024.