Der Zehnkampf der Männer bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal wurde am 29. und 30. Juli 1976 im Olympiastadion Montreal ausgetragen. 28 Athleten nahmen teil, von denen 23 den Wettkampf beendeten. Als Berechnungsgrundlage zur Ermittlung der Punktzahlen diente eine 1971 modifizierte Zehnkampftabelle.
Neben dem Medaillengewinner Kratschmer starteten für die Bundesrepublik Deutschland außerdem Claus Marek und Eberhard Stroot. Marek wurde Zehnter, Stroot belegte Rang 21.
Die DDR wurde durch Siegfried Stark vertreten, der Sechster wurde.
Aus Österreich nahmen Georg Werthner und Sepp Zeilbauer teil. Zeilbauer brach den Wettkampf nach der achten Disziplin ab, Werthner erreichte Platz sechzehn.
Die Schweiz und Liechtenstein hatten keine Athleten gemeldet.
Die Punktzahlen ergeben sich aus der 1971 entwickelten Zehnkampftabelle. In Klammern ist die Punktzahl angegeben, die bei Anwendung der heute gültigen Wertungstabelle von 1985 zustande käme.
Nach dem heute gültigen Wertungssystem wäre Mykola Awilow vor dem Wettkampf dieser Spiele mit 8466 Punkten noch Inhaber des Weltrekords, weil danach Bruce Jenners Leistungen aus seinem Zehnkampf im Juni 1976 nicht ausgereicht hätten, um Awilow zu übertreffen. Aber diese Vergleiche sind natürlich nur Anhaltswerte, denn als Grundlage müssen die jeweils unterschiedlichen Maßstäbe der Zeit gelten.
Der US-amerikanische Olympiasieger Bruce Jenner verbesserte den bestehenden olympischen Rekord in diesem Wettkampf am 7./8. September auf 8618 Punkte (8634 Punkte nach der Wertung von 1985). Damit stellte er gleichzeitig einen neuen Weltrekord auf.
Der Zehnkampf wurde nach denselben Regeln wie heute durchgeführt. Die zehn Disziplinen fanden auf zwei Tage verteilt statt. Gewertet wurde nach der Punktetabelle von 1971.
Alle Zeiten sind in Ortszeit Montreal (UTC−5) angegeben.
Im Kugelstoßen, Diskus- und Speerwurf sowie im Weitsprung sind die jeweiligen Bestweiten der Athleten fett gedruckt. Im Hoch- und Stabhochsprung ist der jeweils letzte gültige und damit beste Versuch eines Athleten fett gedruckt.
In drei Ehen wurde der US-amerikanische Olympiasieger Bruce Jenner Vater von drei Töchtern und drei Söhnen. Schon vor seiner dritten Ehe hatte er allerdings geplant, eine Geschlechtsumwandlung vornehmen zu lassen. Das realisierte er dann nach seiner letzten Scheidung. So wurde aus dem Mann Bruce Jenner die auch juristisch als Frau anerkannte Caitlyn Jenner.[3]
Drei bundesdeutsche Athleten bildeten die Spitze. Guido Kratschmer lag mit 25 Punkten Vorsprung vor Eberhard Stroot, der wiederum 45 Punkte Vorsprung vor Claus Marek hatte. Bruce Jenner rangierte mit 105 Punkten Rückstand auf Kratschmer auf Platz sechs, Mykola Awilow war mit 115 Punkten Rückstand Achter.
Der Finne Heikki Leppänen trat zu dieser dritten Disziplin nicht mehr an.
Guido Kratschmer behielt die Führung, Bruce Jenner arbeitete sich auf Platz zwei vor und hatte noch 69 Punkte Rückstand. Hinter Jenner lag der Gewinner des Kugelstoßens, der Schwede Raimo Pihl, auf Platz drei. Eberhard Stroot war auf Platz vier abgerutscht, dahinter folgten Mykola Awilow, der Österreicher Sepp Zeilbauer und der Finne Johannes Lahti. Claus Marek war auf Rang acht zurückgefallen.
Mit 2,14 m erzielte Mykola Awilow die größte Höhe im Hochsprung im Rahmen des olympischen Zehnkampfes.[4]
Guido Kratschmer blieb weiterhin an der Spitze. Jenner hatte 69 Punkte Rückstand, war aber auf Platz drei gerutscht. Der Hochsprungbeste Awilow hatte sich mit seiner Leistung auf Platz zwei geschoben und lag achtzehn Punkte hinter Kratschmer, 51 Punkte vor Jenner.
Die Disziplin wurde in vier Läufen durchgeführt.
Guido Kratschmer blieb mit achtzehn Punkten Vorsprung in Führung vor Mykola Awilow. Siebzehn Punkte hinter Awilow folgte Bruce Jenner.
Die Disziplin wurde in fünf Läufen durchgeführt.
Der Niederländer Eltjo Schutter trat zu dieser sechsten Disziplin nicht an.
Durch seine Bestzeit übernahm Mykola Awilow die Führung vor Guido Kratschmer, der nun 26 Punkte hinter ihm rangierte. Bruce Jenner lag auf Platz drei mit neunzig Punkten Rückstand auf den Führenden. Auf Platz vier, 121 Punkte hinter Jenner, hatte sich der Österreicher Sepp Zeilbauer vorgearbeitet.
Mykola Awilow konnte seine Führung behaupten. Er hatte allerdings nur noch neun Punkte Vorsprung vor Bruce Jenner, der nun auf Platz zwei vor Guido Kratschmer lag. Kratschmer hatte fünfzehn Punkte Rückstand auf den US-Amerikaner.
Der Belgier Régis Ghesquière und der Isländer Elías Sveinsson traten zu dieser achten Disziplin nicht mehr an.
Mit 4,90 m erzielte Philippe Bobin die bislang beste Höhe im Stabhochsprung im Rahmen des olympischen Zehnkampfes.[5]
Bruce Jenner übernahm nun die Führung mit 63 Punkten Vorsprung vor Guido Kratschmer, der ebenfalls an Mykola Awilow vorbeigezog. Kratschmer selber hatte wiederum dreizehn Punkte Vorsprung vor Awilow. Hinter dem sowjetischen Athleten lagen nun Ryszard Skowronek, Raimo Pihl und Leonid Lytwynenko. Josef Zeilbauer war durch seine Fehlversuche auf Platz 22 abgerutscht.
Zu dieser neunten Disziplin trat der Österreicher Sepp Zeilbauer nicht mehr an.
Mit 78,58 m erzielte Lennart Hedmark die bislang beste Weite im Speerwurf im Rahmen des olympischen Zehnkampfes.[6]
Die Reihenfolge blieb unverändert: Bruce Jenner vor Guido Kratschmer und Mykola Awilow. Jenner hatte seinen Vorsprung auf 88 Punkte ausgebaut, Kratschmer lag mit 61 Punkten vor Awilow. Raimo Pihl hatte sich auf Platz vier vor Ryszard Skowronek vorgeschoben, Hedmark war Sechster vor dem DDR-Athleten Siegfried Stark.
Die Disziplin wurde in drei Läufen durchgeführt.
Bruce Jenner lag vor der letzten Disziplin auf Weltrekordkurs, Mit 8538 Punkten er diesen Rekord einen Monat zuvor selber aufgestellt. Um seinen Rekord zu verbessern, musste er im 1500-Meter-Lauf eine Zeit von unter 4:23 min laufen.
Als Favorit trat der US-Amerikaner Bruce Jenner an, der im August 1975 und im Juni der Olympiasaison zweimal den Weltrekord verbessert hatte. Aber auch der Olympiasieger von 1972, Mykola Awilow, der vier Jahre zuvor auf einem ähnlichen Leistungsniveau gelegen hatte wie nun Jenner, war nicht zu unterschätzen. Ein weiterer Medaillenkandidat war der Pole Ryszard Skowronek, der 1974 Europameister geworden war. Der französische EM-Zweite von 1974 Yves Leroy war hier im Gegensatz zu Guido Kratschmer, dem deutschen Dritten dieser Meisterschaften, nicht am Start.
Der Wettkampf verlief auf einem sehr hohen Niveau. Nach dem 100-Meter-Lauf und dem Weitsprung, den ersten beiden Disziplinen, führten die drei bundesdeutschen Athleten Kratschmer, Eberhard Stroot und Claus Marek. Jenner rangierte mit 105 Punkten Rückstand auf Platz sechs, Awilow war 115 Punkte hinter dem Führenden Achter. Auch nach dem Kugelstoßen blieb Kratschmer vorn, Jenner war nun 69 Punkte dahinter. Der beste Kugelstoßer, Raimo Pihl aus Schweden, war Dritter, hinter ihm lagen Awilow, der Österreicher Sepp Zeilbauer und der Finne Johannes Lahti. Im Hochsprung spielte Awilow seine große Stärke aus und übersprang 2,14 m. Damit lag er nun achtzehn Punkte hinter Kratschmer und 51 Punkte vor Jenner, der jetzt Dritter war. Nach dem 400-Meter-Lauf, der letzten Disziplin des ersten Tages, schob sich alles noch enger zusammen. Zwischen Platz eins und neun lagen gerade einmal 224 Punkte. Kratschmer führte mit 4333 Punkten vor Awilow und Jenner, die mit sechzehn bzw. zwanzig Punkten nur einen minimalen Rückstand hatten.
Über 110 Meter Hürden war Awilow der Schnellste. Kratschmer blieb mit 14,58 Sekunden etwas hinter seinen Möglichkeiten zurück. Der sowjetische Zehnkämpfer übernahm nun die Führung knapp vor Kratschmer und Jenner. Auch nach dem Diskuswurf blieb Awilow vorn, Kratschmer hatte 24 Punkte Rückstand, war aber nur noch Dritter, denn Jenner hatte die beste Weite erzielt und lag zwischen den beiden. Mit seinem Sprung über 4,80 m übernahm Jenner erstmals die Spitzenposition. Kratschmer war mit 63 Punkten Rückstand wieder Zweiter, Awilow nur weitere 13 Punkten zurück Dritter. Im Speerwurf, der vorletzten Übung, wurden die Abstände zwischen den drei Führenden wieder etwas größer. Mit nun 88 Punkten lag Jenner vorn, Kratschmer hatte 61 Punkte Vorsprung vor Awilow. Jenner hatte sich mit seinen starken Leistungen sogar noch die Chance auf einen neuen Weltrekord erarbeitet. 4:23 min musste er dazu im abschließenden 1500-Meter-Lauf unterbieten. Mit 4:12,61 min gelang ihm dies deutlich und so sicherte sich Bruce Jenner nicht nur die Goldmedaille vor Guido Kratschmer und seinem Vorgänger als Olympiasieger Mykola Awilow. Jenner verbesserte auch seinen eigenen Weltrekord um achtzig Punkte. Mit dieser Punktzahl übertraf er nun auch nach der heute gültigen Mehrkampftabelle endgültig Awilows Leistung von 1972. Neben den Medaillengewinnern erzielten Raimo Pihl, Ryszard Skowronek, Siegfried Stark und Leonid Lytwynenko auf den nächsten Plätzen mehr als 8000 Punkte.[8] Auf dem achtzehnten Platz landete bei seinem ersten Olympiaauftritt der Brite Daley Thompson, der in den kommenden Jahren noch Zehnkampfgeschichte schreiben sollte.
Bruce Jenner gelang im vierzehnten olympischen Wettkampf der neunte Olympiasieg eines US-Zehnkämpfers. Rechnet man die 1982 nachträglich durch das IOC anerkannte Goldmedaille für Jim Thorpe für seinen Sieg 1912[9] hinzu, war es der zehnte Olympiasieg für die USA.
Anmerkung: Zur besseren Einordnung der Leistung sind neben den offiziellen Punkten nach der Wertungstabelle von 1971 die nach dem heutigen Wertungssystem von 1985 umgerechneten Punktzahlen mit angegeben. Nach dieser heute gültigen Tabelle hätte es nur einige wenige Abweichungen gegeben: Die Ränge sieben/acht, fünfzehn/sechzehn sowie 19/20 wären vertauscht. Ansonsten wäre die Reihenfolge unverändert. Aber diese Vergleiche sind natürlich nur Anhaltswerte, denn als Grundlage müssen die jeweils unterschiedlichen Maßstäbe der Zeit gelten.