Deutsch (Etymologie)

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Der Begriff deutsch hat seine Wurzeln im urgermanischen Wort *þeudiskaz. In seiner nordwestgermanischen Form *þeudisk, das bis zum 11. Jahrhundert nur in lateinischer Sprache als theodiscus erwähnt wurde, bedeutete dieses Wort erstmal „volkstümlich“ oder „nicht-Latein“, bis es sich über „(west)germanisch“ in mehrere moderne Morpheme aufspaltete, darunter dem deutschen Endonym Deutsch, die niederländischen Wörter Duits und Diets, das englische Wort Dutch sowie einer Vielzahl anderer zeitgenössischer und historischer Wortformen in verschiedenen Sprachen.[1]

Wolfgang Haubrichs geht aufgrund der Lautform von *þeudisk- davon aus, dass das Wort theodiscus (und eine Vielzahl an Varianten wie theud/t-, teud/t-, teod/t-, thiud/t- and diut-) spätestens im 7. Jahrhundert ins Lateinische übernommen wurde. Es ist nicht klar, ob diese Wortentlehnung nördlich oder südlich der Alpen erfolgte. Die beiden häufigsten Hypothesen sind, dass es sich entweder um ein allgemeines germanisches Wort handelt, das an verschiedenen Orten entlehnt wurde, oder dass das Wort erstmals im Kontext der lateinisch-germanischen Sprachlandschaft in Norditalien übernommen wurde. Unabhängig von seinem genauen geografischen Ursprung ist die Form, in der es in erhaltenen lateinischen Texten erscheint, altwestfränkisch und beginnt die eigentliche Wortgeschichte von theodiscus erst mit der Rezeption durch die karolingischen gebildeten Schriftsteller und der durch sie begonnen Ausbreitung.[2][3]

Es ist in diesem Zusammenhang unklar, ob theodiscus die lateinische Transkription eines einheimischen germanischen Begriffs war oder ob es als germanisch basierter Neologismus in der frühmittelalterlichen karolingischen Kanzlei entstand.[4] Beide Hypothesen gehen davon aus, dass die Grundlage des Wortes theodiscus das altfränkische oder gemeinwestgermanische *þeodisk ist, das letztlich vom urgermanischen Wort *þeudō abstammt und „Volk, Gruppe, Menge“ bedeutet. Die erschlossene indogermanische Wortwurzel *teuta trug die Bedeutung „Volk, Leute“. Derzeit vertritt die Mehrheit der Wissenschaftler die Ansicht, dass *þeudō im frühen Mittelalter das Bedeutungsspektrum vom Lateinischen populus (ein Volk, gens oder anderweitige öffentlich, oft rechtlich, handelnde Menschengruppe) übernommen hat und später, als theodiscus, in das mittelalterliche Latein übernommen wurde.[2]

Eine kleinere Gruppe von Wissenschaftlern behauptet, dass die Wurzeln von theodiscus zwar letztlich germanischen Ursprungs seien, es sich jedoch um eine wortwörtliche Übersetzung eines bereits existierenden lateinischen Begriffs handele. Diese Forscher behaupten, dass die Adjektive auf „-isk“ hauptsächlich mit dem Bereich theologischer Wissenschaft und der christlichen Mission verbunden sind. Im Fall der frühesten bezeugten germanischen Form von *þeudiskaz, dem gotischen Wort þiudiskō, besteht Einigkeit darüber, dass diese Adjektivform wissenschaftlichen Ursprungs ist, als Äquivalent des biblischen griechischen „ethnikós“ (ἐθνικός), beide mit der Bedeutung „heidnisch“ oder „nichtjüdisch“.[5] Dies, zusammen mit der Tatsache, dass ein volkssprachliches *þeodisk in den Quellen der Zeit nicht bezeugt ist und erst um das Jahr 1000 in der althochdeutschen Gestalt diutisk aufgeschrieben wurde, hat diese Linguisten zu der Schlussfolgerung geführt, dass das Wort als Kunstwort entstand und erst viel später in der germanischen Volkssprache gebräuchlich wurde. So glaubte Eugen Lerch, dass das künstliche lateinische Wort theodiscus sich nach 786 habe durchsetzen können, während dem ebenso künstlichen volkssprachlichen Analogon zunächst scheiterte und sich erst später zu einem gebräuchlichen Begriff entwickelte.[6]

Eine Form von *þeudō wurde nach der Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert sowohl ins Altkirchenslawische als auch ins Ungarische mit der Bedeutung „(fremdes) Volk“ entlehnt. So werden diejenigen Slawen, die keinen Sondernamen entwickelt haben (d. h. Slowenen und Slowaken) im Ungarischen tót (plural tótok) genannt.[2]

Frühe Wortgeschichte

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Zwischen dem späten 8. und 11. Jahrhundert wurde das lateinische Wort theodiscus in rund 50 offiziellen Texten belegt.[7]

Die Bedeutung des Adjektivs ist durchweg auf die Sprache bezogen, und zwar auf die Volkssprache im Kontrast zum Lateinischen und zu den romananischen Volkssprachen, sowie im Bezug auf die Sprachen der in der karolingischen Welt bekannten germanischen Stämmen, wie die Franken, Thüringer, Baiern, Sachsen, Friesen, Angelsachsen, Langobarden, Goten und Normannen. Was die letztere Bedeutung betrifft, bezog sich die lingua Theodisca nicht nur auf ein einziges Volk, sondern auf alle Völker, deren Sprachen man heute als „germanisch“ bezeichnen würde.[2]

Die früheste bekannte Erwähnung des Begriffs theodiscus befindet sich in einem Brief des päpstlichen Nuntius Gregor von Ostia an Papst Hadrian I. über eine Synode, die 786 in England stattgefunden hatte. Wigbod, ein Kaplan Karls des Großen, teilte, ebenfalls 786, dem Papst mit, dass in einer Synode unter König Offa von Mercien die Konzilsbeschlüsse tam latine quam theodisce („auf Latein wie auch in der Volkssprache“, wörtlich „sowohl lateinisch als auch volkssprachlich“) mitgeteilt wurden, „damit alle es verstehen könnten“ (quo omnes intellegere potuissent).[8] Im Zuge der sich anbahnenden Christianisierung von Normannen entdeckten karolingische Gelehrte die Sprachverwandtschaft der bereits christlichen Franken mit den Skandinaviern und sprachen zur Kennzeichnung dessen von den nationes theodicae. In der drittältesten Bezeugung des Begriffs, aus dem Jahr 801, schreibt Karl der Große dem Papst, dass die Langobarden das Wort „was wir in unserer germanischen Sprache herizlis (Fahnenflucht) nennen“ (quod nos teudisca lingua dicimus „herisliz“ fecerit) verstehen werden. Dies ist das erste bekannte Mal, dass sich „Theodiscus“ ausdrücklich auf eine germanische Sprache bezieht und nicht auf „nicht-Lateinisch“ oder „Volkssprache“.[4]

Die semantische Entwicklung von theodiscus innerhalb der westgermanischen Sprachen eng mit dem germanischen Begriff *walhisk (eine germanische Bezeichnung für Römer und romanisierte Kelten) und *winidisk, was sich auf slawische Völker bezog, verbunden.[2] Von großer Bedeutung für die Entwicklung von „theodiscus“ als Antonym von „romanisch“ sind die Entwicklungen im Westfrankenreich. Die Franken nannten ihre Sprache anfangs frenkisk, die ihrer romanischen Nachbarn *walhisk (vlg. neuniederländisch WaalWal­lo­ne“ und mittelniederländisch walen „unverständlich reden, plappern“), als aber später der politische und der sprachliche Begriff „fränkisch“ sich nicht mehr deckten, seit sich auch die Romanen als „Franken“ bezeichneten (vgl. französisch France, français „Frankreich, Franzose“), setzte sich im zweisprachigen Westfrankenreich das Wort *þeudisk / theodiscus für den sprachlichen Gegensatz zu *walhisk durch. Da im Ostfränkischen Reich kein Anlass für einen Bezeichnungswandel bestand, stellte sich dieser hier, vielleicht nach westfränkischem Vorbild, erst später ein.[3] Im Laufe der nächsten Jahrhunderte wandelte sich allmählich die Bedeutung von ‚volkssprachlich‘ über ‚(nicht-)germanisch‘ zu der Sprache der germanischen Stämme des Ottonenreiches, das heißt, Deutsch, Plattdeutsch und Niederländisch.[9][3][10] Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit gab es in dem heutigen deutschen und niederländischen Sprachgebiet keine standardsprachlichen Einheitsareale, sondern ein Kontinuum kontinentalwestgermanischer Dia- und Regiolekte, das die ineinander fließenden Teilkomplexe des Deutschen, Niederländischen und Niederdeutschen umfasste und mit der gemeinsamen Selbstbezeichnung diutesch, duutsch (später diphthongiert: duytsch), dietsch und düdesch belegt wurde. Bei diesen Termini handelt es sich nicht um Einzelbenennungen für das Deutsche, Niederländische und Niederdeutsche, sondern lediglich um regionale Lautvarianten ohne Bedeutungsunterschied, die sich alle auf ein gemeinsames, intern stark differenziertes Diasystem bezogen. Dieses historisches Kontinuum wird von der Sprachforschung manchmal als Theodisk bezeichnet. Die wahrgenommene Binnendifferenzierung wurde ab dem Hochmittelalter durch Präfixe wie hoch- und ober- bzw. ned(d)er- oder durch entsprechende Adjektive wie oberländisch und ned(d)erländisch zum Ausdruck gebracht. Die deutschen Varietäten wurden mit den Komposita hochdeutsch und oberlendisch (deutsch) bezeichnet, die niederländischen mit nederlandsch (duytsch) und nederduytsch, und für die niederdeutschen waren die Termini nedderlendisch (düdesch), nedderdüdesch, neddersassesch und sassesch düdesch gebräuchlich.[11] Während das kontinentalwestgermanische Dialektkontinuum heute in Teilen noch erhalten ist, verschwand das Theodisk als eigenständiges Diasystem im Laufe der Frühen Neuzeit. Seine Bestandteile durchliefen eine separate Vertikalisierung, sodass sich aus dem Kontinuum jene beiden deutlich unterscheidbaren Varietäten herausbildeten, die heute in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie in den Niederlanden und Nordbelgien als „Leitvarietäten“ fungieren und mit den vereinfachten Begriffen „Deutsch“ und „Niederländisch“ bezeichnet werden. Diese Bezeichnungen nahmen Teile der älteren Terminologie auf: So wird „deutsch“ für die Varietäten verwendet, die auf dem Gebiet Deutschlands, Österreichs und der Schweiz gesprochen werden (einschließlich des Niederdeutschen im Norden Deutschlands), während „-lands“ sich auf die Varietäten außerhalb dieses Gebietes spezialisierte. Eine solche klare Aufteilung zur Bezeichnung moderner Einzelsprachexistierte jedoch bis weit in die Neuzeit hinein nicht, und ebenso gut hätten sich alternative Begriffe wie z. B. Oberländisch (für „Deutsch“) und Duits (für „Niederländisch“) durchsetzen können. Die englische Bezeichnung „Dutch“ (‚Niederländisch‘, im Gegensatz zu „German“ für ‚Deutsch‘) erinnert bis heute an die ursprüngliche Flexibilität und Offenheit der Terminologie.[12][13]

Entwicklung im Deutschen (Deutsch)

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In einer deutschen Form (diutsch bzw. tiutsch) lässt theodiscus sich zuerst in den Schriften Notkers belegen. Eine weitere frühe Fundstelle ist das althochdeutsche Annolied aus dem 11. Jahrhundert, wo von diutischemi lande, diutsche lant, diutischimo lante sowie diutischin sprecchin und diutschi man die Rede ist.[4][14]

In Ostfranken, aus dem sich Deutsch-Land = deutschsprachiges Land entwickelte, hatte die Mundart des Stammes noch eine größere Bedeutung, da dort die Abgrenzung auch zwischen den einzelnen germanischen Stämmen verlief. Otfrid von Weißenburg verwendete 865 in seinem Evangelienbuch das lateinische Wort theodisce und verdeutlichte es mit frenkisg.

König Otto vereinigte 955 die Stämme der Sachsen, (Ost-)Franken, Schwaben, Bayern und Böhmen zur Schlacht auf dem Lechfeld. Die gemeinsame Aktion und der Sieg stärkte den Zusammenhalt der Stämme mit den verwandten Sprachen, sodass sie sich bei Begegnungen mit Romanen als gemeinsame Gruppe bezeichneten, als Glieder eines gemeinsamen Volkes, als Volksleute, theodiske. Die Italiener übernahmen diese Selbstbezeichnung und nennen ihre nördlichen Nachbarn bis heute tedeschi (ausgesprochen: tedeski). In Deutschland verbreitete sich aber offenbar mit der Stauferherrschaft die oberdeutsch-schwäbische Aussprache des Adjektiv-Suffixes als „-sch“. So lautet die deutschsprachige Selbstbezeichnung heute nicht mehr Deutisk, sondern zusammengezogen und die Endung zum Zischlaut erweicht: Deutsch.

Seit dem 11. Jahrhundert verwendete man den Begriff des Regnum Teutonicum für den größten, germanischsprachigen Reichsteil des Heiligen Römischen Reiches. Die Funktion der Zusammenfassung wird in der Dichtung des Mittelalters deutlich, aber auch in der Berliner Handschrift des Sachsenspiegels von 1369, in der es heißt: „Iewelk düdesch lant hevet sinen palenzgreven: sassen, beieren, vranken unde svaven“ („Jegliches deutschsprachige (bzw. germanischsprachige) Land hat seinen Pfalzgrafen: Sachsen, Baiern, Franken und Schwaben“).[15]

Nach dem Preußisch-Österreichischen Krieg und insbesondere nach der Gründung des Deutschen Reiches im Jahr 1871 kam es zu einer tiefgreifenden semantischen Verschiebung der Bedeutung von „deutsch“, in dem das Wort zunehmend mit dem neu gegründeten deutschen Nationalstaat und einer preußisch geführten deutschen Identität in Verbindung gebracht wurde. Dies führte beispielsweise dazu, dass der österreichische Dichter Franz Grillparzer 1867 erklärte: „Als Deutscher ward ich geboren, bin ich noch einer? Nur was ich Deutsches geschrieben, das nimmt mir keiner.“[16] In ähnlicher Weise prägten bestimmte deutschsprachige Gruppen, wie die Pennsylvania Dutch und Rumäniendeutsche, die das heutige Deutschland lange vor dem Aufkommen des deutschen Nationalismus und der Reichsgründung verlassen hatten, den Begriff „Deutschländer“ (Pennsylvaniadeutsch: Deitschlenner) für die Bewohner des neu gegründeten Deutschlands, nannten sich aber weiterhin „Deutsche“ (Deitsche).[17]

Entwicklung im Englischen (Dutch)

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Im Mittelenglischen wurde „duche“ (bzw. „Dutch“) benutzt für Personen, deren Sprachen heute als niederländisch, deutsch oder skandinavisch eingeordnet würden. An erster Stelle war „duche“, abgeleitet vom mittelniederländischen Wort „duutsch“, weitaus synonym mit „flämisch“, eine mittelalterliche Synekdoche für die Sprachvarietäten der Niederlande.[18][19] Hauptgründe dieser verstärkerten sprachlichen und geografischen Assoziation mit den Niederlanden waren die engen wirtschaftlichen Beziehungen (u. a. Wollhandel), die Anwesenheit zahlreicher niederländischer Händler in England und die geografische Nähe der niederländischsprachigen Städte.[20] Im 15. Jahrhundert kamen 85 % der „duche“ Händler aus den Niederlanden, nur 15 % kamen aus den übrigen Gebieten des Heiligen Römischen Reiches, Skandinavien oder dem Baltikum.[21] In London, dem wichtigsten Kultur- und Handelszentrum Englands, bildeten niederländische Einwanderer 1437 sogar 90 % der gesamten ausländischen Bevölkerung.[22]

Trotzdem wurde der Begriff „duche“ (oder „doche“) während des gesamten Mittelalters üblicherweise aber auch für die mittelniederdeutsche Sprache, die hochdeutschen Varietäten und Skandinavier benutzt.[21] Neben „duche“ gab es alternative Benennungen wie „Hansarde“ und „Easterling“ für die Einwohner Norddeutschlands und das Ostseegebiet sowie „Almain“ (oder „Almayne“) für die Angehörigen des Heiligen Römischen Reiches im Allgemeinen. Im 17. Jahrhundert wurde „Almain“ durch „German“, das anfangs neben der Bedeutung „deutsch“ auch in einem sehr breiten Sinne (bzw. „germanisch“) benutzt wurde, ersetzt.[23][24] Gleichzeitig wurde der schon im Mittelalter angefangene Prozess der Bedeutungsverengung von „Dutch“ abgeschlossen, das im Englischen die Bedeutung „niederländisch“ bekam.

Im amerikanischen Englisch blieb „Dutch“ wegen der großen Zahl der Einwanderer aus deutschsprachigen Gebieten in den Vereinigten Staaten im populären Diskurs länger zweideutig als in Europa. Im Fall der Pennsylvania Dutch ist unklar, ob „Dutch“ eine sprachökonomische Verballhornung der pennsylvaniadeutschen Eigenbezeichnung „deitsch“ (bzw. deutsch) ist oder eine geografisch beschränkte Fortsetzung einer früheren Bedeutung betrifft.[17][25][26][17][27]

Entwicklung im Niederländischen (Diets, Duits)

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Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts waren die mittelniederländischen Begriffe Dietsc(h) (südwestliche Variante) und Duutsc(h) (nordöstliche Variante), das spätere frühneuniederländische Duytsch und Vlaems (flämisch) die einzigen Namen, die im Niederländischen für die niederländische Sprache verwendet wurden. Mit Ausnahme von Vlaems hatten alle diese Begriffe eine sekundäre Bedeutung, die sich auf die größere Gruppe der deutschen, niederländischen und niederdeutschen Dialekte bezog. Nach dem 15. Jahrhundert kamen zwei Begriffe hinzu: Nederduytsch, das erstmals 1457 vorkam, und Nederlandsch, das erstmals 1482 verwendet wurde. Im 16. Jahrhundert wurden diese Begriffe synonym verwendet:

“Het boeck der Psalmen uyt der Hebreisscher sprake in nederduytschen dichte [...] overgeset. Mitgaders de heylige schriftuerlicke lofsangen uyt den ouden ende nieuwen Testamente by een getogen, ende oock in nederlantschen dichte [...] mit elck sijnen text van woirde te woirde daer tegen ouer, int duytsche gestelt, doir Philips van Marnix.”

„Das Buch der Psalmen aus der hebräischen Sprache in niederländische (nederduytschen) Verse [...] übersetzt. Ebenso die heiligen biblischen Lobgesänge aus dem Alten und Neuen Testament zusammengestellt und auch in niederländische (nederlantschen) Verse [...] mit jeweils dem dazugehörigen Text Wort für Wort gegenübergestellt, ins Niederländische (duytsche) übertragen, von Philips van Marnix.“

Untertitel eines 1591 veröffentlichten niederländischen Psalmenbuchs, in dem die drei gebräuchlichen Begriffe für die niederländische Sprache synonym verwendet werden.[11]

Obwohl diese Begriffe synonym verwendet wurden, war im 16. Jahrhundert ein deutlicher Rückgang der Verwendung von duytsch zu verzeichnen. Die chronologisch gestaffelte Präferenz für die drei Termini in den Ländern des ehemaligen Burgundischen Kreises wurde umfassend untersucht, erstmals 1909 durch Willem de Vreese und später durch Frans Claes. Aus der Ergebnisse beider Forscher, zeigt sich, dass bis 1550 dietsc/duutsch (oder bereits diphthongisiert duytsch) unbestritten die führende Form war, während ab 1480 auch Nederlands zunehmend in Gebrauch kam. Ab 1450 tritt Nederduits auf, das zwischen 1650 und 1850 vorherrschend war. Danach nimmt dessen Verwendung im neu gegründeten Königreich der (nördlichen) Niederlande abrupt ab, während es sich in Belgien, teils aus antiholländischen Ressentiments, bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts durchsetzen konnte. Schließlich wurde Nederduits zugunsten des heute dominierenden Nederlands endgültig aufgegeben. Gleichzeitig wurde Duytsch ab 1550, und besonders ab 1600, immer seltener verwendet.[28][11]

Einzelnachweise

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  1. Wolfgang Haubrichs: Theodiscus, Deutsch und Germanisch – drei Ethnonyme, drei Forschungsbegriffe. In: Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer (Hrsg.): Zur Geschichte der Gleichung „germanisch-deutsch“. Sprache und Namen, Geschichte und Institutionen (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Band 34). De Gruyter, Berlin 2004, S. 199–228.
  2. a b c d e Wolfgang Haubrichs und Herwig Wolfram: „Theodiscus“. Germanische Altertumskunde Online, herausgegeben von Sebastian Brather, Wilhelm Heizmann und Steffen Patzold. Berlin, New York: De Gruyter, 2010.
  3. a b c Peter von Polenz: Geschichte der deutschen Sprache, Berlin, Boston: De Gruyter, 2020, pp. 36-53.
  4. a b c Heinz Thomas: Der Ursprung des Wortes Theodiscus. In: Historische Zeitschrift. Band 247, Nr. 1, 1988, S. 297–310.
  5. Gothic Bible, Galatians chapter 2. Abgerufen am 13. April 2023.
  6. Eugen Lerch: Der Ursprung des Wortes „Deutsch“. In: Welt als Geschichte. Band 8, 1942, S. 14–31; ders.: Ist das Wort „Deutsch“ in Frankreich entstanden? In: Romanische Forschungen. Band 56, 1943, S. 158–178.
  7. Ingo Reiffenstein: Bezeichnungen der deutschen Gesamtsprache. In: Werner Besch, Anne Betten, Oskar Reichmann, Stefan Sonderegger (Hrsg.): Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung (= Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft. Band 2). 2., vollständig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. 3. Teilband. De Gruyter, Berlin / New York 2003, S. 2191–2205.
  8. Hagen Schulze: Kleine deutsche Geschichte. 7. Auflage, dtv, München 2005, S. 19; Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 21. Auflage, Berlin/New York 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 129.
  9. Lutz Mackensen: Ursprung der Wörter. Das etymologische Wörterbuch der deutschen Sprache. Bassermann, München 2014, S. 102;
  10. Wilhelm Schmidt: Geschichte der deutschen Sprache. Ein Lehrbuch für das germanistische Studium. 7., verbesserte Auflage. Stuttgart/Leipzig 1996, S. 80 f.
  11. a b c Luc De Grauwe: Das historische Verhältnis Deutsch-Niederländisch ‘Revisited’. Zur Nicht-Existenz von Einheitsarealen im Sprachbewußtsein des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit, 1992. In: Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik 35. S. 191–205.
  12. Luc De Grauwe: Emerging Mother-Tongue Awareness. The Special Case of Dutch and German in the Middle Ages and the Early Modern Period. In: Linn, Andrew R./McLelland, Nicola (Hg.): Standardization. Studies from the Germanic Languages. Amsterdam/Philadelphia: Benjamins, 2002, S. 106.
  13. Sarah De Groodt & Torsten Leuschner: Kausal-konditional-konzessive Subjunktoren im Westgermanischen Theodistik als Sprachsystemgeschichte aus funktional-typologischer Sicht. In: Germanistische Mitteilungen 59, 2004. S. 50–58.
  14. Wolfgang Haubrichs: Theodiscus, Deutsch und Germanisch – drei Ethnonyme, drei Forschungsbegriffe. In: Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer (Hrsg.): Zur Geschichte der Gleichung „germanisch-deutsch“. Sprache und Namen, Geschichte und Institutionen (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Band 34). De Gruyter, Berlin 2004, S. 203.
  15. Eike von Repgow: Des Sachsenspiegels Erster Theil. Nach der Berliner Handschrift vom Jahr 1369. Hrsg. von Carl Gustav Homeyer. 3., umgearbeitete Ausgabe. Dümmler, Berlin 1861, S. 227 (E-Text).
  16. Thomas R. Grischany: Der Ostmark treue Alpensöhne: die Integration der Österreicher in die Grossdeutsche Wehrmacht, 1938-45, V&R unipress GmbH, 2015, pp. 41.
  17. a b c Mark L. Louden: Pennsylvania Dutch: The Story of an American Language. JHU Press, 2006, S. 3–4.
  18. Leonard Reilly und Geoff Marshall: The Story of Bankside: From the River Thames to St. George’s Circus. London Borough of Southwark, London 2001, S. 13.
  19. Peter Brown: A New Companion to Chaucer. John Wiley & Sons, Hoboken NJ 2019: Chauchers contemporaries typically characterized Flemish women as prostitutes, and the socalled Doche, men and women from the Low Countries, frequently kept and were often accused of keeping brothels (Karras 1989:415; Carlin 1996:150).
  20. Alexander Bergs und Laurel J. Brinton: English Historical Linguistics, Band 2. Walter de Gruyter, Berlin 2012, S. 1664.
  21. a b W. Mark Ormrod, Bart Lambert und Jonathan Mackman: Immigrant England, 1300–1550. Manchester University Press, Manchester 2019.
  22. Alexander Bergs und Laurel J. Brinton: English Historical Linguistics, Band 2. Walter de Gruyter, Berlin 2012, S. 1665.
  23. Christopher Joby: The Dutch Language in Britain (1550-1702): A Social History of the Use of Dutch in Early Modern Britain. Brill, Leiden 2015, S. 4.
  24. Patrick Hanks, Richard Coates und Peter McClure: The Oxford Dictionary of Family Names in Britain and Ireland. Oxford University Press, Oxford 2016, Stichwort Allman.
  25. Johanna Johannson: The language milieu of the Old Order Amish. Preserving Pennsylvania Deitsch. In: Theo D’haen, Iannis Goerlandt, Roger D. Sell (Hrsg.): Major versus Minor? Languages and Literatures in a Globalized World. FILLM Studies in Languages and Literatures. John Benjamins Publishing Company, Amsterdam 2015, S. 32.
  26. Hughes Oliphant Old: The Reading and Preaching of the Scriptures in the Worship of the Christian Church. Volume 6: The Modern Age. Eerdmans Publishing, Grand Rapids MI 2007, S. 606.
  27. Irwin Richman: The Pennsylvania Dutch Country. Arcadia Publishing, Mount Pleasant SC 2004, S. 16.
  28. Frans Claes: De benaming van onze taal in woordenboeken en andere vertaalwerken uit de zestiende eeuw. In: Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde. Jahr 86. E.J. Brill, Leiden, 1970, S. 288–301.