Westfriedhof (Innsbruck)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Nordportal (ursprünglicher Haupteingang)
Blick aus den östlichen Arkaden des alten Friedhofsteils zur Kapelle

Der Westfriedhof ist einer der beiden Hauptfriedhöfe der Stadt Innsbruck. Die 4,8 ha große, 1856 errichtete und 1889 erweiterte Anlage befindet sich im Stadtteil Wilten. Zusammen mit dem Ostfriedhof dient er der Beisetzung von Verstorbenen der ganzen Stadt.

Der städtische Friedhof befand sich ursprünglich um die St. Jakobs-Kirche (den heutigen Dom) und seit 1509 zusammen mit dem Spitalsfriedhof im Bereich des heutigen Adolf-Pichler-Platzes hinter der Spitalskirche. Ursprünglich außerhalb der Stadtmauern gelegen, befand er sich im 19. Jahrhundert mitten in der Stadt und war außerdem zu klein geworden. Ab 1852 gab es daher Pläne zur Verlegung des Friedhofs. Am 24. Dezember 1855 genehmigte die Statthalterei die Verlegung in die Wiltener Felder südlich des Innrains auf dem Gebiet der damals noch eigenständigen Gemeinde Wilten.[1] Als Gewinner eines Wettbewerbs entwarf der Civil-Ingenieur Carl Müller nach den Vorgaben eine quadratische, auf allen Seiten von Arkaden umgebene Anlage nach dem Vorbild eines italienischen Campo Santo.[2] Das Hauptportal befand sich auf der Nordseite, darauf führte die heute komplett mit Gebäuden der Universitätsklinik überbaute Friedhof-Allee vom Innrain aus zu.

Der neue Friedhof wurde von August bis Dezember 1856 errichtet und das erste Gräberfeld, ein Sechzehntel der Anlage, am 18. Dezember 1856 gesegnet.[1] Am 21. Februar 1858 wurde der gesamte Friedhof feierlich geweiht.[3] 1859 wurde der evangelische Friedhofsteil angelegt.[2]

Nachdem der jüdische Friedhof am Judenbühel mehrmals geschändet worden war, erhielt die israelitische Kultusgemeinde 1864 ein Areal am städtischen Friedhof zur Verfügung gestellt. Da die Juden wie alle anderen Bürger eine Friedhofssteuer entrichten mussten, übernahm die Stadt die Kosten zur Errichtung des neuen Friedhofs. 1864 wurden am Judenbühel die letzten Verstorbenen beigesetzt, die Gräber wurden in der Folge teilweise vom alten in den neuen jüdischen Friedhof verlegt.[4]

1889 wurde der Friedhof um die gleiche Größe erweitert. Der südliche Abschluss mit der Kapelle wurde zur neuen Mittelachse mit dem neuen Haupteingang an der Ostseite. Der evangelische und der jüdische Friedhof wurden an die Südseite des neuen Friedhofsteils verlegt.[5] Ursprünglich einfach als städtischer Friedhof bezeichnet, wurde er später Zentralfriedhof und seit der Eröffnung des Ostfriedhofs in Pradl 1912 Westfriedhof genannt.

1927 wurde ein Urnenhain angelegt und die Kapelle neu gebaut. Ein geplantes Krematorium wurde nicht verwirklicht.[2] Während des Eichmann-Prozesses schändeten zwei Burschenschafter im Jahr 1961 den jüdischen Friedhof.[6] Für die Verbreiterung des Südrings wurde 1981 das südwestliche Eck des Friedhofs abgetrennt. Zahlreiche Gräber des jüdischen Sektors mussten dafür aufgelassen oder umgebettet werden.[7]

Arkaden im nördlichen Teil
Gräberfeld im südlichen Teil

Der Friedhof besteht aus zwei annähernd gleich großen Bereichen mit quadratischem Grundriss, die symmetrisch in vier Hauptgruppen mit je vier Grabfeldern (Nordteil: A–R, Südteil: 1–16) unterteilt sind. Südlich schließen sich, durch eine Portalachse getrennt, der evangelische und der jüdische Friedhofsteil mit je drei Grabfeldern an. Der Friedhof wird im Norden von der Schöpfstraße und im Süden von der Egger-Lienz-Straße begrenzt, wo sich auch Eingänge befinden. Der Eingang an der Nordseite, der ursprüngliche Haupteingang, wird von einer Statue des Auferstandenen bekrönt, die 1860 von Josef Gröbmer geschaffen wurde.[8] Der heutige Haupteingang befindet sich im Osten an der Fritz-Pregl-Straße zwischen den beiden Friedhofsbereichen. Ein vierter Eingang liegt dem Haupteingang gegenüber an der Westseite und ermöglicht den Zugang vom Beselepark. Die Fläche des Friedhofs beträgt insgesamt 47.700 m².[9]

Der ältere Teil im Norden ist auf allen Seiten von einem Arkadengang umgeben, in dem sich 150 Gräber befinden. Er wurde von Franz Plattner, August von Wörndle, Georg Mader und Mathias Schmid mit einem Freskenzyklus im Nazarenerstil ausgemalt, der im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört wurde.[2] Der südliche Teil verfügt nur an der Nordseite und für ein kurzes Stück an der Ostseite über einen Arkadengang, stattdessen gibt es zusätzliche Gräberfelder (17–19) am West- und Ostrand.[10]

In den beiden Friedhofsteilen befinden sich je zwei Brunnen, an den Schnittpunkten der Hauptwege jeweils ein Kruzifix, das im nördlichen Teil aus dem 17. Jahrhundert[11], im südlichen Teil von Alois Winkler vom Anfang des 20. Jahrhunderts[12] stammt. Im zentralen Bereich zwischen Nord- und Südteil befinden sich die Kapelle mit den Aufbahrungshallen und der Urnenhain.

Der Friedhof steht unter Denkmalschutz. Gesondert ausgewiesen sind der jüdische Friedhof und das Hormayr'sche Grabmal unter den Nordarkaden.

Jüdischer Friedhof

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Jüdischer Friedhof

Durch eine Mauer getrennt schließt sich im Süden der jüdische Friedhof mit drei Grabfeldern an.[13][14] Entlang der Mauer im Norden befinden sich Gräber von im Ersten Weltkrieg in Tirol gefallenen jüdischen Soldaten aus allen Teilen der Monarchie, in der Mitte erinnert ein 1925 errichtetes Denkmal an die sechs gefallenen Innsbrucker Juden. An der Ostmauer ist eine Gedenktafel den Opfern der Shoa gewidmet.[7] An der Südmauer erinnern ein Denkmal und eine Bronzetafel mit den Namen der Verstorbenen an die Gräber, die beim Ausbau des Südrings aufgelassen bzw. umgebettet werden mussten.[14]

Kapelle von Süden
Vorhalle der Kapelle mit Darstellung des Jüngsten Gerichts von Franz Plattner

Die Kapelle im Zentrum der Achsen wurde 1856 als südlicher Abschluss des Friedhofs erbaut. In den Jahren 1926/1927 wurde sie nach Plänen des Architekten Franz Wiesenberg[15] unter Beibehaltung der Vorhalle durch einen Neubau ersetzt und um eine Aufbahrungshalle erweitert. Der Zugang erfolgt im Norden durch die Vorhalle und im Süden direkt vom neuen Friedhofsteil.[16]

Die Vorhalle weist ein Satteldach mit bekrönendem Dachreiter und eine Giebelfassade mit hohem Rundbogeneingang auf. Das Innere ist kreuzgratgewölbt, das Vorjoch mit einer Stichkappentonne versehen. Die Gewölbe wurden von 1862 bis 1864 und ab 1871 von Franz Plattner mit Öltemperagemälden versehen, die in drei großen Gemälden nach der geheimen Offenbarung den Untergang alles Weltlichen, das Jüngste Gericht und das himmlische Jerusalem zeigen. Kleinere Medaillons stellen die vier letzten Dinge sowie Gebet, Almosengeben und Messopfer dar.[17] Die figurenreichen, allegorisch-symbolischen Darstellungen gelten als erstes großes Hauptwerk der nazarenischen Malerei in Tirol.[16]

Die Kapelle über annähernd quadratischem Grundriss ist mit einem flachen Pyramidendach gedeckt. Die drei Südportale sind in die Arkaden eingebunden und mit halbfigurigen Tympanon­releifs von Franz Santifaller aus Kunststein rundbogig abgeschlossen. Der nach Westen orientierte Innenraum ist mit einem Klostergewölbe überkuppelt und mit Mosaiken von Rudolf Jettmar und Gottlieb Schuller von 1927 und einem Relief von Franz Santifaller von 1926 ausgestattet.[16]

Im Westen und Osten schließen an die Kapelle die beiden Aufbahrungshallen mit Schaugängen an. Es handelt sich um lange, flach gedeckte Räume, die durch hoch liegende Fenster von Süden her belichtet werden.[16]

An die westliche Aufbahrungshalle schließt der 1927 angelegte und 1990 nach Plänen von Ekkehard Hörmann[18] erweiterte Urnenfriedhof an, der durch seine abgeschlossene Lage zwischen den Arkadengängen des nördlichen und südlichen Friedhofsteils und der Kapelle einen kleinen Hof bildet. In den Umfassungsmauern befinden sich regelmäßig angeordnete Wandnischen, im Zentrum frei stehende, sarkophagartige Blöcke mit Urnennischen.[19] Im südlichen Eingangsbereich, zwischen evangelischem und jüdischem Friedhofsteil, befindet sich ein weiterer Urnenfriedhof.

Denkmäler und Grabmäler

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Saturndenkmal

Insbesondere unter den Arkaden finden sich zahlreiche künstlerisch gestaltete Grabmäler, die hauptsächlich in der Zeit zwischen 1860 und 1900 im neugotischen oder nazarenischen Stil geschaffen wurden. Sie stammen von zeitgenössischen Tiroler Künstlern wie Josef Gasser, Dominikus Trenkwalder, Josef Miller, Serafin Eberhart, Edmund Klotz, Hermann Klotz, Hans Bernard oder Andrea Malfatti. Manche ältere Grabmäler, wie das von ihm selbst entworfene Grabmal Alexander Colins († 1612) mit der Darstellung der Erweckung des Lazarus oder das von Urban Klieber geschaffene Grabmal Josef Freiherr von Hormayrs († 1779) wurden vom alten Friedhof hierher übertragen.

1873 ließ die Stadt das „Saturndenkmal“, ein marmornes Denkmal vom Grab der Grafen Wolkenstein-Trostburg, das Chronos (Saturn) mit einer trauernden Frau darstellt, restaurieren und auf den Westfriedhof überführen.[1] Das 1775 von Josef Huber, einem Schüler Urban Kliebers, geschaffene Denkmal[8] erinnert an alle Verstorbenen, deren Gebeine vom alten auf den neuen Friedhof übertragen wurden.

Das aus Lemberg übertragene und 1885 aufgestellte Grabdenkmal der gräflichen Familie Romazkan-Cigala[20] einer bronzenen Frauengestalt mit Buch und Kelch auf einem hohen Porphyrsockel dient heute als Gedenkstätte für die Ehrenbürger der Stadt Innsbruck.[21]

An der Mittelachse des südlichen Teils steht die 1908/1909 errichtete Grabkapelle der Familie Retter. Der gotisierende Bau mit Stufengiebel, Spitzbogenportal und kleinem Dachreiter über der Apsis war ursprünglich im Inneren mit Malerei ausgeschmückt.[22]

Auf dem Friedhof bestattete Persönlichkeiten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Grab von Adolf Pichler
Städtisches Ehrengrab für Martin Rapoldi und Anton Eder
Grab der Familie Inama von Sternegg

­* ... Ehrengrab der Stadt Innsbruck[21]

Commons: Westfriedhof, Innsbruck – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c Der Adolf-Pichler-Platz und seine bewegte Geschichte. In: Innsbruck informiert, August 2000, Sonderbeilage Rathausprojekt Innsbruck, S. 10–11 (Digitalisat)
  2. a b c d Christoph Hölz, Klaus Tragbar, Veronika Weiss (Hrsg.): Architekturführer Innsbruck. Haymon, Innsbruck 2017, ISBN 978-3-7099-7204-5, S. 146.
  3. Innsbrucker Stadtpost. In: Innsbrucker Nachrichten, 22. Februar 1858, S. 1 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ibn
  4. Silvia Perfler: Erinnerung an den alten jüdischen Friedhof Innsbrucks. In: David. Jüdische Kulturzeitschrift, Ausgabe 82, 09/2009 (online)
  5. Gemeinderaths-Sitzung am 11. März 1889. In: Innsbrucker Nachrichten, 13. März 1889, S. 7 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ibn
  6. Alemannia Judaica: Jüdische Friedhöfe in Innsbruck
  7. a b Israelitische Kultusgemeinde für Tirol und Vorarlberg: Friedhof
  8. a b Heinrich Hammer: Die Paläste und Bürgerbauten Innsbrucks. Kunstgeschichtlicher Führer durch die Bauwerke und Denkmäler. Hölzel, Wien 1923, S. 200–206 (tugraz.at [PDF; 1,4 MB]).
  9. Stadt Innsbruck: Die Innsbrucker Friedhöfe: Orte des Besinnens, Spiegelbilder des Lebens (Memento des Originals vom 11. Juli 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.innsbruck.gv.at (PDF; 7,5 MB)
  10. Wiesauer: Friedhof Wilten West, Städtischer Westfriedhof. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 11. Oktober 2014.
  11. Müller, Wiesauer: Friedhofskreuz. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 14. August 2015.
  12. Müller, Wiesauer: Friedhofskreuz. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 14. August 2015.
  13. Müller, Wiesauer: Jüdischer Friedhof, Friedhof Wilten West. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 11. Oktober 2014.
  14. a b Neuer jüdischer Friedhof Innsbruck (mit 47 Fotos) auf alemannia-judaica.de
  15. Hans Fankhauser: Gedenken an Diplom-Ingenieur Architekt Franz Wiesenberg. In: Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck, Nr. 5, Mai 1958, S. 6–7 (Digitalisat)
  16. a b c d Wiesauer: Aufbahrungshalle, Friedhof Wilten West. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 11. Oktober 2014.
  17. Der Friedhof. In: Innsbrucker Nachrichten, 3. November 1873, S. 4–5 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ibn
  18. 175 neue Grabstellen im Urnenhain am Westfriedhof. In: Innsbrucker Stadtnachrichten, Jänner 1991, S. 13 (Digitalisat)
  19. Wiesauer: Urnenfriedhof, Friedhof Wilten West. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 11. Oktober 2014.
  20. Der Gräberbesuch am städtischen Friedhofe. In: Innsbrucker Nachrichten, 31. Oktober 1885, S. 6 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ibn
  21. a b Stadt Innsbruck: Ehrengräber der Stadt Innsbruck (Memento des Originals vom 3. Oktober 2022 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.innsbruck.gv.at (PDF; 219 kB)
  22. Müller, Wiesauer: Friedhofskapelle, Grabkapelle Retter. In: Tiroler Kunstkataster. Abgerufen am 16. Juni 2021.
  23. a b Unsere Friedhöfe. In: Innsbrucker Nachrichten, 2. November 1906, S. 5 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ibn
  24. Die städtischen Friedhöfe. In: Innsbrucker Nachrichten, 29. Oktober 1909, S. 6 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ibn
  25. Tanja Chraust: Innsbrucker Pionier der Luftfahrt. In: Innsbrucker Stadtnachrichten, Nr. 9, September 1990, S. 36 (Digitalisat)
  26. Arkade 62: Franz Unterberger'sche Familien Grabstaette.

Koordinaten: 47° 15′ 32,2″ N, 11° 23′ 8,9″ O