Brigitte Mira

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Stern für Brigitte Mira auf dem Boulevard der Stars
Berliner Gedenktafel am Haus Koenigsallee 83 in Berlin-Grunewald

Brigitte Mira (* 20. April 1910 in Hamburg als Elisabeth Wally Stramm; † 8. März 2005 in Berlin) war eine deutsche Volksschauspielerin, Kabarettistin und Chanson-Sängerin. Sie war bekannt als Berliner Original aus Fernsehserien wie Drei Damen vom Grill, Drüben bei Lehmanns sowie durch die Hauptrolle in Fassbinders Melodram Angst essen Seele auf, für die sie 1974 den Deutschen Filmpreis als beste weibliche Hauptdarstellerin erhielt.

Brigitte Mira war die Tochter des aus Russland eingewanderten Pianisten Siegfried Stramm (Siegfried Mira) und seiner Ehefrau Elisabeth, geborene Sträßer. Sie wuchs in Düsseldorf auf und begann im Alter von acht Jahren eine Ballett- und Gesangsausbildung. In der Spielzeit 1928/29 war sie als Gruppentänzerin unter dem Namen „Valencia Stramm“ am Städtischen Theater Düsseldorf engagiert und wechselte mit fast der ganzen Düsseldorfer Tanztruppe zur nächsten Spielzeit als Mitglied des Tanzchors an das Opernhaus Köln, wo sie u. a. an der weltweit ersten Aufführung von Igor Strawinskis Le sacre du printemps außerhalb der Ballets Russes mitwirkte.[1] Ende der 1920er Jahre debütierte sie als Sängerin in der Rolle der Esmeralda in Friedrich Smetanas Die verkaufte Braut in Köln. Dem ersten Engagement als Soubrette und ab jetzt für mehrere Jahre unter dem Namen „Gitta Mira“ in Bremerhaven 1931 folgten weitere Engagements an deutschsprachigen Theatern, unter anderem 1931 am Operettentheater Leipzig, 1932 und 1933 in Reichenberg mit Sommerverpflichtungen nach Kolberg und Marienbad, 1934 an den Städtischen Bühnen Graz und von 1935 bis 1939 am Kieler Stadttheater, wo sie mit Stars wie Richard Tauber, Fritzi Massary, Leo Slezak und Lizzi Waldmüller auf der Bühne stand. In Hamburg war Mira 1939 in der deutschen Erstaufführung von Franz Lehárs Operette Giuditta zu sehen. 1941 kam sie nach Berlin und arbeitete am Theater am Schiffbauerdamm. Dort entdeckte Willi Schaeffers ihr komisches Talent und holte sie ans Kabarett der Komiker.

Ihre ersten Erfahrungen beim Film sammelte Mira, die nach den NS-Rassegesetzen als „Halbjüdin“ galt, dies jedoch mit falschen Papieren verbarg, in der als NS-Propaganda gedachten Kurzfilmreihe Liese und Miese, die im Beiprogramm zur Deutschen Wochenschau in den Lichtspielhäusern lief. Dabei war die Volksgenossin Liese, dargestellt von Gisela Schlüter, die Gute, die sich im Sinne der Nazi-Propaganda richtig verhielt, während die „Miese“, dargestellt von Mira, alles falsch machte, Feindsender hörte, über Lebensmittelknappheit schimpfte und sich mit Spionen einließ. Miras Darstellungstalent sorgte dafür, dass Miese dem Publikum besser gefiel als Liese, sodass das Propagandaministerium die Serie nach zehn Folgen absetzte. Mira wurde 1944 in die Gottbegnadeten-Liste aufgenommen.

Nach Kriegsende spielte Mira am Theater am Schiffbauerdamm, in Inszenierungen von Walter Felsenstein zunächst am Hebbel-Theater, später an der Komischen Oper in Berlin und hatte Gesangsrollen bei diversen Hörfunkanstalten, darunter in zahlreichen Operetten beim Bayerischen Rundfunk. Ihre offene, unverblümte Art brachte sie auch auf Kabarettbühnen, unter anderem bei Günter Neumanns Die Insulaner.

Ihr Spielfilmdebüt hatte Mira 1948 in einer kleinen Rolle in der Nachkriegs-Satire Berliner Ballade mit Gert Fröbe als Otto Normalverbraucher. Neben ihrer Bühnentätigkeit in musikalischen Lustspielen und Volksstücken wirkte sie ab den 1950er Jahren in Schlagerfilmen und Filmkomödien mit. Lange Zeit auf Nebenrollen als komische Tante oder Haushälterin festgelegt, galt sie in Operetten, Singspielen und Unterhaltungssendungen im Fernsehen als „Soubrette vom Dienst“.

Ehrengrab, Fürstenbrunner Weg 65–67, in Berlin-Westend (Grablage: E II-G 9a/b/c)

1972 entdeckte Rainer Werner Fassbinder sie am Schauspielhaus Bochum, wo sie unter der Leitung von Peter Zadek spielte, und verhalf ihr mit dem Film Angst essen Seele auf zu ihrem Durchbruch als international anerkannte Charakterdarstellerin. Bei den Filmfestspielen von Cannes 1974 für ihre Rolle als verwitwete Putzfrau, die sich in einen zwanzig Jahre jüngeren Marokkaner verliebt, gefeiert, wurde Mira im selben Jahr auch mit dem Deutschen Filmpreis als beste Darstellerin ausgezeichnet. Dem Fernsehpublikum war sie vor allem als Oma Färber in der beliebten Vorabendserie Drei Damen vom Grill bekannt, die von 1977 bis 1991 produziert wurde.

1989 wurde Mira für ihr langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film mit dem Filmband in Gold geehrt. Noch 1998 hatte sie auf der Jubiläumsgala anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Komischen Oper in Berlin einen bejubelten Auftritt. Ende der 1990er Jahre ging Mira, die ihr wahres Alter nicht preisgab und angeblich ewig 69 Jahre alt blieb, mit Evelyn Künneke und Helen Vita mit dem selbstironischen Chansonabend Drei alte Schachteln, initiiert und begleitet von Frank Golischewski, auf Tournee. Diese endete wegen Vitas Tod im Februar 2001. Kurz darauf starb auch Künneke, und Mira, über zehn Jahre älter als die beiden Kolleginnen, stellte ein eigenes Soloprogramm zusammen. Damit trat sie unter anderem im Theater Madame Lothár in Bremen auf, wo sie im Juni 2002 auch an einer Galashow anlässlich des zehnjährigen Theaterjubiläums teilnahm. Im Jahr 2000 wirkte Mira in Rosa von Praunheims Film Für mich gab’s nur noch Fassbinder mit.

Brigitte Mira verkörperte – ähnlich wie Günter Pfitzmann und Harald Juhnke, die mit ihr in Drei Damen vom Grill spielten – wie kaum eine andere Schauspielerin das alte West-Berlin. Der Kulturjournalist Hellmuth Karasek nannte sie eine „Ikone des Berliner Selbstbewußtseins, das sich aus Selbstironie wie aus Emanzipation speist“,[2] The Guardian „the archetypal funny old Berlinerin with a heart.“[3] Am 13. Oktober 2004 erlitt Mira einen Schwächeanfall, von dem sie sich nicht mehr erholte. Sie starb am 8. März 2005 im Alter von 94 Jahren und wurde am 16. März 2005 auf dem Luisenfriedhof III am Fürstenbrunner Weg in Berlin-Westend beigesetzt.[4] Ihre Grabstätte gehört zu den Ehrengräbern der Stadt Berlin.

Brigitte Mira war fünf Mal verheiratet, in erster Ehe 1939 mit dem Schauspieler Peter Schütte, in zweiter Ehe 1941 mit dem Intendanten Paul Cornelius. Ihre beiden Söhne, Thomas (* 1950 oder 1951) und Robert (1949–2014), stammen aus Miras dritter Ehe mit dem Reporter Reinhold Tabatt. Auch die vierte Ehe mit einem Ingenieur wurde geschieden. 1974 heiratete sie schließlich den Regisseur Frank Guarente, mit dem sie bis zu dessen Tod im Jahr 1983 verheiratet war und mehr als 25 Jahre zusammenlebte. Später, bereits hochbetagt, gab sie an, mit einem jüngeren Geliebten zusammenzuleben.

Hörspiele (Auswahl)

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  • 1955: Walter Niebuhr: Der echte Eckensteher. Ein Einakter um das Berliner Original Nante (Köchin) Regie: Hans Henjes (RB)
  • 1957: Henry Jessen, Hans Weigel: Herr Knigge beschwert sich Komposition: Franz Ort (RB)
  • 1963: Horst Pillau: Ein Volk sieht fern oder Der Tod spielt rechtsaußen. Ein frei erfundener Tatsachenbericht über die Ereignisse rund um ein Kriminalfernsehspiel – Regie: Günther Schwerkolt (SDR / SFB)
  • 1979: Dorothea Macheiner: Reviere Regie: Hans Bernd Müller (SFB)
  • 1983: Werner E. Hintz: Die Töchter der Madame Dutitre. Damals war’s – Geschichten aus dem alten Berlin (Madame Dutitre) (Geschichte Nr. 36 in 10 Folgen) – Regie: Horst Kintscher (RIAS Berlin)[5]
  • 1986: Ursula Drews [nach einer Idee von Werner E. Hintz]: Fünf Müllers und eine Million. Damals war’s – Geschichten aus dem alten Berlin (Frau Babette Dröhmer, Nachbarin) (Geschichte Nr. 39 in 8 Folgen) – Regie: Horst Kintscher (RIAS Berlin)[5]
  • 2003: Michael Ebmeyer: Henry Silber geht zu Ende (Brigitte Guarente) Regie: Paul Plamper, Nils Kacirek (WDR)
Einweihung von Miras Stern auf dem Boulevard der Stars in Berlin mit Bürgermeister Klaus Wowereit (2012)
Commons: Brigitte Mira – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Deutsches Bühnenjahrbuch, 1929, S. 372; 1930, S. 498; 1931, S. 339; 1932, 1933, 1934. Zum Pseudonym und der Kölner Mitwirkung: Frank-Manuel Peter: Sie küssten und sie schlugen ihn. Zur Geschichte des Tanzes in Köln. In: Arnold Jacobshagen: (Hrsg.) Musikstadt Köln. Verlag Dohr, Köln 2013, S. 239–261, hier S. 254 (Abb.!) u. 255.
  2. Auch der letzte Insulaner ist gegangen. Pfitzmann, Mira und nun Juhnke – Nachruf auf das alte West-Berlin. In: Die Welt, 10. April 2005.
  3. Brigitte Mira: Character actor who epitomised the spirit of old Berlin. In: The Guardian, 25. März 2005; Nachruf (englisch)
  4. Grab von Brigitte Mira knerger.de
  5. a b Thomas Nagel: Damals war's - Geschichten aus dem alten Berlin. Abgerufen am 26. Juli 2020.