Diskussion:Kaspar Hauser
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Kasper oder Kaspar
[Quelltext bearbeiten]Auf dem Mägdleinzettel steht der Name Kasper. Wann hat sich das in Kasper geändert, von wem und wieso? Mischma2000 (Diskussion) 00:54, 14. Jul. 2024 (CEST)
- Du musst die Chronologie berücksichtigen. Der Mägdeleinzettel und der Begleitbrief stammen aus derselben Hand, mit derselben Tinte geschrieben. Wenn im Begleitbrief der angebliche Tagelöhner schreibt, er (der "Knabe") könne so schreiben wie er, der Tagelöhner, dann ist klar, dass der vermeintlich ältere Mägedeleinzettel von der Kurrentschrift abweichen musste. Also wurde der Zettel (völlig ungewöhnlich damals) in Lateinschrift verfasst. Doch zeigt der Zettel auch, dass dem (!) Verfasser die Lateinschrift nicht leicht fiel und die Kurrentschrift seine angelernte war. Und auf der Polizeiwache war es Kaspar selbst, der seinen angeblichen, kompletten Vor- und Nachnamen auf Papier schrieb, "Kaspar Hauser". Steht umseitig im Artikel. --Imbarock (Diskussion) 18:32, 14. Jul. 2024 (CEST)
- Habe das jetzt auch im Text korrigiert, denn Jean Mistler schrieb ganz richtg (S.28), dass der Mägdleinzettel "en caractères latins" geschrieben wurde.--Imbarock (Diskussion) 17:42, 19. Aug. 2024 (CEST)
- P.S: Übrigens muss darauf hingewiesen werden, dass der Mägd(e)lein-Zettel – lt. Be- oder Geleitbrief angeblich vom Oktober 1812 – vorausschauend forderte, dass: „...wen er 17 Jahr alt ist, so schicken sie im nach Nirnberg zu 6ten Schwolische Begiment da ist auch sein Vater gewesen“ (usw.). Prima, also 16 Jahre zuvor sah die Mutter voraus – die Kaspar mit 6 Monaten „legte“, was völlig ungewöhnlich war, denn normalerweise waren ausgesetzte Säuglinge viel jünger – dass das 6. Chevauleger-Regiment oder eines ihrer Esakadron so viele Jahre später in Nürnberg sein werde. Das ist historisch-kritisch nie richtig aufgearbeitet worden, absurd. Mehr geht jetzt nicht, keine Zeit. --Imbarock (Diskussion) 18:34, 15. Jul. 2024 (CEST)
Max Schütte, 1892
[Quelltext bearbeiten]Kaum je beachtet wurde Schüttes Schrift „Kaspar Hauser. Das Rätsel ist nicht gelöst! Eine Erwiderung auf die Schrift des Herrn v. Artin“, Hagen 1892 (Digitalisat). Dabei war das nicht nur eine Erwiderung, sondern Schütte widmete sich auch den Widersprüchlichkeiten der ersten Nürnberger Zeit KH's und um dessen verkannte, doch vorhandene Fähigkeiten, mit denen KH auf die ihm gegenüber geäußerten und projizierten Vorstellungen vorsichtig, dann intensiver reagieren konnte.
Wenn auch ohne Anmerkungapparat sind die 62 Seiten der Schrift sehr abwägend, selten pauschalierend und oft verurteilte Schütte auch das Gegenteilige seiner Meinung(en) nicht grundsätzlich. Der Text wirkt geradezu 'modern', ganz ohne DNA-Analysen.
Deutlich spürt man dabei die Erfahrungen, die Max Schütte (1857 - nach 1925) sowohl durch sein Studium, als Verfasser vieler Schriften und auch als als Lehrer und Vortragender gemacht hatte (während der Sozialistengesetze wurde er wegen seines sozialdemokratischen Engagements mehrfach gemaßregelt und der Lehrtätigkeit enthoben), zudem sein Vater bereits Prof. an einer Stralsunder oberen Realschule gewesen war.
Seine Biografie (er blieb unverheiratet) und seine Veröffentlichungen können nur höchst bruchstückhaft eruiert werden. Durch die Inflation verarmt, musste er seine Wohnung aufgeben und wurde in einer „Stiftung“ im Norden Berlins aufgenommen. Seine Spur verliert sich nach 1925. Seine historisch-kritischen Abwägungen zum Mythos Kaspar Hauser sind jedenfalls lesenswert. Die bis dahin vorhandene Literatur kannte er genau. --Imbarock (Diskussion) 18:49, 10. Aug. 2024 (CEST)
Zur Rezeption: Bänkellied
[Quelltext bearbeiten]Offenbar ist es nicht von 1834, was in der gesamten wiss. Literatur zu Kaspar Hauser der letzten Jahrzehnte nie bemerkt oder gegenrecherchiert wurde.
Erstmals findet sich das neunstrophige Gedicht mit der Behauptung es sei von 1834 in Elsbeth Janda u. Fritz Nötzoldt: Die Moritat vom Bänkelsang (1959 und später in ihrem Teilband Warum weinst du holde Gärtnersfrau von 1965); übernommen bereits von Hans Scholz (1964), der behauptete, es wäre auf einem Flugblatt von 1834 gestanden.
Häufig findet sich in der Literatur oder auf Webseiten das Gedicht begleitend eine szenische Darstellung, betitelt „Volksfest bei Cannstadt im Herbst 1835“. Siehe Abbildung beispielsweise hier: [1].
In der Zeitschrift „Europa. Chronik der gebildeten Welt“ von August Lewald wurde der Holzstich erstmals veröffentlicht: [2], etwas runterscrollen, dann kommt das 2. Blatt mit KH. Dann etwas nach oben, vor (!) die Nr. 2.der Beilage vom 13. Januar 1836, da findet sich auf S. 96 eine humoristische, im schwäbischen Dialekt gehaltene Schilderung der auf dem Bild von rechts nach links dargestellten Figurengruppen. Zum Orgelspieler in der Mitte vor dem KH-“Poster“ und der neben ihm stehenden Frau steht da: Orgelmann (in der Mitte): Seht Kaschper Hauser hier als Kind // Oh heret, welche arge Sind! // Er liegt in einem Kellernescht, // Sein Vater war wohl nicht der bescht! Dann folgt die Frau mit ihren Sätzen.
Im 2. Band von „Europa“ aus 1835, S. 89 (hier unter der Überschrift Feuilleton), folgende Angabe zu den dann erst im Januar 1836 folgenden Abbildungen: [3]. Diese wurden (werden) von dem auf dem Volksfest anwesenden ausgezeichneten Künstler, Herrn Meyer aus Nürnberg angefertigt. Dabei handelt es sich zweifelsohne um Carl Mayer (Verleger), auch „Meyer“, zumal er der erfolgreichste Schüler von Friedrich Fleischmann war, der ja das erste Bildnis von KH fertigte.
Von dem „berühmten“ Bänkellied findet sich vor Janda/Nötzoldt nirgends ein Hinweis, nicht in Archiven oder Zeitungen. --Imbarock (Diskussion) 17:06, 5. Sep. 2024 (CEST)
Anm.: Der "Orgelmann" singt übrigens nicht (Mundhaltung) und die Frau an seiner Seite weist mit einem Zeigestock auf die Abbildungen hinter sich und scheint zu erklären. Muss also hier auf dem Volksfest vom Sept.1835 gar kein Bänkellied geträllert worden sein. --Imbarock (Diskussion) 17:53, 5. Sep. 2024 (CEST)
- Ich sehe gerade, dass in Berthold Weckmanns Dissertation von 1992 (gedruckt 1993, habe ich) nicht nur auf drei Seiten das Bänkellied bloß erwähnt wird, sondern auf S. 174 zum Materialienband Hörischs folgt: […] im Spektrum der bekannten Gedichte, das sie [die Zusammenstellung] abdeckt, lediglich ein anonymes Bänkellied der 1830er Jahre, das einer entsprechenden Anthologie entnommen ist und keineswegs als repräsentativ gelten kann. Weckmanns Buch ist in der Übersicht nicht einfach zu lesen, obwohl er gründlich recherchierte. Das 'Bänkellied' aber sah er zurecht mehr als skeptisch, was auch immer sein keineswegs als repräsentativ ausdrücken sollte. --Imbarock (Diskussion) 18:25, 6. Sep. 2024 (CEST)
- Das Bänkellied weist Besonderheiten auf. „Schwolisché“ endet mit Accent aigue. Der fehlt in KH's Begleitbrief u. Zettel und in den nachfolgend publizierten Textsorten, quasi für immer. Weiterhin fehlt ein damals durchaus übliches „th“, etwa bei Rätsel, Untat, Gemüte … Besonders aber fällt in der vierten Strophe der Vers auf: Wenn er auch durchaus nicht stumpf und dumm war. Das ist aus Daumers „Enthüllungen über KH“ von 1859 übernommen, auch wenn es dort andersherum war, nämlich dumm und stumpf, denn das sei er, so Daumer, nicht gewesen. --Imbarock (Diskussion) 17:56, 9. Sep. 2024 (CEST)