Hand- und Spanndienste

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Wegesteine aus Fahren im Kreis Plön, die anzeigten, wer für den Unterhalt eines Weges oder einer Straße verantwortlich war
Wegestein in Doberschütz (Malschwitz) mit den Datierungen 1729, 1847, 1930 und den Initialen CS und DS (Blumenschale nicht Bestandteil des Denkmals)

Hand- und Spanndienste, in Österreich auch Hand- und Zugdienste, in Deutschland zeitgemäßer auch (verpflichtende) Gemeindedienste genannt, sind Naturaldienste zur Verminderung barer Gemeindeabgaben. Die Dienste verpflichten die Gemeindebürger zu bestimmten körperlichen Arbeiten, die unter dem historischen Begriff Frondienst zusammengefasst werden können. Sie beruhen in Deutschland auf dem Preußischen Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 1893 und in Österreich auf dem jeweiligen Landesrecht und deren Gemeindeordnungen.[1][2][3]

Hand- und Spanndienste als Ausnahme vom Zwangsarbeitsverbot

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Hand- und Spanndienste bzw. Gemeindedienste sind vom Verbot der Zwangsarbeit ausgenommen. Durch internationale Übereinkommen sind verpflichtende Leistungen und Arbeiten grundsätzlich verboten, innerhalb definierter Grenzen sind bestimmte Pflichtleistungen von diesem Verbot ausgenommen. Sie bildet beispielsweise einen Ausnahmetatbestand im Übereinkommen über Zwangs- und Pflichtarbeit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) aus dem Jahr 1930[4][5] und in Art. 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Unterzeichnerstaaten der ILO-Konvention zur Abschaffung der Zwangsarbeit von 1957

Folgende Pflichtdienste gelten nicht als Zwangsarbeit:

Arten von Naturaldiensten

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Es gibt folgende Dienste:

  • Handdienste: Der Dienstpflichtige hat mit seiner eigenen Hand Arbeiten zu verrichten.[8]
  • Spann-, Zug- oder Gespanndienste (im historischen Kontext von Anspannen der Zugtiere): Der Dienstpflichtige hat ein Gespann oder Fuhrwerk (Zugvieh und Geschirr) zu stellen. Aktuell können hierzu natürliche oder juristische Personen einer Gemeinde mit den Lastfahrzeugen und Zugmaschinen ihrer landwirtschaftlichen oder gewerblichen Betriebe zur Dienstleistung herangezogen werden.[9]
  • Schippendienste: Errichtung von Bauwerken, Anlage von Straßen, Wassergräben und Landwehren, Rodungen

Hand- und Spanndienste werden oft im Dienst der Allgemeinheit erledigt. Das kann etwa das Setzen von Feldsteinbrücken auf den Äckern, die Erhaltung von Dämmen oder auch der Bau von Ackerwegen und Landstraßen sein. Die dafür benötigten Materialien (Steine, Holz usw.) stellen meist die Behörden zur Verfügung.

Hand- und Spanndienste in der Gegenwart

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Auch heute sind Hand- und Spanndienste, geregelt von Bestimmungen im Grundgesetz und durch kommunalrechtliche Vorschriften in Deutschland, möglich. Gemeinden können ihre Einwohner unter gewissen Umständen zu Hand- und Spanndiensten bzw. Gemeindediensten, auch Naturaldienste oder „überkommene Pflichten“ genannt,[10] verpflichten (vgl. z. B. § 10 Abs. 5 GemO-BW[11] oder Art. 24 Abs. 1 Nr. 4 GemO-BY.[12])[13] Hierbei handelt es sich um öffentliche Dienstleistungspflichten im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Grundgesetz, die nicht gegen das Zwangsarbeitsverbot verstoßen.[14] Daher setzt das Grundgesetz strenge Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Hand- und Spanndiensten:

  • Herkömmlichkeit: die Naturalleistungen sollen die Abgabenleistung der örtlichen Bevölkerung erleichtern
  • Allgemeinheit: grundsätzlich ist jeder Gemeindeangehörige verpflichtet, die Gemeindelasten zu tragen
  • Gleichheit: Orientierung am „Gerechtigkeitsgedanken“[15]

In den 1950er Jahren waren Hand- und Spanndienste in manchen ländlichen Regionen noch durchaus üblich.[16] Auch heute noch werden Hand- und Spanndienste in wenigen, kleinen Gemeinden ausgeführt,[17] wie zum Beispiel einmal jährlich in der niedersächsischen Gemeinde Winsen (Aller).[18][19][20]

Im Bundesland Vorarlberg sind in einigen Gemeinden Hand- und Zugdienste vorgesehen, umgangssprachlich „Tagwerk“ genannt. Falls die verpflichtenden Dienste nicht durchgeführt werden, kann eine Ersatzabgabe eingehoben werden. Diese wird für Bürger fällig, die im dienstfähigen Alter sind und die Dienste nicht leisten wollen oder können. Die Dienstpflicht ist in jeder Gemeinde unterschiedlich geregelt, so ist zum Beispiel in Bürserberg nur eine Person pro Haushalt, der Haushaltsvorstand zum Dienst verpflichtet, während es in Bezau alle männlichen Bürger im Alter von 18 bis 60 Jahren sind.[21][22][23][24] Eine Gemeinde kann mit den vorgesehenen Diensten auch an Dritte also Dienstleistungsunternehmen übertragen und die Ersatzsteuer allen dienstpflichtigen Bürgern auferlegen.[25]

Liste der Vorarlberger Gemeinden mit Hand- und Zugdiensten (Stand: 2005)[26]
Gemeinde Gemeinde Gemeinde
Bartholomäberg Bildstein Möggers
Blons Bizau Reute
Brand Buch Riefensberg
Bürserberg Damüls Satteins
Raggal Doren Schröcken
Silbertal Egg Schwarzenberg
Sonntag Eichenberg Sulzberg
Alberschwende Krumbach Düns
Andelsbuch Langen Dünserberg
Bezau Langenegg Koblach

Einzelnachweise

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  1. Das Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 1893. Kommentar. Berlin 1894. Textarchiv – Internet Archive
  2. https://www.vol.at/wozu-gemeinden-buerger-verpflichten-duerfen/4142621
  3. https://ris.bka.gv.at/JudikaturEntscheidung.wxe?Abfrage=Lvwg&Dokumentnummer=LVWGT_VO_20220930_LVwG_365_1_2022_R10_00
  4. a b Übereinkommen 29 der ILO über Zwangs- und Pflichtarbeit 1930 (Memento vom 4. Juni 2011 im Internet Archive)
  5. ILO
  6. Timo Stukenberg, Olaya Argüeso: „Made in Germany“ – Wer von der Arbeit in Gefängnissen profitiert. Correctiv vom 21. Juli 2021, abgerufen am 24. Juli 2021
  7. GemO
  8. https://www.juraforum.de/lexikon/hand-und-spanndienste
  9. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 7. August 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/bad-sobernheim.de
  10. Art. 12 GG pdf - Zusammenfassung Öffentliches Recht - StuDocu
  11. Gemeindeordnung in der Fassung vom 24. Juli 2000. In: GBl., S. 582, ber. 698
  12. Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung – GO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 1998. In: GVBl, 1998, S. 796
  13. https://www.bundestag.de/resource/blob/407420/5583ee4b1b59e96ab642cf8336224773/wf-iii-039-02-pdf-data.pdf
  14. https://www.juraforum.de/lexikon/hand-und-spanndienste
  15. Kommunale Finanzen und Kommunale Wirtschaft in der Google-Buchsuche
  16. Hand- und Spanndienste – Habe keine Schippe. In: Der Spiegel. Nr. 40, 1954 (online29. September 1954).
  17. http://www.rechtslexikon.net/d/hand-und-spanndienste/hand-und-spanndienste.htm
  18. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 24. September 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/winsenaller.de
  19. https://winsenaller.de/suchergebnisse.html?tx_indexedsearch_pi2%5Baction%5D=search&tx_indexedsearch_pi2%5Bcontroller%5D=Search&cHash=41e58604990397c93c725ed602a8c745
  20. http://meissendorf.de/hand-und-spanndienst/
  21. https://www.langen.at/Hand-_und_Zugdienste
  22. https://www.bezau.at/fileadmin/dam/Bezau-Gemeinde/Hand_und_Zugdienste.pdf
  23. https://buerserberg.at/wp-content/uploads/2017/01/Hand-und_Zugdienst_300812_065243_2-1.pdf
  24. https://www.damuels.at/media/gemeinde/Hand-und-Zugdienste.pdf
  25. https://www.sulzberg.at/Buergerservice/Information/Hand-_und_Zugdienst
  26. https://suche.vorarlberg.at/vlr/vlr_gov.nsf/0/E0A00FB5E7A7FA99C125717A00503549/$FILE/fromDocFile-A10521EA3FFAAF8565257146003AEB02.pdf