Heidi Reichinnek

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Heidi Reichinnek (2025)

Heidi Reichinnek (* 19. April 1988 in Merseburg) ist eine deutsche Politikerin (Die Linke). Seit Oktober 2021 ist sie Mitglied des Deutschen Bundestages und dort seit Februar 2025 kommissarische Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Bundestag. Von 2019 bis 2023 war sie Landesvorsitzende der Linke Niedersachsen und zuvor von 2017 bis Anfang 2019 Mitglied des Landessprecherrates der Linksjugend solid in Niedersachsen. Zusammen mit Jan van Aken war sie Spitzenkandidatin der Linken bei der Bundestagswahl 2025 und wurde erneut gewählt.

Leben

Reichinnek wuchs in Obhausen (Sachsen-Anhalt) auf. Ihre Mutter ist Chemiefacharbeiterin, ihr Vater Elektriker.[1] Nach dem Abitur studierte sie von 2007 bis 2011 Nahoststudien und Politikwissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und schloss das Studium mit dem Bachelor of Arts ab. Während des Studiums hielt sie sich von September 2010 bis Juni 2011 in Kairo auf und erlebte dort die Revolution in Ägypten 2011 im Zuge des Arabischen Frühlings. Danach nahm sie ein Studium an der Philipps-Universität Marburg auf, das sie 2013 mit dem Master of Arts in Politik und Wirtschaft des Nahen und Mittleren Ostens abschloss.

Von 2013 bis 2015 arbeitete sie am Marburger Centrum für Nah- und Mittelost-Studien als wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem Forschungsprojekt des Auswärtigen Amtes zu Islamismus und Salafismus in den arabischen Transformations-Gesellschaften.[2][3] Während der Flüchtlingskrise in Deutschland 2015/2016 war Reichinnek als Sprach- und Kulturfachkraft in der Ausbildung geflüchteter Kinder und Jugendlicher tätig, indem sie unter anderem sprachliche Fähigkeiten vermittelte. Von 2017 bis 2020 arbeitete sie als Projektkoordinatorin in den Bereichen Demokratisierung, Radikalisierungs-Prävention und Gemeinwesenarbeit. Von 2021 bis zu ihrem Einzug in den Deutschen Bundestag folgte eine pädagogische Tätigkeit bei der evangelischen Jugendhilfe in Osnabrück.[4] Für die Dauer ihres Mandats ist Reichinnek von ihrer Arbeit freigestellt. Sie lebt in Osnabrück.

Seit Februar 2025 betreibt Reichinnek einen Podcast mit dem Namen Heidi trifft... Der Podcast ist im Format eines Interviews aufgebaut.[5]

Politik

Heidi Reichinnek als neue Bundestagsabgeordnete (2021)

Parteipolitik und sonstiges politisches Engagement

Heidi Reichinnek trat im September 2015 der Partei Die Linke bei. Von November 2016 bis Oktober 2021 war sie Mitglied im Rat der Stadt Osnabrück und vertrat die Ratsfraktion der Partei Die Linke im Sozial- und Gesundheitsausschuss, Jugendhilfeausschuss, Kulturausschuss, Schul- und Sportausschuss, Migrationsbeirat und Behindertenforum.[4][6] 2017 bis 2019 war Reichinnek Mitbegründerin, Landessprecherin sowie Schatzmeisterin der Linksjugend [ˈsolid] und kandidierte bei der Landtagswahl 2017 in Niedersachsen auf Platz 7 für Die Linke.

Auf dem Landesparteitag der Linken von Niedersachsen erhielt sie 2019 das Votum von über 86 % der Delegierten und war damit die jüngste Landesvorsitzende der Linkspartei.[7] In der Folge dieser Wahl trat sie von ihren Posten bei der Linksjugend zurück. 2021 wurde sie in die Position der Landesvorsitzenden der Linkspartei in Niedersachsen wiedergewählt. 2023 schied sie aus diesem Amt aus.[8]

2022 bewarb sie sich um das Amt der Co-Vorsitzenden der Linkspartei,[9] wurde dabei von Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht gestützt,[10] unterlag jedoch mit 199 zu 319 Stimmen der Amtsinhaberin Janine Wissler.[11]

Bundestagsmandat

Heidi Reichinnek mit Martin Schirdewan, Jan van Aken und Ines Schwerdtner in Halle (2024)

Am 26. September 2021 zog sie das erste Mal in den Bundestag ein: Reichinnek kandidierte für die Bundestagswahl 2021 im Wahlkreis Stadt Osnabrück sowie auf Platz 3 der niedersächsischen Landesliste der Linkspartei und zog über die Liste in den Deutschen Bundestag ein.[12] Während der zwanzigsten Wahlperiode des deutschen Bundestages ist sie ordentliches Mitglied der Kinderkommission – Kommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und im Ausschuss für Klimaschutz und Energie.[3] Bis zum 10. April 2023 war sie zudem Stellvertretendes Mitglied der Enquete-Kommission Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands.[13] Im Februar 2024 wurde sie zusammen mit Sören Pellmann als Nachfolger von Dietmar Bartsch zur Gruppenvorsitzenden der parlamentarischen Gruppe der Linken im Deutschen Bundestag gewählt, die sich nach der Abspaltung der Fraktionsmitglieder um Sahra Wagenknecht gebildet hatte.[14][15][16] Reichinnek äußerte sich kritisch über diese und bezeichnete das Bündnis Sahra Wagenknecht als „outgesourcten Personenkult“.[10] Für ihre Linksfraktion ist sie Teil der parlamentarischen Geschäftsführung der Fraktion und Sprecherin für Kinder-, Jugend-, Frauen- und Senior*innenpolitik.[2]

Zusammen mit dem Linken-Vorsitzenden Jan van Aken trat sie als Spitzenkandidatin ihrer Partei bei der Bundestagswahl 2025 an.[17] Im Dezember 2024 wurde sie von der „Landesvertreter*innenversammlung der Linken in Niedersachsen“ mit 96 Prozent der Stimmen auf Listenplatz 1 der Landesliste gewählt.[18] Sie kandidierte wie bei der Bundestagswahl 2021 im Wahlkreis Stadt Osnabrück. Im Wahlkreis erzielte sie 11,81 Prozent der Stimmen und unterlag damit dem Kandidaten der CDU Mathias Middelberg.[19] Dennoch erhielt sie erneut über die Landesliste Niedersachsen ein Mandat für den 21. Deutschen Bundestag.[20] Mit der Neukonstituierung der Fraktion Die Linke im Bundestag am 25. Februar 2025 wurde sie zur kommissarischen Fraktionsvorsitzenden, zusammen mit Sören Pellmann, gewählt.[21]

Reichinnek betreibt ein Wahlkreisbüro in Osnabrück sowie ein Büro im Bundestag und weitere in Aurich und Hameln.[22] Zu ihren Mitarbeitenden im Bundestagsbüro gehört der Slam-Poet Jean-Philippe Kindler, der dort das Team bei dem Schreiben von Redemanuskripten und bei der Öffentlichkeitsarbeit unterstützt.[22]

Positionen

Reichinnek engagiert sich insbesondere für Kinder-, Jugend-, Familien- und Frauenpolitik und war frauenpolitische Sprecherin ihrer Partei.[23] Auf dem Parteitag 2024 der Linken in Halle (Saale) sprach sie sich gegen Militarisierung aus und sagte, die Linke müsse mehr in den Kreisverbänden und Gewerkschaften tätig werden.[24]

Reichinnek sagte im Februar 2025 in einem Interview, dass Milliardäre eine Bedrohung für die Demokratie darstellen würden. Dies habe man am Beispiel von Elon Musk gesehen. Sie hätten nicht nur einen erheblichen Einfluss auf das politische System, sondern schadeten auch Menschen und Umwelt.[25]

Wirken

Soziale Medien

Heidi Reichinnek ist stark in den sozialen Medien tätig.[26] Mit ihren politischen, mitunter provokanten Kurzvideos erzielt Reichinnek eine der höchsten Reichweiten von Politikern auf dem Videoportal TikTok.[27] Durch eine Rede, die Reichinnek als Folge der Debatte um das Zustrombegrenzungsgesetz hielt – vielfach als „Brandmauer-Rede“ rezipiert[28][29][30] – erreichte sie in sozialen Medien Millionen an Aufrufen und erhöhte ihre Follower-Zahl auf Instagram von 130.000 auf 288.000 und auf TikTok von 348.000 auf 460.000.[29] Der Stern schrieb, ihre Social-Media-Beiträge würden der Partei einen „benötigten Aufwind“ vor der Bundestagswahl 2025 bringen.[31] Auch andere Medien attestieren ihr eine Teilhabe an den steigenden Umfragewerten der Linkspartei, vor allem unter jüngeren Wählern.[32][33][34] Sie wurde daher als „rote Königin“ oder (vor allem in ausländischen Medien) als „Queen of TikTok“ rezipiert.[35][36][37]

Populärkultur

Die Rapper MC Smook und Fruity Luke veröffentlichten im Januar 2025 den Song Heidi Reichinnek (Freestyle).[38] Der Liedtext enthält eine namentliche Erwähnung Reichinneks, indem es heißt: „Gib‘s den Armen, gib‘s der Mitte, nimm‘s den Reichen weg – wenn ich denke, will ich denken wie Heidi Reichinnek – yes, ich argumentier die ganze rechte Scheiße weg.“[39] Reichinnek und die beiden Rapper traten außerdem gemeinsam in einem TikTok-Video auf.[39]

Reichinnek trägt an ihrem linken Arm ein Rosa-Luxemburg-Tattoo.[40]

Mitgliedschaften

Reichinnek ist Mitglied folgender Vereine und anderer Institutionen:

Commons: Heidi Reichinnek – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Fritz Zimmermann: Die Frau auf der Barrikade. In: Die Zeit. Nr. 7, 13. Februar 2025, S. 5 (zeit.de [abgerufen am 16. Februar 2025]).
  2. a b c Zur Person. Heidi Reichinnek, abgerufen am 10. November 2024.
  3. a b c Heidi Reichinnek. Deutscher Bundestag, abgerufen am 10. November 2024.
  4. a b Heidi Reichinnek. Die Linke. Ratsfraktion Osnabrück, abgerufen am 29. September 2021.
  5. Spotify. Abgerufen am 26. Februar 2025.
  6. Rat der Stadt. In: Ratsinformationssystem der Stadt Osnabrück. Ref. Strategie, Digitalisierung und Rat, abgerufen am 29. September 2021.
  7. Heidi Reichinnek auf abgeordnetenwatch.de. Abgerufen am 4. März 2019.
  8. Neuer Landesvorstand gewählt. Die Linke Niedersachsen, 12. März 2023, abgerufen am 10. November 2024.
  9. Heidi Reichinnek: Kandidatur für den Parteivorsitz. (PDF; 366 KB) Partei DIE LINKE, 31. Mai 2022, abgerufen am 7. Juni 2022.
  10. a b Franziska Schindler: Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf: Wie ein Phoenix aus der roten Asche. In: Die Tageszeitung: taz. 14. Februar 2025, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 26. Februar 2025]).
  11. Klaus Wallbaum: Linken-Vorstandswahl: Achtungserfolg für Heidi Reichinnek. In: Rundblick – Politikjournal für Niedersachsen. 26. Juni 2022, abgerufen am 29. Juni 2022.
  12. Gewählte in Landeslisten der Parteien in Niedersachsen. Der Bundeswahlleiter, September 2021, abgerufen am 29. September 2021.
  13. Zwischenbericht. Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“, Februar 2024,S. 3, abgerufen am 8. Februar 2025.
  14. Katharina Schuler: Uneins auch ohne Wagenknecht. In: Zeit Online. 19. Februar 2024, abgerufen am 19. Februar 2024 (Artikelanfang frei abrufbar).
  15. Gruppe im Bundestag: Reichinnek und Pellmann neue Linken-Spitze. In: zdf.de. 19. Februar 2024, abgerufen am 19. Februar 2024 (Quelle: dpa, AFP).
  16. Lukas Wessling: Wahl von Bartschs Nachfolgern. Die Linke kann Krach auch ohne Wagenknecht. In: n-tv.de. 19. Februar 2024, abgerufen am 19. Februar 2024.
  17. Jan Van Aken und Heidi Reichinnek sollen die Linke über die Fünfprozenthürde führen. In: Der Spiegel. 10. November 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 10. November 2024]).
  18. Die Linke ist wieder da: Heidi Reichinnek mit 96 % auf Listenplatz 1 der Linken zur Bundestagswahl gewählt! Die Linke Landesverband Niedersachsen, 21. Dezember 2024, abgerufen am 16. Februar 2025.
  19. Gregor Aisch, Jakob Bauer, Paul Blickle, Tamara Flemisch, Lisa Goldschmidtböing, Mia Janzen, David Schach, Julian Stahnke, Julius Tröger, Benja Zehr: Bundestagswahl 2025: Alle Wahlergebnisse in Stadt Osnabrück. In: Die Zeit. 24. Februar 2025, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 24. Februar 2025]).
  20. Landesliste Niedersachsen 2025. Bundeswahlleiterin, abgerufen am 24. Februar 2025.
  21. Linke konstituiert sich im Bundestag wieder als Fraktion. 25. Februar 2025, abgerufen am 25. Februar 2025.
  22. a b Team. Heidi Reichinnek, abgerufen am 16. November 2024.
  23. Heidi Reichinnek. Abgerufen am 10. November 2024.
  24. Heidi Reichinneks Rede auf dem Bundesparteitag: Gute Politik ist keine Politik für Linke! Die Linke, 2024, abgerufen am 11. November 2024.
  25. Reichinnek: »Milliardäre sind eine Bedrohung für unsere Demokratie«. In: Surplus. 21. Februar 2025, abgerufen am 23. Februar 2025.
  26. Heidi Reichinnek, Linken-Politikerin und Social-Media-Berühmtheit. In: Antenne Bayern. Abgerufen am 21. Februar 2025.
  27. Thomas Vorreyer: Politikerin mit Reichweite. In: tagesschau.de. 16. Februar 2024, abgerufen am 16. Februar 2024.
  28. Bundestagswahl 2025: Wie die Linke mit einer Wut-Rede von Heidi Reichinnek Tiktok eroberte. Abgerufen am 21. Februar 2025.
  29. a b Lukas Wessling: Auf Tiktok hat die Linke einen Vorteil: Heidi Reichinnek. In: n-tv. Abgerufen am 21. Februar 2025.
  30. Johannes Korsche: Linke-Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek: "Niemand sollte Milliardär sein". 11. Februar 2025, abgerufen am 21. Februar 2025.
  31. Eine leidenschaftliche Rede macht Heidi Reichinnek zum Social-Media-Star. In: stern.de. (stern.de [abgerufen am 21. Februar 2025]).
  32. Has Germany’s Left Party Come Back from the Dead? In: TLDR News EU. 17. Februar 2025, abgerufen am 21. Februar 2025.
  33. Germany’s Left comes back from the dead. In: Politico. 20. Februar 2025, abgerufen am 21. Februar 2025 (britisches Englisch).
  34. German far left in surprise comeback ahead of election. In: France24. 21. Februar 2025, abgerufen am 21. Februar 2025 (englisch).
  35. Who is Heidi Reichinnek, the hard-left ‘Queen of TikTok’ shaking up German politics before election? In: firstpost.com. 20. Februar 2025, abgerufen am 21. Februar 2025 (amerikanisches Englisch).
  36. Jörg Luyken: Heidi Reichinnek: the tattooed hard-Left ‘Queen of Tiktok’ enjoying late election surge in Germany. In: The Telegraph. 19. Februar 2025, ISSN 0307-1235 (telegraph.co.uk [abgerufen am 21. Februar 2025]).
  37. Barbara Gillmann, Britta Rybicki: „Die rote Königin“ – Wie Heidi Reichinnek die Linke rettete. In: Handelsblatt. 24. Februar 2025, abgerufen am 25. Februar 2025.
  38. Heidi Reichinnek – Freestyle. Spotify, 2025, abgerufen am 8. Februar 2025.
  39. a b Markus Decker, Felix Huesmann: Heidi Reichinnek verhilft der Linken zu neuer Popularität. In: Redaktionsnetzwerk Deutschland. 10. Februar 2025, abgerufen am 15. Februar 2025.
  40. Heidi Reichinnek: Die Politikerin, die die Linke wieder in den Bundestag katapultiert hat, wiwo.de vom 24. Februar 2025.
  41. Vorstand. Erich-Maria-Remarque-Gesellschaft, abgerufen am 1. Februar 2025.